... Als ich im Jahr 1852 zum ersten Mal gegen die Cholera zu kämpfen hatte, da hatte sich in der einen polnischen Gemeinde die Besorgniß verbreitet, daß, wenn eine Anzeige über Choleraerkrankungen an die Behörde gelangt, der Gemeinde die Pflicht auferlegt werden würde, ganz besondere Maßregeln zu treffen und die Kosten dafür zu tragen. In Folge dessen verheimlichten sie selbst die Todesfälle. Der dortige Geistliche, ein alter, würdiger Herr, ein ehemaliger Cisterciensermönch, Mt dem ich sehr befreundet war, kam selbst zu mir und erklärte, er wisse ganz genau, daß so und so viele an der Cholera gestorben seien. Ich erwiderte, daß keine Anzeige eingegangen sei. Er blieb dabei stehen, und ich schritt dann zu dem Mittel, mit dem Polizeidistriktskommiffar, der Polizeibehörde förmliche Haussuchungen, wenn ich mich kurz so ausdrücken darf, nach Leichen vorzunehmen. Wir fanden denn auch eine Anzahl Gestorbener, von denen der Kreisphysikus erklärte, daß sie an Cholera verstorben seien, in Ställen versteckt oder sonst-(L) wie vergraben. Es mußten Maßregeln zur Bekämpfung der Krankheit angeordnet werden, auf die ich hier nicht näher eingehen will, die aber einen sehr guten Erfolg hatten. Nachdem die Leute einzusehen begannen, daß von ihnen kein Geld, keine Kosten verlangt wurden, sondern daß alles, was zu ihrem Besten eingerichtet wurde, ohne Opfer von ihrer Seite geschah, dann haben sie sich natürlich gern dem unterworfen, und es ist gelungen, die Krankheit zu bekämpfen. Es war in dieser Gemeinde ein ehemaliges Kloster, welches den Jesuiten, die damals zu Missionen herumreisten, zum Winteraufenthalt von der Regierung eingeräumt wurde. ... ... Es ist das im vorigen Jahr bei der Bekämpfung der Cholera vielfach vorgekommen. Es werden Ihnen die Fälle bekannt sein, ich brauche ja nicht auf die fürchterlichen Maßregeln hinzuweisen, die an der österreichischen Grenze vorgekommen sind, indem man die Desinfektion des Gepäcks in der Weise vorgenommen hat, daß ganze Koffer in einen heißen Ofen gesteckt wurden und schließlich dann in (v) einem solchen Zustande herauskamen, daß alles, was darin war, und der Koffer selbst nie wieder zu gebrauchen war.1 Ich1 kann Ihnen einen1 Fall1 erzählen, den1 ich erlebt. Ich war in der ersten Hälfte des September v. I.1 in1 Saßnitz. Dorthin1 kam1 allwöchentlich1 ein Dampfer von Stettin, der nicht bloß Paffagiere, sondern auch Kaufmannswaaren, Lebensmittel, Naturalien, für die Saßnitzer, namentlich für die Gastwirthe brachte. Es verbreitete sich nun die Nachricht, daß in Stettin ein Cholerafall vorgekommen war, aber nicht in der Stadt, sondern außerhalb der Stadt. Trotzdem wurde von der Polizeibehörde von Saßnitz dem Dampfer, als er nach Eingang dieser Nachricht ankam, untersagt, irgend welche Stücke von seinen Gütern auszuladen. Die Saßnitzer konnten also die bestellten Lebensmittel, Waaren oder was es sonst war, nicht erhalten. Man konnte nicht einmal zum Frühstück ein paar weiche Eier bekommen, weil die Eier vom Dampfer nicht an das Land hatten gebracht werden dürfen. Meine Herren, darüber könnte man sich ja hinwegsetzen, man kann auch ohne Eier leben; aber bei der hohen Temperatur, die damals bestand, mußten die meisten Nahrungsmittel, die nun auf dem Dampfer wieder zurückgingen, verderben. ...
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