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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1894
Bd.: 137. 1893/94
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-137

ID: 00018722
101 /279
... Die Motive führen dazu aus, daß bei der leichten Übertragung der Maul- und Klauenseuche und bei dem Umstande, daß die geschehene Infektion bei den Thieren äußerlich nicht zu erkennen sei, es sich vernothwendige, nicht nur am Seuchenort die Abhaltung von Märkten und Thierschauen zu verhindern, sondern auch in weiterem Umkreise. Um den rechtzeitigen Erlaß von Verboten zu ermöglichen, vernothwendige sich die Streichung jener Bestimmung. Nachdem sich einige Kommisstonsmitglieder gegen die Vorlage ausgesprochen, erfolgte die Annahme derselben mit 13 gegen 5 Stimmen. In zweiter Lesung ward ebenso Artikel 4 unverändert angenommen. Artikel 5 neuer §. 29 r. Dieser Paragraph fügt zu den bisherigen Schutzmaßregeln eine neue — die Bekanntmachung des Ausbruches und des Erlöschens der Seuche — hinzu. Die Motive bemerken hierzu, daß es für alle Betheiligten wichtig sei, die räumliche Ausdehnung der Seuchen, namentlich der Maul- und Klauenseuche, zu erfahren, um ein Schutzmittel gegen den Bezug von Vieh aus verdächtigen Gegenden zu erlangen. Die neue Bestimmung ermögliche eine einheitliche Regelung der Publikation von Seuchennachrichten. Nach kurzer Diskussion ist Artikel 5 einstimmig angenommen. Das Gleiche geschah in zweiter Lesung. Artikel 6 neuer §. 44 a. In diesem neuen Paragraphen werden besondere Vorschriften in Bezug auf die Maul- und Klauenseuche gegeben. Absatz 1 handelt von der in der Praxis häufig freiwillig angewendeten Impfung. Dieselbe bezweckt, den Verlauf der Seuche in einem befallenen Viehstande durch künstliche Ansteckung der gesunden Thiere abzukürzen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1895
Bd.: 141. 1894/95
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-141

ID: 00018726
102 /279
... Klimatische Leistenbubonen, das heißt Anschwellungen der Lymphdrüsen ohne vorangegangene venerische Infektion oder äußere Verletzung an den unteren Extremitäten, kamen fünfmal in Zugang. Derartige Trüsenerkrankungen werden in Deutsch-Ostafrika nicht selten beobachtet. Sie bilden sich nur ausnahmsweise spontan zurück, zuweilen vereitern sie, zumeist aber bleiben sie lange stationär, so daß sie in toto exstirpirt werden müssen. Wie man sich das Entstehen dieser Bubonen zu erklären hat, ist noch dunkel, Oberarzt Stendel war geneigt, dieselben als eine eigenthümliche Folge der Malarianoxe anzusehen; andere Aerzte neigten zu der Ansicht, daß die durch die starke Hauttranspiration bedingten Macerationen der Epidermis (oberflächlichen Hautwunden) hier und dort vielleicht an kleinsten Stellen Infektionserregern Einlaß gewähren und die entfernt gelegenen Lymphdrüsen zur Entzündung bringen. 8. Krankheiten der Cirkulationsorgane bei den Farbigen. 79 Zugänge --- 52,Z o,«« der Iststärke. Erwähnenswerth in dieser Gruppe sind nur folgende Fälle: 1 Fall von Entzündung des Herzbeutels; derselbe erforderte bis zur völligen Heilung eine 18 tägige Lazarethbehandlung. 6 Fälle von Herzklappenfehlern (1 Bestand, 5 Zugänge); einer dieser Patienten wurde, da die Kompensationsstörungen sich immer wieder einstellten, als nicht mehr brauchbar in die Heimath entlassen, die übrigen wurden aus den Feldkompagnien in diePolizeiabtheilungen versetzt, bei denen ihnen Märsche und schwerere Dienstverrichtungen nicht zugemuthet zu werden brauchen. 3 Fälle von nervösem Herzklopfen (Spalte 67) wurden ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1896
Bd.: 145. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-145

ID: 00002758
103 /279
... wiederholt worden; man hat sich nicht damit begnügt, die geimpften Kinder künstlich durch die Inokulation zu infiziren, sondern man hat sie in Betten von Pockenkranken schlafen lassen, man hat ihnen Hemden von solchen angezogen, ohne daß, abgesehen von vier Fällen zweifelhaften Erfolges, in einem einzigen Versuch unter tausenden die Infektion gelang. Das ist ein unanfechtbarer wissenschaftlicher Beweis für den Impfschutz, und die Richtigkeit der Beobachtung Jenners hat sich durch (ö) die Erfahrungen eines vollen Jahrhunderts bestätigt. Auf die Jmpfschädigungen einzugehen, will ich mir versagen; zu dem, was die Denkschrift darüber enthält, ist wesentlich neues hier nicht vorgebracht worden. Nur der Versuche des Herrn Dr. Landmann in Frankfurt a. M. möchte ich kurz Erwähnung thun. Dieser Arzt glaubte gefunden zu haben, daß die in der Schutzpockenlymphe enthaltenen Bakterien an den zuweilen nach der Impfung auftretenden Reizerscheinungen schuld sind. Angesichts dieser Thatsache, meinten die Herren Vorredner, müßten wir wohl endlich in eine Erwägung darüber eintreten, ob die Impfung noch aufrecht erhalten werden kann. Ja, die impfgegncrische Presse hat sich noch stärker ausgedrückt. Ein Blatt schrieb: Angesichts der Befunde des Herrn Dr. Landmann gehöre der „Muth des Verbrechers dazu, noch weiter für die Impfung einzutreten. (Sehr richtig! links.) Nun, meine Herren, wenn Sie noch ein wenig Geduld haben, dann werden Sie aus der Feder berufener Vertreter der Wissenschaft eine eingehende Widerlegung dieser Landmannschen Befunde bekommen. Bereits in der Denkschrift des Kaiserlichen Gesundheitsamts und kürzlich auch vom Regierungstisch des preußischen Abgeordnetenhauses ist erklärt worden, daß Dr. Landmann sich geirrt hat. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 148. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-148

ID: 00002761
104 /279
... Es ist konstatirt in einzelnen Fällen, daß erst 18 bis 21 Tage nach der thatsächlich vorgekommenen Infektion wirklich der Ausbruch der Krankheit stattfand. Diese Angaben entnehme ich einer Arbeit von Jsepponi im Schweizer Archiv, 1890. Dann käme in Frage die sogenannte Tenazität, das Verharren des Krankheitskeimes im Thier beziehungsweise in seinen Abgängen. In Beziehung darauf hat man auch im Laufe der Jahre Erfahrungen gemacht, die uns mehr und mehr veranlassen müssen, vorsichtig zu sein. In einem verseucht gewesenen Stall sind noch zwei Monate nach Erlöschen der Seuche Thiere erkrankt, und erst nach drei Monaten war der Stall nicht mehr fähig, eine Ansteckung zu übertragen. Ich glaube nicht, daß den Herren diese lange Dauer der (0) Tenazität bekannt gewesen ist. Also die lange Dauer der Tenazität und die Ausdehnung der Jnkubationsdauer, die wissenschaftlich bis auf 21 Tage festgestellt ist, muß es uns nahelegen, mehr als bisher uns gegen die Uebertragung der Seuche zu schützen. Wir werden erkennen müssen, daß uns die Quarantäne von zehn Tagen einen Schutz gegen die Einschleppung der Seuche in keiner Weise gewähren kann. (Sehr richtig! rechts.) Ich bin in der Lage, Ihnen Mittheilungen zu machen aus Petitionen, die man vorhat aus den Kreisen der landwirthschaftlichen Vereine der Unterelbe an den Herrn Reichskanzler zu richten. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1897
Bd.: 151. 1895/97
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-151

ID: 00002764
105 /279
... Für die Infektion mit Tuberkulose von den Verdauungsorganen aus sind vornehmlich die Säuglinge empfänglich; diese bleiben aber bei der Ansteckungsgefahr durch Butter außer Betracht. Bei älteren Personen kommen Tuberkuloseansteckungen von den Verdauungswegen aus seltener vor, und diese wenigen Fälle dürfen keineswegs nur der Butter zur Last gelegt werden, da noch zahlreiche andere Infektionsquellen vorhanden sind. Die Gefahr der Ansteckung mit Tuberkulose in Folge des Genusses von Butter scheint hiernach thatsächlich nicht groß zu sein. Es ist von vornherein anzunehmen, daß die Naturbutter im Allgemeinen reicher an Bakterien ist als die Margarine. In dieser Richtung angestellte Versuche haben das vorhergesehene Ergebniß gehabt. Franz Lasar (Archiv für Hygiene 1891, Bd. 13 S. 1) stellte durch eine Reihe von Versuchen fest, daß in 1 K Naturbutter (Süßrahmbutter) im Mittel 10 bis 20 Millionen Keime enthalten waren; in einem Falle fand er in 1 8 Naturbutter sogar über 47 Millionen Keime, in anderen Fällen erheblich weniger. Die Mikroorganismen der Naturbutter bestanden ausschließlich aus Bakterien, und zwar stets aus mehr festwachsenden, als Gelatine verflüssigenden Arten. In 1 8 Margarine fand Lafar dagegen nur 747 000 Keime; sie bestanden aus Bakterien, Schimmelpilzen und Sproßpilzen. Eingehendere Untersuchungen über den Keimgehalt des Oleomargarins, der Margarine und des Margarineschmalzes wurden ganz neuerdings von Max Zolles und Ferdinand Winkler (Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 1895, Bd. 20 S. 60) ausgeführt. Aus denselben ergiebt sich deutlich, daß der »Premierjas« und das Oleomargarin verhällnißmäßig bakierienarm sind, und daß die Margarine ihren höheren Keimgehalt wesentlich dem Milchzusatze verdankt. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1898
Bd.: 159. 1897/98
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-159

ID: 00002771
106 /279
... Seit Jahren ist die Infektion an Menschen konstatirt, seit Jahren fordern die Arbeiter Abwehrmaßregeln gegen diese heimtückische Krankheit, und erst jetzt haben die Vorschriften das Licht der Welt erblickt. Sind wir nun bereit, zuzugestehen, daß die Sache durchaus nicht so einfach liegt, daß die Verhältnisse, die als Grundlage zur Ausarbeitung der Vorschriften genommen werden mußten, erst sorgfältig geprüft werden mußten, geben wir gem zu, daß eine Menge Schwierigkeiten zu überwinden gewesen sind, so müssen wir doch unter allen Umständen darauf hinweisen, daß nach unserer Ueberzeugung da, wo Leben und Gesundheit von tausenden von Arbeitern auf dem Spiel steht, eine derartige Verzögerung unter keinen Umständen hätte Platz greifen dürfen, und daß diese Verzögerung unter allen Umständen entschieden zu verurtheilen ist. Herr Köhler, Direktor des Reichsgesundheitsamts, 96 ...

107 /279
... Wer kann ferner die Garantie übernehmen, daß nicht Haare von gefallenen Thieren zur Verarbeitung kommen, die doch Jnfektionsstoffe in sich haben und die Infektion der Menschen herbeiführen können! Im 8 2 wird vom Reichsamt des Innern vorgeschlagen: Die aus dem Auslande stammenden Pferde-, (v) Rinder- oder Ziegenhaare, Schweinsborsten oder Schweinswolle dürfen nicht eher in Bearbeitung genommen werden, bevor sie von dem Unternehmer desjenigen Betriebes, in welchem die Bearbeitung stattfinden soll, vorschriftsmäßig desinfizirt sind. Da verlangen die Arbeiter, daß nicht nur die ausländischen Pferde-, Rind- oder Ziegenhaare, oder das ausländische Material überhaupt desinfizirt werden müsse, sondern daß im Gegentheil alles Material, was zur Verarbeitung kommt, desinfizirt werden soll. Ich glaube, daß hier die Arbeiter vollständig im Recht sind, und zwar aus dem Grunde, weil man von dem Material niemals weiß, ob es nicht doch von gefallenen Thieren herrührt. Wir wollen ja ganz gem zugeben, daß in Bezug auf die Verbreitung des Milzbrandes in Deutschland weitgehende Bestimmungen getroffen worden sind; trotz alledem besteht die Gefahr, daß auch Material von verendeten Thieren zur Verarbeitung gelangt. Die Arbeiter kommen ja hier den Unternehmern insoweit entgegen, als sie bezüglich der Schweinsborsten, von denen die Unternehmer besonders behaupten, daß sie durch die Desinfektion gefährdet werden, sie die Desinfektion derselben nur insofern durchgeführt wissen wollen, als eine Schädigung des Materials nicht vorliegt. Nun sind in den Vorschriften verschiedene Desinfektionsverfahren vorgesehen, unter anderem auch die Vorschrift, daß die Desinfektion durch mehrstündiges Kochen in Wasser durchgeführt werden könne. ...

108 /279
... Aber eines hat er nicht erwähnt, daß eine fortwährende Uebertragung von Infektionskrankheiten stattfinden kann durch alles, was kreucht und fleucht, daß insbesondere in G) den Gehöften Ratten von einem Bezirk in einen anderen wandern, die Infektion verbreiten; daß Krähen, die herumfliegen, die Ansteckung verbreiten, und die Krähen und Ratten lassen sich auch nicht aufhalten, wenn sie plötzlich vor einem anders angestrichenen Grenzpfahl stehen; sie fliegen darüber hinweg und wandern über die Grenze hinüber. Nach dem heutigen Stande der Batterientheorie ist es einfach nicht denkbar, daß eine solche Absperrung vollkommen durchgeführt werden könnte. Ein Mittel giebt es aber nach meiner Anschauung, um den ungeheuren Schaden, der fortgesetzt unser Land wie alle anderen Länder durch die Viehseuchen trifft, zu verringern und einzuschränken; das ist das, was ich schon in der Viehseuchenkommission im vorvorigenJahre vorgeschlagen habe, die obligatorische Viehversicherung durch das Reich mit hinreichender Entschädigung derjenigen, deren Vieh von Krankheiten befallen wird. Es ist eine Thatsache, daß heute so viele Schäden dadurch angerichtet werden, daß die armen Besitzer es verheimlichen, wenn ein Erkrankungsfall eingetreten ist. Diese Verheimlichung entspringt der Nothlage des Besitzers. Würden die Leute wissen, daß sie eine hinreichende Entschädigung bekommen, so würden sie eher zu viel, als zu wenig anzeigen, und die Gefahr wäre damit vermieden. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1898
Bd.: 161. 1897/98
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-161

ID: 00002773
109 /279
... Hiernach konnte nach Ansicht der Kommission, wenn eine Infektion stattgefunden hatte, diese nur in der Zeit, während welcher der Kartoffelsalat im Bottich gestanden hatte, stattgefunden haben. Es mußten in dem Raum, in dem dieser Bottich gestanden hatte, Typhusbazillen vorhanden gewesen sein. Wie dieselben Ml hineingekommen sind, das zu erklären, ist außerordentlich schwer. Entweder können sie durch Menschen übertragen worden sein; diese Möglichkeit lag insofern vor, als in dem Raum einzelne Putzfrauen verkehrt haben, und auch ein Mann des Bataillons, der im Dezember an Typhus erkrankt war, noch kurz vor seiner Aufnahme in das Lazareth zum Kartoffelschälen kommandirt worden war. Die andere Möglichkeit ist die, daß die Kartoffeln selbst die Träger der Typhuskeime gewesen sind. Sie könnten die Bazillen aus dem Aufbewahrungsräume, der vom Typhus infizirt war, mitgebracht oder sie auch von Feldern, die vielleicht Latrinendung erhalten hatten, eingeschleppt haben. Das Schälen der Kartoffeln findet so statt, daß sie zunächst in Säcken aus den Aufbewahrungsräumen in den Schälraum gebracht, dort auf den Erdboden geschüttet und dann, wenn sie von den Leuten geschält sind, in ein besonderes Behältniß geworfen werden. Die Schalen werden auf den Boden geworfen, und wird der Raum demnächst nach Beendigung des Kartoffelschälens gereinigt. Es ist also denkbar, und das wäre die einzige Erklärung, daß in diesem Kartoffelschälraum Typhusbazillen vorhanden gewesen sind. Ist dieses aber der Fall gewesen, dann ist zu bedenken, daß der beste Nährboden für derartige Bazillen Kartoffelscheiben sind. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1899
Bd.: 166. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-166

ID: 00002778
110 /279
... Diese ganze Prozedur bleibt ohne Einwirkung auf eventuell vorhandene Milzbrandsporen, dieselben leben trotzdem munter weiter, und eine Infektion kann trotzdem stattfinden. Meine Herren, das ist der eine Punkt, den ich zu erwähnen hatte. Der andere Punkt, den ich unbedingt noch erwähnen muß, ist der Umstand, daß durch die Vorschriften das inländische Material von der Desinfektion ausgeschlossen ist. Wir vermögen thatsächlich nicht einzusehen, warum man diese Ausnahmebestimmung gemacht hat, und wir können das um so weniger einsehen, als in dem ersten Entwurf, der vorgelegt worden ist, thatsächlich die in- und ausländischen Materialien zur Desinfektion bestimmt waren. Wie kann denn jemand bestimmen, ob das Material aus dem Inland oder dem Ausland stammt? Ich bin überzeugt, daß es gar nicht selten vorkommt, daß jemand glaubt, inländisches Material zu kaufen, und thatsächlich ausländisches erhält. Vor allem ist in Betracht zu ziehen, daß bei der Verarbeitung das inländische und das ausländische Material zusammenkommt. Wenn nun künftig Ansteckungen erfolgen, so kann man überhaupt nicht unterscheiden, ob sie vom inländischen oder vom ausländischen Material kommen, weil auch die Desinfektionsmethode für das ausländische Material durchaus unzureichend ist. Meine Herren, wir haben kein Interesse daran, die Angelegenheit irgendwie agitatorisch auszubeuten, sondern uns liegt nur daran, endlich einmal dieser furchtbaren und abscheulichen Krankheit entgegenzuwirken. Wer schon einmal Gelegenheit gehabt hat, Milzbranderkrankte zu sehen, der wird alles aufbieten, um zu helfen, eine derartig (L) scheusliche Krankheit zu verhindern, und das ist nur möglich durch ein wirksames Desinfektionsmittel. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1899
Bd.: 172. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-172

ID: 00002783
111 /279
... Wenn wegen verspäteter Jsolirung bereits die Gefahr einer Infektion der Umgebung des Kranken vorlag, wie einmal unter den Haussa-Familien des Soldatendorfes, dann wurden die Verdächtigen in einen 250 w von der Jsolirstation errichtete Beobachtungsstation überführt und ärztlich kontrollirt. Auf diese Weise ließ sich einer Verbreitung der Krankheit bis jetzt mit Erfolg begegnen. Selbstverständlich wurden der gesammten Bevölkerung unentgeltliche Schutzimpfung angeboten; doch wurde davon nur sehr wenig Gebrauch gemacht*) Auf die Jsolirstation aufgenommen wurden im Ganzen 14 Dualla, 4 Angehörige der Truppe, 3 Kru-Neger (2 von Dampfern — 1 aus einer Faktorei). Davon starben 9, sämmtlich Dualla. Das beweist, daß die Seuche bei etwaigem Einbruch einen vorzüglichen Nährboden bei der Landesbevölkerung finden würde. An Komplikationen wurden beobachtet: Einmal Geistesstörung (Melancholie mit Wahn- und Verfolgungsideen) bei einem Kru-Neger; Ausgang in Heilung; einmal Vereiterung der Vorderkammern beider Augen nach Keratitis, und Bildung eines Ltapk^Ioma antieuw (theilweise Erblindung). Am 30. Juni waren noch 8 Kranke in Behandlung; doch waren neue Erkrankungen in den letzten acht Tagen nicht mehr erfolgt. — Als epidemisch konnte die Seuche zu keiner Zeit gelten, und es durften sich die Maßnahmen gegenüber dem Dampferverkehr darauf beschränken, daß der Regierungsarzt sich *) Die farbigen Gouvernemenisangehörigen waren natürlich geimpft. persönlich von dem Gesundheitszustand an Bord überzeugte, als die ersten Fälle von der Kruküste her eingeführt waren. Im September 1897 wurde das neue Europäerhospital seiner Bestimmung übergeben und mit einer kleinen Feier eingeweiht. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1900
Bd.: 170. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-170

ID: 00002781
112 /279
... Meine Herren, wenn Sie als eine Art moralischer Infektion betrachtet haben gewisse Sachen, die auf dem Gebiete der Kunst vorkamen, so handelt es sich hier um physisch greifbare Infektionen» die seit der Mitte, ich darf wohl sagen, des 13. Jahrhunderts zu einem immer größeren Uebel, zu einem Volksübel ausgewachsen sind, M) einem Volksübel, das zur Zeit beinahe größer ist als die Gefahr der Tuberkulose. Meine Herren, wir haben im letzten Jahre eine internationale Konferenz zur Verhütung der Syphilis in Brüssel tagen sehen. Es ist da von Seiten aller Kulturstaaten darauf hingewiesen worden, daß es dringend nothwendig ist, diesem Uebel entgegenzutreten, entgegenzutreten diesem Uebel. Wenn auch verschiedene Ansichten darüber geltend gemacht wurden, wie man ihm entgegentreten soll — darin waren alle Herren aus aller Herren Länder einig, daß es durchaus erforderlich ist, wenn man nicht Kulturvölker durch die Syphilis und syphilisähnliche Krankheiten verseuchen lassen wolle, vorzugehen, und zwar gesetzgeberisch vorzugehen. Meine Herren, die Seuche, die stattfindet auf dem Gebiete der venerischen Krankheiten, ist in der That eine außerordentlich erschreckende. Damals auf dem Kongreß hat für Deutschland ein Dr. Blaschko ein Gutachten abgegeben, und aus diesem Gutachten ergiebt sich, daß in einer geradezu erschreckenden Weise die Fälle von Syphilis stattgefunden, sich vermehrt haben. Ich will darauf hinweisen, daß nach der Mittheilung, die dort seitens des Herrn Dr. ...
... Blaschko gemacht ist, die Frequenz der venerischen Krankheiten in großen Reihen der Bevölkerungsschichten außerordentlich zugenommen hat- Auf dem Kongreß ist insbesondere beklagt, daß die gonorrhoeschc Infektion der männlichen Bevölkerung eine wachsende Tendenz sowohl dahin habe, daß sie die Nachfolge verkümmere, und dann noch in viel größerem Maße, daß sie das weibliche Geschlecht mit Krankheiten belege, von denen es gar nicht abkommen könne. Es wurde auf diesem Kongresse konstatirt, daß es eine durchaus irrige Ansicht wäre, wenn man etwa annehmen wolle, nur in den Kreisen der Prostituirten seien derartige Krankheiten vor- ...

113 /279
... Auf diesem Gebiet thut aber der vorliegende Entwurf nicht einen Schritt vorwärts gegenüber dem Entwurf von 1893, und das ist um so bedauerlicher, weil seitdem die Anschauungen über Infektion, die Anschauungen über ansteckende Krankheiten innerhalb der Wissenschaft sich bedeutend geändert haben, und die Meinung, daß nur durch einen Krankheitserreger, nur durch einen Mikroorganismus eine Krankheit über-(v) tragen werden könne, fallen gelassen ist. Diese Anschauung wird nicht mehr in dem Umfange aufrecht erhalten, wie sie damals besonders seitens des Herrn Professors Koch aufrecht erhalten wurde. Man ist vielmehr jetzt fast allseitig der Meinung geworden, daß die Disposition, die Empfänglichkeit bei der Infektion eine vorwiegende Rolle spielt. Deshalb muß in allererster Linie diese Disposition, einer solchen Krankheit zum Opfer zu fallen, bekämpft werden, und zwar nicht erst zur Zeit der Epidemie, sondern damit, daß man die großen Volkskreise, die ja hauptsächlich diesen Krankheiten zum Opfer fallen, die ärmere Bevölkerung schützt schon zu Zeiten, wo eine solche Krankheit nicht vorhanden ist. Und da erklärt heute, wie 1893, der Gesetzentwurf in seiner Begründung — dieses Jahr auf Seite 12: Die Vorlage beabsichtigt nicht, das weite Gebiet der Gesundheitspflege überhaupt zu regeln und Handhaben zur Hebung des Gesundheitszustandes im allgemeinen zu schaffen. Meine Herren, das ist die Bankerotterklärung Ihres ganzen Staatswesens auf dem Gebiete der Gesundheitspflege. Denn wenn Sie nicht die Gesundheitspflege im allgemeinen regeln können und wollen, können Sie auch nicht daran denken, daß Sie Epidemien wirksam bekämpfen. (Sehr richtig! links.) Das ist einfach nicht möglich! ...

114 /279
... Ich erinnere ferner daran, daß auch die Jnfizirten längere Zeit sich in einem scheinbar normalen, gesunden Zustande befinden können und dabei von außerordentlicher Anfteckungssähigkeit sind, nämlich während der Inkubationszeit, der Zeit, während der sich die Invasion zur Infektion verwandelt, wo sich die Spaltpilze am lebhaftesten vermehren, weil sie dann die vegetativste Form besitzen, in der sie sich am leichtesten fortpflanzen und übertragen. Diese Inkubationszeit beträgt bei Pocken 7 bis 21 Tage, bei Typhus 1 bis 28 Tage, bei Cholera 1 bis 15 Tage, bei Pest 3 bis 10 Tage! Schon während dieser Zeit, wo die Individuen noch gar keine Krankheitserfcheinnngen zu zeigen brauchen, sind sie außerordentlich ansteckend! Hierbei versagt also die Anzeigepflicht, die bei Erkrankung eintreten soll. Da nützen auch alle Jsolirungen nichts. Da ist eben der Beweis geliefert, daß, wenn man folcheSeuchen wirklich bekämpfen will, man prophylaktisch vorgehen muß, daß man also die einzelnen Individuen in eine solche Lebenslage zu bringen hat, daß sie genügenden Gesundheitsschutz in sich tragen, um die 704 ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1900
Bd.: 177. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-177

ID: 00002788
115 /279
... Insbesondere wird sich bei Aussatz, Cholera, Gelbfieber eine Desinfektion der Handelswaaren und der Reisegepäckstücke nur dann rechtfertigen lassen, wenn die Vermuthung einer erfolgten Infektion dieser Gegenstände nach der besonderen Lage der Verhältnisse näher begründet ist. Die Erfahrungen aus der letzten Choleraepidemie haben die Richtigkeit dieser Anschauung, soweit die Cholera in Betracht kommt, durchaus bestätigt. Wenn gleichwohl damals innerhalb des Waarenverkehrs in beschränktem Umfange Desinfektionen der Versandstücke angeordnet oder zugelassen worden sind, so geschah es weniger in der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit solcher Maßregeln als in dem Wunsche, der unter dem überraschenden Eindringen der Seuche in das Inland stark erregten Stimmung weiterer Kreise die auch im gesundheitlichen Interesse wünschenswerte Beruhigung zu verschaffen. Dies wird entbehrlich sein, wenn erst einmal durch Reichsgesetz die Grenzen festgestellt sind, in welchen nach dem Gutachten der wissenschaftlichen Autoritäten und nach der Meinung der gesetzgebenden Körperschaften von Desinfektionsmaßregeln eine nützliche Wirkung erwartet werden darf. Anders als bei Aussatz, Cholera und Gelbfieber ist die Sachlage bei Fleckfieber, Pest und Pocken. Hier kann der Krankheitsstoff schon durch die Berührung mit Gegenständen, welche ein Kranker benutzt hat, weilergetragen werden. Es liegt daher bei ihnen die Gefahr der Weiterverbreitung durch Waaren und Reisegepäck so nahe, daß es geboten erscheint, zum Schutze gegen diese Krankheiten die Zulässigkeit der Desinfektion gemäß Abs. 1 ohne weitere Einschränkung offen zu halten. 8- 20. Nach übereinstimmender Anschauung der Sachverständigen sind als besonders gefährliche Verbreiter der Pest die Ratten und Mäuse zu betrachten. ...

116 /279
... Daß die aus der Infektion eines Gegenstandes herzuleitende Werthverminderung bei der Wcrthsermittelung nicht in Abzug zu bringen ist, entspricht dem nach §. 59 des Viehseuchengesetzes für die Ermittelung des Schadens maßgebenden Grundsätze. Aus der Fassung des §. 28 ergiebt sich, daß im Falle bloßer Beschädigung Ersatz nur dann zu gewähren ist, wenn der Gegenstand so beschädigt ist, daß er in der bestimmungsmäßigen Art nicht mehr verwendet werden kann. 8-31. Im §.31 ist zur Vereinfachung des Verfahrens bestimmt, an wen die Entschädigung mit der Wirkung der Befreiung des Verpflichteten von allen weiteren Verbindlichkeiten gezahlt werden kann, wie dies auch im §. 60 des Viehseuchengesctzes geschehen ist. Die Vermeidung weitläufiger Ermittelungen über die Person des Berechtigten liegt im Interesse der mit den Seucheuangelegeuheiten befaßten und in Seuchenzeiten meist überlasteten Behörden. Die rasche Deckung des Schadens wird andererseits in der weit überwiegenden Zahl der Fälle mehr im Interesse der Betheiligten liegen, als eine unanfechtbare, aber vielfach auch langwierige Ermittelung des Forderungsberechtigten. 8-32. Im §. 32 sind die Fälle behandelt, in welchen für gewisse Gegenstände eine Entschädigung überhaupt nicht gewährt werden soll. Auch hier ist das Viehseuchengesetz im §.61 leitend gewesen. Bei Gegenständen, welche dem Reiche, den Einzelstaaten oder einer kommunalen Körperschaft (Gemeinde, Gutsbezirke, Kreis- oder Provinzialverband re.) gehören (Nr. ...

117 /279
... solche, welche sich ein für alle Mal schriftlich nach einem vorgeschriebenen Formulare dem Kreisärzte gegenüber verpflichtet haben, die Anordnung und Ueberwachung der Maßnahmen bei den von ihnen angezeigten Krankheitsfällen zu übernehmen) haben in jedem einzelnen Falle zu ermitteln, auf welche Weise die Infektion erfolgt ist?) Berechtigung des beamteten Arztes zu selbständigen Anordnungen. (Gesetzentwurf §. 9.) Der mit der Feststellung eines Krankheitsfalls amtlich beauftragte Arzt hat sich in fast allen Bundesstaaten darauf zu beschränken, bei der Polizei und Verwaltungsbehörde Anträge zu stellen und hierdurch die erforderlichen Maßregeln zu erwirken. Ausnahmen finden in nachstehenden Fällen statt. Preußen. Die Kreisphysiker haben bei festgestellter Cholera die Krankheitsquelle zu ermitteln und zu vernichten, sowie Anordnungen hinsichtlich der Desinfektion und Krankenabsonderung zu treffen?) Bei Gefahr im Verzüge kann der Kreisarzt?) wenn ein vorheriges Benehmen mit der Ortspolizeibehörde nicht Verfügung des Oberschulraths vom 29. August 1884 (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1885 S. 82). sh Hebammenordnung vom 24. Mai 1889 (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1889, Ergänzungsheft S. 85*). d°) Kantonal-Arztordnung von 1891/92 (Central- und Bezirksamtsblatt für Elsaß-Lothringen 1892 Nr. 1 und 26). Ministerialerlaß vom 3. August 1895, Anlage II, betreffend Ausführungsbestimmungen der Anzeigepflicht der Aerzte bei Erkrankungen rc., Ziffer 13 (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1896 S. 164).1 : ) Ministerialerlaß vom 27. Juli 1892 (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts S. 514). ) Gesetz, betreffend die Dienststellung des Kreisarztes rc., vom 16. September 1899 (Gesetz-Samml. S. 172). ...

118 /279
... Aus Häusern, in welchen Typhus-, Ruhr-, Scharlachoder Diphtheriekranke sind, soll Milch nicht verkauft werden, wenn nicht alle Maßregeln getroffen sind, welche die Infektion derselben unmöglich machen. Sind beim Auftreten von Typhus und Ruhr Nahrungsmittel infektionsverdächtig, so sind die zur Verhütung der Weiterverbreitung der Krankheit erforderlichen Maßregeln zu ergreifen.) Beschränkung des Schulbesuchs. (Gesetzentwurf §. 16.) Preußen. An ansteckenden Krankheiten leidende Kinder müssen aus den Schulen und anderen Anstalten, in denen ein Zusammenfluß von Kindern stattfindet, entfernt werden und sind nicht eher wieder zuzulassen, als bis ihre völlige Genesung und die Beseitigung der Ansteckungsfähigkeit ärztlich bescheinigt sind. Ebenso ist aus Familien, in welchen Jemand an Pocken, Scharlach, Masern und anderen, besonders Kinder gefährdenden ansteckenden Krankheiten leidet, der Besuch der Schulen und ähnlichen Anstalten denjenigen Kindern nicht zu gestatten, welche mit dem Kranken in fortwährendem Verkehre stehen?) Ausführliche Bestimmungen über Beschränkung des Schulbesuchs enthalten der Ministerialerlaß vom 14. Juli 1884?) die hinsichtlich der Lepra erlassene Ergänzung dazu . vom 19. Januar 1897 ») und der Ministerialerlaß, be-I treffend die Verhütung der Uebertragung ansteckender Augen- krankheiten durch die Schulen, vom 20. Mai 1898. ^) ! Beschränkungen des Schulbesuchs zur Bekämpfung ansteckender Krankheiten sind ferner vorgesehen in Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badei?), Hessen»), Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz), ) Verordnung vom 21. Juli 1886 §. 2, 4: §. S, 2: §. 7,4; §. 12, 6. iS) Ministerialerlaß vom 3. August 1896 Anlage Hl Ziffer 10 und 11 (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts 1896 S. 178). i)1 Sanitätspolizeiliches Regulativ §. 14. ...

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... Die Desinfektion ist dort, wo sie geboten erscheint, insbesondere wenn Orte, die dem öffentlichen Verkehre zugänglich sind, gefährdet erscheinen oder wo sonst eine Infektion zu besorgen ist oder stattgefunden hat, mit der größten Strenge durchzuführen. Im Uebrigen ist aber vor einer Vergeudung von Desinfektionsmitteln eindringlich zu warnen; unnöthige und unwirksame Desinfektionen bedingen unnützen Kostenaufwand und vertheuern die Preise der Desinfektionsmittel, verleiten aber auch das Publikum zur Sorglosigkeit in dem Gefühl einer trügerischen Sicherheit. Reinlichkeit ist besser als eine schlechte Desinfektion. 11.1 Der Kiel- (Bilge-) Raum der im Fluß- und Binnenschiffahrtsverkehre benutzten Fahrzeuge wird durch Eingießen von Kalkmilch (s. oben I Nr. 1), welche, sofern Raum und Ladung es zulassen, zuvor mit der zehnfachen Wassermenge zu verdünnen ist, desinfizirt. Die frisch zubereitete Desinfektionsflüssigkeit wird an verschiedenen Stellen des Kielraums dem Kiel-(Bilge-) Wasser — erforderlichenfalls unter Anwendung eines Trichters — zugesetzt und durch Umrühren mittelst Stangen oder dergleichen mit demselben gemischt. Von der Flüssigkeit muß soviel eingegossen werden, daß das im Bilgeraum entstehende Gemisch einen Streifen rothes Lackmuspapier stark und dauernd blau färbt; diese Prüfung ist nicht dort, wo die Kalkmilch zugesetzt worden ist, vielmehr an einer anderen geeigneten Stelle auszuführen, und zwar in der Weise, daß das Lackmuspapier vor etwaiger Berührung mit der Wandung, z. B. durch ein Blechrohr, geschützt ist. Wo die Raumverhältnisse es zulassen, wird die Desinfektion in der Regel am einfachsten durch Zusatz von soviel Desinfektionsflüssigkeit erreicht, daß die ursprüngliche Menge des Bilgewassers etwa verdoppelt ist. ...

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... Liegt der Verdacht einer schon geschehenen Infektion von Wasserentnahmestellen vor, dann ist die Ortsbehörde davon zu benachrichtigen, und es ist zu beantragen, daß verdächtige Brunnen geschlossen und die Anwohner infizirter Gewässer vor Benutzung derselben gewarnt werden. 7.1 Ist bei der Ankunft des Arztes bereits der Tod eingetreten, dann sind die Leiche und die Effekten derselben unter Aufsicht und Verschluß zu halten, bis zum Eintreffen des Medizinalbeamten oder bis seitens der Ortspolizeibehörde weitere Bestimmungen getroffen werden. 8.1 Ueber die Art und Weise, wie die Infektion im vorliegenden Falle möglicherweise zu Stande gekommen ist, ob dieselbe zu einer Weiterverschleppung der Krankheit bereits Veranlassung gegeben hat (Verbleib von infizirten Effekten u. s. w.) und über weitere verdächtige Vorkommnisse am Orte der Erkrankung sind Nachforschungen anzustellen. 9.1 Bei den ersten verdächtigen Fällen an einem Orte, bei welchen die Sicherung der Diagnose von größtem Werthe ist, wird von den Dejektionen des Kranken eine nicht zu geringe Menge in nicht desinfizirtem Zustande behufs bakteriologischer Untersuchung in ein reine» trockenes Glas zu füllen sein. Im Nothfalle genügen für diesen Zweck wenige Tropfen. Auch ein Stück der beschmutzten Wäsche kann Verwendung finden. Die wohl verpackten Gegenstände sind sofort unter Beachtung der nachstehenden „Anweisung zur Entnahme«und Versendung choleraverdächtiger Untersuchungsobjekte an die für den Bezirk bezeichnete Untersuchungsstelle zu senden. Z« Anlage VIII* Anweisung zur Entnahme und Versendung choleraverdächtiger Untersuchungsobjekte. 1.1 Die zur Untersuchung bestimmten Proben sind womöglich in ganz frischem Zustand abzusenden. ...


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