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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1893
Bd.: 131. 1892/93
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-131

ID: 00018684
221 /558
... 37 getroffene Bestimmung über die Beamteir und Arbeiter will verhindern, daß durch Anordnungen der örtlichen Behörden der regelmäßige Betrieb der Verkehrsanstalten unnöthig und empfindlich gestört werde, wie es während der vorjährigen Epidemie mehrfach vorgekommen ist. 8- 38. Im §. 38 sind die Verpflichtungen und Befugnisse der Reichsgewalt bei der Bekämpfung der Seuchen in meist wörtlicher Uebereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften des Viehseuchengesetzes §. 4, sowie des Gesetzes, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend, vom 7. April 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 105) §. 12 und des Gesetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Reblauskrankheit, vom 3. Juli 1883 (Reichs-Gesetzbl. S. 149) §. 5 festgesetzt. In allen diesen Gesetzen ist für gewisse Fälle die Nothwendigkeit eines unmittelbaren Eingreifens des Reichskanzlers oder eines Reichskommissars anerkannt. Die Nothwendigkeit wird sich auf dem hier fraglichen Gebiete voraussichtlich nur in seltenen Fällen ergeben, nachdem auf Grund eines Reichsgesetzes für diese Maßregeln einheitliche Vorschriften aufgestellt sind. Gleichwohl ist eine dahinzielende Ermächtigung nicht ganz zu entbehren, da in Ausnahmefällen die wirksame Bekämpfung einer Seuche wohl dazu zwingen kann, die Beaufsichtigung und unter besonderen Umständen) selbst die Leitung der für benachbarte Bezirke verschiedener Bundesstaaten nach Maßgabe dieses Gesetzes zu treffenden Anordnungen in eine Hand zu legen. Insbesondere wird dies der Fall sein, wenn es sich um die Ueberwachung des Schiffahrtsverkehrs ...

222 /558
... In untrüglicher Weise haben die bei der vorjährigen Epidemie hervorgerufenen Verhältnisse den Beweis für die Unzulänglichkeit der bestehenden Einrichtungen geliefert. Zunächst ergab sich die Nothwendigkeit, den Beirath, welchen die Reichsverwaltung in dem Gesundheitsamt besaß, dadurch zu stärken, daß die höchsten Medizinalbeamten aus den größeren Bundesstaaten zusammenberusen wurden, um über die bei der Bekämpfung der Seuche zu befolgenden Grundsätze sich unter einander und mit den Beamten der Reichsverwaltung zu verständigen. Später mußte in Verbindung mit dem Gesundheitsamt eine Cholerakommission errichtet werden, deren Rathschläge für die Bekämpfung der Seuche leitend wurden und deren Autorität denn auch bis über die Grenzen des Reichs hinaus anerkannt war. Daß diese Maßnahmen erst nach Ausbruch der Seuche sich treffen ließen, ist schon mit Rücksicht auf den damit verknüpften Zeitverlust als ein großer Nachtheil empfunden worden. Die Schöpfung einer dauernden, in sich geschlossenen Kommission, welche vermöge ihrer Zusammensetzung den Behörden, der ärztlichen Welt und dem Publikum gegenüber volles Gewicht besitzt, welche in ihren einzelnen Mitgliedern mit der Verwaltung unausgesetzt Fühlung und für deren Bedürfnisse volles Verständniß hat, welche den Widerstreit der wissenschaftlichen Meinungen und praktischen Vorschläge in ihren durch zusammenhängende Erfahrungen getragenen Berathungen lösen und welche im Bedarfsfälle ohne Zeitverlust in Thätigkeit treten kann, ist der Weg, um dem Bedürfniß der Neichsverwaltung entgegen zu kommen. Aehnliche, wenngleich erheblich weiter reichende Institutionen bestehen in verschiedenen Staaten des Auslandes. Frankreich besitzt in dem Oowits oousnltatik ckb^giönü eine oberste begutachtende Körperschaft für öffentliches Gesundheitswesen. ...

223 /558
... In dieser Beziehung haben während der vorjährigen Epidemie die Gutachten der Cholerakommission über die Gefahr der Verschleppung der Cholera durch Waarentransporte und über ähnliche Fragen schätzbare Dienste geleistet. Daß das Reich über ein solches Organ verfügte, ist der Wirkung seiner Vorstellungen nicht selten zu statten gekommen. Immerhin war die Kommission zunächst dem Auslande nicht bekannt, keine dauernde Bildung und eben deshalb ohne ihre eigene Schuld nicht von dem ganzen Ansehen getragen, wie es im Interesse des Schutzes von Handel und Verkehr dem Auslande gegenüber zu wünschen gewesen wäre. Die Denkschrift über die letzte Choleraepidemie hat dargelegt, wie oft und wie lange die Bemühungen des Auswärtigen Amts gegenüber den durch Grundsätze der Wissenschaft und Erfahrung nicht gerechtfertigten, aber für die deutsche Ausfuhr mit harten Erschwerungen verbundenen Abwehrmaßregeln fremder Staaten vergeblich geblieben sind. Aus diesen Erwägungen sieht der §. 40 die Bildung des Reichsgesundheitsraths vor. Nach der Absicht des Entwurfs soll derselbe mit dem Gesundheitsamt in organische Verbindung gebracht werden. Der Vorsitz wird regelmäßig dem Direktor dieser Behörde zufallen müssen; die außerordentlichen Mitglieder und die ständige Kommission für Bearbeitung des deutschen Arzneibuchs sollen in dem Reichsgesundheitsrath aufgehen. Als Mitglieder sind die ersten Fachgelehrten aus den durch die Aufgaben der Reichsverwaltung berührten Gebieten der Gesundheitspflege, hervorragende Vertreter der dafür in Betracht kommenden Gebiete der Technik sowie höhere Verwaltungsbeamte in Aussicht genommen. ...

224 /558
... Bei der langen Dauer und weiten Verbreitung der zeitigen Maul- und Klauenseuche-Epidemie ist häufig darüber geklagt worden, daß es den Viehkäufern unmöglich sei, zu erfahren, ob ferner gelegene Gegenden, aus welchen sie Vieh beziehen wollen, seuchenfrei oder verseucht sind, weil Ausbruch und Erlöschen von Seuchen nur in amtlichen Lokalblättern publizirt werden, die außerhalb ihres engen Verbreitungskreises nicht gelesen und deshalb auch nicht gehalten werden. Obgleich es bei starker Verbreitung einer Seuche in einem Lande von der Größe Deutschlands schwierig ist, Nachrichten über die Bewegung der Seuche in den verschiedenen Theilen des Reichs schnell und zuverlässig in einem allen Betheiligten leicht zugänglichen Blatte zu veröffentlichen, so bietet die Kenntnißnahme von der jederzeitigen räumlichen Ausdehnung einer Seuche doch für den Einzelnen ein so wichtiges Schutzmittel gegen den Bezug von Vieh aus verdächtigen Gegenden, daß es wünschenswerth erscheint, durch den im Entwurf vorgeschlagenen Zusatz die Möglichkeit einer dem praktischen Bedürfniß entsprechenden einheitlichen Regelung der Publikation von Seuchennachrichten zu schaffen. Zu Artikel 6. Neben den in den vorhergehenden Artikeln erörterten allgemeinen Bestimmungen über veterinärpolizeiliche Schutzmaßregeln bedarf es zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche noch besonderer Vorschriften, wie solche in den 31 ff. des Gesetzes für Milzbrand, Tollwuth und andere Seuchen gegeben sind. Für die Einschaltung solcher besonderen Vorschriften scheint die Jnnehaltung der im Gesetz beobachteten Reihenfolge der Seuchen angemessen und schlägt der Entwurf daher die Einschaltung hinter §. 44 des Gesetzes als §. 44u vor, wodurch auch die Beibehaltung der Ueberschriften und der Bezeichnung aller nachfolgenden Paragraphen re. ...
... Bei der langen Dauer der gegenwärtigen Epidemie hat es sich herausgestellt, daß durch die Milch aus verseuchten Orten und aus Sammelmolkereien, in welche Milch von erkrankten Thieren geliefert wurde, häufig die Seuche nach anderen Orten verschleppt worden ist. Der Entwurf giebt daher den Polizeibehörden die Befugniß, die Milch von Thieren eines Seuchengehöftes oder einer der Sperre unterworfenen Ortschaft oder Feldmark ganz zu verbieten oder an die Bedingung zu knüpfen, daß die Milch vorher abgekocht wird. Für Sammelmolkereien hat es sich empfohlen, die vorherige Abkochung im Gesetze selbst vorzuschreiben für den Fall, daß auch nur einer der bei der Molkerei betheiligten Viehstände wegen Ausbruchs der Seuche unter Sperre gestellt ist. Da jedoch die Erfahrung bewiesen hat, daß durch Abgabe von ungekochter Milch aus Sammelmolkereien die Seuche weiter verbreitet worden ist, bevor noch der Seuchenausbruch in einem der betheiligten Viehbestände festgestellt worden war, so soll durch Absatz 3 den Behörden die Befugniß ertheilt werden, in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben die Abgabe ungekochter Milch auch schon dann zu verbieten, wenn auch nur zu befürchten ist, daß die Seuche in das Bezugsgebiet der betreffenden Molkerei übergegangen sein könnte. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1893
Bd.: 8. 1890/93, Sess. 2 = 1892, 22. Nov. - 1893, 6. Mai
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,C-8,2

ID: 00019731
225 /558
... — Cholera (siehe auch Krankheiten) 1.1 Denkschrift über die Cholera-Epidemie — Dr.-S. Nr. 56. —! Durch Druck und Vertheilung 1 zur Kenntniß des Reichstags gebracht. 2,1 Besprechung bei Berathung des Etats für 1893/94: 48. Sitzung am 21. Februar 1893 Seite 11571 — 49. Sitzung am 22. Februar 1893 Seite 11866, 1193.4 ff., 1200V ff. 3. Civilprozeß- 1. ordnnng. Kollekte der Postbeamten gelegentlich der Hamburger Choleraepidemie, siehe Postbeamte unter 5. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten — Dr.-S. Nr. 71. — Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: §. 1. Den Landesgesetzen, deren Verletzung ungeachtet ihres beschränkten Geltungsbereichs zufolge der Verordnung vom 28. September 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 299), sowie der Gesetze vom 15. März 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 38) und vom 24. Juni 1886 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) die Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten begründet, treten hinzu: I.1 die nachbezeichneten Großherzoglich oldenburgischen Gesetze für das Fürsienthum Birkenfeld: 1.1 das Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke und Bergwerke vom 23. Mai 1891 und das Gesetz, betreffend die Grundbuchordnung, von demselben Tage (Gesetzbl. für das Fürstenthum Birkenfeld B. 13 S. 61 und 78), 2.1 das Berggesetz vom 18. März 1891 (Gesetzbl. für das Fürstenthum Birkenfeld B. 13 S. 167); II.1 die nachbezeichneten Gesetze für Elsaß-Lothringen: 1.1 das Gesetz, betreffend die Haftbarkeit des Miethers oder Pächters für Brandschäden, vom 7. März 1881 (Gesetzbl. für Elsaß-Lothringen S. ...

226 /558
... Nach den Erfahrungen aus der Epidemie von 1892 sei die Ansteckungsgefahr durch den Waarenverkehr gering, es solle deshalb nur die Beförderung solcher Sachen, die als Träger des Krankheitsstoffes gelten, verboten werden. Die Schiffahrt und Flößerei müsse wegen der durch sie verursachten besonders schnellen Weiterverbreitung einer strengen Kontrole unterworfen werden, es solle der Wasserverkehr daher auf bestimmte Tageszeiten beschränkt werden können. Nach der Gewerbeordnung könne das Reich bereits denHausirhandelbei Seuchengefahr beschränken; diese Vollmacht solle, um ein schnelleres Eingreifen zu gestatten, den Landesbehörden übertragen werden. Die Ansammlung von Menschen — Märkte, Messen rc. — sei zu beschränken oder zu untersagen. — Die Anordnungen bezüglich der Unterrichtsanstalten seien von der Schulverwaltung zu treffen, doch solle der Polizeibehörde die Ermächtigungertheiltwerden, Kinder aus verseuchten Behausungen vom Schulbesuchzurückzuhalten.— Die Beschränkung des Genusses von Wasser, sowie der Benutzung der Bade- rc. Anstalten seierforderlich.— Im Interesse der Allgemeinheit sei die Räumung ungesunder Wohnungen rc. und die Unterbringung der Bewohner derselben in gesunden Wohnungen zugestatten;dies solle jedoch nur in Fällen dringender Gefahr, sodann aber unentgeltlich geschehen. — Erste Anforderung der Gesundheitspflege sei, die Krankheitsstoffe zu zerstören. Rücksicht auf die Beschädigung von Privateigenthum könne dabei nicht genommen werden. Fleckfieber,Pestund Pocken seien am leichtesten übertragbar; bei diesen müsse die Desinfektion stets erfolgen. Bei der Cholera sei dies nur dann erforderlich, wenn dieVermuthungeinerInfektionnahe liege. — Es seiThatsache,daß durch Leichen eine Verbreitung der Seuchestattfinde;über die Bestattung re. der Leichen soÜe der BundesrathVorschriften erlassen. — Die rechtzeitige Beschaffung vonUnterkunftsstättenfür Kranke, Desinfektionsapparaten rc. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1894
Bd.: 133. 1893/94
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-133

ID: 00018686
227 /558
... Dank den energischen Bemühungen, welche die verbündeten Regierungen aufgewendet haben, ist es gelungen, die verheerende Epidemie, welche im vergangenen Jahre schwere und schmerzliche Opfer gefordert hatte, seitdem fernzuhalten und, wo sich vereinzelte Krankheitsfälle zeigten, ihrer Verbreitung erfolgreich entgegenzutreten. Die gewonnenen Erfahrungen noch wirksamer zu verwerthen und die Abwehrmaßregeln zu dauernden und einheitlichen zu gestalten, ist der Zweck eines Gesetzentwurfs, welcher Ihnen vorgelegt werden wird. Um die mit der pflichtmäßigen Strenge jener Abwehrmaßregeln vereinbare Schonung des internationalen Verkehrs thunlichst sicherzustellen, hat unter Betheiligung des Reichs im Frühjahr in Dresden eine von der Mehrzahl der europäischen Staaten beschickte Konferenz stattgefunden, deren Beschlüsse Ihnen zur Genehmigung zugehen werden. Die Erledigung der Ihnen aus finanziellem und handelspolitischem Gebiet gestellten Aufgaben wird Ihre Arbeitskraft in so hohem Maße in Anspruch nehmen, daß die verbündeten Regierungen es für rathsam erachtet haben, den Kreis der Vorlagen im übrigen thunlichst einzuschränken. In dem Verhältniß Deutschlands zum Auslande ist eine Aenderung nicht eingetreten. Bei Fortdauer der engen Freundschaft mit den zur Verfolgung gemeinsamer friedlicher Zwecke uns verbündeten Reichen, stehen wir zu allen Mächten in guten und freundlichen Beziehungen. Ich gebe Mich daher der Zuversicht hin, daß uns mit Gottes Hilfe die Segnungen des Friedens auch fernerhin werden erhalten bleiben. Nach Verlesung der Thronrede trat der Reichskanzler vor den Thron und erklärte den Reichstag für eröffnet. ...

228 /558
... Es genügt aber nicht, meine Herren, daß den Vertragsstaaten die Verpflichtung obliegt, beim Auftreten von Cholera sich gegenseitig über die in Aussicht genommenen Maßregeln zu verständigen und über den Gang der Epidemie sich zu benachrichtigen. Die Hauptsache ist, daß die sanitären Maßregeln im Innern aufs beste getroffen werden. Beide prophylaktischen Maßregeln, die sanitären Maßregeln im Innern und die Regelung des internationalen Verkehrs, ergänzen sich gegenseitig; und es wäre jedenfalls ein verhängnißvoller Irrthum, wenn man glauben würde, daß eine noch so gute Epidemienpolizei genügen würde, um der weiteren Ausbreitung der Krankheit Einhalt zu thun. Ich darf wohl an die schweren Mißstände erinnern, die hier schon mehrfach zur Sprache gekommen sind, die auf dem Gebiete des Wohnungswesens in Deutschland noch so häufig existiren, nicht allein in den großen Städten, sondern auch auf dem Lande. Ganz besonders ist es vor zwei Jahren bei Einführung der Lokalkommissionen, die beim Auftreten der Cholera damit beauftragt waren, die Mißstände in den verschiedenen Lokalitäten einzusehen, — ganz besonders, sage ich, ist es allen einsichtigen Leuten klar geworden, wie nothwendig es wäre, daß wir eine einheitliche Bauordnung bekämen. Es bestehen ja wohl verschiedene Bauordnungen in manchen Ländern; aber der Standpunkt, von dem man fast überall ausgegangen ist, ist im allgemeinen nur der der Feuersgefahr und der Standhaftigkeit des Baues. Die Gesundheitspolizei zählt auf Grund der ...

229 /558
... Jede größere Epidemie verursacht schwere Verluste an leistungsfähigen Menschen und am Erwerb. Die Cholera ist nur eine unter diesen und sogar noch eine von denjenigen, die am wenigsten menschliche Opfer kostet. Deshalb sind alle Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege und der Epidemienpolizei nicht nur in humanitärer Hinsicht, sondern auch in nationalökonomischer und politischer von der größten Bedeutung. Die uns vorliegende Konvention ist eine That, die freudig zu begrüßen rst, die keinem schadet und allen nützt. Möge sie für weiteres Vorgehen in dieser Hinsicht im Innern und auf internationalem Gebiet von guter Bedeutung sein, zum Nutzen des Staates und zum Segen der Bevölkerung! ^1 (Bravo!) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kruse. Abgeordneter Dr. Kruse: Meine Herren, ich stimme ganz mit dem Herrn Vorredner überein, wenn er die uns vorliegende Konvention als einen wesentlichen und in jeder Beziehung günstigen Fortschritt bezeichnet. Auch ich glaube, daß wir durch die Konvention viel weiter gekommen sind in den Zuständen, die die Abwehr der Cholera betreffen, als es bis jetzt der Fall war. Wer überhaupt sich mit dieser Frage hat beschäftigen müssen, wird die Erfahrung gemacht haben, daß gerade die Willkür in den Maßregeln an den Grenzen so außerordentlich nachtheilig gewirkt hat. In dieser Beziehung schafft die Konvention feste Zustände, feste Regeln, die leicht zu übersehen sind, und nach denen man sich leicht richten kann. ...
... Indessen glaube ich doch, daß, wenn man sehen wird, wie günstig die Anzeigepflicht wirkt, und wie nur dadurch die Verivaltungsbehörden der einzelnen Staaten eine Uebersicht über den Gang der Epidemie gewinnen können, man sich in allen Vertragsstaaten entschließen wird, die obligatorische Anzeigepflicht einzuführen. Auch den Wünschen, die der Herr Vorredner angeführt hat auf Ausdehnung der internationalen Verabredungen zur Abwehr der Cholera an ihren Ursprungsstätten, stimme ich durchaus bei, und ich hoffe, daß unsere verbündeten Regierungen sich bestreben werden, sowohl die Zahl der Staaten zu erweitern, welche der Konvention beigetreten sind, als auch sich bemühen werden, die Wirksamkeit der Konvention in der Weise auszudehnen, daß Maßregeln getroffen werden, welche an den Ursprungsstätten der Cholera das Vordringen der Seuche verhindern. Ich muß dem Herrn Vorredner zustimmen, daß ein ständiger internationaler Gesundheitsrath in dieser Hinsicht insofern von außerordentlicher Bedeutung wäre, als er es möglich machte, sichere und zuverlässige Nachrichten über den Gang der Cholera zu bekommen, als er vielleicht dazu führen könnte, an den Knotenpunkten des Verkehrs im Orient, die gerade die Seuche vermitteln, verbesserte sanitäre Einrichtungen zu schaffen, und vor allen Dingen auch an den Stätten, die ein großes Zusammenströmen von Menschen veranlassen, wie an den heiligen Orten des Muhamedanismus, (U) die bis jetzt noch immer eine wesentliche Quelle für die Verbreitung der Cholera sind. Der Herr Vorredner hat noch einige Punkte erwähnt in Bezug auf die Verbesserung der sanitären Verhältnisse im Anlande. ...

230 /558
... (^) Herren, erinnern Sie sich nur — es ist ja noch in frischem Angedenken —, wie es bei der Epidemie in Hamburg war, wie die einzelnen Bezirke unseres Vaterlandes oder wie die Nachbarländer mit großer Rigorosität ganz unnütze Abschließungsmaßregeln trafen. Darum gerade sind die Bestimmungen dieser Konvention getroffen. Das gehört ja gar nicht hierher. Was kann eine internationale Konferenz uns für Vorschläge über Leichenschau und allerhand sanitäre Maßregeln machen? Das geht nur im eigenen Vaterlande durch ein Reichsseuchengesetz zu schaffen. So wenig aber das Neichsseuchengesetz in diese Konvention kommen kann, können diese Bestimmungen in das Reichsseuchengesetz aufgenommen werden. Diese Bestimmungen haben ihren großen Werth dadurch, daß sie international sind. Sie haben auch gegen einzelne Hygieniker, welche in den einzelnen Ländern resp. Bezirken eines Landes große Autorität besitzen, die Kraft, daß eine Bevölkerung sich nicht irre machen läßt durch sanitäre sogenannte hygienische Vorschläge und in ihren Verkehrsbeschränkungen zu weit geht. Ich halte diese Bestimmung für außerordentlich zweckmäßig, und es ist mir lieb, daß vor dem Reichsseuchengesetz diese Konvention abgeschlossen ist. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß so gut wie Großbritannien ihr beigetreten ist, auch andere Länder ferner beitreten werden. Sollte dann einmal in der wissenschaftlichen Erörterung der Sache, in der wissenschaftlichen Erkenntniß der Cholera eine andere Richtung, als sie jetzt wissenschaftlich festgestellt ist, an das Tageslicht kommen, dann sind die Regierungen immer in der Lage, die Konvention durch Zusammenkunft von Abgesandten zu ändern. ...
... Jetzt handelt es sich aber in der That nur darum, daß nicht ganz unnützerweise eine Beschränkung des Verkehrs eintritt, wie wir sie namentlich bei der letzten Epidemie, aber bei früheren noch weit schlimmer gehabt haben. Die Quarantäne, der vollständige Abschluß, das Nichtpassirenlassen von Waaren, obgleich sie gut verpackt sind, die sogar nicht mit Cholera-(L) geschichten zusammengekommen sind, gar nicht von Choleraexkrementen beschmutzt sind, ruft eine Verkehrsstörung hervor, die viel größer wird, wenn die Ausdehnung der Epidemie etwa größer sein sollte als die letzte, die sich auf Hamburg beschränkte. Die anderen Wünsche der beiden Herren Vorredner sind, wie Herr Kruse ganz richtig bemerkte, heute gar nicht zu besprechen, sondern erst bei einer anderen Gelegenheit. Ich wünschte, Sie nehmen hier ohne weiteres und ohne Kommissionsberathung diese Konvention an. Nur noch eine Frage, die aber vielleicht durch eine Antwort von Seiten der Regierung ihren Werth verliert. In Titel VI: besondere Bestimmungen für die Grenzbezirke, steht: Die Regelung des Grenzverkehrs und der damit zusammenhängenden Fragen, sowie die Anordnung besonderer Ueberwachungsmaßregeln in dieser Beziehung bleiben den besonderen Vereinbarungen zwischen den aneinander grenzenden Staaten überlassen. Das heißt doch — ich hoffe, eine bejahende Antwort zu bekommen —: unter Jnnehaltung der hier vorgeschlagenen Bestimmungen — ? Wenn das der Fall ist, würde ich mich vollständig beruhigen und würde glauben, daß wir in der That kaum durch wer weiß wen in der Welt eine bessere Konvention zu Stande bringen könnten. (Bravo!) ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1894
Bd.: 134. 1893/94
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-134

ID: 00018687
231 /558
... Sozialdemokratische Arbeiter haben ihre Gesundheit und ihr Leben in den Dienst werkthätiger Menschenliebe gestellt und sind für die besitzenden Klassen, für ihre Ausbeuter, in aufopfernder Hilfsbereitschaft eingetreten, als diese der verheerenden Epidemie wehrlos gegenüberstanden. Was aber thaten zu derselben Zeit die Reichen? Ein nicht kleiner Theil der Hamburger baute tinauoe, der alteingesessenen Patrizier, haben damals den Staub von den Füßen geschüttelt, sie sind geflohen, um in den Seebädern oder im Gebirge vor der ihnen in der Heimat drohenden Ansteckungsgefahr geschützt zu sein. Meine Herren, wenn wir auf das Kapitel freiwilliger Hilfeleistungen kommen, dann haben die Herren Vertreter der besitzenden Klassen alle Ursache, sich recht still zu verhalten und gegenüber der Sozialdemokratie nicht zu renommiren; denn wir können Ihnen für jeden Fall, den die bürgerliche Gesellschaft stellt, mit Hunderten und tausenden aus der Sozialdemokratie dienen. Meine Herren, die Ausführungen des Herrn Vorredners werden wohl noch gelegentlich der weiteren Verhandlung ihre Kritik und ihre Würdigung finden. Ich möchte nun zu den Ausführungen, die in der gestrigen Sitzung über unsere Interpellation gemacht sind, zurückkehren; und entsprechend dem M) Sprichwort: „Ehre, dem Ehre gebührt, wende ich mich zunächst zu dem Herrn Staatssekretär des Innern und den Ausführungen, die der Herr Minister gegenüber meinem Freunde Liebknecht gemacht hat. Der Herr Staatssekretär hat seine Rede mit dem guten Rath geschlossen: es solle jeder an sich bessern, dann würden die allgemeinen Verhältnisse auch besser werden. ...

232 /558
... Mußten sich die Hamburger Arbeiter nicht sagen: wenn wir in der Cholerazeit in die Kanäle steigen, an den Quellen, aus denen die entsetzliche Epidemie ihre Nahrung findet, arbeiten, so opfern wir uns nicht nur selbst, sondern wir bringen dadurch auch Frauen und Kinder in die traurigste Lage, indem wir diese ihrer Ernährer berauben, also wollen wir versuchen, statt dieser Arbeit andere zu bekommen —? Die jene Arbeit ablehnenden Arbeitslosen als Tagediebe, Faulenzer, Arbeitsscheue hinzustellen, dazu hatte der Herr Staatssekretär weder Recht noch Veranlassung, und so etwas sollte im Reichstag nicht geschehen. Es wäre Pflicht gewesen, daß der Herr Staatssekretär den Grund der Arbeitsablehnung in seiner Mittheilung vor dem Reichstag mit erwähnt hätte. (Sehr wahr! links.) Dann möchte ich den viel besprochenen „arbeitsscheuen Schneeschippern doch noch ein paar Worte widmen. Als mein Freund Bebel gestern, unterbrochen von einem Herrn M der Rechten, auf der Tribüne sagte: das Schneeschippen ist keine leichte Arbeit —, da brachen die Herren in ein Gelächter aus. Nun, wir auf dieser Seite sind an dieses Lachen gewöhnt; es ist nichts weiter als das Lachen der Verlegenheit, mit dem die Herren sich zu salviren suchen. Aber ist denn die Behauptung Bebels etwa unrichtig? Sind diese schlecht gekleideten, schlecht genährten, in einem ganz anderen Berufe ausgebildeten, durch Noth und Elend heruntergekommenen, geistig und körperlich degenerirten Leute wirklich in der Lage, Straßenreinigungs- oder Erdarbeiten vorzunehmen? Wie reimt sich denn dieses Verlangen mit der sozialpolitischen Fürsorge für die Arbeiter, die Sie doch betreiben wollen, zusammen? ...

233 /558
... Im weiteren möchte ich den vom Herrn Abgeordneten Richter berührten Punkt wegen der Epidemie nicht in der geringschätzenden Weise behandeln, wie er es gethan hat. Im Falle der Epidemie werden sofort sämmtliche Häfen in den fernen Staaten geschlossen, der Schifffahrtsverkehr wird völlig unterbrochen. Wir sehen das jetzt wieder in Konstantinopel: sofort hört der Postoerkehr auf, und wir haben erhebliche Einnahmeausfälle. Zu diesen wichtigen Momenten kommen Noch Zufälligkeiten hinzu. Was glauben Sie z. B., daß uns der Sturm der beiden letzten Tage für Kosten verursacht hat? (Lachen links. Sehr gut! rechts.) — Hören Sie nur gefälligst zu! Ich glaube, Sie werden dann die Sache etwas ernster ansehen. Dieser Sturm kostet uns nach vorläufigen Berechnungen allein für Reparaturen an Telegraphenleitungen 600 000 Mark. Dazu kommen die Dacharbeiten. Das ist sehr erheblich. Beispielsweise hat uns im vorigen Jahre eine einzige Nacht in Hamburg allein 197 000 Mark gekostet. Das sind alles unvorhergesehene Ereignisse, auf die ein sorgsamer Hausvater rechnen muß. Noch eins: wenn Sie den Etatsansatz so hoch schrauben, so verhindern Sie ja gerade die Verwaltung, auf dem Gebiete der Gebührenermäßigung Fortschritte zu machen. Ich muß mich dann doppelt in Acht nehmen, dem Reichsschatzamt gegenüber einen diesbezüglichen Vorschlag zu machen. Z. B. bin ich seit Jahren bestrebt, das Bestellgeld für die Telegramme nach den Landorten, also die 40 Pfennig, die immer noch ^ bezahlt werden müssen, endlich ganz abzuschaffen. ...

234 /558
... Diese Epidemie hat in erster Linie die Zivilbevölkerung ergriffen; von ärztlicher Seite wurde sie in unmittelbaren Zusammenhang gebracht mit den damals in Angriff genommenen Kanalisationsarbeiten, durch die bei außerordentlich niedrigem Grundwasserstande die infizirten Schichten bloßgelegt wurden. Die Epidemie hat auch auf die Garnison übergegriffen, aber nur auf eine Anzahl von Mannschaften des Pionierbataillons, die bei Löschung eines Brandes dort mithalfen. Sie hatten nachweisbar aus einem infizirten Brunnen getrunken, der sich dort befindet. Auch ein Mann von der Belegung der Artilleriekaserne wurde von der Epidemie ergriffen, und zwar weil er von demselben verdächtigen Brunnen getrunken hatte. Im übrigen fand ein Weitergreifen auf die Artilleriekaserne nicht statt. Ich wiederhole: es besteht kein Zweifel für die Militärverwaltung, daß der Brunnen, der gegenwärtig besteht, den Bedarf unter Umständen allein decken würde. Es sind noch eine Zahl anderer Brunnen vorhanden; wenn die der Reinigung (B) bedurften, war die ganze Belegung auf den abessynischen Brunnen angewiesen, und derselbe entsprach auch vollkommen den Anforderungen. Das Projekt beabsichtigt jedoch die Herstellung eines neuen Brunnens, um den ersteren zu entlasten. Der Brunnen soll abgesenkt werden als Kesselbrunnen bis auf eine Höhe von 8 Metern unter Terrain, soll dann ein Steigerohr enthalten, welches die darunter befindliche Lettenschicht durchbricht und in die Wasserschicht hineinführt. Das Wasser wird im Kessel bis zu einer Höhe von 2,50 Metern steigen und durch eine Druckpumpe entnommen werden. Das giebt die unbedingte Sicherheit, daß sich der Kessel nur anfüllt mit Wasser aus der guten Schicht. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1894
Bd.: 136. 1893/94
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-136

ID: 00018719
235 /558
... Bei der langen Dauer und weiten Verbreitung der zeitigen Maul- und Klauenseuche-Epidemie ist häufig darüber geklagt worden, daß es den Viehkäufern unmöglich sei, zu erfahren, ob ferner gelegene Gegenden, aus welchen sie Vieh beziehen wollen, seuchenfrei oder verseucht sind, weil Ausbruch und Erlöschen von Seuchen nur in amtlichen Lokalblättern publizirt werden, die außerhalb ihres engen Verbreitungskreises nicht gelesen und deshalb auch nicht gehalten werden. Obgleich es bei starker Verbreitung einer Seuche in ...

236 /558
... Bei der langen Dauer der gegenwärtigen Epidemie hat es sich herausgestellt, daß durch die Milch aus verseuchten Orten und aus Sammelmolkereien, in welche Milch von erkrankten Thieren geliefert wurde, häufig die Seuche nach anderen Orten verschleppt worden ist. Der Entwurf giebt daher den Polizeibehörden die Befugniß, die Milch von Thieren eines Seuchengehöftes oder einer der Sperre unterworfenen Ortschaft oder Feldmark ganz zu verbieten oder an die Bedingung zu knüpfen, daß die Milch vorher abgekocht wird. Für Sammelmolkereien hat es sich empfohlen, die vorherige Abkochung im Gesetze selbst vorzuschreiben für den Fall, daß auch nur einer der bei der Molkerei betheiligten Viehstände wegen Ausbruchs der Seuche unter Sperre gestellt ist. Da jedoch die Erfahrung bewiesen hat, daß durch Abgabe von ungekochter Milch aus Sammelmolkereien die Seuche weiter verbreitet worden ist, bevor noch der Seuchenausbruch in einem der betheiligten Viehbestände festgestellt worden war, so soll durch Absatz 3 den Behörden die Befugniß ertheilt werden, in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben die Abgabe ungekochter Milch auch schon dann zu verbieten, wenn auch nur zu befürchten ist, daß die Seuche in das Bezugsgebiet der betreffenden Molkerei übergegangen sein könnte. ...

237 /558
... Die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bestimmungen über Zwangsimpfungen bei dem Ausbruch einer Pocken-Epidemie werden durch dieses Gesetz aufgehoben. 8- 4-Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft. Urkundlich rc. Gegeben rc. Berlin, den 29. November 1893. Blos. Bock (Gotha). Brühne. Geyer. Herbert. Hofmann (Chemnitz). Meister. Reißhaus. Seifert. Schmidt (Berlin). Schmidt (Frankfurt). Schmidt (Sachsen). Schultze (Königsberg). Wurm. Unterstützt durch: Auer. Bebel. Bueb. Fischer. Förster (Reuß). Frohme. Harm. Joest. Klees. Kühn. Liebknecht. Meist. Möller (Waldenburg). Molkenbuhr. Schippel. Dr. Schoenlank. Singer. Aktenstücke zu den Verhandlungen des Reichstages 1898/94. 66 ...

238 /558
... Dieser ersten Benachrichtigung müssen demnächst weitere regelmäßige Mittheilungen folgen, welche geeignet sind, die Regierungen über die Entwickelung der Epidemie auf dem Laufenden zu erhalten. Diese Mittheilungen haben mindestens wöchentlich einmal zu erfolgen. Die Angaben über das Auftreten und die Entwickelung der Krankheit müssen so vollständig wie möglich sein. Dieselben sollen namentlich auch die zur Verhütung der Ausbreitung der Epidemie ergriffenen Maßregeln umfassen und im Einzelnen die Bestimmugen aufführen, welche erlassen sind: bezüglich der gesundheitspolizeilichen Inspektion oder der ärztlichen Untersuchung, bezüglich der Jsolirung, bezüglich der Desinfektion, sowie die Anordnungen für die Abfahrt der Schiffe und die Ausfuhr von Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können. Den an einander grenzenden Ländern bleibt es vorbehalten, durch besondere Abkommen einen direkten Nachrichtenaustausch zwischen den Vorständen der Verwaltungsbehörden an der Grenze einzurichten. Die Regierung jedes Staates soll gehalten sein, diejenigen Schutzmaßregeln sofort zu veröffentlichen, deren ...

239 /558
... Die Schutzmaßregeln sollen gegen das verseuchte Gebiet von dem Zeitpunkte an in Wirksamkeit treten, wo der Ausbruch der Epidemie amtlich festgestellt ist. Diese Maßregeln sind außer Wirksamkeit zu setzen, sobald der Bezirk amtlich wieder für rein erklärt worden ist. Als Grund zur Anwendung dieser Maßregeln soll es nicht gelten, wenn in einem örtlichen Bezirk vereinzelte Fälle vorgekommen sind, die keinen Choleraherd bilden. Titel III. Nothwendigkeit, die zur Verhinderung der Ausbreitung der Epidemie bestimmten Maßregeln ans diejenigen örtlichen Bezirke zu beschränken, welche verseucht sind. Um die Wirksamkeit der ergriffenen Schutzmaßregeln ausschließlich auf die von der Cholera betroffenen Gebietstheile zu beschränken, sollen die Regierungen dieselben nur für Herkünfte aus verseuchten Bezirken in Anwendung bringen. Indessen braucht diese Beschränkung der Schutzmaßregeln auf den verseuchten Bezirk nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung eingehalten zu werden, daß die Regierung des verseuchten Landes die erforderlichen Anordnungen trifft, um die Ausfuhr solcher Gegenstände, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können, aus dem verseuchten Bezirk zu verhüten. Ist ein Bezirk verseucht, so sollen keine Vorbeugungsmaßregeln gegen diejenigen Herkünfte ergriffen werden, welche aus demselben mindestens fünf Tage vor dem Ausbruch der Epidemie ausgeführt worden sind. *) Unter „Bezirk wird ein Gebietstheil verstanden, welcher einer bestimmten Verwaltungsbehörde unterstellt ist, wie zum Beispiel eine Provinz, ein Gouvernement, ein Distrikt, ein Departement, ein Kanton, eine Insel, eine Gemeinde, eine Stadt, ein Dorf, ein Hasen, ein Polder u. s. w., welches auch immer die Ausdehnung und die Bevölkerung dieses Gebietsthciles sein mag. ...

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... Auf die Waaren oder Gegenstände, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können, finden die erlassenen Einfuhrverbote alsdann keine Anwendung, wenn der Behörde des Bestimmungslandes nachgewiesen wird, daß sie mindestens fünf Tage vor Ausbruch der Epidemie zur Absendung gelangt sind. Es ist nicht statthaft, daß Waaren an den Landgrenzen in Quarantäne zurückbehalten werden. Der einfache Ausschluß derselben von der Einfuhr oder die Desinfektion sind die einzigen zulässigen Maßregeln. II. Desinfektion. Reisegepäck. — Der Desinfektion sollen in allen Fällen unterworfen werden schmutzige Wäsche, alte und getragene Kleidungsstücke und sonstige Gegenstände, welche zum Gepäck eines Reisenden oder zum Mobiliar eines Umziehenden (Umzugsgut) gehören und die aus einem für verseucht erklärten örtlichen Bezirk stammen, sofern dieselben nach der Ansicht der lokalen Gesundheitsbehörde als mit Choleraentleerungen beschmutzt zu erachten sind. Waaren. — Die Desinfektion darf nur bei solchen Waaren und Gegenständen angewendet werden, welche nach der Ansicht der lokalen Gesundheitsbehörde als mit Choleraentleerungen beschmutzt zu erachten sind, oder deren Einfuhr verboten werden kann. Die Entscheidung darüber, in welcher Weise und wo die Desinfektion stattzufinden hat, steht den Behörden des Bestimmungslandes zu. 84 ...


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