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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 148. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-148

ID: 00002761
261 /648
... In einem verseucht gewesenen Stall sind noch zwei Monate nach Erlöschen der Seuche Thiere erkrankt, und erst nach drei Monaten war der Stall nicht mehr fähig, eine Ansteckung zu übertragen. Ich glaube nicht, daß den Herren diese lange Dauer der (0) Tenazität bekannt gewesen ist. Also die lange Dauer der Tenazität und die Ausdehnung der Jnkubationsdauer, die wissenschaftlich bis auf 21 Tage festgestellt ist, muß es uns nahelegen, mehr als bisher uns gegen die Uebertragung der Seuche zu schützen. Wir werden erkennen müssen, daß uns die Quarantäne von zehn Tagen einen Schutz gegen die Einschleppung der Seuche in keiner Weise gewähren kann. (Sehr richtig! rechts.) Ich bin in der Lage, Ihnen Mittheilungen zu machen aus Petitionen, die man vorhat aus den Kreisen der landwirthschaftlichen Vereine der Unterelbe an den Herrn Reichskanzler zu richten. Ich habe von der Absendung der Petitionen abgerathen, nicht aus Furcht vor der Größe der Papierkörbe in den Ministerien, sondern weil ich der Meinung bin, daß das Abgeordnetenhaus und der Reichstag viel geeignetere Stellen sind, um die Wünsche der Interessenten zur Darlegung zu bringen und Erfolg zu erzielen. Aus einer Eingabe, die an den Herrn Reichskanzler geplant ist, darf ich wohl mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einen kurzen Satz verlesen. Da heißt es, daß die Seequarantäneanstalten in ihrer jetzigen Gestalt und mit ihren Bestimmungen als zweckentsprechend nicht angesehen werden können. ...

262 /648
... Jahrhunderts 139 Berichte über Uebertragungen der Krankheit auf Menschen angegeben; es handelte sich um 900 bis 1000 Personen, von deren Ansteckung Nachricht gegeben wird. Die thatsächliche Probe auf die Möglichkeit der Uebertragung der Maul- und Klauenseuche vom Vieh auf den Menschen wurde schon 1833 gemacht. Damals haben der Professor Hertwig von der thierärztlichen Hochschule hier in Berlin und seine beiden Assistenten an sich selbst den Versuch gemacht: sie tranken die rohe Milch von einer an Maul- und Klauenseuche erkrankten Kuh (Zuruf) — wohlweislich ohne Kognak, verehrter Herr Kollege —, um nämlich den Versuch der Uebertragungsmöglichkeit an sich zu machen, und alle drei erkrankten an Maul- und Klauenseuche. (Heiterkeit.) — Meine Herren, Sie lachen über diesen Ausdruck; die Mediziner gebrauchen beim Menschen auch nicht den Ausdruck „Maul- und Klauenseuche, sondern den Ausdruck „Mundseuche. (Heiterkeit.) Sie wissen, daß es eine ganze Reihe von Krankheiten giebt, die beim Menschen und beim Thier ganz gleichartig auftreten, durch denselben Bazillus hervorgerufen, die wir einmal so, das andere Mal anders benennen. Ich brauche nur auf die Perlsucht und auf die vielen anderen gefährlichen Krankheiten, die fortwährend vom Thier auf den (6) Menschen übertragen werden, hinzuweisen. (Sehr richtig!) Ich kann auch aus der Literatur ein Beispiel anführen, jenes berühmte Beispiel, welches den Herren aus Mecklenburg bekannt sein dürfte, von der Johanne Kugler in Groß-Barkow. Ich verlese die betreffende Stelle, an der es heißt: Ich war gerade in einem gebildeten Gespräch mit dem Dr. ...
... die Ansteckung des Viehes durch Bazillen der Mundseuche des Menschen, den Herren zur Kenntnißnahme zu überreichen. Es wird in der nächsten Woche eine längere Arbeit erscheinen „Der gemeinsame Krankheitserreger der Mundseuche der Menschen und der Maul- und Klauenseuche der Thiere von Stabsarzt vr. Buffenius und vr. Siegel, worin dargelegt wird, daß diese neuen Versuche zur Anerkennung des von vr. Siegel bereits vor Jahren entdeckten Bazillus der Maul- und Klauenseuche geführt haben. Wichtig ist vor allen Dingen das Ergebniß, daß die Uebertragungsmöglichkeit thatsächlich nach beiden Richtungen besteht. Es macht mir Vergnügen, Ihnen ein Bild zu überreichen — in tausendfacher Vergrößerung — von dem Bazillus des vr. Siegel, welcher bei jenen Versuchen gefunden ist. Nun will ich aber auf die volkswirthschastliche Seite unseres Gegenstandes zurückkommen und hervorheben, daß es mir durch die Mittheilung dieser Fälle wohl gelungen sein dürfte, die thatsächliche Uebertragung von Maulund Klauenseuche auf den Menschen zu beweisen, und ...

263 /648
... Hahn hat auch schon angeführt, daß häufig nicht die unmittelbare Ansteckung von Thier zu Thier die Ursache der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche sei, sondern daß der Ansteckungsstoff der Maul- und Klauenseuche oft in den Haaren, den Exkrementen u. s. w. sich finde. Es ist zweifellos, daß der Ansteckungsstoff, der auf diese Weise dem Thier anhaftet, weit über 10 Tage hinaus wirksam ist, wahrscheinlich weit über die Frist, die Herr Dr. Hahn an- (v) gegeben hat. Also diese Gefahr wird durch Verlängerung der Frist, auch über die 4 Wochen hinaus, gar nicht- zu verhindern sein. Es ist ein Uebelstand bei Maul- und Klauenseuche, daß ihr Kontagium anscheinend durch alle möglichen Gegenstände und Thiere äußerlich verschleppt werden kann. Ich habe schon hervorgehoben, meine Herren, daß die Frage, welches der Ansteckungsstoff ist, Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung sei. Ich führte vorhin in meiner Rede aus, die polizeilichen Maßregeln genügten nicht, wir müßten der Sache noch weiter auf den Grund kommen und sehen, wo der Ansteckungsstoff läge, ob es ein Bazillus oder was sonst sei; und mit Lösung dieser Frage sind die Herren Veterinäre, Aerzte und sonstigen Forscher seit langem beschäftigt. Meine Herren, dann darf ich noch eine kurze Bemerkung hinzufügen. Es ist gesagt worden, ich glaube, von Herrn Dr. Hahn, jedenfalls von Herrn von Ploetz und auch noch von anderen Rednern des Hauses: auf diesen und auf anderen Gebieten würden immer goldene Berge versprochen, es werde aber wenig geleistet. Die kleinen Mittel, welche in Aussicht gestellt seien, werden nicht angewandt. ...

264 /648
... Wenn dieser geeignete Moment gegeben wird, wenn wir im Inland künstlich Seuchenherde züchten, indem wir die Unsauberkeit überhand nehmen lassen und nicht genügend Schutz gegen Ansteckung, Widerstandskraft des Viehs schaffen, indem wir für Reinheit und richtige Fütterung sorgen, dann, meine Herren, werden die überall vorhandenen Ansteckungskeime sich massenhaft vermehren und verbreiten, und kein Dekret wird sie fernhalten können, aber am allerwenigsten der Karabiner des Gendarmen, der absolut nicht im Stande ist, sachverständig ein solches Gesetz zu überwachen. Wenn die ganze Debatte das wenigstens zur Folge haben sollte, daß endlich das von uns so oft gestellte Perlangen erfüllt wird, daß wir für die ganze Nahrungsund Gesundheitspolizei andere ausführende Beamte ...

265 /648
... Die Ansteckung durch das Vieh ist lange nicht so gefährlich, als die Herren Agrarier behaupten, ja, sie ist so minimal, daß sie vielfältig selbst von Gelehrten als nicht vorhanden bezeichnet wird. Der Herr Abgeordnete Gras von Stolberg hat aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht, er hat mit klaren Worten offen gesagt, was er , will. Während die übrigen Herren immer nur von der Maul- und Klauenseuche geredet haben, hat der Herr Graf von Stolberg ganz ruhig gesagt: nee, nee, nicht die Maul- und Klauenseuche, sondern 10 Jahre absperren (L) wollen wir uns vollständig, eine chinesische Mauer wollen wir um Deutschland ziehen, und an jedem Thore — denn Thore müssen wir bei der chinesischen Mauer doch auch haben — wird ein alter Reisig und Rittersmann von Anno Dazumal aufgepflanzt, der muß mit dem Wappen irgend eines Reichsunmittelbaren dastehen und auf diese Weise den Einzug der Maul- und Klauenseuche abhalten. (Heiterkeit.) Das ungefähr ist die ganze Geschichte. Denn erst so — meinte der gute Herr Graf —, wenn wir uns 10 Jahre abgesperrt haben, wollen wir daran denken, auf Mittel zu sinnen, wie wir im Innern die Seuche bekämpfen und uns eventuell durch Versicherung u. s. w. vor Nachtheil bewahren können. Ich muß gestehen, in diesen Ausführungen liegt für uns der Beweis, daß die kleinen Landwirthe außerdentlich dumm sein müßten, wenn sie den Herren vom Bund der Landwirthe noch lange Gefolgschaft leisten würden. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 151. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-151

ID: 00002764
266 /648
... Die Gefahr der Ansteckung mit Tuberkulose in Folge des Genusses von Butter scheint hiernach thatsächlich nicht groß zu sein. Es ist von vornherein anzunehmen, daß die Naturbutter im Allgemeinen reicher an Bakterien ist als die Margarine. In dieser Richtung angestellte Versuche haben das vorhergesehene Ergebniß gehabt. Franz Lasar (Archiv für Hygiene 1891, Bd. 13 S. 1) stellte durch eine Reihe von Versuchen fest, daß in 1 K Naturbutter (Süßrahmbutter) im Mittel 10 bis 20 Millionen Keime enthalten waren; in einem Falle fand er in 1 8 Naturbutter sogar über 47 Millionen Keime, in anderen Fällen erheblich weniger. Die Mikroorganismen der Naturbutter bestanden ausschließlich aus Bakterien, und zwar stets aus mehr festwachsenden, als Gelatine verflüssigenden Arten. In 1 8 Margarine fand Lafar dagegen nur 747 000 Keime; sie bestanden aus Bakterien, Schimmelpilzen und Sproßpilzen. Eingehendere Untersuchungen über den Keimgehalt des Oleomargarins, der Margarine und des Margarineschmalzes wurden ganz neuerdings von Max Zolles und Ferdinand Winkler (Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 1895, Bd. 20 S. 60) ausgeführt. Aus denselben ergiebt sich deutlich, daß der »Premierjas« und das Oleomargarin verhällnißmäßig bakierienarm sind, und daß die Margarine ihren höheren Keimgehalt wesentlich dem Milchzusatze verdankt. Frischer »Premier jus« enthielt in 1 Z 1994 Keime, frisches Oleomargarin in 1 8 1363 Keime; beim Abpressen des Oleomargarins hat sich somit der Bakteriengehalt vermindert. Nachdem das Oleomargarin zwei Monate an der Luft gelegen hatte, enthielt es in 1 8 19 656 Keime. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 152. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-152

ID: 00002765
267 /648
... Jahre, endlich auf die Bestrafung wegen verschuldeter Ansteckung, nach §§. 230 und 231 des Strafgesetzbuchs, und Aufhebung des Amtsgeheimnisses für diesen Fall. Der Kommissar des Reichs-Justizamtes, Geheimer Regierungsrath Dr. von Tischendorf bemerkte, daß er bezüglich der von den verbündeten Regierungen zur vorliegenden Frage eingenommenen Stellung nur auf die Erklärung verweisen könne, die er im vorigen Jahre gelegentlich der Berathung derselben Petitionen in der PetitionsKommission abgegeben habe. Dieselbe sei dahin gegangen, daß noch kein Beschluß darüber gefaßt worden sei, ob die von dem Reichstage seinerzeit unerledigt gelassene sogenannte Isx Heinze wieder einzubringen oder fallen zu lassen sei. Seines Wissens treffe dies auch gegenwärtig noch zu. Die Bittschriften gaben der Kommission zu einer ausführlichen Besprechung deshalb nicht Anlaß, da sie schon in der vorigen Tagung genau durchberathen worden waren. Alle Mitglieder der Kommission waren über die volle Berechtigung derselben und über die Schwere des sozialen Uebels sich einig, wenn sie auch über die einzuschlagenden Wege zur Abhilfe nicht ganz übereinstimmten, insofern als Einige die Heilung dieser Schäden als die zu erwartende natürliche ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 153. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-153

ID: 00002766
268 /648
... In einem Erlaß des deutschen General-Gouvernements von Elsaß-Lothringen und Reims, der den Akten abschriftlich beiliege, und der besondere Verordnungen, betreffend die Rinderpest, treffe, werde aber ausdrücklich bestimmt, daß für alle der Ansteckung erlegenen oder auf Anordnung der Behörde getödteten Thiere Entschädigungen geleistet werden sollen. Schon auf Grund dieser Verfügung sei die deutsche Regierung verpflichtet gewesen, dem Petenten für die gefallenen und getödteten Ochsen Entschädigung zu leisten. Was würde man sagen, wenn bei ähnlichen Anlässen in Deutschland die Behörden ihrer Verpflichtung sich entzögen. Eine Reihe weiterer gerichtlich vernommener Zeugen bekundeten zudem, wie in Fällen, wo Vieh auf Veranlassung des Etappenkommandanten wegen Verdachts der Rinderpest getödtet worden, dafür Entschädigung geleistet worden sei, so beim 3., 5. und 6. Korps an die Herren Cohn, Jul. Schottländer, Weitz, Caro und Friedman, bekannte jüdische Armeelieferanten. Demgemäß müsse es Verwunderung erregen, wenn ein christlicher Lieferant anders behandelt würde, als seine jüdische Konkurrenz; den Gedanken, der hier nahe liege, wolle er nicht weiter ausführen. Fasse er Alles zusammen, dann müsse er sagen, daß wohl kaum jemals in einer Sache dem Reichstag so umfassendes Beweismaterial beigebracht worden sei, wie bei der vorliegenden Petition. Hätte dies gesammte Material einem deutschen Gerichte vorgelegen, es würde ohne alle Frage zu demselben Schluffe gekommen sein, wie die Pe-Aktenstücke u den Verhandlungen des Reichstages 1895/96. titions-Kommission. Nur dem Umstande, daß dasselbe gelegentlich des gerichtlichen Austrages der Sache dem Gerichte noch nicht vorlag, sei die Abweisung der Klage zuzuschreiben. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 157. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-157

ID: 00002769
269 /648
... Juli 1883, nach welchem die Vernichtung der angesteckten oder dem Verdacht einer Ansteckung unterworfenen Rebpflanzungen und die Unschädlichmachung des Bodens von der Landesregierung angeordnet werden kann, findet auf den Weinbaubezirk Naumburg keine Anwendung. Wir meinen der von uns vorgeschlagene Weg, einmal in einem abgegrenzten Weinbaubezirk den Versuch zu machen, ob nicht deutsche Winzer durch Fleiß und Sorgfalt ihre Anpflanzungen vor der Reblaus schützen können, verdiente nicht nur im Interesse Leutscher Steuerzahler, sondern im Interesse sämmtlicher Weinbergsbesitzer Deutschlands in Erwägung gezogen zu werden. Es ist des Volkes der Denker nicht würdig, in einer Frage, die so ungeheuere Opfer fordert, die Ansichten, die zuerst von Fachgelehrten fremder Nationen geäußert sind, ohne weiteres gutzuheißen. Mögen die französischen Rcblaussachverständigen fortfahren für die Kalamität des französischen Weinbaues die Rebläuse verantwortlich zu machen, die deutsche Gründlichkeit verlangt, daß wir selber die Frage der Schädlichkeit prüfen und nicht einem Phantom Millionen von Mark opfern. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1898
Bd.: 159. 1897/98
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-159

ID: 00002771
270 /648
... Darin wird folgende Belehrung gegeben: Die Ansteckung gesunder Geflägelbestände erfolgt am häufigsten durch den Zukauf fremden Geflügels. — Etwas, was wir von dieser Seite als ganz richtig anerkennen können. — Der beste Selbstschutz ist die Vermeidung des Zukaufs von fremdem, namentlich aus dem Auslande importirtem Geflügel und die Fernhaltung des heimischen Geflügels von solchen öffentlichen Straßen, die von fremdem Geflügel betreten oder befahren werden. Ist aber der Zukauf fremden Geflügels nicht zu umgehen, so ist es rathsam, es jedenfalls drei Tage in einem besonderen Raum abzusperren. Meine Herren, hier räth der Herr Minister dem einzelnen Privatmann genau dasselbe, was die preußische Regierung bezüglich Preußens an der russischen Grenze für die gesammten preußischen und deutschen Landwirthe thun sollte (sehr richtig! rechts), und ich möchte dringend wünschen, daß der Landwirthschaftsminister endlich sich über die Viehseuchen und die Art und Weise, wie sie verschleppt werden, über die Jnkubationsdauer der Maulund Klauenseuche u. s. w., worüber man erst die richtige Ansicht haben muß, bevor man die richtigen Quarantänemaßregeln erläßt, besser in- ...

271 /648
... Wir haben eine ganze Reihe von Gesetzen und ein wahres Arsenal von Polizetvorschriften gegen die Verbreitung von Epidemien und zum Schutze gegen die Ansteckung bei Krankheiten, ja, wir haben sogar eine ganze Reihe ins Einzelne gehender Gesetzes- und Polizeivorschriften zur Verhütung und zum Schutz von Viehseuchen; (sehr richtig!) da wäre es doch unerhört, wenn nun die Gesetzgebung und der Reichstag sich ungeneigt und unfähig zeigen sollten, gegen die moralische Verseuchung unserer heranwachsenden Jugend und unseres Volks wirksam einzugreifen! (Lebhafter Beifall.) Ich und meine Freunde im Zentrum stehen gewiß nicht auf dem Standpunkte, daß wir sagen, es könne und müsse die Sittlichkeit in unsere Jugend und unser Volk durch Polizeimaßregeln und durch Gesetze hineinerzogen werden. Nein, zur sittlichen Erziehung der Jugend und des Volks sind ganz andere Faktoren berufen: dazu ist insbesondere berufen die Kirche, die Schule und die Familie; aber ich halte den Staat für verpflichtet, daß er hier mithilft, und daß er verhindert, daß das, was Kirche, Staat und Schule mühsam aufbauen, gewaltsam niedergerissen wird. (Lebhafte Rufe: sehr richtig!) ...

272 /648
... schützt dieselbe, nach dem Ausspruch erfahrener Mediziner, nicht vor ekelhafter Ansteckung; 3. sie stellt die Wissenschaft in entehrender Weise in den Dienst des Lasters; 4. sie schafft ein dem Laster geweihtes Heer von weißen Sklavinnen und 5. sie hilft ein Verbrecherthum der Prostitution heranzuziehen, das die Gefängnisse erfüllt und oft die schlimmsten Verbrechen, Lustmorde u. dgl. erzeugt. Die Reglementirung hilft also dem Laster der Prostitution nicht ab, sondern leistet im Gegentheil ihm Vorschub, und vor allem die polizeilichen Untersuchungen zerstören alle Menschenwürde, drücken Tausende von Mädchen zu feiler Waare herab. Der Staat darf deswegen nicht dazu beitragen, das schamlose Leben dieser Mädchen auf diese Weise zu konzessioniren und hinterher noch wie jedes andere Gewerbe zu besteuern. Es liegt eben dieser bisherigen Praxis vielfach wieder die fehlerhafte Anschauung zu Grunde, als wenn die Prostitution — weil so alt beinah als das Menschengeschlecht — ein nothwendiges Uebel sei, mit dem man 73* ...

273 /648
... Wenn Sie hier solches (v) Mitleid haben mit den Männern, die in die Gefahr kommen, durch geschlechtliche Ansteckung sich Krankheiten zuzuziehen, dann frage ich Sie: warum haben Sie nicht ein eben solches, ja, noch mehr Mitleid auch mit den armen Frauen und Mädchen, die, und zwar doch mindestens sehr oft, durch die Schuld der Männer in Sünde und Schande hineingeführt und an Leib und Seele geschädigt und noch tiefer herabgewürdigt werden? Mit Recht ergeht von Seiten der Sittlichkeitsvereine und besonders der Frauenvereine, des Vereins „Frauenwohl, der ja auch in diesen Tagen getagt hat, und anderen, aber auch von Seiten edeldenkender Männer, immer wieder die Forderung: gleiches Recht für Mann und für Weib, vor allem auf dem sittlichen Gebiet, wie das die Bibel fordert mit dem Wort: hier ist nicht Mann, nicht Weib, nicht Knecht, nicht Freier, hier sind sie allzumal einer in und vor Christo! Also, meine Herren, die sittliche Reglementirung, auch die sogenannte „ehrenvolle, wie sie jetzt besteht, auch wenn dabei für gewöhnlich nicht solche Fehlgriffe vorkommen, wie sie leider jetzt mehrfach vorgekommen sind, und wie wir sie aufs äußerste bedauern, wenn auch wir darin nur vereinzelte Fälle sehen — ist ein gottwidriges Vernichten der Frauenehre, die zerstört indirekt immer das Ehrgefühl eines solchen Mädchens, ist daher die Begünstigung des widerwärtigsten Menschenhandels, ist eine öffentliche Beschönigung und daher indirekte Förderung der verderblichsten, scheußlichsten Sünde. Wir müssen es immer wieder betonen: die Prostitution ist kein nothwendiges Uebel, sondern eine der schlimmsten Versündigungen gegen Gottes Gebot und die sittliche Weltordnung. ...

274 /648
... Aber dagegen ist es Aufgabe des Reichsgesundheitsamts, die Ansteckung wenigstens auf Grund der heutigen Erfahrungen möglichst zu verhüten. Nun gestatten Sie mir, daß ich Sie mit den wichtigsten Bestimmungen der Vorschriften bekannt mache. Ich werde (s) alles nebensächliche beiseite lassen und den Nachweis führen, daß in der That die Bestimmungen, die hier vorgeschlagen sind, nicht eine Schädigung der Industrie im Sinne des Unternehmerthums involviren, daß sie nicht dazu angethan sind, den Ruin der Industrie, wie einzelne Unternehmer behauptet haben, herbeizuführen. Die Vorschriften zerfallen in allgemeine Vorschriften und in Vorschriften für größere Betriebe. Da wird in Z 1 ausgeführt: Die nachstehendenVorschriften findenAnwendung auf alle Anlagen, in denen Pferde-, Rinder- oder Ziegenhaare, Schweinsborsten oder Schweinswolle zugerichtet oder gesponnen werden, oder in denen unter Verwendung solcher Materialien Bürsten, Besen oder Pinsel hergestellt werden. Da sind sofort es die betheiligten Unternehmer, die verlangen, daß „Ziegenhaare nicht der Desinfektion unterworfen werden sollen. Sie weisen darauf hin, daß die Qualität der Ziegenhaare, die zur Desinfektion kommen, bedeutend beeinträchtigt würde, sie erklären ferner, daß noch nie Erkrankungen durch Verarbeitung von Ziegenhaaren vorgekommen sind. Ja, meine Herren, Beweise für die Richtigkeit dieses Argumentes bringen die Unternehmer nicht. Es ist durchaus nicht richtig, wie die Unternehmer behaupten, daß die Qualität der Ziegenhaare durch das Desinfiziren gefährdet wird; ich weise auf das hygienische Institut in München hin, das ausdrücklich amtlich konstatirt hat, daß eine Beeinträchtigung des Materials durch die Desinfektion nicht stattfinden werde. ...

275 /648
... , daß durchseuchte Thiere den Ansteckungsstoff noch recht lange, namentlich in den Haaren, bewahren können; es wird Aufgabe sein, zu erforschen, wie lange die Möglichkeit der Ansteckung durch diese durchseuchten Thiere vorliegt. Es wird ferner zu prüfen sein, in welchem Umfange durch Zwischenträger Personen und andere Thiere, beispielsweise Hunde, Geflügel u. s. w., die Krankheit übertragen werden kann, und nach den Ergebnissen dieser Forschungen werden wir vielleicht neue Vertilgungsmaßregeln einschlagen müssen. Das Nothwendigste ist aber, und das muß hier doch wiederholt werden, die vollständige Absperrung gegen das Ausland. Wir können ja anerkennen, daß aus dem Gebiete der Sperre gegen das Ausland in den letzten Jahren Manches geschehen ist; aber, meine Herren, ich frage: weshalb ist die Einfuhr von Schweinen aus Rußland noch nicht ganz verboten? Es kann ja vielleicht gesagt werden, daß diese kleinen Mengen von Schweinen, die jetzt noch in gewissen Schlachthäusern Schlesiens eingeführt (v) werden können, unter besonderen Vorsichtsmaßregeln eine besondere Gefahr der Ansteckung und Verbreitung der Seuche nicht haben. Dem ist aber nicht so, und zum Beweise dessen will ich Ihnen einen kleinen Satz aus dem Jahresbericht des Gesundheitsamts für das Jahr 1896 über die Verbreitung der Thierseuchen vorlesen. Es heißt da: Mehrfach wurde der Ausbruch der Seuche in den oberschlesischen Grenzkreisen durch die in die Grenzschlachthäuser eingeführten, vielfach mit Maul- und Klauenseuche behafteten russischen Schweine vermittelt, wobei die Verbreitung der Seuche durch die mit der Abschlachtung beschäftigten Fleischer als Zwischenträger des Ansteckungsstoffes begünstigt wurde. ...

276 /648
... Erinnern Sie sich: als die Cholera die ersten Male nach Europa kam, wurden die Länder mit starken, fast undurchdringlichen Kordons abgesperrt, und das hat gar nichts geholfen; die Hilfe trat erst ein, als man bestimmt festgestellt hatte, auf welche Weise die Ansteckung vor sich geht; erst durch die außerordentlichen Bemühungen des Herrn Geheimrath Koch und anderer Forscher ist es uns gelungen, zu sagen: auf diesem und diesem Wege verbreitet sich die Cholera. Ganz so wird es mit der Maulund Klauenseuche sein. Auch die Maul- und Klauenseuche läßt sich wahrscheinlich gar nicht absperren. Wir haben mit den bisherigen Absperrungen ganz wunderbare Erfahrungen gemacht. Die Maul- und Klauenseuche hat abgenommen, hat zugenommen, hat wieder abgenommen, und wieder zugenommen unter denselben Verhältnissen der Absperrung. Das sollte uns einen Wink geben, daß wir nicht zu reichlich mit den Absperrungsmaßregeln vorgehen. Sehr gut ist es, daß wir unser Reichsgesundheitsamt mit möglichst vielen Mitteln ausrüsten, damit es seine (v) Forschungen fortsetzt. Ehe das Reichsgesundheitsamt nicht weiter gekommen ist als bisher, werden wir auch keine einigermaßen sicheren Mittel finden, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Wenn man auch jetzt anfängt zu immunisiren, so kann man doch die Menschen und Thiere schließlich nicht gegen alle Krankheiten immunisiren. Das wird uns überhaupt nicht gelingen. Das Leben wird seinen Weg nehmen, und wir werden dem Schicksal nachgeben müssen. Indessen die Klugheit gebietet es, so viel wie möglich unser Leben zu schützen, unsere Gesundheit zu erhalten. ...
... Alle diejenigen, die einen besonderen Verstand über Maulund Klauenseuche und deren Verbreitung haben,haben sich dahin ausgesprochen — ich verweise auf die Verhandlungen im Abgeordnetenhause —: die Thiere übertragen ja die Ansteckung nicht allein, die Menschen übertragen sie auch, was viel schlimmer ist; wenn auf einem Gute ein Stall abgesperrt wird, so dürfen auch die Menschen, die dort beschäftigt sind, nicht wo anders hingehen. — Ja, dann müssen wir uns überhaupt absperren gegen die Nachbarländer. Vorläufig wollen wir froh sein, wenn die Nachbarländer sich nicht gegen uns absperren. Gegenwärtig, glaube ich, ist die Maul- und Klauenseuche bei uns mehr verbreitet als in unseren Nachbarländern. Ich meine, wir sollen uns recht in Acht nehmen, zu schnell vorzugehen, zumal alle, die darüber gesprochen haben, immer ausgeführt haben, daß nicht durch die Thiere allein die Ansteckung übertragen wird, sondern am allermeisten auch durch Menschen, namentlich Viehtreiber, Schlächter. Am allerheftigsten ist dies im Abgeordnetenhause ausge-97 ...

277 /648
... Es sind einzelne kranke Thiere vorgekommen, die also wahrscheinlich die Seuche von ihrem Ursprungsort mitgebracht haben, die sind aber sofort getödtet worden und haben keine Ansteckung weiter veranlassen können als höchstens an den 10 bis 20 Schweinen, mit denen sie zusammen in einer Bucht aufgestellt und geschlachtet waren. Darum habe ich gesagt: es ist viel richtiger, hier im Inland etwas strenger vorzugehen und die Grenzsperren nicht so absolut auszusprechen. Möge man allerhand Vorsichtsmaßregeln treffen; nur die von Herrn Grafen von Arnim vorgeschlagene längere Quarantaine wird nicht durchführbar sein. Dann würde man dazu schreiten müssen, mehr geschlachtetes Vieh einzuführen — doch möchte ich mich heute über diese Frage nicht entscheiden; aber bei einer Quarantaine kostet ein Thier noch mal so viel, weil es so lange gefüttert werden muß. Vizepräsident Schmidt (Elberfeld): Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Kardorff. von Kardorff, Abgeordneter: Meine Herren, ich muß gegenüber den Ausführungen, die der Bundesrathsvertreter von Bayern gemacht hat, demselben eine Erfahrung bestätigen, die ich in meinem Kreise gemacht habe. Da war vor einigen Jahren die Maul- und Klauenseuche infolge eines Imports bayerischer Ochsen, und zwar brach sie bei allen den Besitzern aus, die diese Ochsen bezogen hatten. Nun wurde genau nachgeforscht, und es stellte sich heraus, daß das sämmtliche Vieh aus einem Distrikt Bayerns stammte, der vollständig feuchenfrei war. Es blieb also nur übrig anzunehmen, daß die Thiere sich M auf dem Transport angesteckt hatten. ...

278 /648
... Ich glaube, daß ein Moment nicht genügend betont worden ist; das ist die Ansteckung durch die Eisenbahnwaggons. Herr von Kardorff hat dies allerdings erwähnt; aber ich glaube, es meinerseits noch einmal hervorheben zu müssen, weil es meiner Ansicht nach eins der schwerwiegendsten Momente ist. Soviel ich weiß, wird das Vieh aus Oesterreich und Polen nicht an der Grenze umgeladen, sondern bleibt in Durchgangswagen. Nun hat uns Herr Dr. Langerhans als kenntnißreicher Mediziner gesagt, daß der Ansteckungsstoff sehr viel länger vorhält, als man früher geglaubt hat — wie lange, steht noch nicht fest. Sehr viele von Ihnen werden solche Wagen nicht kennen, wie wir sie auf dem Lande zu sehen bekommen. Es ist nicht anzunehmen, daß jenseits unserer Ostgrenze die Waggons sehr sorgfältig desinfizirt werden; mag das Vieh selbst auch nach bestem Wissen unserer Veterinärärzte gesund befunden werden — wie soll der Thierarzt sehen, ob nicht seit Wochen in den Wagen ein Ansteckungsstoff drin steckt, der von Czernowitz oder Radom oder sonst wo aus dem fernen Osten kommt? Solange es nicht möglich ist, die Grenze ganz zu sperren, würde ...

279 /648
... Aber, wie gesagt, ich wiederhole, daß die größte Gefahr in der Ansteckung durch die Eisenbahnwaggons besteht; diese werden stark mit allen möglichen Stoffen durchtränkt, sie werden selten mit Stroh, sondern meist mit Sand, zumal bei der Einfuhr von Kälbern und Rindvieh, ausgefüllt; der Sand wird hinterher zum Theil als Dünger verkauft. Da ist es auch möglich, daß die Seuche plötzlich einmal durch diesen Dünger verschleppt wird aus irgend einem großen Viehausfuhrzentrum; aus eigener Erfahrung weiß ich, daß auf mehrere deutsche Meilen weit dieser Dünger verkauft wird. Wenn die Ansteckung im Jnlande entsteht, ist es allerdings oft schwer nachweisen, woher sie gekommen ist. Auf dem Lande haben wir in den Kreisen der Provinz Sachsen zur erheblichen Unlust der kleinen Leute große Erschwerungen treffen müssen; trotzdem entsteht mitunter in einem bisher seuchenfreien Kreise ein Fall; dann wird häufig nachgewiesen, daß einige Tage vorher ein Kleinkaufmann mit einem Wagen von Kälbern oder Ferkeln durch den Ort gefahren ist (treiben dürfen sie nicht); die Wagen sind natürlich nicht so dicht — weder zementirt noch mit Metallböden versehen —, sodaß auf der Dorfstraße manches durchsickert. Dann ist die Gefahr groß, daß Menschen, die über die Straße gehen, auf der ein solcher Wagen mit (s) einem kranken Stück Vieh gefahren ist, den Ansteckungsstoff an den Schuhsohlen umhertragen. Alle Landwirthe, die die Verhältnisse kennen, werden bezeugen, daß, sobald ein Stall infizirt ist, die größte Gefahr besteht, daß durch den Verkehr von Mensch zu Mensch auf den Gehöften der Krankheitsstoff verschleppt wird. ...
... Ich wiederhole: rigorose Maßregeln im Jnlande sind bei jetziger Sachlage nicht zu entbehren; sie werden uns aber nach meiner festen Ueberzeugung niemals zu dem erwünschten Resultat führen, solange wir nicht die Grenzen nach der englischen Methode absperren; denn die Ansteckungsgefahr ist eine zu lang dauernde, und die Ansteckung wird nicht nur durch das Vieh, sondern, wie gesagt, auch durch Kleidungsstücke, durch die Schuhsohlen, durch Hunde u. s. w. fortgeschleppt. Ich möchte also diejenigen Organe, welche ihr Augenmerk auf diese Sache richten, nicht nur im Reichstag, sondern auch im Bundesrath und bei den Einzelregiernngen, bitten, xttmo looo die englische Seuchengesetzgebung zu befolgen und kein lebendes Stück Vieh hereinzulassen, bis wir die Seuche los sind; nur auf diese Art werden wir wirklich davon befreit werden. England ist sie so dauernd los geworden. Läßt sich das aber nicht machen, dann möchte ich wenigstens bitten, einen Umschlag an den Grenzstationen eintreten zu Reichstag. 9. Legisl.-P. V. Session. 1897/98. lassen und nicht, wie in Bayern, ein oder zwei Einbruchs- (0) stationen zu gestatten, sondern zu verlangen, daß das Vieh in Quarantäne bleibt — ob das Vieh dadurch etwas theurer wird, ist Sache der Leute, die es einführen, das spricht gegenüber den 100 Millionen Verlusten im Jnlande nicht mit, denn die erste Pflicht ist das Nationalvermögen vor Schaden zu bewahren. Ich habe neulich gelesen von einer Summe von 60 Millionen Mark, die das deutsche Nationalvermögen in einem Jahre durch die Maul- und Klauenseuche Schaden erlitten haben soll. ^ ^1 (Zuruf.) ...

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... Der Herr Abgeordnete Gras von Bismarck hat ja darauf hingewiesen, was für viele Zufälligkeiten und Schwierigkeiten eintreten, wenn ein Viehtransport durch eine Ortschaft geht, wie da durch das Durchsickern von Exkrementen aus einem Wagen bereits Ansteckung entstehen kann. Aber eines hat er nicht erwähnt, daß eine fortwährende Uebertragung von Infektionskrankheiten stattfinden kann durch alles, was kreucht und fleucht, daß insbesondere in G) den Gehöften Ratten von einem Bezirk in einen anderen wandern, die Infektion verbreiten; daß Krähen, die herumfliegen, die Ansteckung verbreiten, und die Krähen und Ratten lassen sich auch nicht aufhalten, wenn sie plötzlich vor einem anders angestrichenen Grenzpfahl stehen; sie fliegen darüber hinweg und wandern über die Grenze hinüber. Nach dem heutigen Stande der Batterientheorie ist es einfach nicht denkbar, daß eine solche Absperrung vollkommen durchgeführt werden könnte. Ein Mittel giebt es aber nach meiner Anschauung, um den ungeheuren Schaden, der fortgesetzt unser Land wie alle anderen Länder durch die Viehseuchen trifft, zu verringern und einzuschränken; das ist das, was ich schon in der Viehseuchenkommission im vorvorigenJahre vorgeschlagen habe, die obligatorische Viehversicherung durch das Reich mit hinreichender Entschädigung derjenigen, deren Vieh von Krankheiten befallen wird. Es ist eine Thatsache, daß heute so viele Schäden dadurch angerichtet werden, daß die armen Besitzer es verheimlichen, wenn ein Erkrankungsfall eingetreten ist. Diese Verheimlichung entspringt der Nothlage des Besitzers. Würden die Leute wissen, daß sie eine hinreichende Entschädigung bekommen, so würden sie eher zu viel, als zu wenig anzeigen, und die Gefahr wäre damit vermieden. ...
... Man wird aber daran nicht eher gehen, als bis man die in meinen Augen nur als Aberglauben bestehenden Anschauungen beseitigt hat, daß diese Erkrankungsgefahr durch Uebertragung, durch Ansteckung nur von außen gebracht wird, und sie daher absperren könne. Deswegen meine ich, daß, um die Anschauungen, die sich hier von rechts und links gegenüberstehen, zu erklären, es sehr nützlich wäre, wenn von Seiten derjenigen Behörde, die hier eingreifen könnte — es wird wohl wieder das Reichsgesundheitsamt sein, welches der Reichskanzler dazu veranlassen müßte —, einmal festgestellt würde, nicht nur, wie jetzt, wo die Seuche ausgebrochen ist, wie viel Stück Vieh draufgehen, sondern wie die Ställe beschaffen sind, und wie das Futter be- (v) schaffen ist, welches das erkrankte Vieh erhielt. Soviel mir bekannt ist aus landwirthschaftlichen Zeitungen, weisen auch einige Landwirthe darauf hin, daß dort, wo Rübenschnitzel-, Schlempen- und Pülpenfütterung vorhanden ist, die Verseuchungsgefahr eine größere ist als in jenen Gegenden, wo das nicht der Fall ist. Darüber gehen die Meinungen auseinander, und da läßt sich nicht durch Meinungsstreit klarlegen, wer da recht hat, sondern nur durch eine genaue Statistik, die von objektiver, nicht interessirter Seite gemacht wird. Das aber meine ich: bevor wir nicht eine obligatorische Viehversicherung bekommen, ist es unmöglich, daß gerade demjenigen, der am schwersten davon betroffen wird, dem kleinen und dem Mittelbauer, geholfen wird. ...


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