... Nur dann kann man vielleicht mancherlei Seuchen vorbeugen; so lange man sich aber in dem engen Rahmen bewegt, wie es das gegenwärtige Gesetz thut, so wird man vielleicht erleben, daß in einem der nächsten Jahre eine Epidemie in einer anderen Stadt ausbricht, und alles wird wieder fragen: wie ist es möglich, daß die Behörde das dulden konnte? Nun, es ist möglich, weil gerade diejenigen, die ein Interesse daran haben, die Häuser so viel wie möglich auszubeuten, — weil die es waren, welche eine Bauordnung schaffen sollten, — weil die Hausbesitzer alles das regeln sollten, was zur Vorbeugung von Krankheiten gethan werden sollte. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Vizepräsident Graf von Vallestrem: Das Wort hat der Herr Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Burchard. B) Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Burchard: Ich muß dem Bedauern Ausdruck geben, daß der Abgeordnete Molkenbuhr meinen gestrigen Ausführungen, denen zufolge in Hamburg der Erlaß eines Wohnungsgesetzes und der Erlaß eines neuen Baupolizeigesetzes geplant werde, welche voraussichtlich demnächst zur Verabschiedung gelangen würden, einen gewissen Kleinglauben entgegengesetzt hat. Der Herr Abgeordnete hat die Meinung ausgesprochen, daß die wohlwollenden Absichten des Senats nicht zur Verwirklichung gelangen würden, weil die Bürgerschaft dieses Gesetz mit zu genehmigen habe und die Hamburger Bürgerschaft zu einem erheblichen Theile aus Interessenten zusammengesetzt sei, d. h. solchen Personen, welche daran interessirt seien, daß ein Wohnungsgesetz und ein neues verbessertes Baupolizeigesetz nicht zu Stande käme. ... ... Ich schließe mit der Versicherung, meine verehrten Herren, daß Senat und Bürgerschaft vollständig eins sind in dem Bestreben, denjenigen Mängeln auf sanitärem Gebiete, welche sich anläßlich der letzten Epidemie herausgestellt haben, energisch abzuhelfen. Vizepräsident Graf von Vallestrem: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schräder. Abgeordneter Schräder: In die spezifisch Hamburgischen Streitigkeiten mich einzumischen, meine Herren, habe ich keine Veranlassung. Ich kann nur einen Wunsch aussprechen, daß es dem Hamburger Senat gelingen möge, diejenigen Einrichtungen zu schaffen, die er sich vorgesetzt hat. Ich glaube, daß es ihm gelingen wird, weil unter dem Druck der Noth, die im vorigen Jahr über Hamburg gekommen ist, auch manche Interessen, die sonst sich gegen eine solche Reform geltend gemacht haben würden, zum Schweigen gebracht sind. Aber ich glaube, mit den beiden Reformen, wie sie der Senat sich vorgenommen hat, ist nur ein Theil der Arbeit gethan. Es genügt nicht, zu verhindern, daß schlechte Häuser gebaut werden, und die Häuser schlecht bewohnt werden, sondern es muß vor allen Dingen darauf gesehen werden, daß die guten Wohnungen vermehrt werden, damit die schlechten Wohnungen geräumt werden, und dafür die Leute bessere Wohnungen bekommen können als bisher. Ich habe den lebhaften Wunsch, daß es der Stadt Hamburg — ich meine nicht die offizielle Stadt Hamburg, sondern die Hamburger Bürgerschaft — gelingen und daß sie es sich angelegen lassen sein möge, möglichst bald eine wirklich große Zahl von guten Wohnungen für kleinere Leute zu schaffen. ...
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