... Der Herr Abgeordnete Gras von Bismarck hat ja darauf hingewiesen, was für viele Zufälligkeiten und Schwierigkeiten eintreten, wenn ein Viehtransport durch eine Ortschaft geht, wie da durch das Durchsickern von Exkrementen aus einem Wagen bereits Ansteckung entstehen kann. Aber eines hat er nicht erwähnt, daß eine fortwährende Uebertragung von Infektionskrankheiten stattfinden kann durch alles, was kreucht und fleucht, daß insbesondere in G) den Gehöften Ratten von einem Bezirk in einen anderen wandern, die Infektion verbreiten; daß Krähen, die herumfliegen, die Ansteckung verbreiten, und die Krähen und Ratten lassen sich auch nicht aufhalten, wenn sie plötzlich vor einem anders angestrichenen Grenzpfahl stehen; sie fliegen darüber hinweg und wandern über die Grenze hinüber. Nach dem heutigen Stande der Batterientheorie ist es einfach nicht denkbar, daß eine solche Absperrung vollkommen durchgeführt werden könnte. Ein Mittel giebt es aber nach meiner Anschauung, um den ungeheuren Schaden, der fortgesetzt unser Land wie alle anderen Länder durch die Viehseuchen trifft, zu verringern und einzuschränken; das ist das, was ich schon in der Viehseuchenkommission im vorvorigenJahre vorgeschlagen habe, die obligatorische Viehversicherung durch das Reich mit hinreichender Entschädigung derjenigen, deren Vieh von Krankheiten befallen wird. Es ist eine Thatsache, daß heute so viele Schäden dadurch angerichtet werden, daß die armen Besitzer es verheimlichen, wenn ein Erkrankungsfall eingetreten ist. Diese Verheimlichung entspringt der Nothlage des Besitzers. Würden die Leute wissen, daß sie eine hinreichende Entschädigung bekommen, so würden sie eher zu viel, als zu wenig anzeigen, und die Gefahr wäre damit vermieden. ... ... Man wird aber daran nicht eher gehen, als bis man die in meinen Augen nur als Aberglauben bestehenden Anschauungen beseitigt hat, daß diese Erkrankungsgefahr durch Uebertragung, durch Ansteckung nur von außen gebracht wird, und sie daher absperren könne. Deswegen meine ich, daß, um die Anschauungen, die sich hier von rechts und links gegenüberstehen, zu erklären, es sehr nützlich wäre, wenn von Seiten derjenigen Behörde, die hier eingreifen könnte — es wird wohl wieder das Reichsgesundheitsamt sein, welches der Reichskanzler dazu veranlassen müßte —, einmal festgestellt würde, nicht nur, wie jetzt, wo die Seuche ausgebrochen ist, wie viel Stück Vieh draufgehen, sondern wie die Ställe beschaffen sind, und wie das Futter be- (v) schaffen ist, welches das erkrankte Vieh erhielt. Soviel mir bekannt ist aus landwirthschaftlichen Zeitungen, weisen auch einige Landwirthe darauf hin, daß dort, wo Rübenschnitzel-, Schlempen- und Pülpenfütterung vorhanden ist, die Verseuchungsgefahr eine größere ist als in jenen Gegenden, wo das nicht der Fall ist. Darüber gehen die Meinungen auseinander, und da läßt sich nicht durch Meinungsstreit klarlegen, wer da recht hat, sondern nur durch eine genaue Statistik, die von objektiver, nicht interessirter Seite gemacht wird. Das aber meine ich: bevor wir nicht eine obligatorische Viehversicherung bekommen, ist es unmöglich, daß gerade demjenigen, der am schwersten davon betroffen wird, dem kleinen und dem Mittelbauer, geholfen wird. ...
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