... Zch glaube, diese Frage, die der Herr Professor Virchow neulich in der hiesigen medizinischen Gesellschaft ausgesprochen hat, ist von so eminenter und vielleicht größerer Bedeutung, als die augenblickliche Pest in Astrachan, so daß ich bitten würde, diese Frage speziell zu beantworten. Zm übrigen glaube ich allerdings, so vorbeugend auch die Maßnahmen gewesen sind, daß wir doch durch diese eventuell nicht geschützt werden können vor dem Eindringen dieser oder irgend einer anderen Epidemie, und ich möchte bei dieser Gelegenheit noch auf etwas anderes aufmerksam machen und auch nach dieser Richtung hin mir eine Erklärung von der Negierung erbitten. Das wichtigste beim Entstehen einer Epidemie ist unzweifelhaft die Kenntniß über den ersten Fall, der überhaupt vorkommt. Gelingt es, diesen ersten Fall zur Kognition der Behörden zu bringen, so ist damit die Möglichkeit gegeben, dem Weitergreifen der betreffenden Epidemie vorzubeugen. Eine solche Kognition ist aber meiner Ansicht nach nur möglich dann, wenn eine obligatorische ärztliche Leichenschau besteht, und ich muß grade bei dieser Gelegenheit auf diesen Gegenstand zurückkommen. Zch glaube, daß es absolut nothwendig ist, mit Rücksicht auf die Epidemien, die uns vom Osten her in der Regel, und speziell von Rußland her, eingeschleppt werden, daß in den Grenzdistrikten unseres Reichs, speziell also in den Grenzkreisen der Provinz Preußen, Posen und Schlesien eine obligatorische ärztliche Leichenschau eingeführt wird, damit man sofort Kenntniß davon bekommt, wenn irgendwie eine Epidemie dort im Entstehen ist. Meine Herren, in einer sehr ausgezeichneten Arbeit des Medizinalraths Dr. ... ... Das gilt also in Bezug auf die Pest durch die Drüsenanschwellungen, das gilt in Bezug auf den exanthematischen Typhus durch die Blutunterlaufungen, die sich noch bei der Leiche finden. Zst es möglich, den ersten Fall, der in einem solchen Grenzkreise vorkommt, zu konstatiren, so ist damit die Möglichkeit gegeben, die betreffenden Orte zu isoliren und die Weiterverbreitung zu verhindern. Zch glaube, daß dieses eins der wirksamsten Mittel wäre, um in Zukunft uns vor dein Weiterdringen solcher Epidemien zu schützen, und ich möchte mir deshalb die Frage erlauben, welche Stellung dis Regierung zu dieser Frage einnimmt. Präsident: Der Herr Präsident des Reichskanzleramts hat das Wort. Präsident des Reichskanzleramts Staatsminister Hofmann: Zch möchte, um aus der Nichtbeantwortung einer Frage, die der Herr Vorredner an mich gerichtet hat, nicht etwa Beunruhigung entstehen zu lassen, nur bemerken, daß, was die Sanitätspflege der russischen Armee anlangt, keine Ursache vorliegt, zu bezweifeln, daß von Seiten der russischen Militärverwaltung alles geschieht, was nothwendig ist. Die russische Regierung hat selbst das dringendste Interesse, zu verhindern, daß durch die Rückkehr ihrer Truppen ansteckende Krankheiten in Rußland verbreitet werden. Es kommt hinzu, daß wir doch auch zunächst abwarten müssen, was unsere Kommission berichten wird. Die Kommission hat bis jetzt überall das größte Entgegenkommen von Seiten der russischen Behörden in dankenswerthester Weise gefunden, und ich zweifle nicht, daß man ihr auch in Bezug auf die Maßregeln, die zur Verhinderung der Verschleppung der Pest durch die Armee getroffen worden sind, bereitwillig Auskunft geben wird. ...
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