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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1926
Bd.: 411. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-411

ID: 00000095
601 /648
... Der Fall des Verkehrs zweier an derselben Geschlechtskrankheit leidenden Personen sei nach 8 5 zu entscheiden; es komme nicht darauf an, ob die Krankheit im einzelnen Falle zur Ansteckung führen könne, sondern darauf, ob sie an sich eine ansteckende Geschlechtskrankheit im Sinne des Gesetzes sei. Trotzdem brauche in dem erwähnten Falle eine Bestrafung nicht notwendig einzutreten; wenn die Umstände danach gegeben seien, könne 8 153 der Strafprozeße ordnung eingreifen, nach dem die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Amtsrichters von der Klage absehen könne, wenn bei dem Vergehen die Schuld des Täters gering und die Folgen der Tat unbedeutend seien. Auf die Bemerkung einer demokratischen Rednerin, daß Antrag Nr. 47 einen Eventualantrag für den Fall der Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu 8 5 darstelle, die Wiederherstellung jedoch nicht beantragt sei, verzichtete der Ausschuß auf eine weitere Aussprache über den Antrag und betrachtete ihn als erledigt. Antrag Nr. 53 begründete ein deutschnationales Mitglied des Ausschusses damit, daß die Frist von drei Monaten ausreichend sei, ihre Ausdehnung auf sechs Monate dagegen das Denunziantentum fördere. Ihm hielt ein demokratischer Redner entgegen, daß die Frist erst vott dem Zeitpunkte an zu laufen beginne, zu dem der Erkrankte erfahre, daß die Person, mit der er verkehrt habe, an einer Geschlechtskrankheit leide. Er lehne eine solche Zurückrevidierung der Beschlüsse ab. L a ndg er i ch ts r a t Dr. Lehmann erläuterte daraufhin das Verhältnis zwischen Antragsund Verjährungsfrist: Die Antragsfrist beginne zu laufen, sobald der Berechtigte von der Tat, d. h. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 391. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-391

ID: 00000075
602 /648
... Graefe (Mecklenburgs: Ich bin Gott sei Dank immun gegen die Ansteckung!) Herr Kollege Hoetzsch hat gestern Bezug genommen auf eine Rede, die im März hier, ich glaube, bei der Beratung des Reichswehretats der Abgeordnete Graf von der Schulenburg gehalten hat, und er hat diesen als einen verdienten Offizier gelobt. Ich möchte doch den vaterländischen Verbänden und der Deutschnationalen Partei einmal empfehlen, sich vom Grafen von der Schulenburg einen Vortrag darüber halten zu lassen, welche militärische Bedeutung die Ausbildung bei den Verbänden hat, wenn man den Ernstfall ins Auge faßt. Ich bin überzeugt, daß der Graf von der Schulenburg all den Herren sagt, daß all der Aufwand, der hier vertan wird, völlig nutzlos vertan wird vom Standpunkt des Reichswehrministeriums aus und voni Standpunkt derer, die von solchen militärischen Dingen etwas verstehen. (Zuruf von den Völkischen: Dann reden Sie doch nicht darüber!) ...

603 /648
... In dem Bericht heißt es, daß sie teilweise noch recht jugendlich sind, also meist die Krankheit durch Ansteckung außergeschlechtlich erworben haben. Ein Bericht aus Hannover spricht allgemein von einer unheimlichen Zunahme der Geschlechtskrankheiten bei den Kindern. Aus der Rhein Provinz wird gemeldet, daß von 2400 Überweisungen im Jahre 1923 588 geschlechtskrank waren gegenüber 414 Kindern im Jahre 1922 bei 2340 Überweisungen/ also im Verhältnis zur Zahl der Überweisungen ein bedeutendes Ansteigen der Geschlechtskrankheiten. 1239 ...

604 /648
... Erst dann soll sie wieder in ihrem Beruf zugelassen werden.1 (i Wir sind selbstverständlich dafür, daß, wenn Geschlechtskranke andere Personen gefährden können, Maßnahmen getroffen werden müssen, um eine Ansteckung zu verhindern. Wir sagen aber: um das Vertrauen zu diesen Stellen bei den Kranken mehr zu stärken, muß die Gewähr dafür bestehen, daß, wenn jemand gezwungen wird, einen Berufswechsel vorzunehmen, dann auch für ihn gesorgt werden muß. Wenn hier aber nur gesagt wird, daß der Arzt verpflichtet ist, eine Meldung an die Gesundheitsbehörde zu erstatten, wenn ein Kranker einen anderen durch seinen Beruf gefährdet, dann tritt eben der Fall ein, daß sich der Kranke scheut, zum Arzt zu gehen, aus Angst vor den Folgerungen, die sich für ihn daraus ergeben. In einer ganzen Reihe von Fällen sind Arbeiter und andere durch Kranke im Beruf gefährdet. Ich erinnere daran, wie oft Pfleger durch Kranke gefährdet sind und wie dann umgekehrt der Fall eintreten kann, daß ein erkrankter Pfleger die Krankheit wieder auf die Patienten überträgt, ebenso wie bei den Hebammen. Vor gar nicht langer Zeit ist auch ein Fall vorgekommen, daß ein kranker Glasbläser die Krankheit auf Kollegen übertragen hat. Weiter ist mir dieser Tage ein Fall mitgeteilt worden, daß die Krankheit durch Waschgefäße übertragen worden ist. Die schlechten hygienischen Verhältnisse in den Betrieben führen eben dazu, daß dann diese Gefährdung eintreten kann. ...

605 /648
... Ich habe schon vorhin von dem Fall gesprochen, wo eine Ansteckung erfolgt ist auf Grund von Übertragung durch Wacygesäße und Arzte nach Behandlung aus Grund der Aalurheümethooe festgestellt haben, es liege keine Syphilis vor, und wo auf der andern Seite eine Reihe von ärztlichen Gutachten das Gegenteil behaupteten. Hier stehen sich also die Auffassungen in der ärztlichen Wissenschaft noch gegenüber. Über die Salvarsanschäde», die von anderer Seite angeführt werden, will ich mich nicht weiter äußern. Wir halten aber die Erklärung der Regierung, die im Ausschuß abgegeben wurde, daß Salvarsan zu den Mitteln gehöre, die Leben und Gesundheit des Kranken bedrohen, und daß Eingriffe mit diesem Mittel nur mit Zustimmung des Kranken vorgenommen werden dürfen, für so wichtig, daß wir die Regierung ersuchen, diese Erklärung noch einmal vor dem Plenum abzugeben. (Sehr richtig! bei den Kommunisten.) (L) Es ist uns erklärt worden, es sei nicht möglich, eine solche Bestimmung ins Gesetz aufzunehmen. Wir haben auch nicht darauf gedrungen/ aber wir haben durch unseren Antrag verlangt, im Gesetz die Bestimmung mit aufzunehmen, daß nicht nur die Regierung, sondern auch der Reichstag mitzubestimmen hat, wenn ein Verzeichnis über die Mittel aufgestellt wird, die Leben und Gesundheit des Kranken beorohen. Wir erwarten also von der Regierung, daß sie im Plenum noch einmal die bestimmte Erklärung abgibt, daß die Salvarsan- und Quecksilberbehandlung mit zu den jemgen Behandlungsmethoden gehört, die Leben und Gesundheit des Kranken gefährden. ...

606 /648
... Ich bin aber nicht davon überzeugt, daß ohne einen solchen Willensakt die Ansteckung irgendwie oder irgendwo so außerordentlich leicht möglich wäre. Auch ich bin davon unterrichtet, daß Menschen, denen es ganz besonders peinlich ist, sich eine derartige Krankheit zugezogen zu haben, behaupten, sie hätten sich ohne den sonst dazu nötigen Willensakt die Krankheit in der Bedürfnisanstalt oder ...

607 /648
... leider Gottes immer noch eine Bordellstraße haben, die übrige Bevölkerung der Stadt Altona gegen die moralische Ansteckung der Prostitution geschützt? Daß sie nicht gegen die gesundheitliche Ansteckung geschützt ist, haben gestern mehrere Redner, unter anderen auch mein Fraktionskollege Dr. Moses, schon ausgesprochen. Aber die Bedenken, die gegen die Aufhebung der Bordelle bestellen, richten sich ja immer besonders gegen die moralische Ansteckung. Da kann ich Ihnen nur sagen, daß jeder, der nach Altona kommt und mit vffe nen Angen durch das Stadtviertel gellt, in dem sich die Bordellstraßc befindet, sofort erkenne» wird, dafi nicht etwa die moralische Ansteckung belloben ist. Es sind im Gegenteil in dem ganzen Stadtviertel Verhältnisse vorhanden, die nicht mir trotz der Bordelle, sondern meiner besten Überzeugung nach geradezu wegen der Bordelle entstanden sind. (Sehr wallr! bei den Sozialdemokraten.) Kürzlich llat eine Stndienkvmmission des Preußischen Landtags Altona besucht, und es llat mich selber sellr getroffen, daß mir ein Berliner Abgeordneter erklärte: -Was wir in Altona gesehen ballen — nicht in der Bordellstraße, sondern in den Straßen, die in dem Stadtviertel der Bordellstraße liegen —, habe ich bisher in Berlin noch nicht zu sehen bekommen. In diesem Stadtteil wohnen aller naturgemäß nicht nur erwachsene Menschen, sondern doch wie in jeder anderen Wohnung Kinder und Jugendliche in großer Iahtt denn cs handelt sich gerade um die Wohngegenden der Arbeiter klaffe. ...

608 /648
... Diejenigen, die behaupten, daß diese Einbeziehung notwendig sei, sagen, es wäre eine Pforte für die Verschleppung der Ansteckung geöffnet, wenn man gestatten würde, daß für gewöhnliche, also harmlose Leiden der Geschlechtsorgane, die mit Geschlechtskrankheiten gar nichts zu tun haben, Laienbehandler herangezogen werden. Man behauptet, diese Laienbehandler, von denen man nichts Gutes Hält, handelten bloß aus gewinnsüchtigen Absichten. Erstens wären sie nicht imstande, eine richtige Diagnose zu stellen, und zweitens, wenn sie imstande wären, die richtige Diagnose zu stellen, so täten sie doch so, als hätten sie die Diagnose nicht gestellt, als wären ste der Ansicht, es handle sich um eine harmlose Krankheit, obwohl sie genau wüßten, daß es eine Geschlechtskrankheit sei. Dies ist der Hanpteinwand: das Gesetz wird unwirksam, wenn dieser Paragraph nicht in der Regierungsvorlage wiederhergestellt wird. Diese Einwände sind aber vollkommen unzutreffend. Es sind Behauptungm, wie man sie zur Stimmungsmache immer zur Hand hat, wenn es sich um eine Abstimmung von irgendwelcher Bedeutung handelt, es sind Behauptungen, die durchaus nicht bewiesen werden können. Unwirksam wird das Gesetz durch ganz andere Dinge. Unwirksam wird es, wenn man nicht die unentgeltliche Behandlung einführt. Unwirksam wird es — ich erinnere an die Fälle, die mein Fraktionskollege Dr. Moses vorgetragen hat — durch die Wohnungsnot, durch den Bettenmaugel, dadurch, daß eine syphilitische Mutter mit ihren sämtlichen Kindern in einem Bett schlafen muß. ...

609 /648
... Es ist dann auch nicht zu vergessen, daß ein ganzes Heer der harmlosen Leiden der Geschlechtsorgane — ich nenne die Senkungen, Verlagerungen, Knickungen, Amenorrhoe, Dysmenorrhoe — niemals eine Ansteckung vermitteln kann. Da komme ich auf einen Irrtum, den einer der Sachverständigen des Reichstags, der Herr Abgeordnete Dr. Kahl, begangen hat. Es ist ja die Rede, die er vor Jahren gehalten hat, als das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten zum erstenmal zur Behandlung stand, in großen Mengen als Agitationsmaterial verschickt worden. In dieser Rede hat Dr. Kahl gesagt, daß die Leiden der Geschlechtsorgane, die Geschlechtskrankheiten sind, die Regel sind. Das ist ein großer Irrtum. Das gerade Gegenteil ist der Fall. Das sind die verschwindenden Ausnahmen, das sind die glücklicherweise sehr seltenen Fälle, währenddem die anderen Fälle Legion sind. Die sind so zahlreich, daß man wohl sagen kann, 95 Prozent aller Frauen haben irgmd so etwas. Überlegen Sie sich einmal, wie das überhaupt durchgeführt werden soll. Ein Gesetz, das diese 95 Prozent aller Frauen zwingen will, sich beim approbierten Arzt behandeln zu lassen, überhaupt zwingen will, sich behandeln zu lassen, ist vollkommen undurchführbar. Ich möchte die, die dafür eintreten, nur fragen: was wollen Sie mit den Frauen machen, die sich gar nicht behandeln lassen, die Montag den 24. Januar 927.1 8719 weder zum Naturheiler, noch zum approbierten Arzt (6) gehen, sondern sich selbst behandeln? Das sind 50 Prozent der Fälle. ...
... Dann ist die Sicherung in den 8§ 5 und 6, wonach die Menschen, die durch die häufigste Art der Ansteckung, durch den Beischlaf einen anderen angesteckt haben, bestraft werden können. Der tz 7 stellt dann wieder alle Personen, die gegen das Gesetz gehandelt, also behandelt haben, wo sie es nicht durften, unter Strafe. Wenn Sie in einem Gesetz so viel Sicherungen habm, müssen Sie doch diesen Sicherungen schließlich trauen. Sie schaffen aber Sicherungen und noch Sicherungen der Sicherungen. Das mag angehen. Aber noch Sicherungen der Sicherungen der Sicherungen ist entschieden zuviel. Dadurch haben Sie doch selber Mißtrauen gezeigt über die Bestimmungen, die Sie selber geschaffen haben. Da muß man eben aufhören, Gesetze zu machen, wenn man so wenig Vertrauen in die Bestimmungen hat, die man aufstellen will. Wenn die Franzosen Sicherungen der Sicherungen der Sicherung der Sicherungen verlangen, sind wir uns voll- M kommen darüber klar, daß das Unfug ist. Dann dürfen wir aber das System nicht auf unsere Gesetzgebung übertragen wollen. Nun begeht man eine große Ungerechtigkeit noch gegen die Kurpfuscher. Man gibt nämlich zu, daß es auch unter den approbierten Ärzten Kurpfuscher gibt. Aber diesen Kurpfuschern unter den approbierten Ärzten kann nichts geschehen. Die sind durch die Gilde und das Ansehen der Schulmedizin und ihre Verdienste ohne weiteres schlechthin gedeckt. Nun gibt man aber nicht zu, jedenfalls ungern, daß auch unter den Naturheilern Leute sind, die etwas können und verstehen. Aber man betont, die Mehrzahl von ihnm könne nichts. ...

610 /648
... Es ist doch bei diesem Gesetze, das so viel Sicherungen verlangt und bringt, sicher nicht zuviel verlangt, daß hier das Leben einer erwachsenen Frau vor der Ansteckung durch einen Säugling geschützt werden soll. Man hat uns auch eingewandt, daß es, wenn über den Säugling selbst das Gesundheitszeugnis vorgelegt werden soll, dann vielleicht in den Krippen nicht möglich sei, ein syphilitisches Kind an der Brust zu ernähren, so daß dieses Kind dann benachteiligt sei, wenn cs mit der Flasche genährt werden müsse. Es wird ja auch eingewandt, daß die Fälle, wo eine Amme durch einen Säugling angesteckt worden ist, nicht sehr zahlreich seien/ sie machten vielleicht nur 10 Prozent von den Ansteckungsfällen der Säuglinge durch die Amme aus. Selbst wenn das letztere richtig ist, daß nur 10 Prozent der anderen Fälle vorkommen, wird mir doch jeder zugeben, daß das gerade 10 Prozent zuviel sind, daß auch diese 10 Prozent nicht sein dürfen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und was das andere Argument anbetrifft, daß das syphilitische Kind es gerade besonders nötig habe, an der Brust ernährt zu werden, so ist dazu zu sagen, daß diesem Kinde ja abgezogene Muttermilch, abgezogene Ammenmilch gegeben werden kann, daß also das Kind keinen Schaden zu leiden braucht. Auf keinen Fall aber wird man zugeben dürfen, daß ein erwachsener Mensch einem syphilitischen Säugling geopfert wird, daß man mehr Rücksicht auf einen syphilitischen Säugling nehmen dürfe als auf eine gesunde Amme. Das wäre ja ganz widersinnig. ...

611 /648
... Bleibt es bei der bloßen Gefährdung und wird eine Ansteckung nicht übertragen, so kann der Antrag nicht zurückgenommen werden. Findet aber eine Ansteckung statt, so ist die Strafe nicht dem 8 5 des Gesetzes zu entnehmen, sondern dem 8 223 des Strafgesetzbuchs. In diesem Fall aber bestimmt der 8 232, daß, wenn cs sich um einen Angehörigen handelt, die Zurücknahme des Strafantrags zulässig ist. Es ist eine Unmöglichkeit, daß man für das Gefährdungsdelikt härtere Bestimmungen Vorsicht als für das Schädigungsdelikt. Deshalb ist die Annahme unseres Antrags geboten. Es kommt noch folgendes hinzu, was gleichzeitig den Antrag, den wir zu 8 6 gestellt haben, rechtfertigt. In allen diesen Fällen, in denen es sich um Ehegatten handelt — bei 8 5 in der Hauptsache, bei 8 6 ausschließlich —, muß der geschädigte Teil in die Lage versetzt werden, gewissenhaft und gründlich nachzuprüfen, was ihm höher steht: die Bestrafung eines Schuldigen oder die Aufrechterhaltung der Ehe und des ehelichen Friedens. Ein Strafantrag wird, wie wir alle wissen, sehr leicht aus Wut und in der Übereilung gestellt, und es ist immer gut, gerade vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der Ehe aus, wenn demjenigen, der den Antrag gestellt hat, nachträglich noch die Möglichkeit gegeben wird, ihn zurückzunehmen, etwa nachdem ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 392. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-392

ID: 00000076
612 /648
... Der letzte Grund war der, daß die Möglichkeit und Gefahr der Ansteckung in diesem anderen Ort mit gewissen Krankheiten, die ich nicht näher bezeichnen will, sehr viel größer sei, und das könne ihnen nicht zugemutet erden. Es ist mir ein Fall bekannt geworden, daß ein Gemeindevorsteher, der eine Reihe von Erwerbslosen zur Arbeit abgeben sollte, erklärte: nein, wenn ich das tue, sinke ich unter eine gewisse Mindestzahl, die ich haben muß, und gehe gewisser Reichs- oder Landesunterstützungen verlustig. (Hört! Hört! rechts.) Es ist Ihnen ja allen bekannt, daß es sich bis heute nicht hat vermeiden lassen, daß noch ausländische Land- ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 393. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-393

ID: 00000077
613 /648
... Man braucht nur in den großen Städten in die Familien hineinzuschauen, braucht nur die Spannungen zwischen Eltern und Kindern zu beobachten, braucht nur zu sehen, wie neugeschlossene Ehen zerrüttet werden, wie ein Herd von Ansteckung in sittlicher Beziehung auf die Kinder übergeht, weil ihnen Dinge gezeigt werden, die ihnen normalerweise viel länger vorenthalten bleiben, um zu wissen, daß hier eine ungeheure Gefahr vor uns steht. Alle schönen Redensarten, die bei Einführung der höheren Mieten gewechselt wurden, ändern natürlich nichts daran, daß die großstädtische Bevölkerung, der es nicht möglich ist, diese Mietpreiserhöhungen irgendwie auszugleichen, gezwungen ist, noch mehr zusammenzurücken, als es bisher schon der Fall gewesen ist. Ich möchte es 1475» ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 413. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-413

ID: 00000097
614 /648
... Ansteckung durch Milzbrand. Arbeiten bei milzbrandverseuchten Tieren. Behandlung von Tierleichen oder tierischen Abfällen. Einund Ausladen sowie Beförderung solcher Waren. Artikel 3 Die förmlichen Ratifikationen, dieses Übereinkommens sind nach den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der anderen Friedensverträge dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 415. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-415

ID: 00000099
615 /648
... 1) oder die Ansteckung der verletzten Frau oder des verletzten Kindes mit einer Geschlechtskrankheit zur Folge, so ist die Strafe Zuchthaus nicht unter zehn Zähren oder lebenslanges Zuchthaus. 8 288 Verführung Wer ein Mädchen unter sechzehn Zähren zum Beischlaf verführt, wird mit Gefängnis bestraft. Die Tat wird nur auf Verlangen der Verletzten verfolgt. Hat der Verführer die Verführte geheiratet, so wird die Tat nur verfolgt, wenn die Ehe für nichtig erklärt worden ist. 8 289 Nötigung Abhängiger zum Beischlaf Wer eine Frau unter Mißbrauch ihrer durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis begründeten Abhängigkeit zum außerehelichen Beischlaf nötigt, wird mit Gefängnis bestraft. Die Tat wird nur auf Verlangen der Verletzten verfolgt. Hat der Täter die Frau geheiratet, so wird die Tat nur verfolgt, wenn die Ehe für nichtig erklärt worden ist. 8 290 Blutschande Wer mit einem Verwandten absteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Zähren bestraft. ...

616 /648
... Aus ähnlichen Erwägungen hat der Entwurf davon abgesehen, eine besondere Strafdrohung gegen geschlechtskranke Personen aufzunehmen, die andere in die Gefahr einer Ansteckung bringen. Hat der Geschlechtskranke einen anderen angesteckt, so liegt regelmäßig der Tatbestand einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Körperverletzung vor. Außerdem ist nach geltendem Reckst die Ausübung des Beischlafs durch jemand, der weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß er an einer mit Ansteckungsgefahr verbundenen Geschlechts krankhcit leidet, ach § 3 der Verordnung zur Bekamp fung der Geschlechtskrankheiten vom 11. Dezember 1918 (Reichsgcsetzbl. S. 1431) mit Strafe bedroht. Um einer Verbreitung der Geschlechtskrankheiten über Haupt entgegenzuwirken, reichen indessen Strafvorschrif.cn nicht auch hierzu bedarf es vielmehr in erster Pinie gesundheits und gcwerbepvlizeilicher Maßregeln. Das ganze Gebiet war daher einem Sondcrgcsetze vorzubehalten. Ein solches Gesetz, das die Ma lerie einheitlich regelt und auch die erforderlichen Straf bestimmungen enthält, wird am 1. Oktober 1927 in Kraft treten (vgl. Gesetz zur Bekämpfung der Ge schlechtskrankheitcn vom 18. Februar 1927, Reichs gesetzbl. I S. 61, insbesondere § 5). § 259 Körperverletzung Der Entwurf saßt den Tatbestand etwas anders als das geltende Recht (vgl. oben S. 131). Unter Gesundheitsbeschädigung ist, wie nach geltendem Recht, auch das Hervorrufen oder Verschlimmern einer geistigen Erkrankung begriffen. Die Selbstverletzung fällt, wie sich aus den Worten einen anderen« ergibt, nicht unter die Vorschrift- auch Anstiftung und Beihilfe zu ihr sind straffrei. Die Strafdrohung entspricht dein geltenden Rechte. ...

617 /648
... 1 und die Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit gleichgestellt. Die schwere Folge der Tat darf indessen, wie sich aus der allgemeinen Vorschrift des 8 21 ergibt, anders als nach geltendem Rechte dem Täter nur dann zugerechnet werden, wenn er sie wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat. 8 288 Verführung Der Tatbestand ist gegenüber dem geltenden Rechte (8 182) insofern erweitert, als nicht mehr die Feststellung verlangt wird, daß die Verführte unbescholten« gewesen ist. Das Merkmal der Unbescholtenheit, in seiner Bedeutung unklar und bestritten, führt dazu, daß das Vorleben des Mädchens durchforscht und selbst geringfügige Verfehlungen hervorgesucht und nicht selten aufgebauscht werden. So wird ein Strafverfahren wegen Verführung, auch wenn es mit einer Verurteilung des Verführers endet, regelmäßig zu einer Qual für das Mädchen, zu dessen Schutz die Strafdrohung bestimmt ist. Aus Besorgnis hiervor werden dann begründete Strafanträge unterlassen und der Verführer der verdienten Strafe entzogen. Es liegt auch kein Grund vor, den straflos zu lasten, der ein Mädchen, das einmal gestrauchelt war, aber wieder Halt gewonnen hatte, erneut vom rechten Wege abbringt/ die Folgen für die Zukunft der Verführten sind in einem solchen Falle unter Umständen schlimmer als die Folgen des ersten Fehltritts. Selbstverständlich wird die Feststellung, daß das Mädchen verführt«, d. h. unter Mißbrauch der geschlechtlichen Unerfahrenheit und geringen psychischen Widerstandskraft zum Beischlaf geneigt gemacht worden ist, mit besonderer Vorsicht getroffen werden müssen, wenn das Mädchen seine Geschlechtsehre schon verloren hatte. ...

618 /648
... Danach fallen unter den Begriff auch Gegenstände, die zur Verhütung der Empfängnis oder zum Schutze gegen Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit angewendet werden. Gleichzeitig hat man das Tatbestandsmerkmal, daß die Gegenstände dem Publikum angekündigt oder angepriesen worden sind, auch dann als erfüllt angesehen, wenn diese Anpreisung oder Ankündigung in ärztlichen oder ähnlichen Fachzeitschriften geschehen ist. Dem gegen diese Auslegung des geltenden Rechtes erhobenen Be denken, daß sie nicht nur die Entwicklung der Frauenheilkunde in unerwünschter Weise einenge, sondern auch zu ihrem Teile schuld an der ungeheuren Verbreitung der Geschlechtskrankheiten trage, darf man sich nicht verschließen. Das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 61), das am 1. Oktober 1927 in Kraft tritt, macht (8 16 Ziffer II) durch Einfügung einer neuen Nr. 3a in den § 184 des Strafgesetzbuchs das Ankündigen, Anpreisen und Ausstellen von Gegenständen, Mitteln oder Verfahren, die zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienen, schlechthin straflos, soweit es nicht in einer Sitte oder Anstand verletzenden Weise erfolgt. Der Entwurf macht sich dieses allgemeine Merkmal der Abgrenzung des straffreien und strafbaren Han delns zu eigen/ er befindet sich dabei in Übereinstimmung auch mit dem Schweizer Entwurf von 1918 (Artikel 320). Weiter ist man im Verlauf der jahrelangen Erörterungen dieser Frage zu der Auffassung gelangt, daß es nicht angeht, Gegenstände, die zur Verhütung der Empfängnis dienen, anders zu behandeln als Gegenstände zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 416. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-416

ID: 00000100
619 /648
... Artikel 23 Bei verseuchten Schiffen sind folgende Maßnahmen zu ergreifen: 1.1 Besichtigung und ärztliche Untersuchung/ 2.1 sofortige Ausschiffung und Absonderung der Kranken und der der Krankheit oder unmittelbaren Ansteckung (s. Artikel 10b) verdächtigen Personen, zugleich Desinfektion und Entlausung derselben, bei Pocken auch Schutzimpfung/ 3.1 diejenigen Personen, die mit Cholera-, Pocken- und Pestkranken nur in mittelbare Berührung gekommen sind, werden einer ärztlichen Überwachung (s. Artikel 12 Abs. 2) und bei Pocken auch der sofortigen Schutzimpfung unterworfen. Die Dauer der Überwachung darf bei Cholera 5 Tage, bei Pest 7 Tage, bei Pocken 14 Tage, von der Ankunft des Schiffes an gerechnet, nicht überschreiten. Diejenigen Personen, die mit Fleckfieber- oder Nückfallfieberkranken nur mittelbar in Berührung gekommen sind, werden im allgemeinen keiner ärztlichen Überwachung unterworfen. Die in Artikel 15 genannten Personengruppen sind jedoch nach der Entlausung einer ärztlichen Überwachung zu unterwerfen, deren Dauer bei Rückfallfieber 8 Tage und bei Fleckfieber 14 Tage nicht überschreiten darf. 1) blösg. Aacksiumü gülieto Ilckneksi pret nurbu unbliKanu un1 (Virves, ar burüm ^iesiets buAm.zünockroSina ar ain8rAU p1üb8nem, Islams un pürsz»8 tilti, inueiunt ckarba laibu, jünoyem u. t. t.) e) IvoIer:i8 Aackijuinü gürüpezkm, lai cknerainai» ücksn8 un buA» bütu ben iebilckunnem. bar up86rAotu güun8bata batr8 buAm, un Kurs. bon8tats bolvrs8, inen babu, inmtuinu tika vai atAusu8 druckn» Ackijuinu8, vi :ri, ja bigi8 bo1er»8 Ackijuin8 peckeg»8 5 1eii:i8. nies» psckeg»8 7 ckien»8, tAus»8 ckruckö» pecksj»8 8 ckien»8, bbu vi inmtuinu tlta peckej»8 14 ckien»8, vsi jn nn kuA» pee 8i8temti8b»8 prinekIeSan»8 v:u lul.uli tr»8t»8 nurb»8 r inösu ^nlmem. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1927
Bd.: 417. 1924
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-417

ID: 00000101
620 /648
... Das Verzeichnis zähltVorläufig nur die Vergiftungen durch Blei und Quecksilber, durch deren Legierungen und Verbindungen sowie unmittelbare Folgen dieser Vergiftungen, ferner die Ansteckung durch Milzbrand auf. Erkrankungen durch Blei und Quecksilber und deren Verbindungen sind auch durch die Anlage 1 zur Verordnung vom 12. Mai 1925 ersaßt. Die Erkrankungen durch die Legierungen dieser Metalle sind hierbei nicht besonders erwähnt/ sie sind jedoch begrifflich in den Erkrankungen durch Blei und Quecksilber enthalten. Das deutsche Recht geht über das Übereinkommen noch insofern hinaus, als dieses nur die unmittelbaren Folgen der Blei- oder Quecksilbervergiftungen als Berufskrankheiten behandelt, während nach dem deutschen Recht auch die mittelbaren Folgm in demselben Umfang zu entschädigen sind wie die mittelbaren Folgen von Unfällen (88 2,4 der Verordnung vom 12. Mai 1925). Die im Verzeichnis des Übereinkommens aufgeführte Ansteckung durch Milzbrand ist in der Anlage zur Verordnung vom 12. Mai 1925 nicht erwähnt. Das liegt daran, daß die deutsche Rechtsprechung die Ansteckung durch Milzbrand als Unfall angesehm hat (vgl. Handbuck der Unfallversicherung 3. Ausl. Bd. 1 S. 71). Es bedurfte also nach deutschem Recht einer besonderen Ausdehnung der Unfallversicherung auf die Ansteckung durch Milzbrand nicht. Im übrigen ist die deutsche Liste der Berufskrankheiten weit ausführlicher. Ihre Erweiterung wird vorbereitet. Was den Kreis der Betriebe anbetrifft, die nach dem Verzeichnis zu Artikel 2 des Nb. 8 für die Entschädigung von Blei- und Quecksilbererkrankungen in Betracht kommen sollen, so unterstellt die deutsche Liste zur Verordnung vom 12. ...
... Die neben der Ansteckung durch Milzbrand aufgeführten »Arbeiten bei milzbrandverseuchten Tieren« können zwar auch in landwirtschaftlichen Betrieben vorkommen. Allein die * ...


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