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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1878
Bd.: 50. 1878
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-50

ID: 00018397
141 /1820
... Rationelle Gesundheitspflege — behaupten die Petenten —, polizeiliche Maßregeln gegen die Verschleppung der Seuche durch Wollstoffe sei neben ausgiebiger Ventilation, Reinhaltung der Krankenzimmer, ein ausreichendes Mittel gegen die Pocken. Durch die Impfung werde das geimpfte Publikum gradezu in eine gefährliche Sicherheit eingewiegt. Die bisher ausschließlich stattgefundene Prüfung der Impffrage durch Aerzte gebe absolut kein Gewähr für die Sicherheit des Untersuchungsresultats. Diese könne nur erzielt werden durch eine Kommission, in der auch Nichtärzte, Statistiker und Juristen vertreten seien. Diese werde sicher ein anderes Verdikt fällen als die bisherigen Prüfer. Unter II. 477 reicht Herr Dr. Berthelen in Zittau die Schwäbisch Haller Petition auch in seinem Namen ein, hält sich aber für verpflichtet, drei von den Schwaben vergessene Punkte seinerseits nachträglich zu erwähnen, wie folgt: Wenn Eltern Muth genug besäßen, zu klagen, so verschmäh e in der Regel der Richter das Zeugniß der Eltern über die frühere Gesundheit des Kindes und sei nur auf das Placet der Herren Bezirksärzte angewiesen, welche theils aus Respekt vor dem Jmpfgesetz, theils aus kollegialischen Rücksichten Jmpfschädigungen nicht zugeben wollten. Zweitens werde die ärmere Volksklasse durch die Kosten der Impfung schwer geschädigt und gedrückt, indem die Massenimpfung einen jährlich en Aufwand von 1 Million ^ veranlasse. Hierzu seien aber noch zu rechnen die Strafgelder für Zmpfverweigerung, und die Kurkosten, welche durch den mittelst des Impfzwangs angerichteten Schaden veranlaßt würden. ...

142 /1820
... Durch die Erkrankung des Albert Behnke, sei aber die Jennersche Banntheorie der Seuche als irrig und das auf diese Irrlehre sich stützende Jmpfgesetz als ungerechtfertigt erwiesen. Die Krankheit des Kindes, sagt Petent sehr naiv, ist so mäßig, daß nicht zu fürchten steht, daß der Tod einen Strich durch meine Beweisführung machen dürfte. Damit nun jede weitere Täuschung der Gesetzgebung durch die Bekenner der Giftheilsirrlehre in Bezug auf die Bannunfähigkeit der Kuhpockenseuche für alle Zukunft verhütet werde, bittet er ganz ergebenst, der hohe Reichstag wolle sich durch Augenschein (Selbstschau) überzeugen, daß der vor iVs Jahren mit Erfolg geimpfte Albert Behnke an Pocken leidet. Das Einfachste wäre, meint Petent, die sofortige Absendung einer Kommission aus den Abgeordneten Thilenius, Zinn, Löwe, Laster und August Reiche nS- ...

143 /1820
... Daß die Seuche in den letzten Zähren eine so große Ausdehnung gewonnen, beweise nur, daß die Impfung bis dahin in unverantwortlich leichtsinniger Weise gehandhabt werde, und Tausende als geimpft im Buche ständen, die es nicht sind. Petent beschwert sich darüber, daß er gleichwohl wegen einer einfachen Adreffenverwechselung auf einem Impfschein von der Medizinalbehörde gerichtlich auf Fälschung verfolgt werde. Den Mitgliedern des hohen Reichstags könne es, meint Petent, nicht entgangen fein, daß in der neueren Zmpfliteratur die ganze Weisheit der Zmpfenthusiasten in einem verbissenen Schimpfen auf die Zmpfketzer, die den Glaubenszwang in der Wissenschaft bekämpften, bestehe, und daß für eine wissenschaftliche Zmpfpolemik den Wortführern des Zmpfglaubens jedes Verständniß abgehe. Bei der beispiellos solidarischen Glaubensdisziplin unter den Aerzten für das Zmpfdogma sei den Anhängem desselben im Reichstag und außerhalb desselben als das dringendste Zeitbedürfniß nur noch das Studium der Mystik zu empfehlen. Wie heute die Sachen stehen, fürchtet Petent zwar nicht mehr, daß der Reichstag über die impfgegnerischen Petitionen zur Tagesordnung übergehe. Wohl aber fürchte er, der Reichstag werde ohne tieferes Eingehen auf die durchschlagenden Gründe der Zmpfgegner das Zmpfgesetz einfach durch Majoritätsbeschluß aus der Welt schaffen. Diese Art, den verhaßten Impfzwang zu beseitigen, würde aber auf die Dauer das Volk nicht vor einem Rückfall in den alten Aberglauben schützen, denn bei dem großen Hang der Mediziner zur Heilmystik würde aus Anlaß der kleinsten Pockenepidemie eine neue Pockenpanik und mit dieser ein neues verstärktes Händeringen des Volkes nach Wiedereinführung des Impfzwanges entstehen. ...

144 /1820
... Neben der Fürsorge für die animale Lymphe fordere ferner, wie Referent meint, die Besprechung jener traurigen Vorfälle ganz gebieterisch dazu auf, daß die Regierung die Frage der Verbreitung oer Syphilis und ihrer Ursachen in ernste Erwägung ziehe und energische Mittel ergreife, um jener in ihren Wirkungen so verhängnißvollen Seuche abwehrend entgegen zu treten, wenn auch, wie bereits erwähnt, aus jenen Unglücksfällen ein Anlaß zur Aufhebung des Impfzwanges, wie ihn die Petenten verlangen, durchaus nicht zu entnehmen fei. Schließlich erwähnt Referent, daß noch zwei Petitionen zu Gunsten des Impfzwanges eingegangen sind. Die eine (Journal H. Nr. 710) von dem Bezirksimpfarzt Dr. Wendrikowski aus Ruß in Litthauen, welche konstatirt, daß seit Einführung der Revaccination in dortigen Gegenden keine epidemischen Pockenausbrüche vorgekommen seien, und ferner auf Grund einer sehr ausgiebigen Erfahrung die dem Impfzwang gemachten Vorwürfe widerlegt und für Aufrechterhaltung des Impfzwanges energisch eintritt. In einer zweiten Petition (II. 721) wird eine Broschüre über den Schutz gegen die Pocken dem Reichstag vorgelegt, in welcher das Heilverfahren des Petenten mitgetheilt wird, und sodann ganz praktische Vorschläge zu einem Jmpfreglement und ferner eine dem Petenten zugegangene Anerkennung seines Heilverfahrens von außerhalb, welche aber in ungarischer Sprache abgefaßt ist. Ein besonderes Petitum stellt die Petition nicht. ...

145 /1820
... 2.1 Denkschrift über das Vorkommen der Rinderpest in Deutschland während der Jahre 1872 bis 1877 und über die bei den Maßregeln zur Abwehr und zur Unterdrückung der Seuche gemachten Erfahrungen. Nr. 83. 3.1 Interpellation Dr. Thilenius, vr. Zinn, betreffend die Vorlegung eines Viehseuchengesetzes und eines Gesetzentwurfs wegen Ausstellung einer Viehseuchenstatistik. Nr. 26. 4.1 Bericht der Kommission für Petitionen über Petitionen von Vereinen und Einwohnern der Provinz Schleswig-Holstein, betreffend die zur Zeit in England und speziell für den Hafen von London behufs Verhütung der Einschleppung der Rinderpest bestehenden Beschränkungen der Einfuhr von Mastvieh. Nr. 2 ^1. Vogelschutz. Bericht der Kommission für Petitionen über Petitionen, betreffend den Erlaß eines Vogelschutzgesetzes. Nr. 2587V Volksvertretung in den Bundesstaaten. S. Verfassung. Waarenauktionen. S. Gewerbebetrieb 2. Waarenverkehrsstatistik. Gesetzentwurf, die Statistik des auswärtigen Wahrenverkehrs des Deutschen Zollgebiets betreffend. Nr. 179. Wahlbeeinflussung, Bestrafung derselben. S. Strafgesetzbuch. Wahlgesetz. Antrag Blos, Most, auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Wahlgesetzes und des Wahlreglements für den Deutschen Reichtag. Nr. 66. Antrag Frankenburger. Nr. 165. Wahlkreise. Antrag Blos, Most, wegen Vorlegung eines Gesetzentwurfs, welcher den Umfang und die Zahl der Reichstagswahlkreise nach den Ergebnissen der letzten amtlichen Volkszählung regelt. Nr. 67. Wahlprüsungen. 1.1 Mündlicher Bericht der 6. Abtheilung über die Erledigung des Reichstägsbeschlusses vom 10. April 1877, betreffend die Wahl des Abgeordneten Dr. Harnier im 4. Wahlkreise des Regierungsbezirks Kassel. Nr. 35. 2.1 Mündlicher Bericht der 5. Abtheilung über die Erledigung des Reichstagsbeschlusses vom 2. März 1877, betreffend die Wahl des Abgeordneten Dr. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 52. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-52

ID: 00018399
146 /1820
... Wir haben im Laufe dieses Jahrzehnts gesehen, daß von Zahr zu Zahr das Eindringen der Rinderpest in Deutschland immer häufiger geworden ist, und damit wachsen natürlich für die so werthvollen deutschen Viehstämme auch die Gefahren, die aus dieser pestartigen Seuche sich ergeben. Wir haben daher alle Ursache, uns auf das energischste gegen diese Pest zu wahren, und man kann gewiß der Reichsregierung nur zum Dank verpflichtet sein, wenn sie vorsorgende Maßregeln in Tit. 10 und 11 trifft, um die Mittel sich zu verschaffen, eine energische Bewachung der Grenzen eintreten zu lasten. Schon im Zahre 1873 hat eine der hervorragendsten Autoritäten im Veterinärwesen darauf aufmerksam gemacht, daß es vor allem die Aufgabe der österreichischungarischen Regierung sei, sich gegen den Osten von Europa abzusperren, wenn die österreichischungarische Monarchie nicht in die Lage kommen wolle, ebenso verseuchte Bezirke zu erhalten, wie es in Rußland selbst der Fall ist. Die neuesten Erscheinungen haben abermals gelehrt, daß die Pest immer weiter nach Westen vorrückt, daß immer weitere westlich gelegenere Bezirke in Rußland dauernd verseuchen, die vor einem Jahrzehnt noch seuchefrei waren. Dasselbe tritt in Oesterreich-Ungarn ein, und wir müssen heute schon die östlichen Provinzen Oesterreich-Ungarns ebenso gut zu den verseuchten Ländern rechnen wie die russischen Provinzen. Unter solchen Umständen bleibt uns nur übrig, wenn wir künftig je wieder darauf rechnen wollen, daß wir unsere Viehprodukte und namentlich unsere gemästeten Thiere nach dem Westen von Europa absetzen wollen, gegen die östlichen Nachbarn uns abzuschließen. ...
... Zch möchte daher die Regierung auffordern, die Grenzen mit aller Energie abzusperren und mit allen Mitteln dahin zu trachten, diese gefährliche Seuche von unseren Grenzen abzuwehren. Zch weiß, daß es in Zeiten der Defizits und der Geldknappheit, in denen wir uns befinden, nicht leicht ist, einen ganz neuen Posten in dem Etat, wie er hier in Titel 11 gefordert wird im Betrage von 355 000 Mark, zu bewilligen; aber ich bitte Sie, meine Herren, im Interesse der Sache und der Wichtigkeit des Schutzes, der hier ausgeübt wird, diesen Titel zu bewilligen. Endlich gestatte ich mir noch eine damit im Zusammenhang stehende Anfrage an das Reichskanzleramt zu richten. Zn Deutschland haben sich in den letzten Zähren die Viehseuchen, nicht die Rinderpest allein, namentlich auch die Lungenseuche und die Klauenseuche sehr weit verbreitet, und es haben sich in einigen Gegenden förmliche Seuchenheerden ausgebildet, von denen aus immer unser Viehstand bedroht wird. Die Regierung eines einzelnen Landes ist absolut nicht im Stande, bei dem großen Verkehr mit Vieh in Deutschland, hier Abhilfe zu schaffen, es ist das nur möglich, wenn wir zu einem deutschen Viehseuchengesetz kommen, welches die Materie einheitlich regelt, und es wäre mir sehr erwünscht, wenn ich bei dieser Gelegenheit vielleicht von seiten der Reichsregierung die beruhigende Erklärung bekäme, daß man mit aller Energie an der Beschaffung eines solchen Seuchengesetzes arbeitete. Präsident: Der Herr Präsident des Reichskanzleramts hat das Wort. ...

147 /1820
... Theils aus Unkenntniß, theils aus vermeintlicher Kenntniß der Krankheitssymptome, der Rinderpest, welche überdies außerordentlich variiren, wird es leicht dazu kommen, daß die nothwendige Anzeige, um die Seuche rechtzeitig zu bekämpfen, verschoben wird, und zwar ohne Uebelwollen, ohne Dolus, und wird eine Strafverfolgung nur in den allerseltensten Fällen eintreten können, da eben der Dolus nicht nachgewiesen werden kann. Der Krankheitsfall ist aber immer erst die Folge der Ansteckung, und geht mit der Anzeige erst des Krankheitsfalls eine sehr kostbare Zeit eventuell bis zu drei Wochen verloren, wo nothwendige Maßregeln gegen die Weiterverschleppung der Seuche versäumt werden. Ich meine daher, es wäre die Anzeigepflicht, die im tz 4 des Gesetzes vom Jahre 1869 stipulirt ist, etwa dahin auszudehnen, daß schon die Berührung von Vieh mit pestkrankem respektive pestverdächtigem Vieh zur Anzeige gebracht werden muß, also eine Erweiterung des tz 4 des Gesetzes vom Zahre 1869 dahin, daß außer der obligatorischen Anzeige des verdächtigen Krankheitsfalls dem Viehbesitzer und Viehhändler — was ich für sehr wesentlich halte — die Pflicht auferlegt werde, nach dem Bekanntwerden eines Seuchenheerdes die unmittelbare oder mittelbare Berührung des Viehbesitzes oder Viehtransportes mit dem Seuchenort anzuzeigen. Es würde dadurch durchaus keine Belastung der Viehbesitzer, des Publikums überhaupt herbeigeführt werden, und ich glaube, dem Eingreifen gegen die Rinderpest außerordentlich Vorschub geleistet werden. Es hat sich das gleiche Bedürfniß schon im Zahre 1877 gezeigt und zu Maßregeln unseres damaligen Herrn Bundeskommiffarius geführt, die ganz auf denselben Punkt hingehen. ...
... Zch glaube, es ist die rasche Tilgiing der Seuche im Zahre 1877 nur dadurch möglich gewesen, daß der Herr Bundeskommissar im ersten Momente seines Eintreffens in Hamburg alle Viehhändler auf das Polizeibüreau hat kommen lassen und von ihnen die Vorlegung der Geschäftsbücher verlangte, um festzustellen, wohin sie in den letzten 3 Wochen überhaupt Vieh transportirt hatten. Es ist damals diesem Ansinnen von Seiten der Viehhändler Folge gegeben worden; ich möchte aber doch darauf Hinweisen, daß sie hierzu gesetzlich nicht verpflichtet waren, und man würde die einzelnen zu solchen Angaben nicht haben zwingen können. Es scheint mir daher eine Vervollständigung der Gesetzgebung in dieser Richtung außerordentlich wünschenswerth. Auch die Instruktion von 1873 hat nach meiner Ansicht und den Erfahrungen, die ich in neuester Zeit gemacht habe, noch einzelne kleine Mängel. Zch will aber diese nicht weiter aufführen, um nicht weitläufiger zu sein, als für den Zweck nothwendig ist; sie würden sich bei einer etwaigen Revision der Instruktion, die ich für wünschenswerth halte, durch Vernehmung von Sachverständigen mit Leichtigkeit Herausstellen. Wenn ich nun so weit verschärften Maßregeln das Wort rede, so halte ich es für meine Pflicht, andererseits auch auf die Bestimmungen der Instruktion vom Zahre 1873 hinzuweisen, die meines Erachtens das Land ohne Noth schwer bedrücken. Zm tz 17 der revidirten Instruktion vom Jahre 1873 ist für den Fall des Auftretens der Rinderpest die Bildung von Seuchenschirmen angeordnet, welche in der Regel den Seuchenort in einer Entfernung von nicht weniger als 20 Kilometer umschließen sollen. ...

148 /1820
... Welches wird nun die Bestrafung sein dieser Uebertretungen, man kann wohl sagen angesichts der Kalamität, die dadurch über unser Land herbeigezogen ist, dieser Verbrechen, daß jemand leichtsinnig, um einen Gewinn zu suchen, das ganze Land der Gefahr der Seuche aussetzt? Nun, meine Herren, ich erlaube mir daran zu erinnern, wie das Gesetz wegen Bestrafung fahrlässiger oder verbrecherischer Einschleppung von Seuchen vorgebracht wurde, wie außerordentlich von der Seite, die für ihre Aufgabe hält, mehr für den Verbrecher wie für den ehrlichen Mann (Abgeordneter Dr. Lasker bittet ums Wort) bei Stellung der Strafsätze sich zu interessiren — Partei nehmen will ich nicht sagen —, (Zuruf links) aber die mehr Angst haben, daß dem Verbrecher zu viel ge- ...

149 /1820
... Zst in Folge der Zuwiderhandlung Vieh von der Seuche ergriffen worden, so ist im Fall des tz 1 auf Gefängniß nicht unter 3 Monaten, im Fall des tz 2 auf Zuchthaus bis zu 10 Zähren oder Gefängniß nicht unter einem Zahr zu erkennen, alsdann in einem milderen polizeilichen Fall auf Geldstrafe. Auf die vom Herrn Reichskanzler erwähnten Fälle paßt die von mir verlesene Nr. 2, also Zuchthaus bis zu 10 Zähren oder Gefängniß nicht unter einem Jahr, und dies ist doch wirklich eine so schwere Strafe, daß man nicht dagegen sagen kann, es wären zu milde Strafen angedroht. Meine Herren, bei der Verhandlung über jenes Gesetz wurde von meiner Seite hervorgehoben und auch von den landwirthschaftlichen Interessenten bestätigt, daß mit Strafen allein nichts genügendes geleistet werden könne, sondern daß es darauf ankommt, anderweitige Vorsichtsmaßregeln im Wege der Verwaltung zu treffen, daß das Begehen von Verbrechen verhütet werden soll, während die Repression allein gegen die Anlockungen des übermäßigen Gewinns nicht ausreichen würde. Diese Voraussage hat sich bewahrheitet in der Praxis, und der Herr Reichskanzler hat erklärt, daß ihm die Grenze nicht genügend bewacht zu sein scheine. Dahin die Korrektur zu richten, würde sachgemäßer sein, als die Richter mit verantwortlich zu machen in Kritiken, welche sie in den Augen des Publikums tief herabsetzen. Präsident: Der Herr Abgeordnete Saro hat das Wort. Abgeordneter Saro: Meine Herren, ich weiß nicht, ob meine Worte denselben Eindruck auf das Haus gemacht haben, den sie auf den Herrn Abgeordneten Lasker gemacht zu haben scheinen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 53. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-53

ID: 00018400
150 /1820
... Nun nehmen Sie auf der anderen Seite die ungeheuren wirthschaftlichen Störungen, die eintreten, wenn eine Seuche ausbricht im Innern des Landes. Wir haben ja ein hartes grausames Gesetz dafür, Beschränkungen der Freiheit der Bevölkerung ganzer Ortschaften und die größten wirthschaftlichen Störungen werden dadurch herbeigeführt, Störungen, die in gar keinem Verhältniß zu der Belastung durch den Zoll an der Grenze stehen. Die Preissteigerungen, wenn eine solche Kalamität eintritt, die in dem Preise des Fleisches stattfindet, sind so bedeutend, daß der Zoll dagegen verschwindet. Wir haben ja diese Erfahrung erst im letzten Jahre gemacht. Nun, meine Herren, wenn wir die Hoffnung haben könnten, mit dieser Verzollung und Betheiligung der Grenzbehörden eine einzige dieser Epidemien, die sich mit Blitzesschnelle, möchte ich sagen, über die weitesten Landschaften erstreckten, in der man einen Ochsen verfolgen kann, von der russischen Grenze bis an den Rhein, den er in wenigen Lagen erreicht hat, wo er krank wird, und den Ort verscheut, — wenn wir eine einzige Epidemie damit abwenden können, so ist der Einfluß, den der Viehzoll auf den Preis des Fleisches haben könnte, ausgeglichen und der Preis des Fleisches für weite Kreise ist sicher nicht dadurch gesteigert. Meine Herren, ich setze voraus, daß das Gesetz noch einen Unterschied machen wird zwischen fettem Schlachtvieh und magerem Vieh, was wohl ohne besondere Schwierigkeit geschehen kann. Was das Holz betrifft, so sind hier recht bedenkliche Meinungen aufgetreten, als wenn der Wald nur ein Luxus des Reichen wäre. ...

151 /1820
... Meine Herren, ich danke Ihnen, daß Sie mich angeregt haben, das jetzt gleich zu sagen: denn es beweist, daß wir Viehzölle absolut nicht.brauchen, sondern daß bereits die Grenzsperre, die der Seuche wohl absolut nothwendig ist, uns solche Preise gibt, wie wir sie nur wünschen können. (Bewegung — Zwischenrufe — Heiterkeit.) Meine Herren, ebenso wie die Preise für das Vieh gestiegen sind, sind auch die Preise für die Güter gestiegen. Zch glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich ausspreche, daß in der Regel und im Durchschnitt die Besitzer jetzt so viel Schulden haben, als die Gütetz vor 30 Zähren werth waren. (Hört! hört! — Bewegung.) Das dürfen Sie aber nicht — und ich bin stolz darauf, es sagen zu können — auf den Leichtsinn der Landwirthe zurückführen. Zch kann konstatiren, daß in der Landwirthschaft und bei den Landwirthen so wenig, wie überhaupt es sein kann, diese Schwindelzeit nachtheilig auf die Unternehmungen eingewirkt hat, sie ist etwas ergriffen worden davon; aber dem Landwirth kann man das nicht zum Vorwurf machen, daß, weil er das Geld billig hatte, nun schnell anfing, mit größeren Mitteln zu melioriren. So hat es sich bei den soliden Landwirthen — ich meine damit nicht Einzelne, sondern die ganze Gesammtheit will ich darunter verstanden haben — die Zeit über abgespielt. Meine Herren, wenn Sie nun diese Vorschläge des Bundesraths sehen, wie sie einwirken sollen auf die Landwirthschaft, so werden Sie mir zugestehen, daß es sich nicht der Mühe verlohnen würde, noch zu sprechen in Bezug auf den Einfluß, den sie haben könnten. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1879
Bd.: 55. 1879
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-55

ID: 00018403
152 /1820
... 2.1 über die bisherlergriffenen und etwa noch zu ergreifenden Maßnahmen zur Verhütung einer Einschleppung der Seuche nach Deutschland? Berlin, den 28. Februar 1879. Dr. Thilenius. Dr. Mendel. Dr. Loewe (Bochum). Dr. Zinn. Unterstützt durch: Dr. Gareis. Graf v. Flemming. Staudy. Struve. Witte. Dr. Lasker. Rickert (Danzig). Dr. Lucius. Graf von Frankenberg. von Kardorff. Schön. Fürst v. Hatzfeld-Trachenberg. Graf Bethusy-Huc. Fürst zu Carolath. Lüders. Dr. Harnier. v. Bennigsen. Dr. Wehrenpfennig. Trautmann. Frhr. Schenk v. Stauffenberg. Frhr. v. Pfetten. Frhr. zu Franckenstein. Möring. Pfähler. v. Reden. Landmann. Klein. Dr. Dreyer. Wulfshein. Wöllmer. Haerle. Freiherr von Aretin (Ingolstadt). Dr. Reichensperger (Crefeld). Graf von Praschma. Wiggers (Parchim). Hoffmann. Dr. Günther (Nürnberg). Dr. Schulze-Delitzsch. Windthorst. v. Bernuth. v.d. Osten. v. Schenck-Kawenczyn. GrafzuDohna-Finckenstein. Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode. Wichmann. v. Bockum-Dolffs. Frhr. v. Mirbach. Vopel. Dr. Rentzsch. Schneegäns. Müller (Gotha), v. Schenck-Flechtingen. Nr. 33. Mündlicher Bericht der V. Abtheilung, betreffend die Wahl des Abgeordneten Wöllmer im 10. Wahlkreise des Regierungsbezirks Potsdam. Berichterstatter: Abgeordneter Uh den. Antrag der Abtheilung: Der Reichstag wolle beschließen: bezüglich der Wahl des Abgeordneten Wöllmer die in der Eingabe desselben vom 18. September v. Z. aufgestellten Beschwerdepunkte, mit Ausnahme des 8ub Nr. 5 aufgeführten, zur Kenntniß des Herrn Reichskanzlers behufs Untersuchung und eventueller Rektifikation zu bringen, mit dem Ersuchen, dem Reichstage von dem Resultate Mttheilung zu machen. Berlin, den 28. Februar 1879. Die V. Abtheilung. Bernuth,1 Uhden, Vorsitzender.1 Berichterstatter. Nr. 36. Antrüge zur ersten Berathung des Reichshaushaltsetats für das Etatsjahr 1879/80. i. Rickert (Danzig). ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1880
Bd.: 58. 1880
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-58

ID: 00018408
153 /1820
... Die Kommission wurde dorthin geschickt, um sich an Ort und Stelle davon zu überzeugen, — das war doch mit einer der Hauptzwecke — ob in der That in Rußland die gehörigen Maßregeln getroffen werden, um das Weitergreifen der Seuche und damit ein Eindringen derselben nach Deutschland zu verhüten. So habe ich die Hauptbedeutung der Kommission aufgefaßt. Nun berichtet uns der betreffende Kommissar über die dortigen Zustände, und es ist schwer zu glauben, daß dieser Bericht nach der Person des Herrn Professors Hirsch, als eines objektiv wissenschaftlichen Mannes, geradezu verletzend für Rußland gewesen sei. Trotzdem wird gesagt: dieser Bericht kann nicht veröffentlicht werden. Meine Herren, die Sache hat denn doch eine sehr erhebliche Bedeutung für zukünftige Seuchen; ein großer Theil der Seuchen kommt gerade aus jenen Gegenden. Wenn wir aber nicht wissen, welche Maßregeln an Ort und Stelle getroffen werden können und von der russischen Regierung wirklich getroffen werden, scheinen mir auch die internationalen Kommissionen, von denen Herr Minister Hofmann im vorigen Jahre gesprochen hat, und die uns in Zukunft vor den Seuchen schützen sollen, durchaus überflüssig zu sein. Diese internationalen Kommissionen müssen vor allem wissen, wie es an Ort und Stelle aussieht, und deswegen scheint mir eine Rücksicht auf Rußland in diesem Falle durchaus nicht angebracht. Meine Herren, ich kann ferner nicht recht einsehen, wie bei den hohen Kosten, die dieses Senden von Sachverständigen nach Astrachan unzweifelhaft gemacht haben, wenige hundert Thaler in Betracht kommen können, um den Bericht nicht auf Kosten des Reichs drucken zu lassen. (Sehr wahr!) ...

154 /1820
... Wenn nun in dem einen Staate die Opfer gebracht werden, und in den anderen die Handhabung des Gesetzes nicht mit der gehörigen Strenge überwacht wird, so leidet der Staat, der das Gesetz strenge ausführt; denn durch die Verbindung, die immer zwischen den verschiedenen Staaten im Viehverkehr existirt, kann der noch so streng verfahrende Staat einer nicht rechtzeitig im Nachbarstaat unterdrückten Seuche leicht wieder verfallen. Ich glaube deshalb, daß die Kommission, der ja jedenfalls das Gesetz zu überweisen sein wird, darauf ihr Augenmerk richten muß, ob und in welcher Weise die Stellung der Zentralstelle des Reichskanzlers noch zu verstärken ist, damit er in die Lage kommt, die ihm nach dem Gesetz zustehende Aufsicht auch wirklich ausüben zu können. Eine fernere Frage, auf die sch kurz aufmerksam machen will, und die sich auf das Gesetz im allgemeinen bezieht, ist die Frage der Instruktion. Es gehört ja, wie den Herren bekannt ist, zur Ausführung des Gesetzes eine ziemlich weitläufige Instruktion, und diese ist in die Hand des Bundesraths gelegt. Zch glaube, daß hiermit das Richtige getroffen ist. Zch weiß sehr wohl, daß von verschiedenen Seiten gewünscht wird, die Instruktion in die Hände der einzelnen Landesregierungen zu legen, ich glaube aber, daß dann gerade diejenigen Mißstände eintreten, von denen ich vorher sprach, daß nämlich das Gesetz in dem einen Theil des Reiches anders und laxer ausgeübt wird, als in dem anderen. Zm Bundesrathe haben ja sämmtliche deutschen Staaten die volle Berechtigung und Gelegenheit, ihre Interessen bei der Instruktion geltend zu machen. ...

155 /1820
... Es ist gewiß wünschenswerth, daß, wenn solche Anstrengungen, wie sie in dem Gesetze vorgeschrieben sind, gemacht, wenn große Kosten an die Durchführung verwendet werden — wir aus Preußen wissen davon zu erzählen, daß die Durchführung des Viehseuchengesetzes der Regierung und auch den einzelnen Provinzen bedeutende Summen kostet — da ist es gewiß wünschenswerth, daß auch durch strengere Strafen dahin gewirkt wird, daß diese Ausgaben nicht unnütz gemacht werden, und man durch Verringerung der Seuche Aussicht hat, auch die Kosten allmählich zu verringern. Ich kann nun bei der vorgerückten Zeit meine Ausführungen schließen, da Gelegenheit sein wird, bei den einzelnen Paragraphen in der Spezialberathung einige Wünsche, die ich im Namen der deutschen Landwirthschaft noch vorzutragen habe, vorzubringen. Ich bitte Sie also, meine Herren, die Vorlage an eine Kommission zu verweisen, und zwar an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Zch habe diese Zahl der Kommissionsmitglieder absichtlich so hoch gewählt, weil das Gesetz wirklich ein schweres ist, und weil es nothwendig erscheint, daß aus den verschiedensten deutschen Landestheilen die betreffenden Herren ihre Stimmen in der Kommission hören lassen. Im Plenum, meine Herren, werden Sie so feine Details des Gesetzes kaum berathen können. Es wird dabei aber ferner nöthig sein, außer einer Zahl von Landwirthen auch Verwaltungsbeamte in die Kommission zu wählen, die mit der Manipulation derartiger Gesetze bekannt sind, aus Preußen und anderen Einzelstaaten, namentlich aber aus Preußen, wo wir seit fünf Zähren ein ähnliches Gesetz haben. Es wird endlich wünschenswerth sein, auch einige Juristen in die Kommission zu schicken. ...

156 /1820
... Die Feststellung der Seuche, wie auch hernach die Mittel und Wege, um sie zu bekämpfen, müssen von den allgemein zuständigen Behörden ausgehen. Ich glaube, daß dies kaum noch weiterer Ausführung bedarf. Ich will dagegen zugestehen, daß beim Militär eine exzeptionelle Stellung vielleicht wünschenswerth ist, aber es ist nicht gut abzuleugnen, daß durch diese Ausnahmestellung eine große Gefährdung der anderen Besitzer eintritt. Zur Begründung dessen will ich nur kurz erinnern, — und aus den statistischen Nachweisen werden Sie es gesehen haben, — daß nach den Kriegen gerade eine ungeheure Ausbreitung der Rotzkrankheit unter den Pferden stattgefunden hat. Meine Herren, ich könnte Ihnen da illustre Beispiele anführen. , Es ist vorgekommen, daß die Militärverwaltung Pferde öffentlich verauktionirt hat, deren Nachbarn am Morgen des Auktionstages wegen konstatirten Rotzes todtgestochen sind. Sie können sich denken, daß in Folge dessen die ganze Gegend verseucht worden ist. Das ist nach den Kriegen gewesen. Aehnlich bei Manövern, auch da sind gleiche Fälle vorgekommen. Es sind Truppenteile mit rosverdächtigen Pferden ausgerückt und haben das ganze Manöver mitgemacht, und es sind nicht einmal nach Ausbruch der Seuche die anderen verdächtigen Pferde erstochen, die in unmittelbarer Berührung mit den kranken Thieren gestanden haben, sondern sie haben das Manöver mitgemacht und sind nachher erst, bei Ausbruch der Krankheit, beseitigt worden. Die natürliche Folge war dann der Ausbruch der Seuchen auf den Gehöften, wo Quartier genommen war. ...
... Immerhin bleibt die Gefahr der Ansteckung, denn auch in denjenigen Gegenden, wo nicht geimpft wird, sind Pockenepidemien vorhanden, wenn auch seltener, und es kann also der Schade beim Ausbruch der Seuche unter ungünstigen Umständen immerhin ein sehr großer sein. Die Interessenten in Pommern und in der Mark führen noch an, daß die Schutzpockenimpfung der Lämmer einen so minimalen Verlust verursache, daß diese Versicherung bereitwilligst im Znteresse der Landwirthschaft übernommen werden könnte. Mag man aber auch dieser Frage gegenüber stehen wie man wolle, die Bedenken erscheinen mir wichtig genug, um sie eingehend zu erörtern. Neu dagegen ist in den Gesetzvorlagen die Bestimmung, daß die Polizei das Recht erhält, die Schafpocken beim Ausbruch der Seuche auch gesunden Heerden in der Nachbarschaft einzuimpfen. Es ist also nicht allein die Heerde, die erkrankt ist, wo die Nothimpfung angeordnet werden kann, sondern auch die Nachbarheerde, die möglicherweise verseucht werden könnte. Meine Herren, das ist ein Eingriff in das Privatvermögen, der meiner Ansicht nach zu weit geht. Die Polizeibehörde wird nicht in der Lage sein, zu beurtheilen, ob der Nachbar jetzt gerade den Zeitpunkt zur Nothimpfung für günstig hält, oder ob er nichtlieber, natürlich unter Vorbehalt der Znnehaltung genügender Sperrmaßregeln, noch abwarten will, bis die Seuche bei ihnen ausbricht, um dadurch eine günstigere Zeit zum Verlauf der Krankheit zu gewinnen. Jedenfalls muß man, wenn man diese Bestimmung aufrecht erhält, eine vollständige Entschädigungspflicht für diesen speziellen Fall aussprechen. ...

157 /1820
... Zch glaube, daß, wenn wir überhaupt über eine Seuchengesetzgebung berathen, diese Seuche vielleicht nicht gerade vom volkswirthschaftlichen Standpunkt, wohl aber vom Standpunkt der Sanitätspolizei der Menschen, die doch auch eine gewisse Berechtigung, wie ich glaube, hat, von sehr großer Bedeutung ist. Was in dieser Beziehung geleistet werden kann, das möchte ich an einem Beispiel anführen. Zm Zahre 1878 wurden bei vier Schlächtern in Berlin 5 trichinöse Schweine gefunden und die betreffenden Schweine vernichtet. Wären diese Schweine genossen worden, wie es sonst ohne Untersuchung ganz unzweifelhaft der Fall gewesen wäre, so würde ein Theil der Betreffenden sicher mehr oder minder heftige Krankheitserscheinungen bekommen haben. Man rechnet, daß von einem Schwein ungefähr 200 Personen genießen. Zch glaube, daß unter diesen Umständen die Trichinen, sobald es sich überhaupt um eine Seuchengesetzgebung handelt, eine sehr erhebliche Bedeutung haben, und ich werde mir vorzuschlagen erlauben, die Trichinen und die dagegen anzuwendenden Mittel auch in dieses Gesetz aufzunehmen. Meine Herren, wenn ich nach dieser Richtung eine Erweiterung des Gesetzes wünsche, so möchte ich nach einer anderen Richtung hin eine Einschränkung desselben und zwar in Bezug auf den tz 7. Dieser tz 7 umfaßt im wesentlichen die Sperre gegen das Ausland. ...

158 /1820
... Zn Ausnahmefällen dürfte bei größerer Ausbreitung einer Seuche, deren Natur festzustellen, der tz 13 das Recht geben, daß nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes mittelst Zerlegung eines verdächtigen Thiers Gewißheit erlangt werden kann. Was die Entschädigungsfrage anbetrifft, so glaube ich, daß Entschädigungen nothwendig sind, wenn man das Gesetz wirksam machen will, wenn man durchführen will, daß alles rechtzeitig angezeigt werden soll; aber man muß sich auch wohl hüten, diese Entschädigungen zu Prämien zu machen. Zn dieser Richtung liegt eine erhebliche Gefahr in dem Gesetz, und es wird Pflicht der Kommission sein, die richtigen Grundsätze nach dieser Richtung abzuwägen. Warum man aber nach diesem Gesetz auch für tolle Hunde und Katzen Entschädigung zahlen soll, (Rufe : Nein!) das sehe ich nicht ein. — Jawohl! denn es heißt in tz 62, daß für Hunde und Katzen, welche aus Anlaß der Tollwuth getödtet sind, die Entschädigung versagt werden kann. Es kann also auch die Entschädigung gewährt werden. Es müßte also hier gesagt werden: eine Entschädigung wird nicht gezahlt bei tollen Hunden und Katzen. Meiner Ansicht nach ist bis jetzt eine solche Entschädigung, ich glaube, in keinem Theile von Deutschland gebräuchlich, und ich sehe auch wirklich nicht ein, warum man ganz besonders diese Leute entschädigen soll. Zch beantrage ebenfalls die Berathung des Gesetzentwurfs in einer Kommission, glaube aber, daß eine Kommission von 21 Mitgliedern wohl genügen wird. Präsident:1 Der Herr Abgeordnete Freiherr von Ow (Freudenstadt) hat das Wort. ...
... Es ist insbesondere die Stellung, welche den Reichskommissären durch den Entwurf zugewiesen ist, eine derartige, wie sie wohl angezeigt erscheint bei einer Seuche von der Gefahr und der Bedeutung wie die Rinderpest, aber gegenüber den unter dieses Gesetz fallenden, zum Theil untergeordneteren Seuchen halte ich eine so weitgehende Besugniß, wie sie der Gesetzentwurf einem Reichskommissär einräumt, nicht für nothwendig, ich halte es für bedenklich, daß der Reichskommifsär in der Lage sein soll, mit direkten Anweisungen an die Behörden einzelner Staaten vorzugehen. Bei dem bekannten, strammen, energischen Vorgehen preußischer Kommissäre ist es recht wohl denkbar, daß in einzelnen Landestheilen, wo die Verhältnisse bei gewissen Seuchen ganz anders liegen als anderwärts, durch direkte Anordnung fremder Kommissäre Konflikte unliebsamer Art entstehen können, Konflikte, die wir lieber vermieden haben wollen. Sodann, meine Herren, bezieht sich der vorliegende Gesetzentwurf auf alle Seuchen, mit Ausnahme der Rinderpest. Nun ist es mir unzweifelhaft, daß einzelne Seuchen allerdings eine reichsgesetzliche Behandlung verlangen, wie insbesondere Lungenseuche, Rotz und Tollwuth; aber es gibt viele andere Seuchen, bei denen es doch fraglich erscheint, ob die Nothwendigkeit vorliegt, allgemeine reichsgesetzliche Bestimmungen dafür einzuführen. Insbesondere die Maul- und Klauenseuche, die Schafpocken und die Schafräude sind Seuchen, die in einzelnen deutschen Ländern in sehr verschiedenem Grad und in sehr verschiedener Weise vorkommen. ...

159 /1820
... Ich würde es als besonders wirksam ansehen, daß der Ausbruch wie das Erlöschen einer Seuche in den öffentlichen Blättern bekannt gemacht werden muß, und daß das auszusprechen nicht der Instruktion überlassen bleibt, sondern in dem Gesetz selbst ausgesprochen wird. Meine Herren, verweisen Sie das Gesetz an eine zahlreiche Kommission von 28 Mitgliedern. Wir haben im Schooß des Reichstags so viele Sachverständige, die Verhältnisse liegen andererseits in Deutschland so sehr verschieden auf diesem Gebiet, daß es absolut nothwendig erscheint, daß im Schooß einer großer Kommission die verschiedenartigen Ansichten sich aussprechen und womöglich ausgleichen. Wenn das nicht im Schooß der Kommission erreicht wird, dann könnte sich das Bild des Reichstags bei der zweiten Lesung in das Bild einer landwirthschaftlichen Versammlung verwandeln, und dies wünschen wir alle, mit Rücksicht auf die Förderung der Geschäfte, wahrhaftig nicht. Aber, meine Herren, es ist umsomehr nothwendig, daß die Kommission 28 Mitglieder hat, damit die möglichst gründliche Prüfung des Gesetzes stattfinden kann, damit wir nicht so manchen Gesetzen, die wir gemacht haben, Unterstützungswohnsitz, Gewerbeordnung, Gerichtskosten ein weiteres beifügen, welches den praktischen Verhältnissen im Lande durchaus nicht entspricht. Und ich mache zum Schluß noch ganz besonders darauf aufmerksam: machen wir, meine Herren, ein Gesetz, welches nicht in erster Linie nur den Thierärzten gefällt, sondern denjenigen gefällt, für die es bestimmt ist, den Landwirthen. Präsident: Es ist ein Antrag auf Schluß der Diskussion gestellt worden von dem Herrn Abgeordneten Dr. von Schlieckmann. Ich bitte diejenigen Herren, die den Antrag unterstützen wollen, aufzustehen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1880
Bd.: 59. 1880
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 yb,A-59

ID: 00018409
160 /1820
... Zch bin der Ueberzeugung, daß es vollständig genügt, wenn in einer solchen Gegend des Reichsgebiets oder in solcher Ausdehnung eine Seuche auftritt, daß von den zu ergreifenden Maßregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, daß dann der Reichskanzler einen von ihm bestellten Reichskommiffär zur Herstellung und Erhaltung der Einheit der zu treffenden Maßregeln beauftragen und zu diesem Behufe das Erforderliche anordnen kann. Diese Anordnungen, meine Herren, denke ich mir ganz einfach so, daß, wenn je in einem der betroffenen Gebiete nicht im Sinne dieses Gesetzes und im Sinne der Instruktionen vorgegangen werden sollte, durch den Reichskommissar Vorstellungen bei den einzelnen Regierungen gemacht werden. Zch habe aber dann die volle Ueberzeugung, daß diese Vorstellung vollständig genügen wird, um den Zweck des Gesetzes zu erreichen. Meine Herren, wir müssen doch zu den Einzelstaaten so viel Vertrauen haben, daß sie mit dem besten Willen die Reichsgesetze ausführen werden. An der Fähigkeit der Einzelstaaten werden wir doch nicht zweifeln; aber wir dürfen ebenso wenig an dem guten Willen dieser Einzelstaaten zweifeln. Za, meine Herren, wir haben in Beziehung auf früher beschlossene Reichsgesetze die Wahrnehmung gemacht, daß in den kleinen Staaten mit viel größerer Gewissenhaftigkeit diese Reichsgesetze — (ich erinnere nur an das (Gesetz über Maß-, Münz- und Gewichtsordnung) — ausgeführt werden als in den größeren Staaten, speziell in Preußen. ...
... Za, meine Herren, wenn Hamburg freiwillig auf seine Selbstständigkeit verzichtet, wenn Hamburg freiwillig verzichtet auf seine Freihandelsstellung und auf seine sonstige Selbstständigkeit, so bin ich wohl mit der erste, der seine Freude daran hat; aber wir dürfen doch nicht den Hamburgern und den übrigen Kleinstaaten zumuthen, daß sie bei jeder Gelegenheit, wenn eine Seuche in ihrem Gebiet und an ihren Grenzen auftritt, einen preußischen Kommissar, d. h. einen Reichskommissar bei sich sehen müssen, der mit Hinwegsetzung über die obersten Behörden des Einzelstaats gegen die Behörden Hamburgs oder eines anderen Kleinstaats mit direkten Anweisungen vorgehen kann. Meine Herren, es handelt sich aber nicht blos um Hamburg und die übrigen kleineren Staaten ; denken Sie nur an die komplizirten Grenzen zwischen Baden und Württemberg, denken Sie an die komplizirten Grenzen zwischen Württemberg und den Hohenzollernschen Landen, dann werden Sie finden, daß der Fall gar nicht so selten eintreten, sondern alle Tage sich wiederholen kann, in welchem ein Reichskommissar abgesendet werden kann, um gemeinschaftlich, einheitlich das Vorgehen in diesen verschiedenen Staaten zu regeln. Meine Herren, ich bitte Sie, wenn Sie den Antrag Fugger, der eine ähnliche Tendenz verfolgt, wie mein Antrag, wenn Sie den Antrag Fugger ablehnen sollten, so nehmen Sie wenigstens meinen minder weitgehenden Antrag an. Meine Herren, ich bin fürwahr in keiner Frage derjenige, der auf einem einseitigen partikularistischen Standpunkt steht. Zch erkenne vollkommen an, daß überall, wo es nothwendig ist, die Einheit angestrebt werden soll. Za, meine Herren, in osvsssarüs unitas«, aber ich bestreite, daß hier die usesssitas vorliegt. ...


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