... Abgeordneter Graf von der Schulenburg-Beetzendorf (fortfahrend): Ich will mich also dahin korrigiern, daß nicht der Abgeordnete Mende selbstdas Aufsehen erregt hat, sondern daß es erregt worden ist durch die lange Debatte, die hier im Hause über die Angelegenheit geführt worden ist, und Sie haben die Bedeutung sogar noch gesteigert, indem Sie Namensaufruf beantragt hatten. Ich will gar nicht auf die Gladbacher Vorgänge zurückgehen; ich will fogar zugestehen, daß auch ich glaube, daß die Einschreitung der Polizei durch das Gesetz, insofern es die Auflösung betraf, nicht ganz gerechtfertigt gewesen ist. (Hört! links.) Ich glaube aber, daß die Polizei befugt war, den Abgeordneten Mende persönlich zu verhaften, und ich möchte um so mehr glauben, daß die Polizei in den gesetzlichen Schranken bei dem Tumulte, der dabei und nachher entstanden ist, sich bewegt hat, als meines Wissens in dem dortigen Kreise ein Landrath ist, der der nationalliberalen Partei angehört. (Heiterkeit, links.) Ich hoffe, daß die Herren (nach links) das Kompliment, was ich Ihnen mache, vollständig annehmen. Ich habe geglaubt, daß wir heute würden durch die Mittheilung empfangen werden, daß der Abgeordneter Mende bereits auf freien Fuß gesetzt sei, eine Mittheilung, die mir am allerangenehmsten gewesen sein würde, indem sie uns aller weiteren Erörterung überhoben hätte. ... ... Das ist indessen nicht geschehen, sondern der Untersuchungsrichter und der Oberprokurator sind bei ihrer Ansicht geblieben, daß seine Jnhafthaltung für den Gang der Geschäfte und für die Aufklärung der Thatsachen nach nothwendig und nützlich wäre, und der Abgeordnete von Bennigsen ist auch nicht im Stande gewesen, von hier aus, wo Raum und Zeit ihn trennen — trotz unsrer gesteigerten Verkehrsmittel, — hinreichend zu beurtheilen, ob wirklich noch viel darauf ankomme, daß der Abgeordnete Mende dort in Hast gehalten werde, oder nicht. Ich kann mich daher nur der Deduktion anschließen, die der Herr Referent in sehr ausreichender Weise, wie mir scheint, gehalten hat, daß der Reichstag vor der Frage steht: ist es wünschenswerther, daß der Gang des Gesetzes unterbrochen werde, damit der Abgeordnete Mende seiner Reichstagsthätigkeit wieder gegeben werde? Diese Frage muß ich mit „Nein beantworten. Ich will mich keineswegs, wie der Herr Abgeordnete Meyer (Thorn) eben angedeutet hat, auf eine Untersuchung der geistigen Kapizität eines Mitgliedes hier einlassen; aber ich glaube doch wohl auf den Umstand hindeuten zu dürfen, daß bis jetzt der Abgeordnete Mende sich fast gar nicht, glaube ich, in unserer Mitte befunden hat. Es scheint also ihm selbst aus seine Reichstagsthätigkeit nicht viel angekommen zu sein. Ich ersuche Sie also, meine Herren, lassen Sie dem Gesetze seinen Lauf. Der Richter wird bei der Feststellung des Thatbestandes nachher selbst auszuführen haben, in wie weit seine Behauptung gerechtfertigt gewesen ist, daß er den Abgeordneten Mende habe in Haft behalten müssen. ...
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