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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1909
Bd.: 252. 1909
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-252

ID: 00002933
441 /558
... Während der Gesundheitszustand in den ersten 7 Monaten des Jahres besonders gut war, setzte im November — jedenfalls eingeschleppt — zunächst in Areb, dann im Januar auch in Nauchas eine Lymphangitis-Epidemie ein, die in kurzer Zeit allein 37 Tote brachte. Während die alten Pferde nur unter dem Anzeichen einer bösartigen Drüse erkrankten und dementsprechend auch der Verlauf war, endete die Krankheit bei über 50 / der befallenen Fohlen und Jährlinge mit dem Tode. Es starben an dieser Lymphangitis 23 Jährlinge (Jahrgang „-I) und 13 Fohlen („L) gegen nur eine alte Stute, bei welcher infolge Wundinfektion die Krankheit sich besonders schwer gestaltete. Außerdem gingen ein: An Fohlenlähme 3 Saugfohlen (ein überaus geringer Prozentsatz) — noch ein Hengst infolge Knochenbruchs durch Schlag, — zwei über 20 Jahre alte Stuten an Gebärmutterentzündung nach der Geburt —, und zwei weitere alte Pferde an Sterbe. Von letzteren war einer der auf Farm Urusis (Distrikt Maltahöhe) stationierte 7jährige Landbeschäler „Bajazzo und ein in Windhuk erkranktes 17 jähriges Dienstreitpferd. Im ganzen hat demnach die Verwaltung die überaus hohe Verlustzahl von 49 Pferden während des Berichtsjahres zu beklagen. Das Hauptgestüt hatte zur Fohlzeit von den im Vorjahre gedeckten Stuten nach Abgang von 14 aus-Aktenstücke zu den Verhandlungen des Reichstags 1907/1909. rangierten noch 128. Dieselben brachten 83 Fohlen, welche nach Abgang von 15 Toten sich auf 34 Hengste und 34 Stuten verteilen. Das Befruchtungsergebnis muß daher als ein durchschnittliches bezeichnet werden. ...

442 /558
... Im allgemeinen war der Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung infolge einer weitverbreiteten Grippeund Keuchhusten-Epidemie nicht gut zu nennen. Die Grippe-Epidemie hatte im Durchschnitt den gewöhnlichen Verlauf. Die beobachtete Keuchhusten-Epidemie traf namentlich Samoaner und Halbweiße, es wurden auch häufig Erwachsene vom Keuchhusten befallen. Auf diese beiden Epidemien ist der für das Kalenderjahr 1907 festgestellte Rückgang in der Eingeborenenbevölkerung zurückzuführen. Malaria oder andere spezifische Tropenkrankheiten kamen hier endemisch nicht vor. Drei Lepraerkrankungen wurden festgestellt, ein weißer Ansiedler, ein Melanesier ! und ein chinesischsamoanisches Halbblutmädchen. Sämtliche sind unter sanitätspolizeiliche Aussicht gestellt und isoliert. Zwei Weiße Missionare der katholischen Mission erkrankten auf der Station Moamoa an Typhus, der eine starb daselbst, während der andere im Regierungshospital behandelt und geheilt wurde. Die Typhusepidemie unter den chinesischen Kontraktarbeitern der Samoa Kautschuk Kompagnie nahm einen größeren Umfang nicht ! an und ist erloschen. Beri-Beri und Ruhr traten unter ! den chinesischen Arbeitern in mäßigem Umfange auf/ es waren zumeist Fälle leichter Art. Krebs wurde einmal bei einem Weißen und fünfmal bei Samoanern beobachtet. *) Die nichteingeborene farbige Bevölkerung (Melanesier), welche seßhaft geworden ist, wurde im Berichtsjahre nicht gezählt. Im Vorjahre betrug sie einschließlich der Kontraktarbeiter 1847 Personen (1009 erwachsene Männer, 199 erwachsene Frauen, 78 Kinder männlichen und 61 Kinder weiblichen Geschlechts). ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1909
Bd.: 253. 1909
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-253

ID: 00002934
443 /558
... Während des verflossenen Winters bis spät in das Frühjahr hinein herrschte in der Provinz Schantung die Maul- und Klauenseuche/ die Epidemie nahm infolge ungünstiger Witterungsverhältniffe und des gänzlichen Mangels an Absperrund Seuchentilgungsmaßregeln auf chinesischem Gebiet einen großen Umfang und einen hartnäckigen Charakter an. Obwohl das Schutzgebiet durch den Antrieb von Schlachtvieh aus allen Teilen der Provinz Schantung stark bedroht war, blieben die in deutschem und chinesischem Privatbesitze gehaltenen Milchviehbestände von der Seuche verschont. Das Publikum wurde bei Bekanntwerden der Seuche vor dem Genusse roher, ungekochter Milch gewarnt, um der möglichen Übertragung der Krankheit auf Menschen vorzubeugen. Als auffallende Erscheinung verdient bei diesem Seuchengange die Tatsache Erwähnung, daß nur Rinder an der Maul- und Klauenseuche erkrankten, während Schafe, Ziegen und Schweine freiblieben und auch niemals, trotz sorgfältigster Beobachtung, Spuren einer überstandenen oder früheren Krankheit zeigteil. Bei einem chinesischen Fuhrhalter mußten vier Pferde, bei den Besatzungstruppen drei Pferde und zwei Maultiere wegen Rotzverdacht getötet werden. Sektion und bakteriologische Untersuchung bestätigten in jedem Falle den Verdacht. Neben der Malleinimpfung aller neu eingestellten Pferde der Truppen wird zur Feststellung des Rotzes von der Agglutination mit bestem Erfolge Gebrauch gemacht. Während des Berichtsjahres kamen sechs Fälle von Tollwut bei Hunden zur amtlichen Kenntnis). Über den Ausgang der durch Heranziehung heimischen Viehes eingeleiteten Arbeiten ist an anderer Stelle der Denkschrift I berichtet. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1910
Bd.: 258. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-258

ID: 00002938
444 /558
... Wolfgang von Dettingen (v) hat die ganze Bewegung für den Ferrer als „Symptom einer geistigen Epidemie, als einen „Fteberanfall charakterisiert (sehr gut! in der Mitte) und seine Ausführungen gegen die „warmherigen Pastoren, Professoren, Künstler, Dichter und den Goethe-Bund geschlossen mit dem Satz: In einer politisch sonst sehr stillen Zeit haben wir um eines beliebigen Revolutionärs im fernen Süden willen nichts weniger erlebt als eine Art von moralischer Krise, eine Krise, die durch teilweise Abwesenheit des gesunden Menschenververstandes bedingt gewesen zu sein scheint. Meine Herren, unsere Sozialdemokraten und Anarchisten in Deutschland und auch anoerwärts waren so ehrlich und offen, vielfach zuzugestehen, daß es ihnen bet der ganzen Geschichte nicht um den Ferrer zu tun sei, sondern einfach um die Propaganda für Revolution und Umsturz, und von diesem Gesichtspunkt aus mögen die Herren richtig gehandelt haben. Was aber die Liberalen und Freisinnigen dabei zu tun hatten, verstehe ich nicht. Es ist auch die ganze Bewegung nicht etwa ausschließlich gegen die katholische Kirche in Spanien gerichtet, sondern man hat im Handumdrehen über die Geistlichkeit im allgemeinen und über alle Kirchen ohne Ausnahmen sich in dieser abfälligen Weise ausgesprochen. Wer diesen Sturm erlebt hat, wer in diesen Abgrund von Haß und Verfolgungssucht hineinzuschauen Gelegenheit hatte, der wird die Zeichen der Zeit nicht so harmlos beurteilen und nicht der Ansicht des Herrn Baffermann zustimmen können, daß gar keine Zeichen vorhanden seien, die auf eine Neigung zu einem Kulturkampf schließen lassen. ...

445 /558
... Es wurde aber weiter erhoben, daß nicht bloß in dem betreffenden Orte eine ganze Menge von Festlichkeiten in der fraglichen Zeit stattgefunden habe, und daß bei diesen Gelegenheiten viele Menschen zusammenkamen, ohne daß die Behörden einen Protest erhoben hätten, weil eine Epidemie ausgebrochen gewesen wäre. Also mit der Scharlachepidemie steht es wahrhaftig sehr schlecht aus, und wir können nicht anders annehmen, als daß der Amtsvorsteher seine schützenden Hände über Herrn v. Heydebrand und der Lase mit dieser schönen Polizeiverfügung halten wollte. (Zustimmung links. — Zurufe von den Sozialdemokraten.) Meine Herren, wir haben in der Kommisston ausdrücklich den Versuch, durch Verfügungen auf sanitätspolizetltchem und sonstigem stcherheitspolizeilichen Gebiete eine direkte Umgehung des Gesetzes neuerdings herbeizuführen, aufs schärfste bekämpft. Wir sehen eben, — wenn uns nicht der bündige Nachweis erbracht wird, was meiner Anschauung nach gar nicht möglich ist —, daß tatsächlich damals in dem Wahlkreise des Herrn v. Heydebrand eine Scharlachepidemie nicht herrschte, also daß man auch in dem Fall lediglich auf Umwegen den ß 1 Absatz 2 beseitigen wollte. (Sehr richtig! links.) Herr v. Heydebrand kann ja vielleicht selbst bei dieser Gelegenheit den Beweis führen. (Zurufe.) Ich glaube, er wird es wohl bleiben lassen. Eine andere Geschichte, die auch sehr merkwürdig ist, betrifft einen Ort Leutmannsdorf bei Schweidnitz. In diesem Ort sollte auf einem Wiesengrundstück eine Versammlung unter stetem Himmel abgehalten werden. Die Versammlung wurde nun aus folgenden Gründen ver- (cy boten: Um zu dem Grundstücke gelangen zu können, muß man die Brücke eines Baches passieren und dann einen äußerst engen Weg. ...

446 /558
... Auf den Fall, der in AUenau bei Militsch passiert ist, wo eine Versammlung einfach verboten wurde mit Bezugnahme auf eine Epidemie und es sich nachher herausstellte, daß nur ein einziger Scharlachfall vorher vorgekommen war, will ich nicht eingehen. Die Sache ist ja (6) erledigt, und ich verzeichne mit Genugtuung, daß der Herr Staatssekretär in der Lage war, mitzuteilen, daß der preußische Herr Minister verfügt und der Herr Landrat dem betreffenden Amtsvorsteher ausdrücklich bemerkt hat, daß sein Verhalten in dieser Frage nicht korrekt gewesen sei. Was die weiter vorgebrachten Fälle anlangt, so möchte ich im allgemeinen bemerken: die Frage der Gestattung öffentlicher Tanzlustbarkeiten steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vereinsgesetz; die Geltung von Polizeiverordnungen, welche die Veranstaltung öffentlicher Tanzlustbarkeiten von polizeilicher Erlaubnis abhängig machen, ist durch das Vereinsgesetz nicht beseitigt. Das ist auch in einem Urteil des preußischen Kammergerichts anläßlich einer Beschwerde ausgesprochen worden, und ich kann mir nicht versagen, einen Satz aus diesem Urteil des preußischen Kammergerichts, den ich für außerordentlich treffend halte, anzuführen. Es heißt dort in einem Urteil vom 15. Oktober 1908: Tanzlustbarkesten stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vereins- und Verfammlungsrecht; sie unterliegen dem Reichsvereinsgesetz nicht, west sie nicht veranstaltet werden, um Angelegenheiten zu erörtern und zu beraten (große Heiterkeit), sondern um zu tanzen. Aus diesem Urteil geht hervor, daß es auch Gerichtsurteile in dieser Frage gibt, die man nur lobend erwähnen kann. Dagegen möchte ich eine andere Entscheidung des preußischen Kammergerichts kurz erwähnen, die auch der Abgeordnete Dr. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1910
Bd.: 259. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-259

ID: 00002939
447 /558
... Wir glauben aber auch ferner nicht, daß die Annahme dieses Antrags ein taugliches Mittel bilde, um die gefährliche konfessionelle Zersetzung des deutschen Volkes hintanzuhalten; wir sind vielmehr der Meinung, daß die Annahme dieses Antrags lediglich einseitige kirchliche und politische Bestrebungen zu fördern vermag; wir sind der Meinung, daß die geistige „Epidemie des exklusiven Konesfionalismus, wie der katholische Pfarrer Falkenberg n den letzten Tagen sich ausgedrückt hat, durch diese Betreibungen gefördert und verschärft wird. (Sehr richtig! links.) Aus allen diesen formalen und materiellen Bedenken müssen wir den in seinem Ziele unklaren, in seinen Konsequenzen für den modernen Staat bedenklichen Antrag unsererseits ablehnen. Wir hoffen und erwarten dabei, daß die Landesgesetzgebung den oben bezeichneten, rein religiösen Wünschen im Interesse des konfessionellen Friedens baldigst Rechnung tragen möge. Wir sind 183 ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1910
Bd.: 260. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-260

ID: 00003323
448 /558
... Den Prophylaktischen Vorkehrungen des Reichsversicherungsamts, die im vorigen Jahre getroffen worden sind, als Tausende von Leuten in Rußland der Cholera erlegen sind, haben wir es wohl mit zu verdanken, daß wir damals von dieser Epidemie verschont geblieben sind. Es ist gewiß mit Freuden zu begrüßen, daß das Reichsgesundheitsamt sich um diese Dinge bekümmert, und wenn es in Zukunst an den Reichstag mit Forderungen kommt, um in dieser Beziehung Maßregeln treffen zu können, darf es wohl darauf rechnen, daß es auch vom Reichstage diese Mittel dafür bewilligt erhält. Ich möchte nun auf eine besonders bedauerliche Tatsache hinweisen, welche mich veranlaßt, hier das Wort zu ergreifen. Bekanntlich ist es den Forschungen des Herrn Geheimrats vr. Koch gelungen, festzustellen, daß die Malaria in Italien und auch in anderen Gegenden durch die Anopheles übertragen und verbreitet wird. Die Beamte« in der Campagna von Rom, namentlich an den Eisenbahnen, sind der großen Gefahr der Malaria ausgesetzt, und find genötigt, namentlich in den Abendstunden, wo cy die Anopheles ihr Werk beginnt, mit Mückenschleier and Handschuhen auszugehen und auch ihre Häuser mit Drahtgittern zu schützen, um sich vor dieser Plage zn bewahre«. Es ist nun eine bedauerliche Tatsache, daß bei uns in Deutfchland eine Anopheles-Mückenart — am Rhein wird sie Schnake, in Bayern Gelse und bei uns Stechmücke genannt — sich in großer Masse findet und immer mehr zunimmt. Herr Dr. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1911
Bd.: 263. 1911
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-263

ID: 00003329
449 /558
... In einer kleinen Stadt sei eine Epidemie ausgebrochen. Lymphe war nicht genügend vorhanden, mutzte also rasch hergestellt werden. Die nötige Sorgsamkeit war dabei nicht vorhanden, die Lymphe, wenn ich so sagen darf, nicht ganz ausgereift. Bet einer großen Anzahl der Geimpften entstanden Phlegmonen, Zellgewebsentzündungen, von denen jeder, der sie einmal am eigenen Leibe gespürt hat, bestätigen wird, daß sie nicht gerade zu den größten Bergnüglichketten gehören! (Hört! hört! Sehr richtig!) Das sind doch alles Dinge, die zu denken geben. Nun sagt man immer von seiten der Verteidiger der Pockenimpfung: „Die Sterblichkeit bet Pockenerkrankung hat seit Einführung der Pockenimpfung erheblich abgenommen. Meine Herren, das ist ein Einwand, der schon aus der Zeit der Einführung des Jmpfgesetzes stammt. Im Jahre 1874 hat man im Reichstag ein Gutachten der Königlich Preußischen Deputation für das Medizinalwesen vorgelegt. Dieses Gutachten war im Jahre 1872 ergangen und war zurückzuführen auf ein Gutachten aus dem Jahre 1854 von Hatt und Simon. Es wurde 1874 als volle Wahrheit erachtet und angenommen, aber 1879 haben es die Delegierten des Ärztevereins, ferner Robert Koch — meine Herren, ausgerechnet Robert Koch! — es als durchaus wert- und bewetslos erklärt. Ich meine doch, man sollte, wenn man eine so wichtige Sache behandelt. ...

450 /558
... Diejenigen Länder, in denen die Hygiene fortgeschritten ist, find vor dem Einbruch der Epidemie viel leichter geschützt. Alles dieses müßte mau auch prüfen und uns neues Material vorlegen. (L) Meine Herren, was wünschen wir nun? Wir wünschen, daß entsprechend einem Antrage, den die Herren von der sozialdemokratischen Fraktion vorgelegt haben, diese Petitionen dem Herrn Reichskanzler als Material überwiesen werden sollen, daß sie aber dort nicht als Material für den Papterkorb anzusehen sind, sondern daß sie sich verdichten zur Befriedigung der Wünsche, die von weiten Schichten der Bevölkerung dem Reichstage und den Verbündeten Regierungen vorgetragen sind. (Sehr richtig!) Im zweiten Punkte des von mir eingebrachten Antrages wird verlangt, daß der Herr Reichskanzler zu ersuchen sei, einen Gesetzentwurf zur Revision des Jmpfgesetzes vorzulegen, in welchem die Gewiffensklausel einzufügen ist, derart, daß jede Person vom Impfzwangs zu befreien ist, welche der zuständigen Behörde erklärt, daß sie vor ihrem Gewissen die Impfung ihres Kindes nicht rechtfertigen kann; ferner wird verlangt, daß ein physischer Zwang zur Durchführung der Impfung in jedem Falle ausgeschlossen ist. Diese Gewissensklausel hat man in England, welches zuerst die Schutzpockenimpfung einführte, vor einem Jahrzehnt zur Durchführung gebracht, und sie besteht darin, daß der Vertreter eines zu Impfenden oder der zu Impfende selbst vor der Behörde erscheint und die eben erwähnte Erklärung abgibt. Diese Klausel ist selbstverständlich in einer Zell der hochgespannten Anschauungen über die persönliche Freiheit. ...

451 /558
... Im Jahre 1906 ist in Oppeln eine Epidemie vorgekommen, d. h. waS wir heute so Epidemie nennen; es sind nämlich 66 Pockenerkrankungen vorgekommen, die durch russische Arbeiter eingeschleppt waren. 14 der Erkrankten waren nicht geimpft; von ihnen starben 9. Von den übrigen, die geimpft waren und doch erkrankten, starb eine einzige Person, und die war eine alte Frau von 60 Jahren, die vor 59 Jahren zuletzt geimpft worden war. Ein Beweis, auch dafür, Herr Kollege Bindewald, daß die Impfung für die Leute, die über die Grenze kommen, nicht durchgeführt wird. Ich habe eine Statistik aus den Jahren bis 1902 nachsehen können; da wird ausgeführt, daß, wenn man in 1301 Städten Deutschlands die Todesfälle zusammenrechnet und auf 100 000 ausrechnet, dann in diesen Jahren 0,02 Todesfälle auf 100 000 Einwohner, also 2 auf 10 Millionen vorgekommen sind. In den Städten! Auf die Städte Österreichs dagegen entfiel das Zweifache, auf die der Niederlande das Dreifache, auf die der Schweiz das 6Vfache. Meine Herren, Sie wissen, daß in der Schweiz in einzelnen Kantonen die Zwangsimpfung ist, in anderen nicht, daß also die Schweiz zum Teil durchgeimpft ist, zum Teil nicht. Darauf ist es zurückzuführen, daß die Zahl der Todesfälle dort einerseits noch ver- (v) hältnismäßig gering, andererseits doch wesentlich größer ist als bet uns. ...
... Dort haben sich infolge dieser Epidemie nicht weniger als 80 000 Menschen in kurzer Zeit impfen lassen. (Zuruf: Nicht wahr!) —1 Es ist mir von Fachleuten mitgeteilt worden. Man ...

452 /558
... Ich könnte Ihnen da noch über eine Epidemie in London, die in den Jahren 1901/02 aufgetreten ist, sogar ganz eingehende Zahlen bringen. Ich will aber nur im ganzen bemerken, daß in der Zeit dieser Epidemie vom 15. Dezember 1901 bis zum 9. Juni 1902 bei 9098 Erkrankungen weit über 1500 Todesfälle vorgekommen sind, daß während dieser Epidemie Handel, Wandel und Verkehr in dem großen London außerordentlich darniedergelegen haben. Da sind die Leute zu Tausenden und aber Tausenden in die Jmpflokale gestürzt und haben sich impfen lassen in dieser schweren Zeit; als sie in solchen Mengen kamen, konnten die offiziellen Jmpf-(2) lokale den Andrang nicht mehr erledigen. Man ist dann zu allen möglichen Leuten hingelaufen, die Jmpflokale aufmachten, zu Kurpfuschern und anderen Leuten, die ihr Geld, ohne Aerzte zu sein, mit ärztlicher Tätigkeit verdienen und in diesem Falle, als es etwas zu verdienen gab, von ihrer Abneigung gegen das Impfen abgewichen sind und nun für Geld darauf losgeimpft haben. Dabei ist dann eine ganze Anzahl von Jmpfschäden vorgekommen, (hört! hört! rechts) weil bei diesen Zuständen natürlich nicht ordentlich geimpft wurde. Wollen wir solche Zustände durch Einführung der Gewissensklausel bei der bestehenden Jmpfhetze auch bei uns heraufführen? Ein Schulbeispiel für die wunderbare Wirkung der Impfung ist die preußische Armee. ...

453 /558
... Februar 1902 im Parlament im Auftrage der britischen Regierung folgendes: Es liegt nicht der leiseste Grund vor, anzunehmen, daß diese Epidemie — Londoner Pocken 1901/02 — oder irgendeine andere seit dem Gesetze von 1898, Gewifsensklausel betreffend, durch die Gesetzgebung dieses Jahres veranlaßt worden wäre. (Hört! hört! in der Mitte.) Hier erklärt also ein englischer Minister, daß das Steigen der Pockenfälle im Jahre 1902 nicht den geringsten Zusammenhang mit dem Gesetze, sondern ganz andere Ursachen gehabt hat, — und mau muß doch annehmen, daß die englische Regierung wissenschaftliche Autoritäten befragt hat, bevor sie im Parlament diese Erklärung abgab. In Japan ist die Impfung eingeführt, und trotzdem find dort noch sehr zahlreiche Pockenfälle vorgekommen. ...

454 /558
... Die Prognose, wie das der Arzt zu bezeichnen pflegt, ist bei den Pocken je nach der Schwere der Epidemie verschieden; aber nach den Untersuchungen, die darüber vorliegen, war in der Mehrzahl der Epidemien die Sterblichkeit enorm, größer als z. B. bet der astatischen Cholera. Nach Ferro starben von den Erkrankten, die er beobachtete, 20 bis 50 Prozent; nach dem berühmten französischen Arzte de la Condamine starben in der Epidemie, die er beobachtete, 60 bis 70 Prozent der Erkrankten, und nach Kußmaul, welcher übrigens kein Jmpfgegner, sondem im Gegenteil ein warmer Freund der Impfung gewesen ist, (Zustimmung links) beträgt die Sterblichkeit bei den Pocken durchschnittlich 29 Prozent. In den Jahren 1870 bis 1873, wo wir in ...

455 /558
... Jahrhunderts wurden sie von den Spaniern unter Fernando Cortez nach Mexiko gebracht, und es geschah damals das, was in der Geschichte wiederholt beobachtet worden ist, daß durch Einschleppung einer Seuche in ein Land, in welchem sie bisher noch nicht gewesen war, eine1 entsetzliche Epidemie entsteht. Durch die Pockenepidemie des Jahres 1525 in Mexiko wurde fast das ganze Volk der Azteken ausgerottet. Im 18. Jahrhundert waren die Pocken in ganz Europa außerordentlich verbreitet. Nach den Nachrichten, die wir darüber haben, wurde damals der zehnte bis zwölfte Teil aller Todesfälle durch Pocken verursacht. Ich will dies durch Zahlen dem Verständnis näher bringen. Nehmen Sie an, daß das deutsche Volk von 60 Millionen Köpfen bei einer Gesamtsterblichkett von 20 von je 1000 Lebenden noch dieselbe Pockensterblichkeit hätte wie ehedem, so würden in Deutschland jährlich 120000 Menschen an den Pocken sterben. Der Herr Abgeordnete Dr. Arning hat neulich schon auseinandergesetzt, daß in Berlin in den Jahren 1758 bis 1770 6705 Personen an den Pocken starben, und daß in Preußen die Zahl der Pockensterbefälle in den Jahren 1894 bis 1896 40000 betrug. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts war infolge der Einführung der Impfung in ganz Europa ein merkliches Nachlassen der Pocken zu konstatieren, sodaß man sich schon der Hoffnung hingab, die Schrecken der Pocken beseitigt zu haben. Das hat sich jedoch nicht als richtig erwiesen, sondern es sind noch einige Epidemien eobachtet worden, die allerdings mit der Schwere der rüheren Epidemien nicht vergleichbar waren. ...

456 /558
... Die einzelnen Epidemien verlaufen nämlich verchieden schwer, und in einer leichteren Epidemie Pflegen äst alle Fälle leicht zu verlaufen, während in einer schwerer die Zahl der leichten Fälle verschwindend gering ist. Tritt z. B. eine leichte Maserneptdemie auf, und fragt ein Vater, bei dem ein Kind erkrankt ist, den Arzt, was er mit den andern, noch gesunden Kindern machen soll, so sagt dieser: legen Sie sie nur dazu, sie erkranken dann mit, und dann ist die ganze Krankheit auf einmal überstanden. Das wurde schon seit undenklichen Zeiten mit gutem Erfolge gemacht. Freilich will das Unglück gelegentlich, daß eines der Kinder, das man zu den kranken gelegt hatte, an schweren Masern erkrankt und na und Indien ere alten Arzte (x) ünde Kinder zu stirbt. Man hat es nun früher in CH mit den Pocken ebenso gemacht, wie un bei den Masern. Man hat nicht nur ge kranken gelegt, sondern sogar den gesunden Borken und Pockeneiter in die Nase gesteckt. (Bewegung.) Infolgedessen entstand eine lokale Entzündung, der bald eine allgemeine Erkrankung folgte. Wenn eine leichte Pockenepidemie herrschte, verliefen auch diese inokulierten Pocken leicht, und die Kinder wurden durch diese Jmpfkrankheit von einer Erkrankung an den echten Blattern geschützt; gewiß eine schöne Sache. Die Inokulation wurde im Jahre 1714 durch den Arzt Timoni nach Konstantinopel gebracht. Dort hat die Gattin des englischen Gesandten, Lady Worthley Montague, in den Jahren 1717 bis 1721 ihre eigenen Kinder inokulieren lasten und das Verfahren nach England gebracht, wo es bald populär geworden ist. ...

457 /558
... Becker starben bei der Epidemie in Berlin in den Jahren 1870/73 von den erkrankten Geimpften 9,2, von den erkrankten Nichtgeimpften dagegen 51,2 Prozent. Es (v) stellte sich aber heraus, daß die Wirkung der Impfung nicht für das ganze Leben vorhielt, sondern ein Teil der Geimpften später bei einer Ansteckung wieder erkrankt. Dies war die Ursache dafür, daß die Pocken nach dem Rückgänge im Anfang des 19. Jahrhunderts in den dreißiger, vierziger und siebziger Jahren neue Epidemien erzeugten. Man kam zu der Überzeugung, daß die einmalige Impfung nicht genügte, sondern daß der Impfschutz durchschnittlich nur etwa 10 Jahre vorhält. Werden in eine Bevölkerung, von der ein Teil noch gar nicht oder erst kurze Zeit vorher geimpft ist, während bei einem anderen Teil die Impfung länger als zehn Jahre zurückliegt, die Pocken eingeschleppt, so ist der Impfschutz nur bei den Kindern von ein bis elf Jahren ganz zuverlässig, und es muß zu einer Reihe von Pockenerkrankungen kommen. Dem kann nur durch eine Wiederholung der Impfung begegnet werden. Diese Erkenntnis machte sich zuerst die Armee zunutze, und zwar die Württembergische im Jahre 1833, die preußische 1834, die hannoversche 1837, die bayerische 1843 und die sächsische 1868. Welche Wirkung die Wiederimpfung hatte, können Sie aus folgenden Zahlen entnehmen. In der deutschen Armee kamen, während sie in Frankreich kämpfte, wo gerade eine kolossale Pockeneptdemie herrschte, 4991 Erkrankungen mit 298 Todesfällen an Pocken vor, während die Pockentodesfälle der französischen Armee in derselben Zeit auf 23 400 angegeben werden. ...

458 /558
... M fällen; durch sie wurden die Pocken in Deutschland eingeschleppt und verursachten hier die kolossale Epidemie, von der ich bereits gesprochen habe, und die die Einbringung des Jmpfgesetzes im Jahre 1874 veranlaßt hat. Wenn Sie die Motive zum Jmpfgesetz lesen, werden Sie die beiden Gutachten der preußischen Wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen finden, die bereits erwähnt worden find. Ich werde, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten, die wichtigsten Sätze daraus vorlesen: 1.1 Die Sterblichkeit hat bei der Blatternkrankheit seit Einführung der Impfung abgenommen; 2.1 die Impfung gewährt für eine gewisse Reihe von Jahren einen möglichst großen Schutz gegen diese Krankheit; — Sie sehen, meine Herren, wie vorsichtig sich die Wissenschaftliche Deputation ausdrückt! — 3.1 die wiederholte Impfung tilgt ebenso sicher für eine längere Zeit die wiederkehrende Empfänglichkeit für die Krankheit und gewährt einen immer größeren Schutz gegen den tödlichen Ausgang; — auch das ist jetzt noch zweifellos; jetzt aber kommt, was die Jmpfgegner bestreiten — 4.1 es liegt keine verbürgte Tatsache vor, welche für einen nachteiligen Einfluß der Impfung auf die Gesundheit des Menschen spricht. Dieser Satz aber wird in dem Schlußsatz eines Gutachtens, welches die Wissenschaftliche Deputation im Jahre 1906 erstattet hat (Referenten: Kraus, Kirchner und König), wörtlich als noch zu Recht bestehend wiederholt. Sie sehen also: die Wissenschaftliche Deputation, nur zusammengesetzt aus anderen Männern, hat im Jahre 1906 denselben Beschluß gefaßt wie in den Jahren 1872/73. ...

459 /558
... Es ist aber in hohem Grade zu befürchten, daß, nachdem in den letzten Jahren der Prozentsatz der Kinder, welche geimpft worden find, von Jahr zu Jahr abnimmt, dann, wenn einmal die Pocken eingeschleppt worden find, eine große und schwere Epidemie in der Schweiz entsteht. Das ist der springende Punkt, auf den es ankommt. (Sehr richtig!) Wir dürfen uns nicht so sklavisch an die Statistik halten, wie es Professor Adolf Vogt in Bem getan hat, (sehr wahr!) sondern müssen alle Verhältnisse berücksichtigen. (Zuruf: England!) ...

460 /558
... Im Jahre 1904 hatten wir eine solche Epidemie in Bochum. (s)1 (Sehr richtig!) Damit Sie aber nicht glauben, daß ich, wie Dr. Btlfinger sagt. Sie einschüchtern will durch vage Angaben, will ich Ihnen genaue Zahlen mitteilen. In den Jahren 1901 bis 1908 haben wir im Deutschen Reiche folgende Erkrankungen (Todesfälle) an Pocken gehabt: im Jahre 1901: 375 (56), 1902: 114 (15), 1903: 172(20), 1904: 189 (25), 1905: 212 (30), 1906 : 256 (47), 1907 : 345 (63) und 1908: 434 (65). Was schließen Sie daraus? Daß die Zahlen der Erkrankungen und Todesfälle an Pocken bei uns in den letzten Jahren zuzunehmen beginnen! (Zuruf in der Mitte: Trotz der Impfung!) — Ich werde Ihnen gleich den Grund dafür sagen! — Unter diesen Erkrankten befanden sich Ausländer im Jahre 1901: 86, 1902: 34, 1903: 30, 1904: 54, 1905: 113, 1906 : 66, 1907: 121 (hört! hört!) und im Jahre 1908: 153. Die Zahl der pockenkranken Ausländer steigt also bei uns von Jahr zu Jahr! (Lebhaftes Hört! hört!) In jedem Frühjahr, im März und April, wenn der Einzug der Ausländer bei uns anfängt — wir erhalten von jedem Pockenfall telegraphische Meldung —, bekommen wir jeden Tag zwei, drei, vier Telegramme, in denen Pockenfälle gemeldet werden. Das ist eine eminente Gefahr, der wir fortwährend ausgesetzt sind, und der wir nur dadurch begegnen, daß wir den Impfschutz unserer Bevölkerung aufrecht erhalten. Nun möchte ich darauf eingehen, daß Herr Professor Sticker in Bonn behauptet hat, wir brauchten ja eigentlich das Jmpfgesetz nicht mehr, da wir die Pocken in das Seuchengesetz vom 30. ...
... Dadurch kommt es dann leicht zu einer Epidemie. Um dies verhüten zu können, müssen wir das Seuchengesetz haben, trotz der Impfung. Seuchengesetz und Jmpfgesetz müssen sich gegenseitig unterstützen. Es kommt noch eins hinzu. Sowie irgendwo die (v) Pocken auftreten, unterziehen wir auf Grund des Seuchengesetzes alle noch nicht oder nicht mehr ordentlich geimpften Personen der Zwangsimpfung; denn im Seuchengesetz von 1905 ist Gott sei Dank bestimmt, daß die Bestimmungen über Zwangsimpfungen aufrecht erhalten bleiben; nach § 55 des preußischen Regulativs bei ansteckenden Krankheiten haben wir das Recht, beim Auftreten einer Pockenepidemie jedermann zwangsweise impfen zu lassen, und das Recht wollen wir uns nicht nehmen lassen. (Zustimmung.) Und nun noch eine scherzhafte Beobachtung, meine Herren: alle Jmpsgegner verschwinden, wenn eine Pockenepidemie droht. (Heiterkeit.) Dann drängt sich alles dazu, sich impfen zu lassen; es ist eine Freude. Als wir im Jahre 1904 eine Pockenepidemie in Bochum hatten, haben sich über 55 000 Personen in acht Tagen impfen lassen. Darunter waren auch viele Jmpsgegner. Schade ist nur, daß die Impfungen beim Ausbruch einer Epidemie häufig zu spät kommen, weil der Impfschutz nicht sofort nach der Impfung eintritt. Das ist ein weiterer Grund für den Impfzwang, weil die Neigung, sich freiwillig impfen zu lassen, häufig erst eintritt, wenn die Gefahr der Erkrankung droht. (Zuruf: England!) Jetzt komme ich zu England, da ich mich nun zur sogenannten Gewtffensklausel wenden möchte. Ich sagte bereits, daß 1853 in England und Wales die Impfung und 1898 die Gewiffensklausel eingeführt worden ist. ...


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