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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1884
Bd.: 76. 1884
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-76

ID: 00018446
61 /782
... Der unmittelbare experimentelle Nachweis, daß der Bacillus cs gerade ist, der die Cholera macht, hat bisher nicht erbracht werden können, weil die Thiere, welche man benutzte, der Cholera nicht zugänglich waren. So glauben wir wenigstens. Ich will aber der Neichsregierung keinen Vorwurf daraus machen, daß sie ein wenig antizipirt; ich will sogar aussprechen, daß ich ihr darin folge, ich will mit ihr antizipiren, ich will annehmen, es sei alles schon vollkommen konstatirt, denn ich halte es für höchstwahrscheinlich, ja fast für sicher, daß diese Konstatirung endlich eintreten wird. Und, meine Herren, da muß man doch in der That sagen, wenn man die Geschichte der Cholerastudien verfolgt, wenn man sieht, wie seit 1850 keine Epidemie vorübergegangen ist, wo nicht die europäischen Regierungen, zum Theil selbst die amerikanischen, mit einander gewetteifert haben, durch Entsendung von Kommissionen dieses Geheimniß zu entschleiern, daß wir diejenigen waren, die allen anderen zuvorgekommen sind. Das ist gewiß ein schöner Sieg, ein Sieg, der erfochten worden ist unter äußerst schwierigen Verhältnissen, auf einem Boden, den, wie die Vorlage mit Recht sagt, schon die äußeren klimatischen Verhältnisse zu einem ungemein gefährlichen machen. Ich darf bei dieser Gelegenheit meiner besonderen Dankbarkeit auch Ausdruck geben in Beziehung auf die hochherzige und in der That ganz ungewöhnliche Weise, in der Seine Majestät der Kaiser anerkannt hat, daß cs sich hier um ein Verdienst handelt, welches dem militärischen gleich steht, indem er der Dekoration diejenige besondere Auszeichnung hinzugefügt hat, welche sonst nur auf kriegerischem Gebiete erworben wird. ...
... So ungefähr lag es in der That in der letzten Zeit, und ich will in dieser Beziehung besonders hervorheben, weil das zunächst ein praktischer Punkt ist, daß gerade für den Schiffsverkehr durch diese Untersuchungen ein sehr wesentlicher Fortschritt gewonnen ist, insofern eine Zeit lang die Meinung mit einer gewissen siegreichen Gewalt hervorgetreten war, als könne die Cholera sich aufSchiffen nicht fortpflanzen, und als sei mit einer gewissen kurzen Zeit die Gefahr der weiteren Uebcrtragung erloschen. Meine Herren, wir haben in Preußen auch nicht diese Beschränkung festgehalten; wir haben im Gegentheil uns gehalten an einige sehr ausgezeichnete Beispiele. Ich erinnere nur an das Beispiel von dem „Franklin, der vor einigen Jahren eine so furchtbare Cholera zu erleben hatte; an das Beispiel eines Schiffes „Franziska, welches einmal nach Bahia ging. Wir kannten diese Dinge, aber man war immer geneigt, ihre Wahrheit zu bezweifeln und die Maßregeln, welche sich auf den Schiffsverkehr bezogen, namentlich die Quarantänemaßregeln, zu verwerfen. Jetzt gerade, in diesem Augenblick, hat sich ein neuer Fall ereignet, auf den ich besonders die Aufmerksamkeit der Regierung, falls es noch nothwendig sein sollte, lenken möchte. Es ist wieder ein englisches Schiff, der „Crocodile, von Kalkutta aus direkt nach England gekommen und hat auf der Fahrt Cholera gehabt, ohne daß es in Egypten angehalten worden ist, ohne daß die englischen Sanitätsbehörden auf den Vorstationen nach meiner Meinung ihre Pflicht gethan haben, so daß in der That aus diesem Durchgänge und dieser direkten Einfuhr die größte ...

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... Ich meine, wenn sich vielleicht nicht in dem hohen Maße alle die Erwartungen unmittelbar bestätigen sollten, wenn es nicht gelingen sollte, sofort alle die praktischen Maßregeln zu finden, welche in der That die großen Seuchen und namentlich die Cholera von unserem Boden fernhalten, so will ich darin sehr gern mit der Regierung übereinstimmen, daß die schon erwähnten Maßregeln hier eine besondere Stärkung erfahren, und daß sie auf eine sichere und, ich hoffe, auf eine überzeugende Weise von allen werden festgestellt werden können, und somit danke ich auch noch einmal, daß die Regierung diesen Schritt gethan hat, daß sie Herrn Koch entsendet hat, und daß sie, nachdem es ihm gelungen ist, seine Aufgabe so weit zu lösen, nun auch in anerkennender Weise ihm den Dank des Vaterlandes darbringt. Wir haben, meine Herren, bei dieser Gelegenheit — und ich bitte, mir das nicht zu verübeln — eine, kleine Veranlassung, daran zu denken, daß Seuchen anhaltend in unserem Vaterlande sind, und daß unsere Aerzte anhaltend in diesem Kriege leben. Auch das ist ein schwerer Krieg, und ich darf vielleicht sagen: in dem Augenblicke, wo eine so ungewöhnliche Belohnung von Seiten der Reichsregierung vom Reichstage verlangt wird, könnten auch die einzelnen Regierungen sich dessen bewußt werden, was sie denjenigen Aerzten schulden, welche im Dienste gegen die Seuche leben und ihre Gesundheit einbüßen. ...
... — Es meldet sich niemand zum Wort; ich schließe die Spezialdiskussion und bitte, daß die Herren, welche den Text des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission, dessen Verlesung mir wohl erlaffen wird, in dritter Lesung annehmen wollen, sich erheben. (Geschieht.) Das ist, wie ich sehe, der einstimmige Beschluß des Hauses. Es verbleiben noch Einleitung und Ueberschrift. Es verlangt niemand das Wort; ich schließe die Diskussion hierüber und werde ohne Abstimmung annehmen, daß auch Einleitung und Ueberschrift genehmigt ist. Wir haben noch die Gesammtabstimmung vorzunehmen. Ich bitte, daß die Herren, welche den vorhin bezeichneten Gesetzentwurf in der Gesammtabstimmung annehmen wollen, sich erheben. (Geschieht.) Der Gesetzentwurf ist angenommen. Damit ist dieser Gegenstand erledigt. Wir haben auf den dritten Gegenstand der Tagesordnung überzugehen, zur erstell und eventuell zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Maß- und Gewichtsordnnng vom 17. August 1868 (Nr. 82 der Drucksachen). Ich eröffne die erste Berathung, die Generaldiskussion. Das Wort hat der Herr Abgeordnete I)r. Karsten. Abgeordneter Or. Karsten:1 Meine Herren, da ich fürchte, daß für diesen Gegenstand nicht sehr viele der geehrten Herren Kollegen sich eingehend interessiren werden und interessirt haben, so erlaube ich mir, Ihnen auseinanderzusetzen, um welche Fragen es sich bei diesem Gesetze eigentlich handelt. ...

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... Die Nachrichten über das Auftreten der Cholera in Toulon haben die Reichsregierung selbstverständlich lebhaft beschäftigen müssen, und es ist sofort, nachdem die ersten Nachrichten eingegangen waren, eine Erörterung darüber veranlaßt, erstens einmal: wie es möglich sei, authentische Nachrichten über den Charakter der Epidemie in Toulon zu erhalten, sodann aber: welche Maßregeln zu ergreifen sein möchten, um gegenüber einer möglichen Invasion der asiatischen Cholera in das Reich vorbeugend und abwehrend zu wirken. Meine Herren, es sind die nöthigen Erkundigungen bei der französischen Regierung sofort eingezogen. Bei der Kürze der Zeit, während deren die Epidemie herrscht, ist es aber in diesem Moment noch nicht gelungen, volle Klarheit darüber zu gewinnen, welchen Charakter die Seuche hat. Die Aerzte in Toulon nehmen nach unseren Nachrichten an, daß es sich dabei um die asiatische Cholera handle. Die amtlichen Erörterungen, welche die französische Regierung angestellt hat, sprechen dagegen dafür, daß es nicht die asiatische Cholera sei, daß es eine sporadisch in Toulon auftretende Krankheit sei, die voraussichtlich von sehr kurzer Dauer sein werde, und bei der die Gefahr der Uebertragung nicht eine sehr dringende sei. So steht die Sache augenblicklich. Die Ermittelungen über den Charakter der Seuche werden indessen sorgfältig und gründlich fortgesetzt, und ich hoffe, daß wir sehr bald Klarheit darüber gewinnen werden, mit welcher Krankheit wir es in Toulon zu thun haben. Unter allen Umständen aber ist es für uns geboten, uns mit der Frage zu beschäftigen, 163 ...

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... Die deutschen Regierungen haben auch bereits im vergangenen Jahre, als die Cholera in Egypten ausgebrochen war, und es sich darum handelte, die Frage zu erörtern, welche Maßregeln man gegen die Invasion der Cholera von Egypten aus zu unternehmen haben würde, sich dafür entschieden, daß von einer Sperre abzusehen sei. Die Bundesseestaaten, welche, was den Seeverkehr anlangt, übereinstimmende Verordnungen zur Abwehr der Cholera erlassen haben, haben sämmtlich das sogenannte Revisionssystem adoptirt, das dahin geht, daß alle Provenienzen, die aus verseuchten Orten kommen, einer Revision unterzogen werden und nach Maßgabe des Befundes dieser Revision behandelt werden in der Weise, daß unverdächtige Provenienzen sofort passiren können, verdächtige dagegen sich der Quarantäne zu unterwerfen haben. Meine Herren, ich darf erwarten, wie ich das vorhin schon ausgesprochen habe, daß die Berathungen der Kommission zu einem sachgemäßen und, wie ich hoffe, die Bevölkerung vollständig beruhigenden und daneben nicht belästigenden Resultate führen. Ich stütze meine Hoffnung wesentlich auf einen Passus in einem Berichte des Geheimen Negierungsraths Dr. Koch, der ja auf diesem Gebiete augenblicklich wohl die größte Autorität für sich in Anspruch nehmen darf, und der darin sagt: „Ich bin überzeugt, daß auf Grund der Resultate, welche die vom Reiche ausgesandte Choleraexpedition erzielt hat, sich Maßnahmen treffen lassen, welche der Ausbreitung der Krankheit im Inlands in wirksamster Weise entgegentreten können. Meine Herren, mehr dürfen wir nicht erwarten. Gott gebe, daß die Maßregeln, die wir intendiren, niemals in Kraft zu treten nöthig haben. (Bravo! von allen Seiten des Hauses.) ...
... — Bei einer Krankheit wie die Cholera, bei der wir Etappe für Etappe ihr Fortschreiten verfolgen können, weil man genau weiß, wie sie geht und ihre Herde bildet, ist jede einzelne Regierung, welche einen solchen Herd bei sich entwickeln sieht, in erster Linie verantwortlich gegen die ganze Welt, daß sie diejenigen Maßregeln ergreift, die geeignet sind, die anderen Menschen zu schützen. (Sehr richtig!) Nichts ist schlimmer, als wenn diese Regierung sich mit dem Gedanken trägt, es möchte am Ende doch etwas anderes sein, als die wirkliche Cholera. Man sollte vielmehr immer voraussetzen, es sei die wirkliche Cholera, und, wenn sie es nachher nicht ist, sich bei Gott bedanken. Ich muß sagen: es gehört in der That ein starker Glaube dazu, daß das, was in Toulon ist, etwas anderes sei, als die wirkliche Cholera. Es kommt ein Transportschiff hinten aus Asien an, von Gegenden, welche seit einiger Zeit von der Cholara durchseucht sind; nach kurzer Zeit treten Erkrankungen auf, den einen, den zweiten, den dritten Tag; glücklicherweise sind es nicht sehr viele gewesen; aber sie gehen regelmäßig fort unter den gleichen Symptomen, — und da fragt man noch, ob das sporadische Cholera sei! Nirgends in der Welt ist sporadische Cholera in der Weise aufgetreten ; ich wüßte nicht, wo etwas derartiges beobachtet worden wäre. Am allerwenigsten sollte man das glauben von einem Orte wie Toulon, der seit Jahrhunderten berühmt ist als der Jmportort für alle orientalischen Epidemien, der alte Pestort. ...

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... Es ist lange Zeit hindurch die Meinung von hervorragender Seite festgehalten worden, als sei es unmöglich, daß auf einem Schiffe während einer so langen Fahrt überhaupt die Cholera sich erhielte. Nun hat das Beispiel des „Crocodile die Beispiele, die wir von früherher hatten, bestätigt. Es kann das unzweifelhaft vorkommen, und ich will in dieser Beziehung noch einmal hervorheben die Erfahrung, die wir selber an einem unserer Schiffe seinerzeit gemacht haben, nämlich am „Franklin. Derselbe fuhr am 10. Oktober 1871 von Stettin aus und kommunizirte am 14. Oktober zum letzten Mal in Christiania mit dem Lande; nichtsdestoweniger starben auf ihm vom 1. November bis 13. November 30 Personen an der Cholera, die letzte am 13. November, das heißt, also beinahe vier Wochen, nachdem das Schiff zum letzten Mal mit dem Lande in Berührung gekommen war. Meine Herren, wenn man diese älteren Erfahrungen init den letzten vergleicht, so wird man sich doch endlich einmal mit Ernsthaftigkeit dem Gedanken zuwenden müssen, daß die Fortpflanzung der Cholera auf einem Schiffe möglich ist, ohne daß dasselbe mit dem Lande kommunizirt, und man wird danach seine Maßregeln gegen Schiffe treffen müssen und mit der größten Strenge ihre Ueberwachung einrichten müssen. Was die aktuelle Frage betrifft, so kann ich wohl sagen: ich bin etwas erstaunt gewesen, daß unsere Regierung nicht schon einige Personen nach Toulon geschickt hat, um sich die Sache anzusehen. Ich darf wohl daran erinnern, daß auch, ehe der Cholerabacillus entdeckt worden ist, es nie Schwierigkeiten gemacht hat, den Ausbruch der asiatischen Cholera zu konstatiren. ...
... Meine Herren, nach unseren Nachrichten hat in der That die französische Regierung, obwohl sie zur Zeit, oder wenigstens zu der Zeit, aus der unsere letzten Nachrichten datiren, noch nicht die Ueberzeugung hat gewinnen können, daß es sich um die asiatische Cholera handle, gleichwohl alle diejenigen hygienischen Vorkehrungen getroffen, die geeignet sind, einer weiteren Verbreitung der Seuche zu begegnen, und die dem Stande der Wissenschaft entsprechen. Es liegt mir in dieser Beziehung ein Bericht unseres Botschafters in Paris hier vor, der ausdrücklich hervorhebt, daß solche Vorkehrungen getroffen sind, daß namentlich in sehr sorgfältiger Weise für 163* ...

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... Cholera. Interpellation der Abgeordneten Freiherr von Minnigerode und Genoffen, die beabsichtigten Maßregeln gegenüber der eingetretenen Choleragefahr betreffend. — Dr.-S. Nr. 193. — 44. Sitzg. S. 1163 bezw. 45. Sitzg. S. 1165—1168. Cholerakommission. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission. — Dr.-S. Nr. 88. — 22. Sitzg. S. 440. Erste und zweite Berathung: 24. Sitzg. S. 509. Dritte Berathung: 26. Sitzg. S. 572—574. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1884
Bd.: 78. 1884
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-78

ID: 00018448
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... 88.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission 89.1 Antrag des Abgeordneten v. Kesseler auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes des Norddeutschen Bundes vom 14. November 1867 über die vertragsmäßigen Zinsen . . ... . . . . . . . . 90.1 Fünftes Verzeichniß der eingegangenen Petitionen .... 733 734 734 734 743 745 751 751 757 757 757 773 774 775 ...

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... Zm Namen Seiner Majestät des Kaisers beehrt sich der Unterzeichnete den angeschlossenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission, nebst Begründung, wie solcher vom Bundesrathe beschlossen worden ist, dem Reichstage zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme ergebenst vorzulegen. Der Reichskanzler, v. Gismark. An den Reichstag. Entwurf. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Zur Berleihung von Belohnungen an die Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission, welche im Zahre 1883 behufs Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsendet worden ist, wird dem Kaiser eine Summe von 135 000 Mark zur Verfügung gestellt. Der Reichskanzler rrnrd ermächtigt, diesen Betrag aus den bereitesten Mitteln des Reichshaushalts zu entnehmen und als außeretatsmäßige Mehrausgabe zu verrechnen. Urkundlich rc. Gegeben rc. Begründung. Als im Sommer vorigen Zahres die Cholera in Egypten auftrat und in Folge ihrer schnellen Verbreitung in den Mittelmeerhäfen dieses Landes Europa unmittelbar bedrohte, sah sich die Regierung veranlaßt, von Neuem eine Ergründung des Wesens der Seuche, sowie ihrer Entstehung und Fortpflanzung zu versuchen. Die großen Opfer an Leben und Gesundheit, welche ein Uebergreisen der Cholera nach Deutschland verursacht haben würde, sowie die erheblichen Störungen des Verkehrs, welche durch die zur Zeit üblichen Abwehr- und Tilgungsmaßnahmen in Folge ungenügender Kenntniß der wahren Natur der Krankheit bedingt wurden, mußten dazu auffordern, jene wichtigen Fragen, wenn irgend thunlich, der Lösung entgegenzusühren. ...
... Die Arbeiten konnten aber nur dann zum Ziele führen, wenn sie an den Orten vorgenommen wurden, an welchen die Cholera sich am heftigsten zeigte, mithin ihre Eigenthümlichkeiten am deutlichsten erkennen ließ. Das Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamts Geheimer Regierungsrath Dr. Koch, sowie zwei ärztliche und ein chemischer Hülfsarbeiter derselben Behörde fanden sich bereit, zum Zwecke der nöthigen Forschungen nach Egypten zu gehen. Bevor jedoch die aus diesen Männern gebildete, im August v. Z. entsandte wissenschaftliche Kommission ihre Aufgaben völlig gelöst hatte, nahm die Cholera in Egypten wider Erwarten schnell ab, so daß die Beendigung der Arbeiten dort nicht mehr möglich war. Während die von anderen Staaten Europas ausgeschickten ähnlichen Expeditionen sich dadurch veranlaßt sahen, die Heimreise anzutreten, zog der Führer der deutschen Kommission es vor, mit seinen Mitarbeitern die in Egypten gefundene Fährte in Ostindien, dem ständigen Herde der Cholera, weiter zu verfolgen. Hier gelang es der aufopfernden Thätigkeit der Kommission, Schritt für Schritt weiter vorzudringen, die aus den Untersuchungen in Egypten vorläufig gezogenen Schlußfolgerungen durchweg zu bestätigen und der medizinischen Wissenschaft, die sich der Cholera gegenüber bisher als machtlos erwiesen hatte, die Wege zur erfolgreichen Bekämpfung dieser Seuche zu ebnen. Die von dem Geheimen Regierungsrath Dr. Koch erstatteten Berichte sind, soweit sie allgemeineres Interesse haben, bereits der Oeffentlichkeit übergeben worden. ...

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... Hinsichtlich der Bereitstellung der erforderlichen Geldmittel schließt sich die Vorlage dem Entwurf des von dem Bundesrath und Reichstag bereits genehmigten Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission, an. Nr. LL8. Abänderungs-Antrag zur zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter — Nr. 115 der Drucksachen —. Zusatz-Antrag zu dem Antrage Dr. Barth und Genossen — Nr. 139 —. Dr. Barth. Der Reichstag wolle beschließen: dem ersten Absätze des Antrages Nr. 139 zu §. S7 die Worte hinzuzufügen: „jedoch abzüglich einer Quote von 20 Prozent für bereits aufgewendete Verwaltungskosten, falls nicht seitens der Versicherungsgesellschaften die Kündigung erfolgt ist. Berlin, den 20. Zuni 1884. ...

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... Cholera. Interpellation des Abgeordneten Frhrn. v. Minnigerode und Genossen, betreffend oie beabsichtigten Vorsichtsmaßregeln der hervorgetretenen Choleragefahr gegenüber. Nr. 193 — Bd. IV. S.1 1380 —. Cholera-Kommission. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission. Nr. 88 — Bd. IV. S. 773 —. Civilpersonen, im Reichsdienst beschäftigte, Erwirkung einer ausreichenden Pension bei Unfällen rc. im Dienste für alle rc. bezw. deren Hinterbliebene. Siehe Pensionswesen unter 1. d. Colmar-Meyenburg, Abgeordneter für den 1. Wahlkreis des Regierungsbezirks Bromberg. Wahlprüfung. Siehe diese unter 12. Croneweyer, Abgeordneter für den 19. Hannoverschen Wahlkreis. Wahlprüfung. Siehe diese unter 3. Deutsches Reich, Deutschland. 1.1 Uebereinkunft mit Luxemburg wegen gegenseitiger Zulassung der in den Grenzgemeinden wohnhaften Medizinalpersonen zur Ausübung der Praxis vom 4. Juni 1883. Siehe Verträge unter 1. 2.1 Uebereinkunft mit der Schweiz wegen gegenseitiger Zulassung der in der Nähe der Grenze wohnhaften Medizinalpersonen zur Ausübung der Praxis vom 29. Februar 1884. Siehe Verträge unter 2. 3.1 Uebereinkünfte mit Belgien vom 12. Dezember 1883, betreffend den gegenseitigen Schutz an Werken der Literatur und Kunst, den gegenseitigen Schutz der gewerblichen Muster und Modelle. Siehe Verträge unter 3. 4.1 Uebereinkunft mit den Niederlanden wegen gegenseitigen Schutzes der Rechte an Werken der Literatur und Kunst vom 13. Mai 1884. Siehe Verträge unter 4. 5.1 Uebereinkunft mit Italien wegen gegenseitigen Schutzes der Rechte an Werken der Literatur und Kunst vom 20. Juni 1884. Siehe Verträge unter 5? 6.1 Uebereinkunft mit dem Königreich Siam, betreffend den Handel mit geistigen Getränken in Siam, vom 12. ...
... 8.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission. Nr. 88 — Bd. IV. S. 773 —. 9.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verwendung von Geldmitteln aus Reichsfonds zur Einrichtung und Unterhaltung von Post-Dampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern. Nr. 111 — Bd. IV. S. 826 —. 10.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Reingewinn aus dem von dem großen Generalstabe verfaßten Werke: „Der deutschfranzösische Krieg 1870/71. Nr. 113 — Bd. IV. S. 856 —. 11.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Beschaffung eines Dienstgebäudes für das Generalkonsulat in Schanghai. Nr. 147 — Bd. IV. S. 1149 —. 12.1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 1884/85. Nr. 168 — Bd. IV. S. 1276 —. Feingehalt der Gold- und Silberwaaren; Entwurf eines Gesetzes über den F. Siehe Gold- und Silberwaaren. FeftnngsbaufondS. Bericht der Reichsschulden-Kommission über ihre Thätigkeit in Ansehung der ihr übertragenen Aufsicht über die Verwaltung Les Festungsbaufonds. Nr. 56 — Bd. III. S. 601 —. Mündlicher Bericht der Rechnungs-Kommission. Nr. 86 Bd.IV. S. 757 —. (Reichsschulden-Kommission unter 2.) Flottengründungsplan. Denkschrift über die Ausführung des Flottengründungsplanes vom Jahre 1873. Nr. 10 — Bd. III. S. 101 —. Freizügigkeit. Antrag des Abgeordneten Bebel bezüglich des sächsischen Heimathsgesetzes vom 26. November 1834 re. Siehe Heimathsgesetz. FreundschastS-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit dem Königreich Korea vom 26. November 1883. Siehe Verträge unter 7. Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine. Siehe Wittwen und Waisen. v. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1884
Bd.: 5. 1881/84, Sess. 4 = 1884, 6. März - 28. Juni
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,C-5,4

ID: 00019720
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... Wahlkreis, Regierungsbezirk Posen, siehe Wahlprüfung, Wahl wird für giltig Cholera. Interpellationder Abgeordneten Freiherr von Minnigerode und Genossen—Dr.-S.Nr.193 — folgenden Inhalts: Die Unterzeichneten beehren sich, an den Herrn Reichskanzler die Anfrage zu stellen: „ob und welche Vorsichtsmaßregeln die Reichsregierung der hervorgetretenen Choleragefahrgegenüber zu ergreifen beabsichtigt. Cholerakommissio». Entwurf eines Gesetzes, betreffen- die )ur Erforschung derCholeranach Egypten und Dstindienentsandtewissenschaftliche Kommission.—Dr.-S.Nr.88. Der Gesetzentwurf lautet: Zur Verleihung von Belohnungen an die Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission, welche im Jahre 1883 behufs Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsendet worden ist, wird dem Kaiser eine Summe von 135 000 Mark zur Verfügung gestellt. Der Reichskanzler wird ermächtigt, diesen Betrag aus den bereitesten Mitteln des Reichshaushalts zu entnehmen und als außeretatsmäßige Mehrausgabe zu verrechnen. Urkundlich re. Gegeben rc. Es erscheint daher angemessen, den Mitgliedernder Kommission (GeheimerRegierungsrath Dr.Koch, Leiter der Kommission) als Anerkennung für ihre Leistungen und um ihre Zukunft sorgenfreier zu gestalten, als sie bei einfachem Pensionsanspruch sein würde, Gratifikationenzuzubilligen,zu welchem Zwecke dem Kaiser die Summe von 135 000 Mark zur Verfügung gestellt ist. 111.Berathung. Seite 572 bis 574. — Redner spricht im vollen Maße der Reichsregierung den Dank für ihre Handlungsweise in der Sache und für die Vorlage aus. Anerkennung der größten Leistungen der Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission, namentlich des GeheimenRegierungsraths Dr.Koch. Schöner erfochtener Sieg unter äußerst schwierigen Verhältnissen. Cholera-Bacillus. Ablehnung des Gedankens, als sei mit der Auffindung einer Bacillus alles gegeben, wasnothwendigist, um die Krankheit zu beseitigen. ...
... Tuberkel-Bacillus.Fortpflanzungder Cholera aufSchiffen.Mahnung an die Einzelregierungen, sich dessen bewußt zu werden, was sie denjenigenAerztenschulden, welche im Dienst gegen die Seuchen Leben und Gesundheit einbüßen. Mangel der Form des Nachtragsetats für die Geldbewilligung. Reichstag. — Uebersicht der Geschäftstätigkeit.1 167 Abänderungsanträge rc. Berathung im Plenum Redner. Erledigung. Stenogr. Ber. Wegen Schlusses der Session nicht zurBerathunggelangt. — 44. Sitzung S. 1135 «.1136. Präs. v. Levetzow. Durch Verkündung im Reichstage erledigt. DurchMittheilungan den Reichstag erledigt. erwählt, 2. Sitzung Seite 9. erklärt. 44. n. 45. Sitz. S. 1163 bis 1168. Staatssekretär desInnern,Staatsminister v. Boetticher (1163, 1165, 1167). Frhr. v. Minnigerode (1165). Dr.Virchow (1166). Interpellation begründet, beantwortet und besprochen. I.undII.Berathung. 24. Sitzung Seite 509. Präs. v. Levetzow. I.undII.Berathung. Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs durch den Reichstag. III.Berathung. 26. Sitzung Dr.Virchow (572). III.Berathuug. S. 572 bis 574. Frhr. v. Unruhe-Bomst (574). Annahme des Gesetzentwurfs. ...

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... Interpellation, siehe Cholera. Juvalidenfonds, siehe Bericht der Reichsschuldenkommission. Italien. (Literarkonvention.) Die am 20. Juni d. I. mit Italien wegen gegenseitigen Schutzes der Rechte an Werken der Literatur und Kunst abgeschlossene Uebereinknnft nebst zwei dazu gehörigen ProtokollenvomgleichenTage—Dr.-S.Nr. 169. Nacherfolgtem reichsseitigenAbschluß der Literarkonventionen mit Frankreichvom l9. April v. I.(ReichsgesetzblattSeite 269) und mit Belgienvom12. Dezember v. I. (Drucksachen des Reichstags Nr. 41 von 1884) sind Verhandlungen mit Italien eingeleitet .1 worden, um diezurZeit in Kraft stehenden, oben erwähnten Einzelverträge durch einen einheitlichen Vertrag zwischen dem Reich und Italien zu ersetzen, und hierbei sowohl die 1 Eintragungsförmlichkeit zu beseitigen, als auch die sonstige, in jenen neueren Konventionen erzielte Vervollkommnung des bisherigenVertragsrechtes zur Anerkennuugzu bringen. Diese Verhandlungen haben zum Abschluß der vorgelegten Uebereinkunft geführt. Dieselbe ist in allen wesentlichen Punkten mit der deutschfranzösischen Konventionvom !1 19. Dezember v. I. gleichlautend. Kadettenanstalt Lichterfelde, Schenkung von Grund und Boden durch den Rittergutsbesitzer von Carstenn, siehe Petitionen, Von Kardorff, Abgeordneter für den 3. Wahlkreis des Regierungsbezirks Breslau; siehe Wahlprüfung. Kirchenämter. (Aufhebung des Gesetzes vom4. Mai 1874.) AntragDr. Windthorst — Dr.-S. Nr. 32: Der Reichstag wolle beschließen: dem nachstehenden Gesetzentwürfe die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen: Gesetz,betreffend dieAushebungdesGesetzesüber die Verhinderung der unbefugten Ausübung vonKirchenämtern, vom4.Mai1874.(Reichsgesetzblattvon 1874 Seite 43 und 44.) Wir Wilhelm rc. 8 1-Das Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung vonKirchenämtern vom4. Mai 1874(ReichsgesetzblattSeite 43 und 44) wird aufgehoben. 8 2. Die auf Grund dieses GesetzesergangenenVerfügungen von Landespolizeibehörden verlieren ihre Gültigkeit. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1885
Bd.: 79. 1884/85
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-79

ID: 00018449
73 /782
... Die erste Frage ist die: Ist das von dem Reichsgcsundheitsamt gewonnene wissenschaftliche Erfahrungsmaterial, betreffend die asiatische Cholera, bereits im Reiche verwerthet worden, oder soll dies noch geschehen? Zweitens: Steht in Aussicht, daß die wissenschaftlichen Ermittelungen neuerer Zeit über Anlage, Benutzung und Einfluß der Begräbnißstätten bald zur praktischen Verwerthung gelangen? Und drittens: Bestehen immer noch Bedenken, klar auszusprechen, was als Bier, was als Wein gelten dürfe? Meine Herren, in einer Denkschrift zum Budget vom Jahre 1876 war zuerst der Etat des Gesundheitsamts aufgestellt, und dem Reichstage über die Stellung dieses Organes mitgetheilt worden — ich darf das wohl verlesen —: daß das Reichsgesundheitsamt dem Reichskanzleramt unmittelbar untergeordnet und berufen sein solle, das Reichskanzleramt sowohl in der Ausübung des ihm verfassungsmäßig zustehenden Aufsichtsrechts über die Ausführung der in den Kreis der Medizinalund Veterinärpolizei fallenden Maßregeln als auch in der Vorbereitung der weiter auf diesem Gebiete in Aussicht zu nehmenden Gesetzgebung zu unterstützen. Eine spätere Denkschrift, meine Herren, vom 6. Februar 1878 erläuterte dies dahin: Die verfassungsmäßige Berechtigung des Reiches, nicht allein Gesetze auf dem Gebiete der Medizinalund Veterinärpolizei selbst zu geben, sondern auch eine Anregung zu Maßnahmen der Landesgesetzgebung in den einzelnen Staaten zu ertheilen, setzt voraus, daß das Reichsgesundheitsamt aus eigenem Antriebe die Reichsregierung von den Fortschritten der Gesundheitswissenschaft in Kenntniß setze und Verbesserungen unterbreite, wo die Ermitttelungen der Wissenschaft eine Erfolg versprechende Begründung dafür bieten. ...

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... Damals waren bereits Maßregeln bezeichnet zur Bekämpfung, sowie als Gegenmittel gegen die Cholera. Meine Herren, daß seitdem die Wissenschaft, die Gesundheitswissenschaft, wie sie heute sich nennt. Fortschritte gemacht haben muß, das, meine ich, kann keinem Zweifel unterliegen. In dem Gesetze von 1835 war angeordnet, daß gewisse bezeichnete Persönlichkeiten mit der Polizeibehörde Maßregeln anordnen können, denen keine Gemeindeverwaltung sich entgegenstemmen kann, Maßregeln, die äuch theilweise — und ich spreche da aus eigner Erfahrung und als Mitglied eines Rathskollegiums — in unseren rheinischen Städten zur Anwendung gebracht worden sind. Erste Maßregel: es genüge nicht mehr die Pflege in Jsolirspitälern, wie es bis dahin war; es müßen Baracken angelegt werden außerhalb der Stadt, eine ganze Anzahl von Baracken. Das hat trotz allersorgfältigster Bemühungen, die unsererseits stattgefunden haben, nicht ermöglicht werden können ohne einen Aufwand von 10 000 Mark für jede Baracke. Was ist der Erfolg? Daß wir statt des früheren bewährten, günstig gelegenen Jsolirspitals, in dein wir bei allen Krankheiten bis dahin in der besten Weise Pflege besaßen, nun außerhalb der Stadt in verhältnißmäßig großer Entfernung in Zukunft unsere Kranken müssen Hinaustransportiren. Die weitere Folge ist, daß der Arzt, der bis dahin das Jsolirspital besorgte, jetzt erklärt, bei so veränderten Umständen könne seine Dienstleistung nicht mehr stattfinden; die Gemeinde muß also mit vielem Aufwande neues Pflege- und neues ärztliches Personal stellen. Nun, meine Herren, sind die besten Pflegerinnen nach unserer Erfahrung die barmherzigen Schwestern, sind unsere Genossenschaften; für dies Hospital waren es vorzüglich Franziskanerinnen. ...

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... Kommissarius des Bundesraths, Kaiserlicher Geheimer Negierungsrath Köhler: Meine Herren, die erste Frage, welche der Herr Vorredner an das Reichsgesundheitsamt gerichtet hat, ob das wissenschaftliche Erfahrungsmaterial, betreffend die asiatische Cholera, praktisch bereits im Reich verwerthet worden ist, oder ob dies noch geschehen soll, kann ich mit Ja beantworten. Wenn der Herr Vorredner vermuthete, daß eine verneinende Antwort erfolgen müßte, so beruht das wahrscheinlich auf der Voraussetzung, daß, da Gott sei Dank die Cholera in dem letzten Jahre Deutschland verschont hat, wir nicht in die Lage gekommen sind, praktisch von dem Apparat Gebrauch machen zu müssen, der für die Bekämpfung der Cholera im Inlands bereits in Bereitschaft gesetzt war. Indessen daß eine praktische Verwerthung deshalb nicht stattgefunden hätte, ist nicht anzunehmen. Der Haupterfolg der neueren Untersuchungen ist ja der, daß das Wesen der Cholera thunlichst klargestellt ist, daß man als den wahrscheinlichen Krankheitserreger einen Bacillus, eine Bakterienart gefunden hat und weiter in die Lage gekommen ist, die Eigenthümlichkeiten dieses Bacillus zu studiren, sowie auch die Mittel zu finden, mit welchen derselbe zu bekämpfen sein wird. Es war zunächst die Aufgabe der Neichsregierung, dafür zu sorgen, daß eine ausreichende Zahl von Aerzten in Deutschland vertraut gemacht würde mit der Methode zur Erkennung dieses Bacillus. ...
... Es haben deshalb seit länger denn drei Monaten Kurse im Reichsgesundheitsamt stattgefunden, um eine größere Anzahl von Medizinalbeamten und praktischen Aerzten — es sind deren ungefähr 150 gewesen — in der Cholerauntersuchungsmethode zu unterweisen, und wir haben daraus den Erfolg gewonnen, daß, sobald die Cholera sich an irgend einem Orte in Deutschland zeigen sollte, die sofortige Bekämpfung der ersten Krankheitsfälle so weit wie irgend möglich gesichert erscheint. Das ist von sehr wesentlicher Bedeutung; denn sobald man die ersten Fälle der Krankheit erkennt, ist man auch im Stande, diese Fälle zu isoliren, während, wenn die Krankheit sich erst weiter verbreitet hat, wenn sie in mehreren Häusern oder in mehreren Ortschaften zum Ausbruch gekommen ist, der Kampf ein schwieriger und vervielfältigter ist und auch größere Mittel erheischt, um ihn mit Erfolg durchführen zu können. Wir haben dann weiter zur Verhinderung der Einschleppung der Cholera nach Maßgabe der neuesten Forschungen einheitliche Maßregeln ergriffen sowohl auf der Seegrenze als auf der Landgrenze. Es ist im Juni vorigen Jahres, sobald die ersten Cholerafälle aus Frankreich bekannt wurden, eine Kommission auf Veranlassung des Herrn Reichskanzlers im Reichsamt des Innern zusammengetreten, um an der Hand der neuesten Erfahrungen festzustellen, was zu thun sein würde im damaligen Moment und in dem weiter vorauszusetzenden Falle einer etwaigen Annäherung der Cholera an die deutsche Grenze oder eines Auftretens der Cholera in Deutschland selbst. ...

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... Dies ist bezüglich der Cholera geschehen. Die leitenden Grundsätze sind den verbündeten Regierungen mitgetheilt worden; die weitere Ausführung mußte dann von jeder einzelnen Regierung nach Maßgabe ihrer Landesgesetzgebung veranlaßt werden. Es ist insbesondere nicht die Aufgabe des Reiches, Verhandlungen desReichstags. abzugrenzen zwischen den Befugnissen der Staats- und der Kommunalbehörden. Es ist ferner nicht Aufgabe des Reiches, über die Zusammensetzung der Sanitätskommissionen zu befinden und zu bestimmen, wie weit deren Befugnisse gehen sollen. Präsident: Der Herr Abgeordnete Dr. Freiherr Schenk von Stauffenberg hat das Wort. Abgeordneter Dr. Freiherr Schenk von Stauffenberg: Meine Herren, ich möchte die Anregung, welche der Herr Abgeordnete Dr. Buhl gegeben hat, auf das lebhafteste unterstützen. Nicht bloß bezüglich des Weines, sondern auch bezüglich des Bieres ist, wie Herr Dr. Buhl bereits angedeutet hat, eine gesetzliche Ordnung auf das allerdringendste nothwendig; denn die gegenwärtige Anwendung des Nahrungsmittelgesetzes, insbesondere in Verbindung mit den einheimischen Landesgesetzen, hat einen derartigen Zustand der Unsicherheit im ganzen Gewerbebetriebe hervorgebracht und hat, wie ich hinzusetzen will, eine große Anzahl von Leuten zu sehr schweren Strafen gebracht, zu Strafen, die man bei dem Erlaß des Nahrungsmittelgesetzes für solche Reate ganz unzweifelhaft nicht in Aussicht genommen hat. Diese Verhältnisse sind speziell in Bayern hervorgetreten. Der gesetzliche Zustand, der dort herrscht, ist etwas verwickelt. Das bayerische Malzaufschlagsgesetz bestimmt in seinem Art. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1885
Bd.: 81. 1884/85
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-81

ID: 00018451
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... Im Gegentheil kann ich als Ansicht zahlreicher Aerzte betonen, daß die spezifischen Krankheitskeime für Typhus, Cholera u. s. w. durch den Verwesungsprozeß in der Erde nach gewissen Zeiträumen zerstört werden, daß gerade die Erde in ihrer Wirkung das beste und verbreitetste Desinfektionsmittel darstellt, und daß die Ansicht von der Gefährlichkeit der Begräbuißplätze in den letzten Jahren eine Aenderung zum Milderen erfahren hat, nachdem durch ärztliche und chemische Untersuchungen konstatirt worden ist, wie viel Zeit zur Verwesung nothwendig ist, wobei sich herausgestellt hat, daß die Zeiträume, welche bisher gesetzlich bestimmt waren für die Neubenutzung eines Kirchhofs, viel zu groß gerechnet sind, daß nach 8, 10, 15 Jahren bereits der größte Theil der organischen Theile zerstört ist. Es ist also mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Kirchhofsordnungen zu streng sind, daß eine Aenderung derselben nothwendig ist. Auch der Landesgesundheitsrath in Baden, dem diese Frage vorgelegen, hat sich entschieden dahin erklärt, daß die Beerdigungszeiträume in dem Fristenumlauf abzukürzen seien. Es ist natürlich in dieser Hinsicht Vorsicht zu gebrauchen, es darf nicht über das Ziel hinausgeschossen werden; aber die frühere Bestimmung hat entschieden ihre Berechtigung verloren. Vizepräsident Freiherr von und zn Franckenstein: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ulrich. Abgeordneter Ulrich: In der zweiten Lesung haben unsere Kollegen Buhl und Stauffenberg schon das Ersuchen an die Reichsregierung gerichtet, einheitliche Bestimmungen zu erlassen betreffs der Bierfabrikation, so weit solche mit dem Nahrungsmittelgesetz in Verbindung stehen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1885
Bd.: 82. 1884/85
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-82

ID: 00018452
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... Cholera, asiatische, 20. Sitzg. S. 493 bis 501. Cichorien, Einführung eines Eingangszolls, siehe Zolltarifnovelle Z 2 Nr. 5i bezw. Nr. 9 des Tarifs. CivilgeseHbuch, Kommission, Stand der Arbeiten derselben, 13. Sitzg. S. 328 und 329. Culm, siehe Kulm. Danzig, Kasernenbau, 28. Sitzg. S. 727 und 728. Dari, syrischer, Eingangszoll, siche Zolltarifnovelle Z 2 Nr. 5 bezw. Nr. 9 des Tarifs. Darmstadt, Aufhebung der Kommandantenstelle, siehe Kommandantenstellen, 22. Sitzg. S. 557, 558 und 560. Defizit des Reichshaushalts, 4. Sitzg. S. 49, 50, 54, 64, 68, 5. Sitzg. S. 78, 79 bis 97. vr. Delbrück, Abgeordneter für den 1. Wahlkreis Reg.-Bez. Stralsund, Frage über die Fortdauer des Mandats durch seine Ernennung zum außerordentlichen Professor, siehe Mandatsfragen. Wahlprüfung, stehe diese unter 69. Diäten und Reisekosten der Abgeordneten, Abänderung des Artikels 32 der Verfassung, siehe Verfassung. Dienstwohnungen, 4. Sitzg. S. 63 und 64. Dienstzeit beim Militär, siehe Militärdienstzeit. Dieß (Hamburg), Abgeordneter für den 2. Wahlkreis der freien Stadt Hamburg, Einstellung des Strafverfahrens, siehe diese unter 8 und 9. Divifionspfarrer, siehe Militärgeistlichkeit. Dragoman, Ausbildung derselben, 15. Sitzg. S. 377. Droguen, Abänderung des Zolltarifs, siehe Zolltarifnovelle H 2 uä Nr. 2 bezw. Nr. 5 des Tarifs. Drucksachen, Herabsetzung des Portos für Beförderung derselben, 40. Sitzg. S. 1046, 1047 u. 1051, 61. Sitzg. S. 1056 und 1057. Düppel, Wegfall der Kommandantenstelle, 22. Sitzg. S. 557, 558 und 560. Düsseldorf, Kasernenbau, 27. Sitzg. S. 702 und 703. Ebert, Abgeordneter im 19. Wahlkreise Königreich Sachsen, Wahlprüfung, siehe diese unter 60. ...

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... Reichsgesundheitsamt, asiatische Cholera, Begräbnißstätten, Nahrungsmittelgesetz (Bier, Wein), S. 493 bis 501. Ansteckende Krankheiten, S. 501. Ventilation in den Fabriken, S. 501. Erforschung Zentralafrikas, S. 502 bis 518. Kolonisation, S. 505 bis 518. Bundesrathskommissarien, S. 507 bis 518, S. 824 und 825. ----- Kapitel 3, Titel 3 wird an die Budgetkommission zurückverwiesen, S. 520. — Unterstützung der afrikanischen Gesellschaft, S. 818 bis 835.1 ^ Entrüstungsbewegung, S. 825 bis 835. — Dazu: Entwurf einer Ergänzung des Reichshaushaltsetats pro 1885/86. — Nr. 155. — Einmalige Ausgaben Kapitel 3, Titel 8 Erwerbung eines Grundstücks für die Erweiterung des Dienstgebäudes des statistischen Amts und erste Baurate 295 750 Mark. I. Berathung, 41. Sitzg. S. 1081. II. Berathung, mündlicher Bericht — Dr. - S. Nr. 178. — 56. Sitzg. S. 1510 und 1511. Es werden 150 000 Mark bewilligt. III. Berathung, Zusammenstellung — Dr. - S. Nr. 215. 59. Sitzg. S. 1583 bis 1600, 61. Sitzg. S. 1646 und 1647, 1663. — Einheitliche Organisation und vielleicht auch Zen- ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1885
Bd.: 83. 1884/85
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-83

ID: 00018453
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... Gesetz, betreffend die zur Erforschung der Cholera nach Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kommission. Beschluß des Reichstags: die Wahl des Abgeordneten Prinzen Handjery im 10. Wahlkreise des Regierungsbezirks Potsdam für ungültig zu erklären. Gesetz, betreffend den Feingehalt der Gold- und Silberwaaren. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen. Beschluß des Reichstags: I.1 die Wahl des Abgeordneten Mahla im zweiten Pfälzer Wahlkreise zu beanstanden; II.1 den Reichskanzler zu ersuchen, über die in dem Bericht der Wahlprüfungs-Kommission vom 12. Mai 1884 (Nr. 97 der Drucksachen) unter d, o, ä, 1, §, Ir und i ausgeführten Behauptungen die geeigneten Ermittelungen veranlassen und das Ergebniß dem Reichstage mittheilen zu wollen. Gesetz, betreffend die Abänderung der Maaß- und Gewichtsordnung vom 17. August 1868. Beschluß des Reichstags: die Petition des Franz Simons zu Köln vom 28. Februar 1884 — II. Nr. 28 — (die Rückerstattung zu Unrecht erhobenen Zolls für gesägte Marmorplatten betreffend) dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen. Beschluß des Reichstags: die Petitionen II. Nr. 14, II. Nr. 40, II.1 Nr.1 274,1 II.1 Nr.1 282,1 II.1 Nr.1 284, II.1 Nr.1 291,1 II.1 Nr.1 297,1 II.1 Nr.1 420, II.1 Nr.1 464,1 II.1 Nr.1 466,1 II.1 Nr.1 467, II.1 Nr.1 478,1 II.1 Nr.1 508,1 II.1 Nr.1 593, II.1 Nr.1 648,1 II.1 Nr.1 650,1 II.1 Nr.1 651, II.1 Nr.1 666,1 II.1 Nr.1 667,1 II.1 Nr.1 968, II.1 Nr.1 1457,1 II.1 Nr.1 1574,1 II.1 Nr. ...


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