Verhandlungen des Deutschen Reichstags

MDZ Startseite


MDZ Suchen

MDZ Protokolle (Volltext)
MDZ Register
MDZ Jahr/Datum
MDZ Abgeordnete


MDZ Blättern

Protokolle/Anlagen:
MDZ 1867 - 1895
MDZ 1895 - 1918
MDZ 1918 - 1942

MDZ Handbücher


MDZ Informieren

MDZ Projekt
MDZ Technisches
MDZ Impressum
MDZ Datenschutzerklärung
MDZ Barrierefreiheit

Reichstagsprotokolle (Volltextsuche)

Suchbegriff(e) Erscheinungsjahr: von/ab: bis/vor:

Bitte beachten Sie die Hinweise zu den Recherchemöglichkeiten.

Durchsuchbare Seiten: 390869 - Treffer auf 648 Seite(n)






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1880
Bd.: 61. 1880
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-60/61

ID: 00018412
81 /648
... Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten Thiere zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören over nicht; 2.1 wer der Vorschrift der 88- 9 und 10 zuwider die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert, oder es unterläßt, die verdächtigem Thiere von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten; 3.1 wer den Vorschriften der 88- 31 bis 33 zuwider an Milzbrand erkrankte, oder der Krankheit verdächtige Thiere schlachtet, blutige Operationen an denselben vornimmt, oder die Kadaver derselben abhäutet oder vorschriftswidrig eine Oeffnung derselben vornimmt, oder es unterläßt, dieselben sofort unschädlich zu beseitigen; 4.1 wer den zum Schutze gegen die Tollwuth der Hausthiere in den 88- 34 , 35 , 36 und 39 ertheilten Vorschriften zuwiderhandelt; 5.1 wer den Vorschriften im 8 43 zuwider die Kadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere abhäutet, oder nicht sofort unschädlich beseitigt; 6.1 wer außer dem Falle polizeilicher Anordnung die Pockenimpfung eines Schafes vornimmt; 7.1 wer gegen die Vorschrift des 8- 50 Pferde, welche an der Beschälseuche, Pferde oder Viehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschlechtstheile leiden, zur Begattung zuläßt. 8- 66. Unverändert. Unverändert. 8- 67. ...

82 /648
... Als verdächtige Thiere gelten im Sinne dieses Gesetzes: Thiere, an welchen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer übertragbaren Seuche befürchten lassen (der Seuche verdächtige Thiere); Thiere, an welchen sich solche Erscheinungen zwar nicht zeigen, rücksichtlich deren jedoch die Vermuthung vorliegt, daß sie den Ansteckungsstoff aufgenommen haben (der Ansteckung verdächtige Thiere). 8. 2. Die Anordnung der Abwehr- und Unterdrückungsmaßregeln und die Leitung des Verfahrens liegt den Landesregierungen und deren Organen ob. Zur Leitung des Verfahrens können besondere Kommissare bestellt werden. Die Mitwirkung staatlich angestellter (beamteter) Thierärzte richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. An Stelle derselben können im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen andere approbirte Thierärzte zugezogen werden. Die letzteren sind innerhalb des ihnen ertheilten Auftrages befugt und verpflichtet, diejenigen Amtsverrichtungen wahrzunehmen, welche in diesem Gesetze den beamteten Thierärzten übertragen sind. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren, über die Zuständigkeit der Behörden und Beamten und über die Bestreitung der durch das Verfahren entstehenden Kosten sind von den Einzelstaaten zu treffe». K. 3. Nücksichtlich der Pferde und Proviantthiere, welche der Militärverwaltung angehören, bleiben die Maßregeln zur Ermittelung und Unterdrückung von Seuchen, soweit davon nur das Eigenthum dieser Verwaltung betroffen wird, den Militärbehörden überlassen. Dieselben Befugnisse können den Vorständen der militärischen Nemontedepots auch rücksichtlich der dazu gehörigen Rindvieh- und Schafbestände, sowie den Vorständen der landesherrlichen und Staatsgestüte rücksichtlich der in diesen Beschlüsse des Reichstages. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. ...

83 /648
... 10 angeführten Seuchen unter seinem Viehstande und von allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen, auch das Thier von Orte», an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten. Die gleichen Pflichten liegen Demjenigen ob, welcher in Vertretung des Besitzers der Wirthschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transporte befindlichen Thiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Koppeln oder Weiden. Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte und alle diejenigen Personen verpflichtet, welche sich gewerbsmäßig mit der Ausübung der Thierheilkunde beschäftigen, ingleichen die Fleischbeschauer, sowie Diejenigen, welche gewerbsmäßig mit er Beseitigung, Verwerthung oder Bearbeitung thierischer Kadaver oder thierischer Bestandtheile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein polizeiliches Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruche einer der nachbenannten Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den Verdacht eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntniß erhalten. 8- 10. Unverändert. 8. II. Unverändert. ...

84 /648
... 6 zuwider, mit der Krankheit behaftet in das Reichsgebiet eingeführt sind; 3.1 für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet innerhalb 80 Tagen die Rotzkrankheit oder innerhalb 180 Tagen die Lungenseuche festgestellt wir-, wenn nicht er Nachweis erbracht wird, daß die Ansteckung der Thiere erst nach Einführung derselben in das Reichsgebiet stattgefunden hat. §. 62. Unverändert. ...

85 /648
... 9 und 10 zuwider die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert, oder es unterläßt, die verdächtigen Thiere von Orte«, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern z« halten; 3.1 wer den Vorschriften der §8- 31 bis 33 zuwider an Milzbrand erkrankte, oder der Krankheit verdächtige Thiere schlachtet, blutige Operationen an denselben vornimmt, oder die Kadaver derselben abhäutet oder vorschriftswidrig eine Oeffnung derselben vornimmt, oder es unterläßt, dieselben sofort unschädlich zu beseitigen; ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1881
Bd.: 65. 1881
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-65

ID: 00018435
86 /648
... Das Zmpfdogma denunzire jeden Nichtgeimpften unter dem Vorwand, daß es die nach allen Regeln der Schule mit Erfolg Geimpften mit Ansteckung bedrohe. Es spreche damit deutlich aus, daß es selber an den Schutz der Geimpften nicht glaube. Der Staat könne den Bürgern keine Garantie leisten dafür, daß eine unter allen Kautelen vorgenommene Impfung niemals schlechte Folgen habe. Ebensowenig würden die Aerzte eine unbedingte Garantie übernehmen wollen, es müsse daher dem freien Willen der Staatsbürger überlassen bleiben, ob sie zu dem vermeintlichen Schutzmittel greifen wollten. Hierauf giebt die Petition ein Verzeichniß aller angeblichen Niederlagen, welche das Zmpfdogma im Reichstag erlitten habe, wobei der Referent in das gehörige Licht gestellt, der Korreferent Or. Westermayer als muthvoller Gegner des Impfzwanges gebührend gepriesen wird. Natürlich wird auch einmal wieder die längst abgethane Schafimpfung ins Gefecht geführt. Als weiterer Beweis gegen den Impfzwang sollen nach Professor Vogt die über die Erfolge der Vaccination und Revaccination in der französischen Armee gemachten Erfahrungen dienen. Nach seiner Behauptung soll die algierische Armee, trotzdem dort das dem preußischen genau nachgebildete Zmpfreglement nicht so streng durchgeführt wird als in Frankreich, weniger Pockenkranke und weniger Pockentodte haben als die Armee in Frankreich, bei der viel sorgfältiger geimpft wird. ...

87 /648
... 6.1 Schützt die Impfung vor Ansteckung, so können Ungeimpfte keine Gefahr für die Geimpften sein. Gesetzt aber auch, führt Korreferent weiter aus, die Zmpffreunde haben in allen Dingen Recht und man gestehe ihnen Alles zu, was sie glauben und sagen: der Impfzwang lasse sich dennoch nie rechtfertigen. Er bezieht sich zum Beweise dessen auf die Schriften von Dr. Scheuermann, Dr. Lorinser, Dr. Martini, auf eine im englischen Parlamente am 11. Juni 1880 von dem Abgeordneten Taylor von Leicester gegen den Impfzwang gehaltene Rede und auf eine Petition aus Schwäbisch-Hall vom Jahre 1880. Die aus diesen und anderen Schriftstücken gezogene Quintessenz faßt Korreferent schließlich in folgende Sätze zusammen: 1.1 Angenommen, das Impfen sei eine Wohlthat, so dürfen Wohlthaten nicht aufgedrungen werden. 2.1 Angenommen, die Vergiftung oder Durchseuchung des Blutes zum Zwecke der Entgiftung oder Bewahrung vor Ansteckung habe sehr häufig guten Erfolg; aber ein absolutes unfehlbares Mittel gegen die Pockenkrankheit sei die Impfung nicht. Der Staat garantirt weder für die Reinheit der Lymphe, noch weniger giebt er den Eltern, deren Kinder an der Gesundheit geschädigt werden, oder gar in Folge der Impfung sterben, die mindeste Entschädigung. Ein solcher Zwang aber ist ungerecht und unmoralisch. 3.1 Höchst ungerecht und unsittlich aber ist dieser Zwang Eltern gegenüber, welche das Impfen für eine der Gesundheit und dem Leben ihrer Kinder schädliche Maßregel halten. Der Staat zwingt diese Eltern, an ihren Kindern eine Operation vornehmen zu lassen, die in ihren Augen schädlich also vor ihrem Gewissen verwerflich ist. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1882
Bd.: 66. 1881/82
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-66

ID: 00018436
88 /648
... Wenn also in der Nähe eines Distrikts sich Spuren von Ansteckung finden — ich will z. B. den Fall setzen, in der Nähe des weinbautreibenden Merzig an der Mosel; in den benachbarten Bezirken, etwa in Zeltingen, und was daran grenzt, hätte sich noch nichts Bedenkliches gefunden —, so führte das schon von selbst dahin, daß aus dem erstgedachten Bezirk Reben nicht weiter hingebracht werden. Es kann aber durch die fragliche Bestimmung unmöglich werden, daß neue Anpflanzungen oder Aufbesserungen bestehender Weinberge stattfinden. Ich glaube, es geht der Vorschlag zu weit. Jedenfalls müßte man vorerst nur auf eine bestimmte Zeit, allenfalls für ein Jahr, die Bestimmung treffen, um die Wirkung zu sehen, um zu sehen, wie die Ausbreitung der Krankheit, wenn sie überhaupt eintritt, sich anläßt. Wie schon gesagt, man gehe mit Vorkehrungen nicht allzu weit! Ueberhaupt möge man sich auch hier hüten, daß die Arzenei nicht am Ende gefährlicher, schädlicher wird, als die Krankheit. Wenn man hier zu viele Vorkehrungen trifft, dann werden dieselben für das Ganze leicht nachtheiliger, als der Schaden, welchen einzelne mangels solcher Vorkehrungen erleiden. Es erscheint mir nun in Bezug auf die hier gebotene Arzenei solche Besorgniß nicht gar ferne zu liegen. Dann möchte ich noch einige Worte sagen, die hier vielleicht etwas neben der Sache liegen, aber sich doch jedenfalls darauf beziehen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1882
Bd.: 67. 1881/82
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-67

ID: 00018437
89 /648
... Diese Mittheilung wird stets unverzüglich erfolgen; 5.1 eine alljährlich anzufertigende, mit Maßstab versehene Karte zur Darstellung der angesteckten Bodenflächen und der wegen der Nähe von Ansteckungsherden verdächtigen Bezirke; 6.1 im Laufenden zu erhaltende Verzeichnisse derjenigen Gartenbau- oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, welche regelmäßigen Untersuchnngen in angemessener Jahreszeit unterliegen und amtlich als den Anforderungen der gegenwärtigen Konvention entsprechend erklärt worden sind; 7.1 jede neue Ermittelung einer Ansteckung in Weinbau-, Gartenbau- oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, thunlichst mit Angabe der von denselben innerhalb der letzten Jahre ausgeführten Pflanzensendungen. Diese Mittheilung wird stets unverzüglich erfolgen; 8.1 das Ergebniß wissenschaftlicher Forschungen, sowie der Erfahrungen und praktischen Verfahruugsmethoden, welche auf dem Gebiet der Neblauskrankheit gemacht bezw. angewendet worden sind; 9.1 alle anderen Dokumente, welche von Interesse für den Weinbau sein können. Artikel 10. Die bei der gegenwärtigen Konvention betheiligten Staaten werden Nichtvertragsstaaten nicht günstiger behandeln als die vertragschließenden Staaten selbst. Artikel 11. Erforderlichenfalls werden die vertragschließenden Staaten auf einer internationalen Versammlung sich vertreten lassen, welche die Aufgabe hat, die aus der Ausführung der Konvention sich ergebenden Fragen zn prüfen und durch Erfahrung und Fortschritte der Wissenschaft gebotenen Abänderungen der Konvention in Vorschlag zu bringen. Diese internationale Versammlung wird zu Bern tagen. Artikel 12. Der Austausch der Ratifikationen erfolgt vom Tage der Unterzeichnung der gegenwärtigen Konvention an gerechnet, binnen 6 Monaten, oder, wenn thunlich, schon früher zu Bern. Die Konvention tritt 14 Lage nach dem Austausch der Ratifikationen in Kraft. Artikel 13. ...

90 /648
... Die letzteren machen für mehrere Vertragsstaaten einen wichtigen Ausfuhrartikel aus und bringen, wenn die Versendung — wie Artikel 2 Absatz 3 der neuen Konvention in Verbindung mit dem bezüglichen Zusatz des Schlußprotokolls es vorschreibt — in wohlgesäuberten, eine leicht ausführbare Kontrole gestattenden Gebinden von beträchtlichem Raumgehalt geschieht, eine Gefahr der Ansteckung um so weniger, als die Trauben bei derartigem Transport in einen Gährungszustand übergehen, welcher ein Entweichen auf denselben etwa befindlicher Insekten verhindert. Die im Absatz 2 für den Versandt von Tafeltrauben getroffenen, eine Verschärfung der früheren Vorschriften enthaltende Anordnung besonderer Verpackungsart vermindert die Gefahr einer Verschleppung der Reblaus nicht nur an und für sich, sondern auch insofern, als die Zollbehörden das Nichtvorhandensein von Weinblättern und Rebholz genauer werden überwachen können. Waltet ein gegründetes Bedenken nicht ob, bei Anwendung der obengedachten Vorsichtsmaßregeln Weinlesetrauben als solche für den internationalen Verkehr freizugeben, so liegt es in der Konsequenz, von dem letzteren den offenbar noch weit gefahrloseren Rückstand zerquetschter Weinlesetrauben, die Weintrester, nicht auszuschließen. Wenngleich in Betracht dessen gegenwärtig die Weintrester in die Kategorie der übrigen, eine Besorgniß der Ansteckung nicht veranlassenden Gegenstände des Absatz 1 aufgenommen sind, so ist es, um keinerlei Vorsicht zu versäumen, immerhin rathsam erschienen, die Versendung der Weintrester, denen im Falle sorgloser Behandlung Rebholz oder Weinblätter anhaften möchten, von der Beobachtung der in Absatz 4 bezeichneten sichernden Verpackungsvorschriften abhängig zu machen. Absatz 5 enthält ebenfalls eine Verschärfung der früheren Bestimmungen. ...

91 /648
... Um in Zeiten einer Epidemie die Aufrechterhaltung der Strompolizei zu erleichtern, wird des weiteren vereinbart, daß der Schiffahrtsinspektor, der Kanzler der Inspektion und die Aufseher der Stromstrecken, wie bisher, so auch fernerhin unbehindert auf dem Strome verkehren können, unter der alleinigen Bedingung, sich in Fällen einer Gefahr der Ansteckung denjenigen reglementarischen Maßregeln zu unterwerfen, denen auch die Sanitätsbeamten unterworfen sind. Dieselben Vergünstigungen sollen, im Bedürfnißfalle den Ingenieuren, Beamten und Arbeitern der Europäischen Kommission bewilligt werden. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 68. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-68

ID: 00018438
92 /648
... Es klingt vielleicht etwas trivial, wenn ich so sagen darf, aber es ist für mich akkurat so, wie beim Viehseuchengesetz, wo das Motiv für die Entschädigung auch darin besteht, daß derjenige, welcher im allgemeinen Interesse, damit die Ansteckung nicht weiter verbreitet wird, sein Vieh tödten lassen muß, nunmehr, obgleich den Staat hier kein Verschulden trifft, doch vom Staate entschädigt wird. Meine Herren, gehen Sie noch weiter: selbst die Entschädigung der im Kriege Verwundeten entspricht vollständig diesem Gedanken, sie resultirt und originirt lediglich aus diesem Gedanken; denn auch da ist von einer rechtlichen Verpflichtung des Staates keine Rede, diejenigen, die sich im Kriege zu Krüppeln haben schießen lasten, zu entschädigen; denn der Staat hat Kraft seiner Stellung und seiner Aufgabe den einzelnen gegenüber das Recht, diese zu Kriegsdiensten zu gebrauchen, und wenn der Staat die dadurch Geschädigten entschädigt, so geschieht es auch hier lediglich deshalb, um den Schaden auszugleichen, der um der Allgemeinheit willen entstanden ist. Alle jene doktrinären Bedenken sind für mich nicht vorhanden; ich frage nicht: lag eine strikte Rechtsverpflichtung vor oder nicht? Bei der Prüfung der Gesetzvorlage und bei der Frage, wie dieselbe zu redigiren sei, bin ich lediglich von den praktischen Einwendungen ausgegangen, die von den verschiedenen Faktoren, die sich mit der Frage befaßt haben, vorgebracht worden sind. Ich freue mich, konstatiren zu können, daß man einen Haupteinwand, den namentlich ein Theil sogar der liberalen Presse — Gott seis geklagt! — in diesem Frühjahr zu dem ihrigen machte, den fiskalischen Einwand, 88 ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 71. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-71

ID: 00018441
93 /648
... Wir können vielleicht erwarten, daß bei der Reblaus sich ähnliche Erscheinungen kundgeben, und wir dürfen deshalb hoffen, daß, wenn wir, wie gesagt, die Ansteckung durch den Handel von uns ferne halten, wir vielleicht so lange verschont bleiben, bis die nothwendigen Mittel zur sicheren Bekämpfung der Reblaus aufgefunden sind oder bis auf der andern Seite die Reblaus in sich selber einen Feind gefunden hat, der auch dieses mikroskopische Insekt zerstört. Meine Herren, es ist das vorliegende Gesetz auch noch deshalb zur Annahme nothwendig, weil es eine Ausführungs- ...

94 /648
... es sind an Ort und Stelle Pusteln entstanden, und ein geringes Allgemeinleiden hat sich dazu gesellt, und dann ist der Mensch ähnlich wie nach der Impfung mit Vaccinestoff gegen die Ansteckung durch Menschenpocken gesichert gewesen; niemals aber ist daraus eine den Schafpocken gleiche allgemeine Erkrankung hervorgegangen. Auf dieser (rechten) Seite des Hauses sitzen gewiß viele Landwirthe, welche Gelegenheit gehabt haben, in ihren eigenen Heerden oder in der Nachbarschaft Schafpocken zu sehen. Ich frage Sie, ob Sie jemals erlebt haben, daß der Schäfer, welcher doch beständig mit den kranken Thieren in Berührung stand, an Menschenpocken erkrankte? Sie werden das leugnen müssen. Ich frage Sie, ob Sie jemals gesehen haben, daß die Seuchenzüge der Schafpocken mit einer ähnlichen Verbreitung der Menschenpocken in Verbindung standen, oder daß umgekehrt, wenn in einer Gegend Menschenpocken grassirten, die Schafheerden in ähnlicher Weise ergriffen worden sind? Sie werden kein einziges Beispiel einer solchen Uebereinstimmung der Seuchenzüge für die Menschen- und Schafpocken aufführen können. Nun, meine Herren, möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, wie es den geschichtlichen Thatsachen widerspricht, daß die Pocken schon zur Zeit der Völkerwanderung und von Norden und Osten aus sich über Europa verbreitet haben. Es steht fest, daß sie erst im siebenten und achten Jahrhundert durch die Araber von Süden und Westen eingeschleppt worden sind, und dann später durch die Kreuzfahrer, welche aus dem Morgenlande zurückkehrten, weitere Verbreitung gesunden haben. ...

95 /648
... Sie werden ohne weiteres einsehen, daß dies irrig ist, und die Erklärung nur darin liegt, daß die kleinen Kinder, die Säuglinge hübsch fein zu Hause bleiben und sich nicht im öffentlichen Verkehr der Ansteckung aussetzen, wie das bei den Erwachsenen der Fall ist. Nun rechnen Sie zu diesen allseitigen Schwierigkeiten der Anwendung der Statistik auf die Seuchenlehre noch ein paar, welche sich speziell gerade auf die Pockenkrankheit beziehen. Einmal sind die Anmeldelisten der Pockenfälle alle unvollständig, weil das Publikum ein gewisses Interesse daran hat, namentlich die leichteren Fälle, in denen ein baldiger Ausgang in Genesung sich voraussehen läßt, zu verschweigen. Es ist ja bekannt, daß mit der polizeilichen Anmeldung der Pockenfälle die Anordnung gewisser polizeilicher Kontrolmaßregeln verbunden ist. Das ist dem Publikum lästig, und so werden nicht einer, sondern Hunderte von leichteren Pockenfällen thatsächlich nicht angemeldet und fehlen in den Listen. Was von den Pockenlisten gilt, gilt ebenso von den Jmpfplisten. Man braucht bloß einmal in der Landpraxis beschäftigt gewesen zu sein, um zu wissen, wie es da zugeht. Stellen Sie sich vor, daß also in einem Dorfe eines Landkreises am heutigen Mittwoch 80 oder 100 Kinder aus den Nachbarorten zusammenbestellt sind, welche von dem Jmpfarzte nun binnen wenigen Stunden geimpft werden müssen; das sind, da bei jedem zirka 10 Stiche gemacht werden, 800 bis 1000 Jmpfstiche, die in 3 bis 4 Stunden besorgt sein müssen sammt der Listenführung. ...

96 /648
... Meine Herren, ganz ähnlich steht in der That die Sache beim Impfzwang; denn es steht fest, daß, wie ich vorhin nachgewiesen habe, der Ungeimpfte der Gefahr der Ansteckung an den Pocken ungleich mehr ausgesetzt ist als der Geimpfte. (Zuruf: Das ist seine Sache!) —1 Das ist nicht seine Sache, erlauben Sie! Wenn er an den Pocken erkrankt, wird er seinerseits eine Gefahr für seine ganze Umgebung, weil er in seinem Körper einen lebendigen Seuchenherd darstellt, weil von ihm aus sich die Krankheit über die ganze Bevölkerung verbreiten kann. Das ist der Umstand, der hier in Betracht kommt. Litte er bloß allein das Risiko, dann würde kein Mensch sich darum kümmern und dem Staate das Recht zuerkennen, ihn zu zwingen, für seine persönliche Sicherheit zu sorgen; aber mit seiner persönlichen Sicherheit hängt die Sicherheit seiner Nebenmenschen, seiner Mitbürger zusammen, (sehr wahr!) und daraus erwächst dem Staate die Pflicht, mit der Sorge für den Einzelnen zugleich für die Sicherheit der gesammten Bevölkerung einzutreten. Es ist ja zu hoffen, meine Herren, daß in Zukunft unser Volk einmal reif und gebildet genug sein wird, um eines solcher: Zwanges nicht mehr zu bedürfen. Einstweilen aber ist auf der einen Seite Trägheit und Sorglosigkeit, auf der anderen Irrthum und Vorurtheil noch so mächtig, daß ohne solche gesetzliche Zwangsmaßregeln die ganze Impfung ihren Zweck verfehlen würde. Nun, meine Herren, möchte ich doch zum Schluffe noch darauf hinweisen, daß der Impfzwang bei uns ja nichts ...

97 /648
... - den Zwangsschutz zu rechtfertigen, weil eben der einzelne, zumal bei der Lebhaftigkeit des jetzigen öffentlichen Verkehrs außer Stande sei, sich gegen die Ansteckung vor dieser Krankheit zu schützen. Nun, meine Herren, ich bin kein Jurist; allein das scheint mir doch ein ganz bedenklicher Grundsatz zu sein, damit diesen Zwang aufrecht erhalten zu wollen. Also weil derjenige, den ich möglicherweise anstecken kann, zu faul oder zu gleichgiltig ist, sich durch Impfen zu schützen — denn wenn er sich hat impfen lassen, ist er ja geschützt —, deshalb soll es berechtigt sein, daß ich gezwungen werden kann, meine Kinder einer Prozedur zu unterwerfen, von der ich überzeugt bin, daß sie mit großen Gefahren verbunden ist und bleiben wird, von der ich vielleicht auch den Glauben habe, daß sie nichts nützt!1 ^ Auf die Ausführungen des Herrn Geheimraths Koch will ich nur mit zwei Worten eingehen. Ich glaube, daß es nicht recht von ihm ist, daß er die Jmpfgegner alle zusammenwirft und von ihnen sagt, wie er das Seite 39 des Berichts thut, daß sie über das eigentliche Wesen der Pockenkrankheit und der Schutzimpfung vollständig im Unklaren seinen, also auch kein sachverständiges Urtheil haben könnten. Ja, meine Herren, ich bestreite das, ich halte das für eine Beleidigung seiner gegnerischen Fachgenoffen und, ich muß es aufrichtig gestehen, für eine unmotivirte Ueberhebung. Meine Herren, in den Reihen der Gegner sind Fachleute, die älter sind als der Herr Geheimrath, größere und längere Erfahrung gerade auf diesem Gebiete haben. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 72. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-72

ID: 00018442
98 /648
... und der Kleidung vollzogen werden könne, ohne daß die Träger des Kontagiums selber erkrankt wären, genüge vollkommen, den Zwangsschutz zu rechtfertigen, weil eben der Einzelne, zumal bei der Lebhaftigkeit des jetzigen öffentlichen Verkehrs, außer Stande sei, sich gegen die Ansteckung vor einer Krankheit zu schützen, deren Gefahren für Leben und Integrität des Körpers ganz unvergleichlich größer genannt werden müßten, als die in dem Schutzmittel liegenden Gefahren. Zn Ansehung der schweren Gefahr der Pocken, über die Zeder, der einmal eine schwere Pockenerkrankung gesehen habe, nicht zweifelhaft sein könne, müsse selbst der nur relative Schutz der Schutzpockenimpfung als eine, dem gebotenen Eingriff gegenüberstehende unendliche Wohlthat erachtet werden. Unter allen Umständen aber bildeten die bis jetzt wirklich konstatirten Zmpfschädigungen im Vergleich zu der ungeheuren Zahl der Geimpften eine so geringe Zahl, daß sie in der That nicht ins Gewicht fiele. Wenn auch der Vergleich nicht ganz zutreffend, müsse doch festgehalten werden, daß der Schulzwang entschieden mehr an Leben und Gesundheit der Kinder schädige, als der Impfzwang. Nach alledem kann Referent sich nicht entschließen, dem Antrage der Petenten auf Abschaffung des Impfzwanges beizutreten und zwar nach reiflichster Ueberlegung zur Zeit weniger als früher, weil sich immer mehr und mehr herausstelle, wie das Zmpfgesetz die Sicherheit und Gefahrlosigkeit der Impfung ganz entschieden vermehre. ...

99 /648
... Sie gehen von dem Satze aus: Die Impfung schützt vor Ansteckung. Gut, so mögen sich denn Alle, die dieser Ueberzeugung huldigen, impfen und wieder impfen lasten; sie sind dann gegen Pockenansteckung geschützt; warum solle ihnen nun eine Gefahr daraus erwachsen, wenn im Nachbarhause eine ungeimpfte Familie wohnt? Angenommen, diese Familie sei die erste, bei der die Pocken ausbrechen, woher kommt denn die Furcht bei den Anderen? woher die Entrüstung, als wenn diese Ungeimpften gemeinschädliche Menschen wären? was bedeute der Hilferuf nach dem obrigkeitlichen Impfzwang? Er bedeutet: mit dem Schutz ist es doch am Ende eine zweifelhafte Sache! Also dieser Schutz besteht — und er besteht doch auch nicht! Gerade von dem Standpunkt eines festen Glaubens an die bewahrende Kraft der Vaccination sollte man von Rechts wegen auf Anwendung des Zwangs in dieser Sache verzichten. Es ist wahr, der Einbruch einer Epidemie kann furchtbare Maßregeln nothwendig machen, denen sich Alles unterwerfen muß, wie die Niederbrennung der ruffischen Dörfer, in welchen die Pest eingeschleppt worden war, oder in kleinerem Maßstab, die Anordnung einer Art Gefangenschaft in der Quarantaine. Aber vergeblich würde man diese Beispiele zur Rechtfertigung des Impfzwanges anführen. Denn wenn ich ein Haus gegen Entschädigung abbrenne, oder wenn ich mich auf ein paar Wochen meiner Freiheit berauben lasse, so ist dies zwar sehr unangenehm, aber es ist durchaus kein Eingriff auf das Gebiet des Gewissens. Ich erleide einen zeitlichen Verlust, aber es wird mir keine Handlung zugemuthet, von der ich befürchten könnte, sie möchte pflichtwidrig sein. ...

100 /648
... Kerschenst ein er aufgestellten Zahlen, da man ja sonst in allen Ländern mit Impfzwang dieselben Jmpferfolge wie in Bayern wahrnehmen, oder doch annäherungsweise beobachten müßte, daß die Impfung, wenn auch nicht die Ansteckung, wohl aber den Tod abwehre, was entschieden nicht der Fall ist: sondern es liegt sogar ein positiver Beweis vor, daß diese Zahlen jedes Anspruches auf Genauigkeit und Realität entbehren, daß sie nicht richtig sein können. Nach der Natur der Dinge zerfallen die Geimpften in 3 Kategorien: 1. mit Erfolg Geimpfte, 2. ohne Erfolg, 3. mit ungewissem Erfolge. So findet sich auch die Ausscheidung in einem der letztjährigen medizinischen Amtsblätter durchgeführt. Die Gesammtzahl der Pockentodten wird nun von Dr. Kersch ensteiner pro 1871 zu 4 784 angegeben, nämlich 3 994 Geimpfte und 790 Nichtgeimpfte. Wenn nun aber sogar von den „mit Erfolg Geimpften nicht weniger als 3 994 an der Seuche gestorben sind, so wird selbst Herr Ober-Medizinalrath vr. Kerschensteiner eingestehen müssen, daß die mit „ungewissem Erfolg Geimpften eben auch ihren Tribut dem Tode liefern mußten und geliefert haben, da sie doch auch in Bayern lebten und starben. Wo stecken nun diese? Ist keiner von ihnen unter die „Ungeimpften gerathen? Dies wird uns Niemand glauben machen. Herr Dr. K. wollte ja über die Blatternkrankheit und Mortalität in Bayern vom Jahre 1872 (soll 1871 heißen, richtiger 1860) bis 1881 berichten! „Aber — und damit schließe Herr Kolb seine Kritik der Dr. Kerschensteinerschen Statistik — „es decken die eigenen Ziffern des Herrn Dr. K. sich nicht? ...


< [1] - ... 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 ... [33] >