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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1890
Bd.: 121. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-121

ID: 00018671
161 /558
... Bayerischen Jnsanterie-Regi-„ments, brach im Juli 1888 die Typhus-Epidemie mit solcher „Heftigkeit aus, daß die sofortige Räumung der Kaserne erfolgen mußte. Da die übrigen Kasernements in Metz „keine Unterkunft boten, auch die Inanspruchnahme von „Naturalquartieren bei den ungünstigenörtlichenVerhältniffen „nicht angezeigt erschien, bezogen beide Bataillone zunächst „bis zum Ausmarsch zu den Herbstübungen unter Heranziehung vorhandenen Zeltmaterials ein Zeltlager. Nach „dem Manöver bis zum Eintritt der Rekruten - war es „in Folge des schwächeren Mannschaftsstandes möglich, „beide Bataillone in vorhandenen Kasernen unterzubringen. „Die inzwischen sofort angestellten Ermittelungen über das „Entstehen der Krankheit, sowie darüber, welche Maßregeln zur „Abhülfe zu ergreifen sein möchten, ergaben, daß als Ursache „zunächst die unzweckmäßige Situirung der Kaserne anzusetzen sei. Letztere ist in den Jahren 1726 bis 1731 er-„baut, besteht aus vier massiven Gebäuden im Quadrat „mit geschlossenem Hofraum und liegt in einem dicht belohnten, in sanitätlicher Beziehung vollständig verwahrlosten Stadtviertel auf durchseuchtem Boden. Zugleich „wurde das Vorhandensein schlechten Wassers und ein durch „die bauliche Anlage bedingter ungünstiger Zustand der „Latrinen festgestellt. — „Es ergab sich daraus, daß die Sanirung der Kaverne nur durch einen gänzlichen Umbau unter Abbruch „einzelner Theile ermöglicht werden kann. „Das Herannahen der kälteren Jahreszeit, bis zu „welcher der umfangreiche Umbau der Kaserne nicht ausführbar war, machte deshalb die schleunigste Herstellung „anderweiter geeigneter Unterkunftsräume noch vor Eintritt des Winters dringend erforderlich. Die einzige Möglichkeit bot sich hierzu in der Beschaffung und Aufstellung „zerlegbarer eiserner Baracken. Ausgaben bei den Einnahme-Verwaltungen. III. Post- und Telegraphenverwaltung. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1891
Bd.: 115. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-115

ID: 00018665
162 /558
... wegen einer in einem Orte herrschenden Epidemie die Polizei überhaupt in der Lage ist, alle Ansammlungen größerer Menschenmengen zu verhindern, oder wenn sie die Verpflichtung und Berechtigung fühlt, wegen Baufälligkeit oder besonderer Feuergefährlichkeit des zu der betreffenden Versammlung bestimmten Lokals diese Versammlung zu verhindern. Ja, meine Herren, das sind allerdings Ausnahmen, die sich aus der Natur der Dinge ergeben, und gegen die kein Mensch, ich am allerwenigsten, etwas einzuwenden haben wird. Aber, meine Herren, das sind Ausnahmen, welche die Regel nur bestätigen: der Ausnahmefall einer Epidemie und dann, im zweiten Ausnahmefall, die Wahl eines feuer- oder überhaupt stcherheitsgefährlichen Lokals schließt ja nur die Versammlung in diesem Lokale aus, aber schließt nicht aus, daß in einem anderen Lokal, wo diese Bedenken nicht vorliegen, die Versammlung abgehalten wird. Nun, meine Herren, ist gerade das Feld der Sonntagsheiligung auch bei diesen Diskussionen sehr eifrig beackert und bestritten. Es giebt eine Meinung, die ist aufgestellt worden und hat damals, wenn ich mich nicht irre, als es sich um die Beanstandung der Claußwitzschen Wahl handelte. ...

163 /558
... Es ist von dem Herrn Abgeordneten Traeger zugestanden (v) worden, daß ein Eingreifen der Polizeiverwaltung stattfinden könne in die Versammlungsfreiheit, sobald eine Epidemie im Orte irgendwelche Gefahr bei Abhaltung der Versammlung mit sich bringt; es ist zugestanden worden, daß in Fällen, wo die Tragfähigkeit eines Saales z. B. sich als ungenügend erweist, die Versammlung verboten werden kann; es ist zugestanden worden, daß wenn in der Nähe des Versammlungslokals Feuer ausgebrochen ist, man mit Rücksicht auf die Schädigung von Personen und Sachen die Versammlung verbieten könne. Aber auf Grund welches Rechts, frage ich Sie, gestehen Sie dies zu, wenn Sie da sagen: § 17 des Reichswahlgesetzes hat ausnahmslose Giltigkeit, Reichsrecht bricht Landesrecht und damit auch alle landesrechtlichen Ordnungsbestimmungen, — mit welchem Recht wollen Sie denn der Polizeibehörde gestatten, in solchen eben angezogenen Fällen hindernd einzutreten? Ich meine: neben der Sicherheit für Gut und Leben hat auch der religiöse Sinn der Bevölkerung ebensolchen Anspruch auf ausreichenden Schutz! Und wenn nunmehr die Landesbehörden Bestimmungen nach der Richtung hin getroffen haben, daß zum Schutz der religiösen Gefühle — ich will mal sagen — des weitaus größten Theils der Bevölkerung an dem und dem Tage, z. B. am Vorabend eines Buß- und Bettages oder am Buß- und Bettag selbst, der doch wahrlich der besonderen Heilighaltung anzuempfehlen ist, geräuschvolle Zusammenkünfte nicht stattfinden sollen, so ist dies nur eine von den Möglichkeiten, die der Abgeordnete Wiggers mit den Worten „zum Beispiel selbst hat zulasten wollen. ...

164 /558
... Das ist ja immer festzuhalten, wenn Sie eine (6) Auswanderung haben, die den Charakter einer Epidemie hat, wo ganze Dörfer auswandern und anmarschirt kommen, daß es da nicht fein säuberlich zugeht, daß es unmöglich ist, den Leuten die reguläre Verpflegung zu geben. Das aber, was möglich ist, wird in Zukunft geschehen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist. Präsident:1 Das Wort hat der Herr Abgeordnete vr. Lingens. Abgeordneter Vv. Lingens: Nur zwei Worte, meine Herren, zur Steuer der Wahrheit. Ich bin wiederholt in Bremen gewesen. Es war damals meine Aufgabe — man hat mir sie dort sehr erleichtert —, Kenntniß zu nehmen von den damals bestehenden Einrichtungen, insbesondere die Logirhäuser persönlich zu besichtigen; ich muß anerkennen: die Einrichtungen waren so gut getroffen für die Auswanderer, daß sie als mustergiltig gelten konnten. In anderen Städten, namentlich in Hamburg und auch in Antwerpen, habe ich nicht gleich gute Unterkunft gefunden. Soviel zur Richtigstellung. Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Molkenbuhr. Abgeordneter Molkenbuhr: Meine Herren, ich möchte den Ausführungen meines Fraktionsgenoffen noch etwas hinzufügen und gleichzeitig auf das etwas entgegnen, was namentlich von dem Herrn Bundesrathsbevollmächtigten für Bremen hier vorgetragen worden ist. Was zunächst die Löhne der Kohlenzieher betrifft, so haben augenblicklich in Hamburg die Rheder sich veranlaßt gesehen, einen Lohnabzug vorzunehmen, und zwar motiviren sie denselben damit, daß die Bremer Firmen bedeutend niedrigere Löhne zahlen, und sie, die Hamburger, wenn sie (v) die bisher gezahlten Löhne fortgewähren würden, in Folge dessen konkurrenzunfähig wären. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1891
Bd.: 117. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-117

ID: 00018667
165 /558
... Im wesentlichen ist der Streik von 1889 das gewesen, was alle großen Streiks in der Regel sind: es ist eine gewittergleiche Erscheinung, es ist ein phänomenales Ereigniß gewesen, das hereingebrochen ist; sie ist auch wie eine Epidemie, wie eine Geisteskrankheit, wie die Cholera (Heiterkeit); sie kommt herein; es kann sich niemand ausschließen. (Zuruf links.) —1 Zum Theil! Die Anregung ist von außen gekommen, das nehme ich noch heute an; die Ausbreitung erfolgt epidemieartig. Aber, daß die Bergwerksbesitzer damit in Zusammenhang gebracht werden als Schuldige, das ist das ungeheuerlichste, was ich je gehört habe, und ich muß mich im höchsten Grade darüber wundern; daß die Folge eine große, ungesunde Steigerung der Preise gewesen ist, das ist leider wahr. (Zuruf links.) —1 Ja, meine Herren, ich bin in keiner Weise am Bergbau betheiligt; ich vertheidige den Bergbau durchaus nicht als Interessent; ich hänge mit keiner Faser damit zusammen; ich bin lediglich Konsument; ich leide selbst unter der Höhe des Preises, und nicht für mich als Konsumenten, sondern für alle Konsumenten bedaure ich, daß die Kohlenpreise auf solche Höhe gestiegen sind. Diese Steigerung ist aber nicht lokal für Deutschland, sondern sie ist eine internationale, weil auch international ähnliche Zustände herrschen. Aber, wenn der ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1891
Bd.: 122. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-122

ID: 00018672
166 /558
... einer Epidemie. Wahlversammlungen in kleineren Städten und auf dem Lande könnten mit Aussicht auf Erfolg nur an Sonntagen abgehalten werden, und da ein Kandidat sehr wohl in der Lage sein könne, an einem Sonntage an zwei oder drei Orten aufzutreten und somit im Voraus über seine Zeit disponiren zu müssen, so komme das Verbot der Versammlung zu einer bestimmten Stunde dem Verbote der Versammlung überhaupt an dem betreffenden Orte ziemlich gleich, zumal der Kandidat, um möglich viel Zuhörer zu haben, die Versammlung nicht in die Zeit des Hauptgottesdienstes legen werde. Welchen Einfluß die Beschränkung des Versamm-Inngsrechts im vorliegenden Falle auf die Wahl ausgeübt, sei ziffermäßig nicht festzustellen, zumal derartige Versammlungen nicht nur von den Bewohnern des Orts, sondern auch aus den benachbarten Gemeinden besucht zu werden pflegten. Nähme man aber auch nur an, daß die 309 Wahlberechtigten aus den Orten Ortrand und Uebigau, welche der Wahlurne fern geblieben, ihr Wahlrecht zu Gunsten des Gegenkandidaten ausgeübt hätten, so würde Dr. Clauswitz die alsdann 5015 betragende Stimmenmehrheit nicht mehr erreichen. Die Kommission erachtet deshalb eine Ermittlung der behaupteten Thatsachen für erforderlich, und zwar auch in Betreff Ortrands, weil der Marginalverfügung der Polizeiverwaltung vom 14. Oktober ein Amtssiegel nicht beigedrückt, ein Zweifel an ihrer Aechtheit mithin nicht ausgeschlossen ist. Von anderer Seite wurde dagegen geltend gemacht, daß die Einberufer der Versammlung die erforderliche Dis- ...

167 /558
... nach Analogie der Darstellung des Clauswitzschen Berichts im Falle einer Epidemie. Ebenso werde es nicht zu leugnen sein, daß bei Mangelhaftigkeit des Saales, in dem die Versammlung abgehalten werden soll, bei Feuergefährlichkeit und dergl. mehr die Ortspolizeibehörde befugt ist, die Versammlung zu verbieten. Mit welchem Rechte aber in diesen Fällen, wenn der Grundsatz unbedingte Geltung haben soll: Reichsrecht bricht Landesrecht, oder: das in §. 17 des Wahlgesetzes garantirte freie Versammlungsrecht steht über allen Polizeiverordnungen? Gerade der Reichstag habe bei Berathung des Wahlgesetzes auf die Heilighaltung des Sonntags und auf die Berücksichtigung der religiösen Gefühle besonderes Gewicht gelegt. Der sozialdemokratische Antrag, die Wahl selbst an Sonntagen abzuhalten, sei mit überwiegender Mehrheit abgelehnt worden. Wenn nun der Wahlakt, der ja ohne Zweifel viel weniger Aufregung mit sich bringe, als die Vorbereitungen zur Wahl, insbesondere die öffentlichen Wahlversammlungen, an Sonntagen ausgeschlossen sein sollte, so habe man sicherlich nicht die Beeinträchtigung der Sonntagsruhe, insbesondere während und zwischen den gottesdienstlichen Stunden durch den bei Wahlversammlungen üblichen Lärm und Aufregungen zulassen wollen. Die Frage der Beeinträchtigung der Sonntagsruhe und die Unzulässigkeit dieser Beeinträchtigung sei insbesondere vom Abgeordneten l. Windthorst bei den Verhandlungen über den Clauswitzschen Bericht hervorgehoben worden. Gegenüber den Ausführungen des Clauswitzschen Berichts seien daher noch folgende Stellen aus den damaligen Reden des Abgeordneten Windthorst hier angeführt (S. 1469 des Stenogr. Berichts 1882/83): Es besteht in der Provinz Sachsen die Polizeiverordnung, daß an den Sonntagen zu der angegebenen Zeit öffentliche Versammlungen überhaupt nicht stattfinden sollen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1891
Bd.: 124. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-124

ID: 00018674
168 /558
... Häufig auch kann die Impfung bei Ausbruch einer Epidemie nur ungenügend vorgenommen werden, da dem Arzt die nöthige Zeit öfters fehlt und er auch nicht immer ganz untadelhaften Impfstoff zur Verfügung hat. Es genügt nicht, daß geimpft wird, es müssen auch, besonders bei Erstimpfungen, gut entwickelte und genügende Pusteln vorhanden sein. Ein idealer Zustand wäre, daß bei Einschleppung eines Blatternfalles in eine Ortschaft die Bevölkerung in tolo unter dem Einfluß einer nicht zu alten, erfolgreichen Impfung sich befinden würde. Da jedoch dieser ideale Zustand nicht erreicht werden kann, so muß man sich ihm so viel wie möglich nähern, und dies findet mit dem in Deutschland durchgeführten System statt, welches, wenn auch noch vervollkommnungsfähig, doch dies staunenswerthe Resultat hervorgebracht hat, daß in den größten Städten mitten in einer dicht gedrängten Bevölkerung, die Pockenkrankheit so eingeschränkt bleiben konnte, daß nur ein oder zwei Todesfälle vorkamen. Außer den statistischen Beweisen stehen für die Schutzwirkung der Impfung ganz überzeugende Thatsachen zur Verfügung: als man die Impfung mit Kuhlymphe zuerst einführte, wollte man nicht glauben, daß so unscheinbare Flüssigkeit im Stande sein sollte, die erwartete Wirkung hervorzurufen, es wurden deshalb in England mehrere Tausend Menschen, welche mit Kuhpocken geimpft waren, nachträglich mit Menschenpocken nachgeimpft und nicht ein einziger der so Geimpften erkrankte, während doch die damals noch allgemein geübte Impfung mit Menschenpocken nie im Stich gelassen hatte. Später wurden dieselben Beobachtungen in Berlin, Paris, Wien, Neapel gemacht. ...

169 /558
... Im Kreis Cleve, wo im Sommer 1885 eine ausgebreitete Epidemie beobachtet wurde, sind auch sonst Hautausschläge ein außerordentlich häufiges Vorkommniß, so daß die Aerzte längst daran sich gewöhnt hatten, bei den regelmäßigen sanitätspolizeilichen Schulrevisionen und bei den öffentlichen Impfungen Hautausschlägen der verschiedensten Art, darunter auch impetigoartigen Formen zu begegnen. Die endgültige Entscheidung der Frage, ob die Impfung als die Ursache der Krankheit angesehen werden muß, ist erst von weiteren Untersuchungen zu erwarten. Andere Komplikationen, wie starke Entzündungen der Haut in der Umgebung der Impfpusteln, Anschwellung und Entzündung der benachbarten Lymphdrüsen, Entzündung und Eiterung des Unterhautzellgewebes, Rothlauf, Verschwärung oder brandige Beschaffenheit der Impfpusteln können in der großen Mehrzahl durch Reinhaltung der Impfstellen, Verhütung ihrer Verletzung, durch Sorgfalt und Pflege gänzlich vermieden werden. Die Schädlichkeiten sind, wo dieselben geschehen, sehr zu beklagen, doch sind sie nicht auf Rechnung der Impfung an sich, sondern auf Rechnung der früheren Methoden derart, wie dieselbe praktisch gehandhabt wird, dem Leichtsinn der Eltern zuzuschreiben. Es wäre deshalb sehr unlogisch und ungerechtfertigt, die Impfung selbst oder den Impfzwang deshalb aufheben resp. beseitigen zu wollen; vielmehr könne es sich nur darum handeln, das technische Verfahren immer mehr zu vervollkommnen und die Eltern auf die nöthigen Vorsichtsmaßregeln mit Strenge aufmerksam zu machen. Den Schutz gegen die Pocken gewährt uns die Impfung in der Regel, Schädigungen sind nur seltene Ausnahmen. ...
... Während der großen Epidemie von 1871—1872, zu einer Zeit, wo die Impfungen noch obligatorisch im Kanton waren, waren nur 15 Kinder desselben Alters gestorben, trotzdem die Gesammtsterblichkeit fast das Doppelte derjenigen von 1884—1886 betragen hatte. Was die Bittschriften gegen die beim Militär eingeführten Revaccinationen betrifft, ist es kaum denkbar, daß die Petenten auch nur die geringste Einsicht in die Frage vorgenommen haben. Der günstige Einfluß der Wiederimpfung ist ganz insbesondere durch die in der deutschen Armee erlangten Resultate klargelegt, wenn man diese mit denen der französischen und österreichischen Armee vergleicht. Ich will nicht an die vergleichende Sterblichkeitsstatistik der Jahre 1870 bis 1873 erinnern, die allseits bekannt ist; ich erinnere nur daran, daß in der zehnjährigen Periode von 1876 bis 1885 Oesterreich jährlich im Mittel 52 Soldaten an Pocken verliert, Deutschland während der vollen zehn Jahre mit einem stärkeren Kontingent nur einen Soldaten verloren hat. In Frankreich ist das Verhältniß etwas besser, insofern es mit einem höheren Kontingent als Oesterreich 55 Soldaten jährlich verloren hat. Dies beweist zur Genüge, daß mit dem Wiederimpfungszwang allein, der in Preußen seit 1834 bei der Armee eingeführt ist, ein erfolgreiches Ziel zu erreichen ist. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1892
Bd.: 120. 1890/92
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-120

ID: 00018670
170 /558
... Kaffen erlaubt ist, Nichtärzte bei sich anzustellen, so werden dieselben ja ohne Zweifel auch bei epidemischen Krankheiten gerufen werden; und es ist doch wohl von der größten Wichtigkeit, wenn es sich darum handelt, einer Epidemie vorzubeugen, daß man dieselbe gleich an der Wurzel anfaßt und nicht wartet, bis sich viele Fälle ausgebreitet haben. Selbst auf dem platten Lande, bei dünn bevölkerter Gegend kann die Verkennung eines einzigen Falles schwere Folgen herbeiführen. Schon dieser eine Punkt genügt, um erkennen zu lassen, welche Gefahren hier durch Förderung der Kurpfuscherei dem Gemeinwohl erwachsen können. Ich möchte Sie nun bitten, den Antrag des Herrn von der Schulenburg anzunehmen; ich habe mir erlaubt, zu beantragen, daß zwischen den Worten „ist und „vor die Worte „nur dann eingeschaltet würden, damit jeder Zweideutigkeit der Fassung vorgebeugt wird. Ich will noch bemerken, daß in Oesterreich und in anderen Staaten, die dem hochherzigen politischen Vorgehen Deutschlands gefolgt sind und nach Muster der deutschen Gesetzgebung die Krankenfürsorge für die Arbeiter eingeführt haben, die Kurirfreiheit nicht existirt. Soviel mir bekannt, hat sich auch nicht die geringste Schwierigkeit betreffs der ärztlichen Versorgung der Octskrankenkaffenmitglieder gezeigt. Ich glaube, wenn Sie den Antrag von der Schulenburg mit meinem Unterantrag annehmen, daß Sie für die öffentliche Wohlfahrt ein gutes Werk thun. (Lebhaftes Bravo.) Präsident: Das Wort hat der Herr Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Regierungs- (y-, rath Vodel. Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath für das Königreich Sachsen, Geheimer Regierungsrath Bodel: Herr Dr. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1893
Bd.: 127. 1892/93
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-127

ID: 00018680
171 /558
... Ueberhaupt sind Streiks dieser Art wie eine Art Geisteskrankheit, eine Epidemie, die über die Menschheit fällt ohne (2) verständlichen Grund. In dem Revier an der Ruhr haben die Leute alle Ursache gehabt, den Zechen dankbar zu sein dafür, daß sie nicht schon seit einem Jahr begonnen haben mit starken Ablegungen der Arbeiter, sondern daß sie sich bestrebt haben, thunlichst die ganze Arbeiterschaft zu behalten, was allerdings nur dadurch möglich gewesen ist, daß man namentlich der jüngeren Leuten Feierschichten hat auferlegen müssen. Aber sicherlich war es richtig sowohl vom sozialpolitischen Standpunkt aus, von ihrem geschäftlichen Standpunkt aus, als auch im Interesse der Arbeiter, daß man die Arbeiter möglichst im Distrikt erhielt. Diejenigen Führer, die heute leichtsinnigerweise die Arbeiter in Westfalen in den Streik hineingehetzt haben, haben eine unendliche Verantwortlichkeit auf sich geladen, daß sie jetzt den Arbeitgebern die Frage zweifellos nahe legen werden, wieviel Zehntausende von den Arbeitern in Westfalen überflüssig sind, wieviele von den Zehntausenden entlaßen werden können. Wenn die gesammte Belegschaft, meine Herren, die heute noch in Westfalen aussteht, nicht zurückkehrt zur Arbeit, so kann vielleicht die einzelne Zeche dadurch periodisch und momentan eine Schädigung erfahren, der Gesammtbezirk nicht. Der Bezirk hat im Beginn des neunundachtziger Streiks eine Belegschaft gehabt von 100 000 Arbeitern; diese Belegschaft ist gestiegen auf über 130 000. Diese Zahlen zeigen am besten, wenn Sie gleichzeitig die Zahlen der Produktion daneben halten, und wie die Produktion pro Kopf zurückgegangen ist, daß mit weniger Arbeitern bei besserer Leistung auszukommen sein würde. ...

172 /558
... Das ändert nichts daran, daß hier Hilfe geleistet werden muß, auch wenn durch die Starre des Winters dieser Nothstand jedes Jahr wiederkehrt, oder wenn er durch die herrschende Epidemie erklärlich geworden ist. Es ist ferner damit auch nicht die Behauptung meines Genossen Liebknecht widerlegt, daß der Nothstand durch die heutige kapitalistische Produktionsweise zu erklären ist. Es ist Thatsache: wenn wir die heutige anarchistische Produktionsweise nicht hätten, wenn nicht schon in der guten Zeit viele Arbeiter arbeitslos würden, dann würde die durch den Winter oder durch Seuchen hervorgerufene Arbeitslosigkeit nicht einen solchen Umfang wie jetzt annehmen. Ein weiteres Bild über den vorhandenen Nothstand dürfte die Thatsache liefern, daß in München die Zahl der Mitglieder der Ortskrankenkaffe 8 von sonst durchschnittlich 10bis 12 000 auf etwa 7000 herabgegangen ist; krank sind 772 Mitglieder, die übrigen 2- bis 4000 größtentheils ohne Arbeit und Verdienst. Damit habe ich wohl den Beweis erbracht, daß thatsächlich die Arbeitslosigkeit im großen Maßstabe vorhanden und ein allgemeiner Nothstand als bestehend anzusehen ist. Welches sind nun die Mittel zur Abhilfe? Es ist schon in der Begründung der Interpellation von meinem Genossen Liebknecht hervorgehoben worden, daß vor allen Dingen die Gemeinde, dann der Staat und in letzter Linie das Reich herangeholt werden müssen, daß ferner eine Herabsetzung der (U) Arbeitszeit jedenfalls dazu beitragen würde, die Zahl der Arbeitslosen zu vermindern. Was nun von Seiten der Kommunen geschieht und geschehen ist, habe ich Ihnen vorhin kurz bei der Mannheimer Behörde gezeigt. ...

173 /558
... Wenn zu viel Aerzte im Lande sind, können wir doch nicht eine Epidemie herbeiwünschen, um den Aerzten Gelegenheit zu geben, ihren Lebensunterhalt zu beschaffen! Ich bin der Ansicht, daß die Zahl der Bankiers und die Kommissionsgeschäfte sich nach den Verhältnissen des Kunden richten müssen, und nicht die Kunden nach den Bankiers. Ich komme zum Schluß und möchte auf eine Ausführung (L) in der Petition Hinweisen, die mich schmerzlich berührt hat. Es ist gesagt worden: Es wird sich die verminderte Aufnahmefähigkeit und Unternehmungslust in erster Linie in dem Kurse der 3prozentigen deutschen Anleihen bemerkbar machen. Die Placirung großer Beträge ist ohne große Unterstützung seitens der Börse undenkbar, da diese in erster Linie als Sammelbassin dient, von dem aus dem Publikum die meist relativ kleinen Beträge zugeführt werden. Es liegt daher die Befürchtung nahe, daß in Folge der gehemmten Geschäftsthätigkeit bereits die nächstjährige Emission von 3prozentigen Reichsanleihen nur zu einem wesentlich niedrigeren Kurse Aufnahme finden werden, und daß der hieraus resultirende Ausfall den eventuell zu erwartenden Mehrertrag der Steuer weit übersteigt. Und an einer anderen Stelle einer anderen Eingabe der Berliner Kaufmannschaft wird gesagt: Wir hegen die ernste Besorgniß, daß im Fall der Erhöhung der Börsensteuer eine Anzahl angesehener Firmen ihre Geschäfte liquidiren oder den Schwerpunkt derselben in das Ausland verlegen werden. Ich bin der letzte, der die Bedeutung guter Beziehungen der Regierung zu den großen Finanzkräften verkennt. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1893
Bd.: 128. 1892/93
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-128

ID: 00018681
174 /558
... Sie erinnern sich, daß von einzelnen Seiten, von den Schwärmern für Leichenverbrennung, das Ansinnen gestellt worden ist, auch hier in Berlin, aber auch in Hamburg, daß die große Gefahr der Epidemie dazu dränge, nunmehr zur anderen Bestattungsart überzugehen. Ich freue mich, daß im ganzen übrigen Deutschland nirgendwo auf diese Lockspeise angebissen wurde. Andererseits bedaure ich aber, daß der Magistrat und die hohe Regierung in Hamburg sich doch dazu haben bringen lassen, eine Konzession für die Benutzung eines Apparats für die Leichenverbrennung zu ertheilen. Nach meiner Meinung — rind ich meine, ich gehe darin nicht zu weit — sind es nicht die (6) Vertreter unserer asten, christlichen Traditionen und der Ueberlieferungen unserer Väter, sondern es sind ganz andere Persönlichkeiten, die uns diese Leichenbestattung gewissermaßen aufdrängen wollen. Darum beklage ich, daß eine so hoch angesehene Stadt, wie es Hamburg ist, eine alte, freie Reichsstadt, nun auch eingewilligt hat zu einer Einrichtung, die nach meiner Auffassung in weiten Volkskreisen ein Aergerniß ist. (Oho! links.) —1 Vielfach! Ja, meine Herren, das werden Sie von allen, jedenfalls von sehr vielen Seiten bestätigt erhalten: es ist für eine christliche Gesinnung, für ein christliches Gemüth ein Aergerniß. (Widerspruch links.) Der Vorgang ist meines Erachtens in keiner Weise geeignet, dazu beizutragen, daß dem Volke die Religion erhalten werde, Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Goldschmidt. Abgeordneter Goldschmidt: Meine Herren, ich nehme das Wort, weil ich in einer früheren Session Referent für eine Petition, welche die fakultative Feuerbestattung zum Gegenstände hatte, gewesen bin. ...

175 /558
... Ich muß mir selbst vorbehalten für den Fall, daß in diesem Gesetzentwurf die Feuerbestattung für Zeiten einer Epidemie nicht vorgesehen sein sollte, seiner Zeit mit Anträgen vorzugehen, welche eine derartige Abänderung des Gesetzentwurfs bezwecken. Es ist in Hamburg sehr schmerzlich empfunden worden, daß erst nach geraumer Zeit sich der Senat entschloß, mit derartigen Maßregeln vorzugehen, und der Gesetzentwurf, der schließlich auch zur Annahme in Hamburg gelangte, war durch die Nothwendigkeit erzwungen. Die Epidemie hatte einen solchen Umfang angenommen, daß die Feuerbestattung in der That als ein Gebot der Nothwendigkeit erschien. ...

176 /558
... Ja, meine Herren, vergessen Sie denn dabei ganz und gar, daß, wenn eine Epidemie auftritt und so sehr viel Leichen auf einmal vorhanden sind, dann deren schleunige Bestattung. absolut nicht erzwungen werden kann? Wir in Berlin muffen unsere Leichen eine Meile weit vor die Thore transportiren, wenn wir sie beerdigen wollen. Wie ist deren Beerdigung dann möglich, wenn während der Seuche zehnmal mehr sterben als zu gewöhnlichen Zeiten? In diesem Falle würde die Wohlthat der Krematorien sehr deutlich hervortreten. Ich meine also, Sie sollten sich das doch zehnmal überlegen, ob Sie nicht.diese Einrichtung mit etwas günstigeren Augen ansehen können. Bedenken Sie doch. meine Herren, daß es vorläufig nicht obligatorisch eingeführt werden soll, sondern daß es fakultativ eingeführt werden soll! Und dann muß Herr Dr. Lingens so gut sein und muß jedem von uns und unserem christlichen Bewußtsein überlaffen, wie wir mit unserem Christenthum fertig werden. (Sehr richtig! links.) Wir Protestanten verlangen absolut keine Bevormundung in dieser Beziehung, und deshalb kann sich auch kein Anderer herausnehmen, uns in dieser Beziehung bevormunden zu wollen. Meine Herren, wenn das unsere Ueberzeugung ist — und wir haben hier eine große protestantische Bevölkerung —, dann ...

177 /558
... Ich glaube, wir können uns und dem ganzen Reiche dazu gratuliren, daß die Thätigkeit der berufenen Beamten und Organe uns vor einer weiteren Allsbreitung der Epidemie geschützt hat. (Bravo!) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Metzger (Hamburg). Abgeordneter Metzger (Hamburg): Meine Herren, es ist von dem Herrn Abgeordneten Endemann die Frage aufgeworfen worden, weshalb mein Kollege Frohme nicht auch die Hamburger Wasserverhältnisse in Betracht gezogen habe. Daraus gedenke ich hier des näheren einzugehen. Nachdem mein Kollege Frohme darauf hingewiesen hat, daß es wohl richtig wäre, in ein Seuchen- oder ein ähnliches Gesetz auch Bestimmungen über das Wohnungswesen unter Berücksichtigung der richtigen hygienischen Grundsätze aufzunehmen, so müßten meiner Ansicht nach Bestimmungen in Bezug auf die Trinkwasser- überhaupt Wasserversorgung namentlich für große Städte ebenfalls in ein Seuchengesetz aufgenommen werden. Es müßte, dünkt mich, sogar das Hauptaugenmerk auf die Wasserversorgung gerichtet werden; denn ich befinde mich wohl mit dem Herrn Kollegen Endemann in völliger Uebereinstimmung, indem auch ich der Ansicht zuneige, daß gerade durch die schlechte Trinkwasserversorgung Hamburgs die Katastrophe so große Dimensionen angenommen hat, ivie sie im vergangenen Jahre bei uns annahm. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1893
Bd.: 129. 1892/93
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-129

ID: 00018682
178 /558
... Es ist hervorgerufen durch die Choleraepidemie im vorigen Jahr und durch die Befürchtung, daß diese Epidemie vielleicht in diesem Jahr ihre Fortsetzung finden könnte. Warum hat man sich nun nicht darauf beschränkt, ein Gesetz lediglich zur Bekämpfung der (L)1 (Sehr rrchtrg!) Statt dessen hat man mit eingezogen die Pest, den Flecktyphus, das gelbe Fieber und die Pocken, und diese Krankheiten subsumirt unter den Begriff der gemeingefährlichen Krankheiten. Nun, meine Herren, die Pest ist seit 180 Jahren nicht in Deutschland gewesen. Ich zweifle, ob es unter diesen Umständen gerechtfertigt ist, sie noch als gemeingefährlich für Deutschland zu bezeichnen. Hat man denn überhaupt Erfahrungen, wie dieser Seuche bei unseren modernen Verkehrsverhältnissen zu begegnen sein möchte, oder bewegen wir uns hier ausschließlich auf dem Boden der Theorie? Die Pest entspringt doch sozusagen nicht bei uns in Deutschland, sie wird eingeschleppt, und bei unseren modernen Nachrichtenwesen, glaube ich, ist man sehr wohl in der Lage, geraume Zeit vorher ihr Herannahen zu beobachten. Ich sollte deshalb meinen, daß die Bestimmung im Z 1 ausreichen möchte, welche lautet: Durch Beschluß des Bundesraths können die vorstehenden Bestimmungen auf andere ansteckende Krankheiten ausgedehnt werden. Dann ist ferner in das Gesetz aufgenommen der Flecktyphus oder, wie er gewöhnlich genannt wird, der Hungertyphus. Das ist eine Krankheit, die allerdings epidemisch bei uns auftritt, aber doch nur lokal. Für sie ist ein schlechter Ernährungszustand der Bevölkerung Existenzbedingung und die Voraussetzung des Gedeihens und der Verbreitung. ...
... Nun sind, Gott sei Dank, die wirthschaftlichen Verhältnisse unserer Bevölkerung überwiegend derartig, daß die Erweiterung einer lokalen Epidemie zu einer allgemeinen Landesseuche nicht zu befürchten ist. Ich glaube, die Verhältnisse liegen hier ähnlich wie etwa beim Scharlach. Das Scharlach ist auch eine gemeingefährliche Krankheit und findet viele Opfer; aber als Epidemie tritt es nur in räumlich beschränkten Grenzen auf; und wenn man der Meinung gewesen ist, daß dem Scharlach gegenüber die Landesgesetze genügen, so sollte ich meinen, daß es auch der Fall sein müßte beim Flecktyphus. Dann sind die Pocken in das Gesetz aufgenommen. Ja, (6) die Pocken waren eine gemeingefährliche Krankheit, aber sie sind es heute nicht mehr, dank dem Impfzwangs. Einzelne Pockenfälle und wohl auch eine Mehrzahl kommen gewiß noch vor, namentlich in Grenzdistrikten, aber ich meine doch, daß die Pocken nicht mehr eine Landesseuche sind nach Art der Cholera. Es ist ferner noch aufgeführt das gelbe Fieber. Das gelbe Fieber ist eine Krankheit des heißen Klimas und der Tropen, es ist bei uns in Deutschland noch niemals beobachtet worden. Uebrigens haben wir bereits Vorschriften gegen das gelbe Fieber und zwar zur Kontrole der Schiffe, die aus Ländern kommen, in welchen es heimisch ist. Wenn wir nun bis jetzt, trotz des lebhaftesten Schiffsverkehrs noch keinen Fall von gelbem Fieber gehabt haben, so sollte ich meinen, daß der Schluß der richtige ist, daß die Bestimmungen genügen, nicht aber der, daß sie verändert und erweitert werden müssen. ...

179 /558
... Ich kann mir denken, daß, wenn eine Epidemie einmal ausgebrochen ist, es auch dem Laien nicht schwer fällt, im einzelnen Falle zu ermessen, ob ein Erkrankter von dieser Epidemie betroffen ist. Für die ersten Fälle aber ist es meines Erachtens durchaus nothwendig, daß ein Sachverständiger den Fall beurtheilt, und daß ein Sachverständiger die Diagnose stellt: hier ist eine Seuche, welche unter das Reichsseuchengesetz fällt, in Frage. Sodann aber, meine Herren, ist nur dadurch, daß man dem Arzt diese Verpflichtung auferlegt, die Erfüllung derselben sicherzustellen. Wenn Sie sich die Verhältnisse vergegenwärtigen, wie sie in den Familienhäusern der großen Städte bestehen, wie sie in einzelnen Familien bestehen, wo überhaupt ein des Schreibens kundiges Mitglied unter Umständen gar nicht vorhanden zu sein braucht, so werden Sie mir zugeben, daß der Einzige, von dem man mit Sicherheit eine sachverständige Erfüllung der Anzeigepflicht erwarten darf, der behandelnde Arzt ist.1 (v) Das versteht sich auch von selbst, daß dem behandelnden Arzt die Erfüllung dieser Pflicht auf das äußerste erleichtert werden muß, und zu diesem Zweck ist es sehr leicht, eine Vorsorge zu treffen. Der Arzt bekommt eine Postkarte, welche bereits so eingerichtet ist, daß er nur nöthig hat, darin bestimmte Rubriken auszufüllen, daß er also mit dieser Postkarte nichts weiter vorzunehmen hat als das, was der Herr Vorredner in der sogenannten Krankheitsbescheinigung dem Arzt auferlegen will. Wir werden daher, glaube ich, über diesen Punkt uns außerordentlich leicht verständigen. ...

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... Dank der ausgezeichneten Mitwirkung, die wir von Seiten der Landesbehörden, der Kommunalverwaltungen und vor allen Dingen unseres Gesundheitsamts und des Beiraths, der diesem Gesundheitsamt in gefahrvoller Zeit zur Seite gestanden hat, gefunden haben, so werden wir doch nur dann sicher sein können, einer künftigen Epidemie wirksam, schnell und mit dem von uns allen ersehnten Erfolge entgegenzutreten, wenn Sie uns durch dieses Gesetz die Vollmachten geben, welche wir für nöthig halten und allen Ernstes und dringend von Ihnen erbitten. (Bravo!) Vizepräsident Graf von Ballestrem: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Endemann. Abgeordneter Dr. Endemann: Meine Herren, ich stimme vollkommen mit dem Herrn Staatssekretär in das Lob ein, welches er den betreffenden Behörden für Bekämpfung der vorjährigen Choleraepidemie ertheilt hat; ich habe das früher schon bei anderer Gelegenheit hier erwähnt. Ebenso bin ich ihm dafür dankbar, daß er sich fest darauf steift: Art. 4 der Reichsverfassung giebt dem Reich das Recht, die Medizinalverfassungen der Einzelstaaten gewissermaßen zu ändern, resp. in eine andere gleichmäßige Form hineinzubringen. Ja, meine Herren, man muß das nun jetzt ja noch erleben, wie die Medizinalversassungen in den einzelnen Staaten verschieden M) sind. Ja selbst in den einzelnen Provinzen des Königreichs Preußen gelten noch Reste der früheren Medizinalverfassung. Ich erwähne nur meine Heimathsprovinz Hessen-Nassau, wo noch die Reste der kurhessischen, Hessen-Homburgischen, frankfurter, theilweise noch der hessendarmstädtischen gelten, die nicht durch das Uebergangsgesetz von 1867 vollkommen aufgehoben worden sind. ...


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