Verhandlungen des Deutschen Reichstags

MDZ Startseite


MDZ Suchen

MDZ Protokolle (Volltext)
MDZ Register
MDZ Jahr/Datum
MDZ Abgeordnete


MDZ Blättern

Protokolle/Anlagen:
MDZ 1867 - 1895
MDZ 1895 - 1918
MDZ 1918 - 1942

MDZ Handbücher


MDZ Informieren

MDZ Projekt
MDZ Technisches
MDZ Impressum
MDZ Datenschutzerklärung
MDZ Barrierefreiheit

Reichstagsprotokolle (Volltextsuche)

Suchbegriff(e) Erscheinungsjahr: von/ab: bis/vor:

Bitte beachten Sie die Hinweise zu den Recherchemöglichkeiten.

Durchsuchbare Seiten: 390869 - Treffer auf 558 Seite(n)






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 52. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-52

ID: 00018399
61 /558
... Dennoch sind auch die solidesten Institute dabei interessirt, daß das Gesetz zu Stande komme, weil der Gesunde beim Ausbruch einer Epidemie mit dem Kranken zusammen leidet. Heute und in gewöhnlichen Zeitläufen behält jeder seine fünf Sinne um zu wissen: wennauch ein nicht gut gefügtes Institut möglicherweise keine volle Sicherheit gegen den Ausbruch eines Sturmes gibt, die soliden Institute geben sie; wenn aber in einer empfindlichen Zeit der Bankerott einer nicht soliden Gesellschaft einträte und der Ausbruch des Schreckens hinzu käme, dann würden die soliden Institute mit darunter leiden, nach dem Gesetz der Solidarität, welches in der bürgerlichen Gesellschaft die Starken mit den Schwachen verbindet, und deshalb ist das Interesse allgemein , daß das Gesetz den Pfandbriefen bessere juristische Sicherheit gewähre. Wenn aber der geehrte Herr Vorredner, Herr Abgeordneter Beseler, der Kommission empfohlen hat, zu erwägen, ob nicht die Wohlthat dieses Gesetzes nur solchen Instituten zuzuwenden sei, die lediglich mit Beleihung von Grundstücken und Pfandbriefausgaben sich beschäftigen, so hat er einen Punkt herausgegriffen, welcher das Gesetz entbehrlich ^ oder nahezu entbehrlich machen würde; für solche Institute j ist kein juristisch eingeräumtes Pfand- oder Vorrecht nothwen- ! dig, sofern durch Gesetz vorgesehen ist, daß andere Geschäfte nicht gemacht werden dürfen.1 Den entgegengesetzten Gesichtspunkt hat der Herr Abge- j ordnete Harnier hervorgehoben, gerade die Institute, welche ! ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 53. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-53

ID: 00018400
62 /558
... Nun, meine Herren, wenn wir die Hoffnung haben könnten, mit dieser Verzollung und Betheiligung der Grenzbehörden eine einzige dieser Epidemien, die sich mit Blitzesschnelle, möchte ich sagen, über die weitesten Landschaften erstreckten, in der man einen Ochsen verfolgen kann, von der russischen Grenze bis an den Rhein, den er in wenigen Lagen erreicht hat, wo er krank wird, und den Ort verscheut, — wenn wir eine einzige Epidemie damit abwenden können, so ist der Einfluß, den der Viehzoll auf den Preis des Fleisches haben könnte, ausgeglichen und der Preis des Fleisches für weite Kreise ist sicher nicht dadurch gesteigert. Meine Herren, ich setze voraus, daß das Gesetz noch einen Unterschied machen wird zwischen fettem Schlachtvieh und magerem Vieh, was wohl ohne besondere Schwierigkeit geschehen kann. Was das Holz betrifft, so sind hier recht bedenkliche Meinungen aufgetreten, als wenn der Wald nur ein Luxus des Reichen wäre. Wir wissen, daß wir für die Erhaltung der Fruchtbarkeit ganzer Landstriche und für die Gesundheit der Menschen einer gewissen Summe Waldbestandes bedürfen. 138 ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 54. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-54

ID: 00018402
63 /558
... Politische Wirkung der Epidemie. Verwahrungsmittel gegen ihre Einschleppung. Ausbruch derPestund Gang der» selben. Wunsch nach Aufklärung über den gegenwärtigen Stand. Landesabsperrung von Staat zu Staat. Jsolirung der einzelnen Pestherde zweckmäßig. Bildung einer internationalenSeuchen» kommission und Einrichtung eines Reichsgesundheitsraths neben dem Reichsgesundheitsamte. — Erstes Auftreten derPestim Gouvernement Astrachan und Verbreitung derselben längst der Wolgaufer. Petitionen. 1.1 Petitione«: S. Beamtenverhältnisse, Zivilstandsgesetz, Etatswesen sub V 6, V7, V 8, V20, V21, Garnison» Postverkehr,Schuldhaft,Sozialdemokratie, Steuergesetzgebung sub 1, 3, 5, Versicherungswesen, 2.1Petitionen,welche zur Erörterung im Plenum für nicht geeignet erachtet worden sind:Nr.41.Sten. Ber. Nr.347.Sten. Ber. S. 2267. —Nr.94L. 3.1Anträgewegen Besprechung von einzelnen Petitionen im Plenum, welche zur Erörterung für nicht geeignet Abg. vr. Schulze-Delitzsch. —Nr.98.(S. Post- und Telegraphenanstalten.) Pfandleiher. Geschäftsbetrieb derselben. S. Gewerbeordnung sub 2. Pfandrecht. 1. Gesetzentwurf, betreffend das Faustpfandrecht für Pfandbriefe und ähnliche Schuldverschreibungen. — Nr. 50 nebst allgemeiner und besonderer Begründung und folgenden Anlagen: Aus den Statuten der Kreditvereine von Grundbesitzern; v. Aus den Statuten der deutschen Hypothekenbanken; 0. Ausländische Gesetzgebung, betreffend die Sicherung von Pfandbriefsgläubigern. — Oesterreich, Ungarn, England, Frankreich, Belgien, Italien. — I. Berathung. ...
... — Bitte um Mittheilung darüber, welche Vorsichtsmaßregeln von der russischen Regierung zur Verhinderung der Einschleppung der Epidemie durch die rückkehrende russische Armee getroffen worden sind. Einführung der obligatorischen ärztlichen Leichenschau. — Sanitätspflege in der russischen Armee. Dankenswertes Entgegenkommen, welches der entsendeten Kommission seitens der russischen Behörden zu Theil geworden ist. Bitte uw spätere Vorlegung des Berichts der entsendeten Kommission. — 13. Sitzung S. 217 bis 221. vr. Thilenius. Präs. d. R. K. A. Staatsm. Hofmann. Dr. Mendel. Präs. d. R. K. A. Staatsm. Hofmann. Dr. Thilenius. Beantwortet. anstalten, Gebührenordnung, Gewerbeordnung sub 1 und 2, Impfzwang, Nahrungsmittelverfälschung, Nationaldank, Pensionsansprüche/ Verträge sub 4, 8, Vogelschutz, Wucher, Zollgesetzgebung sub 3, 4 und 5. S. 387. Nr. 76. Sten. Ber. S. 827. Nr. 133. Sten. Ber. S. 1190. Nr. 216. Sten. Ber. S. 2267. Nr. 267. Sten. Ber. S. 2267. erachtet worden sind. — Abg. Dr. Perger, Freih. v. Lerchenfeld. — Nr. 276. 79. Sitzung S. 2267. (S. a. Mainschiffbarmachung.) schuft, insoweit, als dem Pfandbriefinhaber die Möglichkeit gewährt wird, unabhängig von den Schicksalen des Konkurses der Gesellschaft, im Falle der Nichterfüllung der ihm gegenüber eingegangenen Verpflichtungen als Pfandobjekt eine Hypothekenforderung der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Erreichung dieses Zweckes durch Einführung des Jnstirutes eines Pfandhalters, der die einzelnen Hypothekenforderungen in Verwahrung zu nehmen und gewisse Kontrolvorrechte zu üben hat. — — Grundsatz iw Gesetz: den einzelnen Pfandbriefinstituten zu überlassen, sich dem Gesetze zu unterwerfen oder nicht. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 57. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-57

ID: 00018406
64 /558
... 11 1878 steht zu lesen: „Eine Epidemie von Zmpf-Spät-Erysipelas. vr. H. . ., Armen- und Zmpfarzt zu Kalk. Bei 30 am 15. Mai geimpften Impflingen sind die Bläschen in Verschwärung übergegangen. Bei der Hälfte dieser Impflinge entstand vom 9. Tage ab Erysipel (Rothlauf), welches bei der Minderzahl sich über den ganzen Körper erstreckte, bei einigen sogar den ganzen Körper mit großen Blasen bedeckte. Am 22. Mai Geimpfte: Von diesen waren am 29. Mai ebenfalls mehrere Pusteln in Verschwärung übergegangen. Zn vier Wochen war die Heilung vollendet. 1 Kind starb 36 Tage nach der Impfung!? „Es schien, so schreibt der Berichterstatter, „eine erysipelatöse Luft zu herrschen. (!) Ein vergleichendes Nachschlagen der Monatssterblichkeit in den Civilstandsregistern, wie Herr C. Löhnert in Chemnitz das meisterhaft in den beigefügten graphischen Tabellen dargestellt hat — läßt allenthalben erkennen, daß seit Einführung der öffentlichen Mai-Zmpfungen der Monatshöhepunkt des Säuglingssterbens verschoben ist, d. h. in diejenigen Monate fällt, welche auf die Zmpfmonate folgen, während im vorigen Jahrhundert, als man noch keine öffentlichen Impftermine kannte, — es allerdings auch noch ausgiebige Mutterbrüste gab, — dieser Monats-Höhepunkt der Kindersterblichkeit konstant in den Wintermonaten lag. Die konstatirten Uebertragungen bestimmter schmutziger Krankheiten durch das Impfen erwähnen wir hier blos vorübergehend. Wir unterzeichnete Frauen waren ja von je her überzeugt, daß die Zmpfceremonie nicht nur eine eben so zwecklose wie sinnlose Spielerei, sondern — wie der Geh. Ober-Medizinal-Rath Prof. Dr. R. Virchow sagt — „auch eine an sich schädliche, volkswirthschaftlich unzulässige Maßregel sei. ...

65 /558
... Mai 1875 soll in Ortschaften, in denen Scharlach oder Masern herrschen, die Impfung bis nach Beendigung der Epidemie verschoben werden. Jedenfalls sei diese Anordnung zweckentsprechend und nothwendig, aber es gehe mit ihr, wie mit vielen schönen gesetzlichen Vorschriften; ihre Ausführung sei oft nicht möglich. So auch in diesem Falle. Die erste Konstatirung der ansteckenden Krankheiten sei in die Hand des betreffenden Amtsvorstehers gelegt, der hierzu einen Arzt zu requiriren habe; unterlasse er die Konstatirung ans Scheu vor der Belastung der meist leeren Amtskaffe, wie in den meisten Fällen, oder sei er selbst von dem Auftreten der Epidemie nicht in Kenntniß gesetzt, wie im vorliegenden Falle, dann greife die Epidemie ruhig um sich, und den Jmpfarzt könne kein Vorwurf treffen, wenn er bona Lis die Impfung in dem von einer Epidemie heimgesuchten Zmpfbezirke abhalte. Eine Anzeige über den in den Dörfern herrschenden Scharlach war weder dem Zmpfarzte, noch dem Amtsvorsteher, noch dem Landrathe zugegangen, mithin kann dem Ersteren kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß er die Impfung abhielt. Daß es sich bei den Massenerkrankungen zu Grabnick um bloßes Imps-Erysipel oder um Diphtheritis oder um Ueberimpfung von Syphilis gehandelt habe, ist nach den vorliegenden Berichten auszuschließen; die Symptome der letztgenannten Krankheit fehlen in allen Krankengeschichten. Bezüglich des von dem Zmpfarzte befolgten Verfahrens und der daraus abzuleitenden Aufklärung des Vorfalls führt dagegen die Königliche Regierung Folgendes aus : „l)r. D. hielt von 52 Impflingen aus der Stadt 26 für geeignet, von ihnen Lymphe zu entnehmen, also 50 Prozent. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1880
Bd.: 59. 1880
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-59

ID: 00018409
66 /558
... Das Pockenkontagium ist so unendlich flüchtig, hat so viele verschiedene Träger, daß es von weiten Gegenden her bei unseren vervollkommneten Verkehrsmitteln in andere, entfernt liegende Landestheile hineingeführt wird und daß dann dort die Epidemie an Orten ausbricht, die bis dahin nie daran gelitten haben. Hierdurch ist denn der Glaube erweckt, daß so die Pocken originär entstanden seien. Wissenschaftlich irrt sich der Herr Antragsteller ferner, wenn er meint, daß es eine unschädliche sogenannte kultivirte Schafpockenlymphe gebe. Diejenigen Herren, die nicht den zweifelhaften Vorzug haben, in ihrem Viehstande durch die Pocken geschädigt worden zu sein, möchte ich auf eins aufmerksam machen: lassen Sie sich nicht irre führen, es gibt bei Schutzimpfung der Schafe keine besondere Lymphe, wie etwa bei der Menschenimpfung eine sogenannte humanisirte, von dem Rinde übertragene Lymphe in Anwendung kommt. Das, warum es sich bei der Schafpockenimpfung handelt, ist einzig und allein die Uebertragung des wirklichen Pockenstoffes, aus dem die eigentlichen Pocken entstehen, die so große Verluste im Gefolge haben. Bei dieser Gelegenheit möchte ich den Herrn Vorredner noch auf folgendes hinweisen. Er fragt: woher bekommen wir im Fall des Verbots der Impfung durch dieses Gesetz und im Fall der bei Ausbruch der Seuche dann vorgeschriebenen Nothimpfung das nöthige Impfmaterial, die Lymphe? — Zch ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1881
Bd.: 62. 1881
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-62

ID: 00018413
67 /558
... So halte ich es für sehr vortheilhast, daß darauf aufmerksam gemacht ist, daß das Herbergswesen eine derjenigen Airgelegenheiten bilden soll, mit welchen sich die Innungen zu beschäftigen haben, mindestens fakultativ, denn das Herbergswesen liegt, wie mir aus ganz glaubwürdigen Quellen mitgetheilt worden ist, in vielen Theilen Deutschlands in einer ganz betrübenden Weise darnieder; speziell wir Oberhessen haben in dieser Beziehung zu konstatiren, daß eine außerordentlich gefährliche Epidemie in dem Winter 1879/80 unser Land heimsuchte, wesentlich getragen und gepflegt durch die Herbergen: das Rekurrenzfieber ist, wie von medizinischen Autoritäten konstatirt wurde, gerade in Herbergen, welche in einer äußerst verwahrlosten Weise existiren, ausgebrütet und von dort aus weiter getragen werden. Nicht minder ist als ein anerkennenswerther Gedanke zu betrachten, daß in unserem Gesetzentwurf auch das Arbeitsvermittlungswesen als einer derjenigen Punkte bezeichnet worden ist, mit denen sich die Innungen beschäftigen sollen. Ich sage also, es sind in diesen Richtungen recht zweckmäßige Anregungen auch im einzelnen, nicht bloß im ganzen, in dem Gesetzentwurf enthalten. Freilich ist es betrübend, daß auf diese Dinge erst durch den Gesetzentwurf aufmerksam gemacht werden und daß erst das Gesetz diesen Gedanken in unserem gcwerbtreibenden Publikum anzuregen berufen sein soll. Längst hätte es die Aufgabe von Behörden sein sollen, hätte es die Aufgabe von Vereinen u. f. w. ...

68 /558
... : Ueber kurz oder lang muß Hungcrsnoth, Epidemie oder Krieg durch Europa seine zerstörenden Tritte lenken, und dann wird das Wehgeschrei der Armen, das bisher ungehört verhallte, in den Schrei der Rache sich verwandeln, der die Großen und Mächtigen erbleichen macht. Dann schlägt die Stunde des Gerichts, die Stunde der Erlösung. Aus Nr. 10 des „Sozialdemokraten vom 6. März I88l: Wann kommt der Tag, an dem der langangesammelte Grimm sich Lust macht, und das empörte Volk der Herrschaft des übermüthigen, feigen Packs eilt Ende bereitet — wann, wann kommt der Tag der Erlösung, der Vergeltung? So rufts wohl im Herzen eines Jeden, der nicht Fischblut in den Adern hat, dessen Brust noch menschlich fühlt und menschlich schlägt. — Geduld, nur Geduld! Er ist näher, als die heutigen Machthaber sich träumen lassen! Um endlich, meine Herren, zum Schluffe auf das Verhältniß der Partei zu den religiösen Wahrheiten unserer Zeit zu kommen: Hier ist ans Nr. 21 des „Sozialdemokrat vom 25. Mai vorigen Jahrs ein Artikel, der überschrieben ist: „Sozialdemokratie und Christenthum, der folgendermaßen lautet: Es ist einmal nicht anders, und darum muß es offen ausgesprochen werden: das Christenthum ist der ärgste Feind der Sozialdemokratie (Hört! Sehr richtig!) ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1881
Bd.: 65. 1881
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-65

ID: 00018435
69 /558
... Aus der Geschichte der Heilkunde gehe hervor, daß jede Epidemie für gewisse Zeiten herrsche, und so werde es auch mit den Pocken gehen, man brauche also die Impfung nicht. Wäre sie heilsam, so müßte sie Gesundheit und Lebensdauer befördern, der Rückschritt der Kulturvölker in sanitärer Beziehung stehe aber fest, und daran sei das Impfen mit schuld. Schließlich sagt Petent, alle Krankheiten, auch die Blattern, würden durch Vermeidung der krankmachenden Ursachen init Hülfe der Beobachtung der Gesundheitsgesetze vermieden. Er vergißt aber anzuführen, welcher Art diese Gesundheitsgesetze sind. Zourn. II. Nr. 2837. Auch Herr Oidtmann aus Linnich erscheint mit einer Petition auf dem Plan, welche in dem Triumphgeschrei gipfelt, daß der Medizinalrath Dr. Flinzer auf dem Aerztetag von 1879 in Eisenach die von dem Vertreter des Kaiserlichen Reichsgesundheitsamts gegenüber den impfgegnerischen Petitionen im Jahre 1878 als so überaus beweiskräftig gerühmte schwedische Pockenstatistik als gänzlich falsch bezeichnete und damit den Bann des langjährigen Irrthums der Schutzpockentheorie unter dem Beifall aller Anwesenden, darunter auch des Abgeordneten Dr. Thilenius, gebrochen habe. Diesen Sturz der Jmpfschutztheorie habe die medizinische Presse perfider Weise verschwiegen und es damit verschuldet, daß auch die Königliche Akademie der Medizin in Brüssel am 29. Januar 1881, hauptsächlich gestützt auf die Statistik der Pockensterblichkeit Schwedens, also auf ein Faktum, welches von den Aerztevereinen Deutschlands als falsches nachgewiesen und verworfen worden sei, sich für die Einführung des Impfzwanges ausgesprochen habe. Dasselbe Schauspiel wiederholt sich in Paris, wo am 7. ...

70 /558
... Musterhaft und gewissenhaft werde auch zur Stunde noch geimpft; aber seine Vorstellung von dem Segen des Zmpfens in seinem Vaterlands habe eine gewaltige Abschwächung erlitten, seit er aus amtlichen Quellen wisse, daß in dem von ihm selbst als Zmpfmuster geschilderten Lande während der Epidemie 1871 von 30 742 an den Pocken Erkrankten 29 429, also 95,7 Prozent, geimpft und 1 313, also 4,z Prozent, nicht geimpft waren, und von diesen starben 5 070, also Vs- Angesichts dieser erschreckenden Thatsachen müsse er, da den Jmpfärzten nicht das Mindeste zur Last gelegt werden könne, in der Impfung selber die Schuld suchen und sich fragen: Wo ist die gerühmte Schutzkraft der Impfung? Wahrlich, der vom Korreferenten geträumte Segen wäre nur ein Traum, ein schöner Traum, aber weiter Nichts gewesen! Solle er annehmen, daß diese 95 Prozent nicht mit Erfolg geimpft oder seit 10 Jahren nicht mehr geimpft waren? Es sei für ihn, den Korreferenten, ein schlechter Trost, daß allüberall die Schutzkraft der Vaccination und Revaccination sich auch nicht besser bewährte, und noch weniger könne ihn der Gedanke beruhigen: Wenn die Impfung nicht gewesen wäre, wären etwa noch mehr Menschen erkrankt! Wahrlich, sein Glaube an die Schutzkraft der Impfung sei sehr tief gesunken und hänge nur noch an einem dünnen Faden. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1882
Bd.: 66. 1881/82
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-66

ID: 00018436
71 /558
... Wenn ich nun ferner auch zugebe, daß gewisse Berechtigungen auf allgemein politischer und staatsrechtlicher Grundlage der Polizei in jedem Falle zustehen, wenn ich auch zugebe, daß sie zum Beispiel wegen einer Epidemie unbedingt sagen kann, ich gestatte keine Versammlung, wenn sie ferner zum Beispiel, sofern sie unmittelbar vor der Versammlung entdeckt, der Saal ist baufällig und kann jeden Augenblick zusammenbrechen, dann zu entscheiden berechtigt ist, ich verbiete aus allgemeinen polizeilichen Begriffen, die auf allgemeinen gesetzlichen Grundlagen liegen, die Versammlung, ich verbiete sie aus Rücksicht auf die Gesundheit und das Leben anderer Menschen, so präzisirt sich also hier mein Standpunkt dahin, daß ich für diese vorliegende Verordnung auch annehme, mir muß in dem speziellen Falle nachgewiesen werden, daß die Anwendung gegenüber der Wahlversammlungsfreiheit eine berechtigte und nothwendige war. Ich will also auch — und hierin, das muß ich bemerken, stehe ich auf einem anderen Standpunkte, wie viele Mitglieder der Kommission — in diesem Falle nachgewiesen wissen, ob die Polizei irgend einen äußeren direkten Grund hatte, diese Bestimmung der Polizeiverordnung auf den vorliegenden Fall trotz der Bestimmung des Wahlgesetzes anzuwenden. Liegt also die Sache so, daß z. B. in einem kleinen Orte die Parteien sich sehr lebhaft gegenüberstehen, und die Polizei voraus wissen muß und kann, daß eine sehr erregte Wahlversammlung, die vielleicht die Gefahr bedenklicher Streitigkeiten bietet, dort abgehalten werden soll, und liegt das Lokal z. B. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1882
Bd.: 67. 1881/82
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-67

ID: 00018437
72 /558
... einer Epidemie. Wahlversammlungen in kleineren Städten und auf dem Lande könnten mit Aussicht auf Erfolg nur an Sonntagen abgehalten werden, und da ein Kandidat sehr wohl in der Lage sein könne, an einem Sonntage an zwei oder drei Orten aufzutreten und somit im Voraus über seine Zeit disponiren zu müssen, so komme das Verbot der Versammlung zu einer bestimmten Stunde dem Verbote der Versammlung überhaupt an dem betreffenden Orte ziemlich gleich, zumal der Kandidat, um möglichst viel Zuhörer zu haben, die Versammlung nicht in die Zeit des Hauptgottcsdienstes legen werde. Welchen Einstuß die Beschränkung des Versammlungsrechts im vorliegenden Falle auf die Wahl ausgeübt, sei ziffermäßig nicht festzustellen, zumal derartige Versammlungen nicht nur von den Bewohnern des Orts, sondern auch aus den benachbarten Gemeinden besucht zu werden pflegten. Nähme man aber auch nur an, daß die 309 Wahlberechtigten aus den Orten Ortrand und Uebigau, welche der Wahlurne fern geblieben, ihr Wahlrecht zu Gunsten des Gegenkandidaten ausgeübt hätten, so würde Dr. Clauswitz die alsdann 5 015 betragende Stimmenmehrheit nicht mehr erreichen. Die Kommission erachtet deshalb eine Ermittlung der behaupteten Thatsachen für erforderlich, und zwar auch in Betreff Ortrands, weil der Marginalverfügung der Polizeiverwaltung vom 14. Oktober ein Amtssiegel nicht beigedrückt, ein Zweifel an ihrer Aechtheit mithin nicht ausgeschloffen ist. Zu 2. Zm Wahlbeärke Cumwerda (Torgau 20), in welchem von 38 Wahlberechtigten 30 für Dr. Clauswitz und 3 für Dr. ...

73 /558
... Zu dem Zwecke, die Tragweite der auf die Inkraftsetzung eigentlicher Quarantänemaßregeln in Zeiten einer Epidemie bezüglichen Bestimmungen des genannten Artikels 20 genauer festzusetzen, wird ausdrücklich anerkannt und vereinbart, daß diese Maßregeln ausschließlich auf Schiffe und Reisende unreiner Provenienz und nur in nicht verseuchten Häfen anwendbar sind, und daß alle Ausnahmebestimmungen und Beschränkungen für den Verkehr zwischen den Donauhäfen, sobald die Epidemie an den Ufern des Flusses allgemein geworden, aufzuheben sind. Um in Zeiten einer Epidemie die Aufrechterhaltung der Strompolizei zu erleichtern, wird des weiteren vereinbart, daß der Schiffahrtsinspektor, der Kanzler der Inspektion und die Aufseher der Stromstrecken, wie bisher, so auch fernerhin unbehindert auf dem Strome verkehren können, unter der alleinigen Bedingung, sich in Fällen einer Gefahr der Ansteckung denjenigen reglementarischen Maßregeln zu unterwerfen, denen auch die Sanitätsbeamten unterworfen sind. Dieselben Vergünstigungen sollen, im Bedürfnißfalle den Ingenieuren, Beamten und Arbeitern der Europäischen Kommission bewilligt werden. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 69. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-69

ID: 00018439
74 /558
... Indessen wird Herr Stöcker zugeben, daß es sich um eine solche Epidemie in der deutschen Armee gar nicht handelt, schon deswegen, weil die Anzahl der Selbstmorde schon seit Jahren eine so bedeutende ist, und weil sie sich auf die ganze Armee vertheilt. Wenn einzelne kleine Veranlassungen mitunter dazu geführt haben, daß sich Männer in dem blühendsten Alter, bei guter Gesundheit, also bei voller Aussicht auf ein langes, glückliches Leben, den Tod gegeben haben, so deutet dies doch darauf hin, daß sie sich schon vorher in einem ungewöhnlich gereizten Zustande befunden haben. Wir wollen ja gar nicht leugnen, daß es noch andere Ursachen gibt, welche die Angehörigen der deutschen Armee zu Selbstmorden treiben können; das steht aber ganz positiv fest, daß in einer nicht geringen Anzahl von Fällen es die Verzweiflung über die rohe Behandlung seitens der Vorgesetzten gewesen ist, die sie zu dem Selbstmorde getrieben hat. Da liegen authentische Beweise, hinterlassene Briefe und Aeußerungen der in den Tod getriebenen Männer vor. So liegt die Sache in diesem letzten Falle, der eben aus Schlesien berichtet wird, so in einem ähnlichen, welcher vor etwa drei Jahren den Reichstag in der Form einer Petition beschäftigt hat. Aeltere Mitglieder werden sich dessen wohl noch erinnern. Es handelte sich da um einen Jäger Fromme des 1. ostpreußischen Jägerbataillons in Braunsberg; es war ein Mann aus guter Familie von musterhaftem Lebenswandel und streng religiöser Gesinnung; — das hebe ich besonders für den Abgeordneten Stöcker hervor; — es fehlte dem Manne also nicht an der Stütze des Glaubens. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 71. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-71

ID: 00018441
75 /558
... Es wird zugleich aber damit ein gewisses Gefühl der Ungleichheit in der Behandlung bei den Arbeitern selbst hervorgerufen werden, wenn eine Epidemie ausbricht, und sie sehen, daß bei einer Erkrankung einzelne ihrer Genossen anders entschädigt werden als sie selbst. Es wird ja nun aber als Grund für das Streichen des Z ln hauptsächlich geltend gemacht, daß zur Zeit die land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter es bester hätten, als sie es nach diesem Gesetze haben. Diesem Grunde muß ich leider doch etwas näher treten. Ich erlaubte mir bereits in erster Lesung vor Jahr und Tag — wenn ich mich recht entsinne, ich habe meine Rede von damals nicht nachgelesen — auszuführen, daß mindestens eine zahlreiche Kategorie unter den Arbeitern in Norddeutschländ vorhanden ist, ffür welche zur Zeit in Krankheitsfällen gar nicht ^gesorgt ist. Das sind diejenigen, die wir „freie Arbeiter nennen, — Leute, die in Bauerndörfern wohnen sei es iü eigener, sei es in Miethswohttung oder in einer Wohnung, die einem bäuerliches Besitzer gehört, und die ihren Verdienst suchen den größten Theil des Jahres durch Arbeit auf den umliegenden großen Gütern, oder auf größeren Bauerhöfen. Alle diese Leute aber, die nicht in ihrer Wohnortsgemeinde sondern außerhalb arbeiten, fallen zur Zeit, sowie sie krank werden, völlig ins Leere; es ist abgesehen von der Armenpflicht derjenigen Gemeinde, in der sie sich befinden, niemand, der für sie zu sorgen hat. ...

76 /558
... Wenn mit diesen 21 Prozent nicht ausgereicht wird, und bei jeder Epidemie kann das leicht eintreten, so müssen die Gemeinden eintreten; die Gemeinde kackn das Fehlende nur. ausbringen aus den ihr überhaupt zustehenden Einkünften der Gemeindekasse, wesentlich also aus den Taschen der Steuerzahler; zu diesen Steuerzahlern gehört vor allem auch das Gros der Handarbeiter, welche Sie durch Streichung des ß 1a aus dem Gesetze ausschließen. Wenn Sie also diesen Ausschluß vornehmen, so glaube ich, müßen Sie auch hier die Obergrenze streichen oder mindestens sehr erheblich Hinaussetzen. Im Privatgespräche ist mir, als ich diesen Gedanken gestern äußerte, entgegengehalten worden, ja, das wäre nicht richtig, die Gemeinde sei ja in der Lage, sich dieser Verpflichtung sofort zu entziehen, sobald sie in zweckmäßiger Weise Ortskrankenkassen bilde. Ja, das stimmt doch auch nicht ganz. Wenn Ortskrankenkassen eintreten, so ist allerdings die Gemeinde vollständig befreit von den Beiträgen, aber auch bei Ortskrankenkassen gilt ein Maximum von Beiträgen im Gesetzentwürfe, dieses Maximum beträgt.3 Prozent. Wenn längere Zeit hindurch sich herausstellt, daß diese 31 Prozent nicht ausreichen, — das wird also z. B. leicht der Fall sein können, wo sich in einer zum großen Theil landwirthschaftlichen Gegend eine Industrie ansiedelt, die für ihre Arbeiter eine bedeutende Krankheitsgefahr hat —, wenn diese 3 Prozent nicht ausreichen, dann wird nach Ablauf der vorgeschriebenen Zeit die betreffende Ortskrankenkasse von Obrigkeitswegen geschlossen und muß auch geschlossen werden, weil sie den Arbeitern nicht dasjenige leisten kann, was sie nach dem P 16 als Minimalleistung zu leisten hat. ...

77 /558
... In dem Wiener allgemeinen Krankenhaus, in der Pockenabtheilung, starben von im Ganzen 6213 Kranken unter den Ungeimpften 30 Prozent, unter den Geimpften 5 Prozent; bei einer anderen Epidemie von 568 Fällen unter den Ungeimpften 13,8, unter den Geimpften 3,8 Prozent. Aus dem Prager Kinderhospital: 700 Fälle, Prozentsatz der Todesfälle unter den Ungeimpften 32, unter den Geimpften 3. Londoner Hospital: 9000 Fälle, Prozentsatz der Todesfälle unter den Ungeimpften 35, unter den Geimpften 7. Ein paar militärärztliche Berichte erlaube ich mir noch hinzuzufügen, indem ich mich übrigens auf die Tabelle beziehe, welche1 Ihnen1 unmittelbar1 vor1 der1 heutigen Sitzung vorgelegt worden ist. Der sächsische Stabsarzt Dr. Evers1 nahm1 Gelegenheit,1 bei1 der Aushebung der Rekruten in dem Bezirk des Landwehrbataillons Chemnitz, wo bekanntlich in den 60er Jahren eine sehr heftige Epidemie geherrscht hatte, als die Jahrgänge 1860 bis 1862 zur Gestellung kamen, die Personen daraufhin zu untersuchen, wie viele von den Geimpften, d. h. also mit Jmpfnarben versehenen, und wie viele von den Ungeimpften die Pockenseuche hatten durchmachen müssen. Von im ganzen 4929 Personen, welche er daraufhin untersuchte, fanden sich 13 vro Mille unter den Geimpften, aber 766 pro Mille unter den Ungeimpften, welche die Pocken hatten überstehen müssen. Das ist doch ein nicht gering zu veranschlagender Unterschied! Ferner erlaube ich mir, Ihnen einige Mittheilungen zu machen aus den von dem früher hier bei dem Medizinalstabe angestellt gewesenen Oberstabsarzt Prager veröffentlichten Resultaten der Revaccination des preußischen Heeres. ...
... In den Jahren 1853 bis 54, während die Civilbevölkerung eine ganz bedeutende Epidemie durchzumachen hatte — einPockentodter auf 2300 respektive 2500Einwohner — hatte die gut revaccinirte Armee nur 1 auf45 000 respektive 124 000. In den süddeutschen Armeen hat man noch glänzendere Resultate erzielt. Baiern verlor von 1844, wo die Revaccination obligatorisch wurde, bis 1855, also !in zwölf Jahren, keinen einzigen Mann an den Pocken. In Württemberg erkrankten in den 22 Jahren von 1848 bis 1870 von dem durchschnittlich 8000 Mann starken Korps im ganzen 51, fast sämmtlich sehr leicht; kein einziger starb, während das Land und speziell Stuttgart mit der stärksten Garnison zwei starke Epidemien durchzumachen hatte. In Baden waren während der 13 Jahre vor Einführung der Revaccination bei der 4500 Köpfe starken Mannschaft 11 Todesfälle vorgekommen, nach Einführung der Revaccination von 1840 bis 1869, also in 29 Jahren, bei fast verdoppelter Stärke der Truppen nur zwei Todesfälle. 394* ...

78 /558
... Meine Herren, lassen Sie sich von der Annahme meines Antrags nicht durch das Vorbringen irre machen, daß Sie dadurch dem Eindringen einer Epidemie Vorschub leisten. Vergegenwärtigen Sie sich doch, daß Sie mit der Aufrechterhaltung dieses Zwanges eine große Anzahl von Gesundheitsschädigungen, ja Siechthum und Tod in viele Familien hineintragen würden, ohne daß Sie dadurch eine Garantie haben, daß dem Einbrechen einer Pockenepidemie vorgebeugt ist. Ich erinnere Sie nur an die allerneuesten Fälle von Heilbronn, Frankfurt, Wiesbaden. Sie dürfen nur die Frankfurter Zeitung lesen, der ein Prozeß droht wegen Erwähnung der Wiesbadener Vorkommnisse. — Im Interesse unserer Kinder und Enkel bitte ich, den Antrag des Herrn Korreferenten Dr. Westermayer anzunehmen, eventuell unserem Antrage zuzustimmen. Der Antrag des Herrn Korreferenten hat auch darum volle Berechtigung, weil, wenn das Impfen hilft, ein Zwang nicht nöthig ist. Ganz richtig hat vor 11 Jahren das Obermedizinalkollegium in Sachsen erklärt, daß, wenn es auch für das Impfen sei, es doch sich absolut gegen den Zwang aussprechen müsse, weil die 8 bis 9 Prozent, die sich der Impfung noch entzögen, durch Belehrung gewonnen werden könnten. Meine Herren, das ist der richtige Standpunkt, den wollen wir einnehmen. Es soll jeder sich impfen lassen können, aber wir wollen einen Zwang aufheben, der unberechtigt und unhaltbar ist. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1883
Bd.: 72. 1882/83
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-72

ID: 00018442
79 /558
... Zweitens führt Petent aus, das Volk erkenne die Wirkungen des Motivs des in die persönliche Freiheit eingreifenden Gesetzes nicht, es sehe nur zweimal im Jahre das Zmpfgeschäst sich abwickeln und darauf die Kinder manchmal schwer erkranken und beim Ausbruch einer Epidemie Geimpfte und Nichtgeimpfte an Blattern erkranken und sterben. II. 72. Baron Konstantin v. Bistram und Genossen, worunter vr. msä. Voigt, Namens des Vereins für volksverständliche Gesundheitspflege und naturgemäße Lebensweise in Dresden, werfen dem Jmpfgesetz von 1873/74 schwere Härten und Widersprüche vor, welche dazu angethan seien, das Rechtsbewußtsein, die sittlichen Instinkte und die Gesundheit des Volkes zu schädigen. Die Hauptgrundlagen des Zmpfgesetzes, Wissenschaft und Statistik, seien hinfällig, wie sie der siebente deutsche Aerztetag zu Eisenach am 12. September 1879 ausdrücklich anerkannt habe. Somit sei auch von impffreundlichem Standpunkt die Forderung der Aufhebung des Zmpfgesetzes und damit die Beseitigung einer ethischen und hygienischen Monstrosität gerechtfertigt. II. 83. Justizrath v. Treuenfeld aus Naumburg sagt, daß von Männern der Wissenschaft dargethan worden, „der Impf schütze vor den Pocken nicht, da Geimpfte und Ungeimpfte von denselben befallen würden, andererseits ziehe das Impfen Gefahren und Krankheiten mannigfacher Art nach sich. Es sei zu beklagen, daß die Zmpffrage trotz der so zahlreichen Remonstrationen gegen den Impfzwang nicht im Plenum des Reichstages zur Berathung gelangen könne, obgleich jene Remonstrationen nicht Sonderintereffen, sondern den Menschen selbst zum Gegenstand hätten. ...

80 /558
... Der Nimbus der Zmpftheorie schwinde mehr und mehr, und selbst die Zahl der Aerzte werde immer größer, welche die allgemeine Blutvergiftung als Mittel zur Tilgung einer zukünftigen Epidemie für verkehrt und den hygienischen Anschauungen für widersprechend halte. Dr. Oidtmann nennt das Gesetz mit Recht den legislatorischen Ausdruck der hygienischen Verwahrlosung des Volks. Die Berufung auf die klinische Erfahrung von Seiten der Zmpffreunde sei hinfällig und ebenso die unzulängliche Beweiskraft des bisherigen statistischen Materials von allen Seiten unwiderleglich dargethan, so namentlich von dem Statistiker Kolb. Wenn der Referent Or. Thilenius die Autorität der überwiegenden Mehrheit der Aerzte und die medizinische Wissenschaft zu Gunsten des Impfzwanges angerufen, so liege darin nur ein Trugschluß, indem der bisher festgehaltene Jmpfglaube nur auf dem statistischen Beweis beruhe. (Die Verhandlungen über das Zmpfgesetz ergeben zur Genüge, daß dasselbe zum allerwesentlichsten Theile auf die klinische Erfahrung und nur nebenher auf den statistischen Beweis gebaut sei. Trotzdem werde diese Thatsache von den Zmpfgegnern beharrlich und absichtlich übersehen. Res.) Da die Sachverständigen, führt die Petition weiter aus, über den Werth des Impfschutzes getheilter Meinung, so verstoße das Fortbestehen des Impfzwanges wider alles Recht. Die tägliche Erfahrung erweise ferner die Gefahr der Impfung an sich und vollends der mit dem Zwang nothwendig verbundenen Massenimpfung; alljährlich häuften sich die amtlich konstatirten Impfschädigungen. Der Oberamtsarzt Dr. Kraus in Tübingen, ein entschiedener Zmpffreund, gebe ganz naiv zu, daß er, abgesehen von den gefährlichen Zmpfrothlauffällen binnen 8 Jahren etwa 5 rasche und unerklärliche Todesfälle auf 6 364 Kinderimpfungen gehabt habe. ...


< [1] - ... 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 ... [28] >