... Diese Abnahme ist wesentlich mit bedingt gewesen durch die Rückwirkung der großen Epidemie. Wir sehen ganz dieselbe Erscheinung in allen Pocken-Mortalitätstabellen. Zn Oesterreich geht z. B. in Folge der Pockenepidemie die Mortalität im Zahre 1878, also zwei bis drei Zahre nach dem Aufhören der Epidemie, so weit herunter, wie sie nach den uns zu Gebote stehenden Angaben überhaupt in Oesterreich noch niemals beobachtet ist. Dann aber geht sie sehr rasch wieder in die Höhe, im Zahre 1879 auf 50,z und im Zahre 1881 auf 78,z. Der Einfluß der Epidemie macht sich also nur sehr wenige Zahre geltend, durch den Nachwuchs der Nichtgeimpften und durch Zuzug von Nichtgeimpften wird die Bevölkerung sehr bald wieder mehr empfänglich für das Pockengift. In Preußen ist das nicht der Fall, weil von da ab allmälig immer mehr und mehr die Wirkungen des Zwangsimpfgesetzes sich geltend machen. Nun macht aber Herr Dr. Böing den Einwand, daß diejenigen Altersklassen, welche geimpft wurden, noch nicht hinreichen könnten, um den Rückgang der Pockensterblichkeit zu erklären. Zn Bezug hierauf ist aber zu berücksichtigen, daß in den Zähren 1872 und 1873 überall, wo damals noch Pocken herrschten, selbst bis 1874 hin, wie ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann, im ganzen Lande Maffenimpfungen vorgenommen sind. Zch habe selbst Tausende von Menschen geimpft, nicht blos Schulkinder, sondern alles, was unter dem Schrecken der damals herrschenden Epidemie den Wunsch hatte, sich impfen zu lassen. ... ... Wir wollen auch nicht mit einer Geschichte Alles beweisen, aber man möge es ansehen als eine Artigkeit, auf die kleine Epidemie von Grevenstein auch mit einer Kleinigkeit zu antworten. Von Herrn von Kerschensteiner bin ich mißverstanden worden. Zch habe nicht behaupten wollen, daß diese 559 alle im Heere gesteckt hätten, sondern ich habe nur gesagt, daß ein größerer Prozentsatz unter der männlichen Bevölkerung vom 20. bis 50. Lebensjahre revaccinirt ist, als unter der weiblichen Bevölkerung. Wenn das Verhältniß umgekehrt gewesen wäre, daß also die männliche Bevölkerung in Bayern zwischen dem 20. und 50. Lebensjahre weniger an den Pocken erkrankt und mit einem geringeren Mortalitätsprozente daran gestorben wäre, so wäre uns die praktische Anwendung gegen uns sicherlich nicht erspart geblieben, daß die Impfung hiervon die Ursache sein müsse. Zum Schluffe noch eine persönliche Bemerkung, mit der ich glaube eintreten zu müssen für Kolb. Es ist uns ein großer Schmerz gewesen, daß wir Kolb, diese bewährte statistische Autorität für uns, nicht haben hier sehen können, aber ich weiß nicht, inwiefern Herr von Kerschensteiner dazu berechtigt ist, anzunehmen, daß seine Motive auf einem anderen Felde gelegen hätten, als auf dem sachlichen Felde. Das, was Kolb wenigstens geschrieben hat, lautet anders ; und da es sich hier um eine authentische Deutung seiner Intentionen in der Zmpffrage handelt, so möchte ich um die Erlaubniß bitten, kurz zu verlesen, was Kolb über die Ursache schreibt, wegen deren er an die Sache herangegangen ist. Zn seiner Brochüre „Zur Zmpffrage. ...
| Abb. der Originalseite (Image-Nr.: bsb00018455_00068) |