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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1900
Bd.: 170. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-170

ID: 00002781
21 /819
... Da ist es im Interesse der Sicherheit der Volksgesundheit absolut nothwendig, daß man mit energischer Hand gegen Vorgänge auf diesem Gebiete, die äußerst gemeingefährlich «Y sind, gesetzlich vorgeht! Ich kann Ihnen, meine Herren, versichern, daß es nicht ganz leicht war, diesen Gesetzentwurf zu Stande zu bringen; denn einerseits mußte gegenüber den pandemischen Krankheiten die Reichsgewalt bis zu einem gewissen Grade verstärkt werden, um wirksam einschreiten zu können, andererseits mußte man aber auch berücksichtigen, daß die Ausführung aller dieser materiellen Bestimmungen in den Händen der Landesbehörden liegt, und daß diese ihre Selbstständigkeit auf diesem Gebiet nicht aufgeben wollen und auch nicht aufgeben können, daß hiernach die Reichsorgane alles, was sie für nothwendig halten, mir durch Vermittelung der Landesbehörden zu erreichen vermögen. Es war deshalb sehr schwer, die Mittellinie zu finden zwischen den Forderungen, die im Interesse der Sache geboten erschienen, und zwischen der nothwendigen Selbstständigkeit der Landesbehörden. Ich möchte aus diesem Grunde dringend rathen, in jener Richtung nicht weiter zu gehen. Ich bin der Ansicht, es ist sehr erwünscht, daß ein solches Gesetz verabschiedet wird, und ich möchte daher zum Schluß an die Mitglieder des hohen Hauses die Bitte richten, über Einzelheiten hinwegzugehen und sich zu entschließen, in der Kommission recht schnell diesen Entwurf zur Verabschiedung zu bringen, damit er znm Besten der Volksgesundheit noch in dieser Session Gesetz werden kann. Vizepräsident Schmidt (Elberfeld): Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurm. ...

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... Da muß ich nun aber erklären, daß ein großer Theil der Maßregeln, die in diesem Gesetzentwurf hier verlangt werden, und zwar in fast unveränderter Form, wie 1893/94, — daß diese Maßregeln durchaus nicht jene Hilfe garantiren, die von einigen Seiten erwartet wird, ja, daß sie geeignet sind, indirekt Schaden herbeizuführen für die Volksgesundheit, da sie Maßnahmen hintanhalten, die sonst zum Schutz der Volksgesundheit getroffen werden müssen, nämlich Maßregeln, durch die die allgemeine Volkswohlfahrt, der Volkswohlstand gehoben wird. Das Wort des Herrn Staatssekretärs ist vollständig richtig, daß man das Kostbarste, was wir haben, das Leben, schützen muß; aber Herr Staatssekretär, die moderne Wissenschaft steht aus dem Standpunkt, daß das nicht erst im Falle einer Gefahr durch einzelne, wenn auch noch so einschneidende Maßregeln geschehen kann, sondern daß man den Krankheiten vorbeugen muß, daß die Prophylaxis, die Vorbeugung gegen die Krankheiten die Hauptsache ist, daß nur rechtzeitiges Vorbeugen allein helfen kann, daß man nicht warten darf, bis eine Epidemie kommt, um dann Hals über Kopf Maßnahmen zu treffen, für die dann weder das geschulte Personal, noch sonstige Erfahrungen vorliegen, um sie richtig zur Ausführung zu bringen, und daß man andererseits darauf Bedacht nehmen muß, daß alle diese Maßnahmen nur in einer epidemiesreien Zeit richtig vorbereitet werden können. ...

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... Dazu gehört aber nicht nur, daß gesetzliche Fürsorge zur Hebung der Volksgesundheit getroffen wird, sondern auch, daß die Bevölkerung so erzogen und unterrichtet wird, daß sie fähig und im Stande ist, sich selber zu schützen, daß sie weiß, welche Maßnahmen sie zu treffen hat, um sich gesund zu erhalten. Und da trifft die Gesetzgebung ebenfalls eine große Schuld, indem unsere Schulen es auf das gröblichste vernachlässigen, Unterricht über den menschlichen Körper den Schulkindern zu ertheilen. Es ist, als ob die ganze (8) Schulgesetzgebung schon längst unter dem Banne einer I«x Heinze stände und sich deshalb scheut, vom menschlichen Körper zu reden, und jegliches Wissen über den Bau und die Pflege des menschlichen Körpers verheimlicht. So bringt man es bei uns dahin, daß die Kurpfuscherei und absoluteste Unwissenheit auf hygienischem Gebiete noch so kolossale Opfer fordert! Auch den Herren Aerzten kann ich den Vorwurf nicht ersparen, daß sie in viel zu geringem Maße auf diesem Gebiete sich darum gekümmert haben, Aufklärung in das Volk zu tragen. Erst in der letzten Zeit hat man eingesehen, daß hier etwas geschehen muß. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1900
Bd.: 171. 1898/1900
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-171

ID: 00002782
24 /819
... Das Wesentlichste einer reichsgesetzlich eingerichteten Krankenfürsorgc scheint mir zu sein, daß man durch sie sehr vielen Krankheiten vorbeugen, die Heilung herbeiführen, beschleunigen und dadurch die Volksgesundheit mehren und um so und so viel auch die Armenlast verringern könnte. Dadurch würde dem kleinen Bauer ein nicht unbedeutender Vortheil erwachsen. Es ist uns in der Kommission entgegnet worden, daß das alles ein schöner Gedanke sei, daß eine bessere Regelung auch erfolgen müsse, aber es sei jetzt nicht Zeit, zu drängen zu einer besonderen gesetzlichen Regelung, man solle warten, bis das Krankenversicherungsgesetz käme, das Gesinderecht sei den Bundesstaaten durch Art. 95 überlassen, außerdem sei es schwierig, innerhalb der einzelnen Bundesstaaten und gar für alle Bundesstaaten einheitliches Recht auf diesem Gebiet zu schaffen. Zunächst will ich darauf hinweisen, daß durchaus nicht sämmtliche ländliche Arbeiter als Gesinde zu betrachten sind, sondern der bei weitem größte Theil nicht als Gesinde anzusprechen ist und also dem Gesinderecht nicht unterliegt. Soweit das Gesinderecht durch Art. 95 den einzelnen Staaten überlassen ist, ist damit keineswegs gesagt, daß dies etwa eine reichsgesetzliche Regelung da hindere, wo das Reich es für nothwendig erachtet, seinerseits einzuschreiten. So ist z. B. Ihnen ja auch gar nicht eingefallen, etwa vom M) landwirthschaftlichen Unfallgesetz das ländliche Gesinde auszunehmen, und es liegt kein Grund vor, aus Art. 95, der allein nach der zivilrechtlichen Seite die Gesindeverhältnisse der partikularrechtlichen Regelung überläßt, gegen unseren Antrag etwas zu entnehmen. ...

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... Den Anträgen Aichbichler und Genossen glaube ich auch deshalb zustimmen zu können, weil wir Aussicht haben, daß trotz der Bedenken, die naturgemäß vorhanden sind, wir doch noch ein für die Landwirthschaft und (6) Volksgesundheit außerordentlich werthvolles Gesetz schaffen. Ich möchte die Herren von der Rechten auch bitten, den Kompromißanträgen zuzustimmen und nicht auf unerfüllbaren Forderungen zu beharren, die doch nur für die Agitation des Bundes der Landwirthe mit ihrer Volksverhetzung, wie sie besonders im Süden betrieben wird, aufgestellt wurden. (Bravo! links.) Vizepräsident I)n. von Frege-Weltzien: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Freiherr von Wangenheim (Pyritz). Freiherr von Wangenheim (Pyritz), Abgeordneter: Meine Herren, Anklagen gegen die üblen Agrarier, wie sie eben in den letzten Worten des Herrn Vorredners lagen, sind uns ja in den letzten Wochen in ganz außerordentlichem Maße zu Theil geworden. Die schöne Volksbewegung, welche wegen der Fleischbeschau inszenirt wurde, hat so großartige Blüten gezeitigt, und die Grundlagen des Gesetzes sind in so tadellos sachlicher Weise immer wieder aufgerollt worden, daß ich leider noch einmal kurz auf die ganze Sachlage eingehen muß. Wir haben seit einer Reihe von Jahren in Deutschland im sanitären Interesse in öffentlichen Schlachthäusern eine scharfe Kontrole des zum menschlichen Genuß bestimmten Fleisches eingeführt. Für das ausländische Fleisch besteht eine derartige Kontrole nicht, oder mindestens bei weitem nicht in dem gleichen Umfange. Daraus ergeben sich große Nachtheile in sanitärer Beziehung und nebenher in wirthschaftlicher Beziehung, und zwar nicht nur für die Landwirthe allein, sondern auch für das ganze Fleischergewerbe. ...

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... Pachnicke, Abgeordneter: Meine Herren, wenn das ganze Gesetz nach dem dargelegten Standpunkt des Herrn von Wangenheim scheitert, so werden wir es nicht besonders zu beklagen haben, sondern versuchen müssen, den berechtigten Kern des Gesetzes in einer anderen Schale zu erhalten und dann das durchzusetzen, was das Gesetz von vornherein wollte, nämlich den Schutz der Volksgesundheit. Indeß, meine Herren, wir haben in Herrn von Wangenheim leider nur den Vertreter der einen konservativen Richtung gehört, noch nicht einen Vertreter der anderen Richtung, und es hätte für das ganze Haus (L) einen gewissen Reiz gehabt, einmal zu hören, warum denn vom Standpunkt der anderen Seite der konservativen Partei das Kompromiß so werth voll sein soll, das nach den Darlegungen des Herrn von Wangenheim so werthlos ist. Die Rede des Herrn von Wangcnheim war nur ein schwaches Echo von dem Lärm im Lande. Was haben wir auf jener Seite nicht alles hören müssen? Wer die agrarische Presse verfolgt hat, wie man das leider thun muß, der hat einen wahren Ansturm an sich vorüberziehen lassen müssen, einen Ansturm, geführt von Herren, die im Vordergründe der Bewegung stehen. Die Reichsrcgierung hat da sehr viel über sich ergehen lassen müssen. Ein Herr von Trotha erklärt beispielsweise ganz einfach — und das leitende Bundesorgan hält es für nöthig, diese Stelle in Fettdruck seinen Lesern darzubieten—: „Das Vertrauen zur Regierung ist bis zum Nullpunkt herabgesunken. ...

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... Alle möglichen Nebeninteressen sind erwähnt worden, aber dieser Standpunkt der Volksgesundheit ist bei der ganzen Debatte völlig in den Hintergrund getreten. (Sehr richtig! links.) Wie nothwendig aber ein solches hygienisches Gesetz ist, dafür will ich Ihnen nur einen Beweis liefern, denn einmal muß die Wahrheit gesagt werden gegenüber der Verschleierung der Thatsachen in der Presse. Ich habe hier die Eingabe eines Fleischerverbandes vor mir liegen. Da wird angeführt, daß in einem Ort, den ich nicht nennen will, ein Mann verurtheilt worden, weil er E9 nach Aussage des vernommenen Thierarztes eine an Leberschwund und unheilbar hektischer Ünverdaulichkeit leidende Kuh zur Wurstbereitung Verwender habe. Die Sache ist später in die Instanzen gekommen, und darauf ist nach dieser selben Eingabe von dem Angeklagten nachgewiesen worden, daß cs in dem betreffenden Landcstheile allgemeiner Gebrauch ist, unter die Wurst ein Gemenge, sogenanntes mattes Fleisch, zu mische», und daß das Publikum dies allgemein wisse. (Hört! hört! links.) Es wird hier also von einem ganzen Landestheile behauptet, daß man wissentlich zu menschlischem Genuß offenbar ungeeignetes Fleisch in die Wurst mische. (Hört! hört! links.) Ich könnte Ihnen noch sehr viel andere ähnliche Dinge anführen auf Grund urkundlichen Materials; ich thue das aber aus naheliegenden Gründen nicht. Wenn man sich aber über die hygienische Seite der Frage so leicht hinwegsetzt und statt dessen andere Interessen in den Vordergrund schiebt, muß ich auf die ursprüngliche Absicht zurückkommen, aus der heraus das Gesetz entstanden ist (sehr richtig! links), und diese Absicht bestand im Interesse der deutschen Volksgesundheit. ...

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... Also durch einen neuen Zolltarif kann der Frage in keiner Weise dem präjudizirt werden, was im Interesse der deutschen Volksgesundheit überhaupt nicht nach Deutschland hereinkommen darf. Ich bitte Sie überhaupt, auf Grund der Erklärung des Herrn Reichskanzlers, nicht eine so scharfe, rein mechanische Definition an die ganze Frage anzulegen. Im öffentlichen V) Leben muß man — und wer für sich den Ruf eines Staatsmannes in Anspruch nehmen will, muß das thun — sehr vielen Rücksichten Rechnung tragen und man muß daher bei jedem Gesetze, auch wenn der Einzelne mit manchen Bestimmungen nicht ganz einverstanden ist. doch wie ein guter Kaufmann seine Bilanz ziehen, muß sich fragen: stellt ein derartiges Gesetz nicht doch einen erheblichen Fortschritt dar? Und, meine Herren, wenn diese Wirkungen für die Landwirthschaft auch nur nebensächliche sind, so liegt der Fortschritt auch für die landwirthschastlichen Interessen doch klar zu Tage. Es wird ja von einer großen Zahl von Städten in Deutschland jetzt bereits das Fleisch in Schlachthäusern untersucht, und diese Bewegung geht weiter; cs wird jedes Jahr eine große Zahl von Schlachthäusern in Deutschland neu eröffnet. Also der Zustand, der jetzt durch das Gesetz herbeigeführt werden soll, tritt so wie so schon durch landesherrliche, durch polizeiliche Verordnungen forgesetzt von neuem in Kraft. In Sachsen z. B- haben Sic schon gesetzlich die allgemeine Fleischschau. (Sehr richtig! links.) Wenn Sie nun das Gesetz ablehnen, was ist die Folge davon? ...

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... Ich kann mir aber nicht denken, daß die linke Seite des Hauses deswegen gegen ein Gesetz stimmen sollte, das von solcher Bedeutung für die deutsche Volksgesundheit ist, weil jene Konserven in zinnernen Büchsen in Zukunft verboten sein solle». Gerade diese Konserven spielen bei der Volsernährung für die unteren Klassen eine ganz untergeordnete Rolle; sie werden meistens nur von den mittleren und höheren Ständen verbraucht. Nun haben Sie mir den Einwand gemacht: wir sind gegen den Fortfall der Ausnahmen betreffs der Hausschlachtungen. Es ist mir ja sehr angenehm, daß Sie für die Regierungsvorlage Partei nehmen, und es würde mir auch heute noch angenehm sein, wenn die Regierungsvorlage in dieser Richtung angenommen würde, aber das kann ich doch nicht bestreiten, daß in der Kommission (v) und auch von einzelnen der verbündeten Regierungen gegen die Aufsicht über die Hausschlachtungen sehr gewichtige Bedenken geltend gemacht worden sind (sehr richtig! rechts), aus dem einfachen Grunde, meine Herren, weil es viel ungefährlicher ist, Fleisch nicht zu untersuchen, sodaß jeder weiß: du genießt etwas, was nicht untersucht ist, du mußt dich darum selbst vorsehen, als eineUntersuchung einzuführen, die nur den Schein der Sicherheit erweckt, aber gar keinen innern Werth hat. In vielen Theilen Deutschländs, im bayerischen Hochgebirge, in manchen Theilen des Ostens wird die Beschaffung wirklich zuverlässiger Fleischbeschauer auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen, oder man müßte sehr erhebliche Kosten aufwenden. Deshalb läßt sich gegen den Einwand, daß die Fleischbeschau für Hausschlachtungen besser aus dem Gesetz zu streichen ist, absolut Ueberzeugendes nicht einwenden. ...

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... Mit anderen Worten, meine Herren: die Volksgesundheit, die im Vordergrund stehen soll, die Interessen der Fleischer und Bauern sollen benutzt werden, um Vortheile für die Industrie vom Auslande zu erzielen. Dazu ist der Versuch dann schon vor der Annahme der Vorlage gemacht worden. Als wir zu Beginn des vorigen Winters die Kommissionsverhandlungen wieder aufnehmen sollten, wurden wir um eine Vertagung gebeten, weil der Herr Vertreter des Auswärtigen Amts gewechselt habe, und der neue Vertreter sich erst einarbeiten müsse. Das war zu einer Zeit, als mit Amerika Verhandlungen schwebten über den Abschluß eines Handelsvertrages. Mitte Dezember kam es zu einer Präliminarfestsetzung, wonach der deutschen Industrie gewisse Konzessionen gewährt wurden gegen die Zusage, daß von jeder Einschränkung der Einfuhr amerikanischen Fleisches abgesehen werden solle. Meine Herren, ich habe dies zwar aus anderen Informationsquellen; es wird Ihnen aber vielleicht ein Telegramm aus der „Münchener Allgemeinen Zeitung als Beweis genügen — lv) sie steht der Regierung ja nicht fern, und wir wissen überdies aus dem Prozeß gegen das Telegraphenbüreau Hirsch, daß derartige Depeschen vor der Veröffentlichung dem Auswärtigen Amte erst vorgelegt werden. In dieser Depesche heißt es: x. London, 14. Dezember. (Tel.). Aus Washington wird hierher gemeldet, Staatssekretär Hay habe mit dem deutschen Gesandten von Holleben in einer Vorbesprechung die wesentlichsten Punkte eines neuen Handelsvertrags vereinbart, einschließlich der Rücknahme der Fleischeinfuhrbeschränkungen. Es war also dieAufhebung der Fleischeinfuhrbeschränkung zugesagt, und dafür hatte man Konzessionen zu Gunsten der Industrie und des Handels gemacht. ...
... Nun war es doch kein Wunder, sondern eine ganz natürliche Folge des Bekanntwerdens solcher Vorgänge, daß die landwirtschaftlichen Kreise und die Kreise der Fleischer sich zu wehren begannen: sie wollten die Volksgesundheit und ihre Interessen nicht zu Opfern für die Industrie gebracht sehen. Meine Herren, wie schon durch diese Momente, so sollten die Betheiligten stutzig werden durch die sophistische Art der Vertheidigung, die der Herr Staatssekretär von Posadowsky der Vorlage beziehungsweise dem Kompromiß angedeihen lassen muß. Ich will vorweg erklären, daß ich irgend welche Angriffe gegen den Herrn Staatssekretär nicht richten will und kann. Ich persönlich bin überzeugt, daß er mit allen Kräften versucht hat, zu schaffen, was zu schaffen ist, daß er aber — um einen Ausspruch des Herrn Staatssekretärs von Podbielski zu gebrauchen — gegenwärtig das Kriegskarnickel ist, das auszubaden hat, was Andere in dieser Sache gethan beziehungsweise nicht gethan haben. Meine Herren, der Herr Staatssekretär suchte schon in der zweiten Lesung die Stellungnahme der 786 ...

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... Das vertheidigen dieselben Herren, die so und so oft und mit so viel Aufwand von Beredsamkeit dargelegt haben, welche Gefahr es für die deutsche Volksgesundheit ist, wenn wir vom Ausland auch nur das Pökelfleisch herüberlassen, von dem der Herr Abgeordnete Herold eben sagte, es habe ja keine Bedeutung, es sei ja nur l/, Prozent der ganzen Einfuhr. Der Herr Staatssekretär hat bereits darauf hingewiesen, daß die Masse des im Jnlande unkontrolirten Fleisches auf Grund dieser Bestimmung, betreffend die Haus- (v) schlachtung, unendlich größer ist als die Masse, die vom Ausland herüberkommt bei der Einfuhr. Denn Sie sagen, es sei Sache des Einzelnen, sich darüber zu vergewissern, was er für Fleisch ißt, wie es vorhin von einem Redner erklärt wurde; wenn jemand weiß, sein Vieh sei nicht untersucht, und das hausgeschlachtete Fleisch sei ohne Kontrole, dann könne er ja die nöthigen Vorsichtsmaßregeln treffen. Das klingt ja sehr plausibel, ist aber vollständig unrichtig; denn so, wie Sie das Gesetz machen wollen, und zwar die Radikalen und die Kompromißler von agrarischer Seite gemeinsam, erfährt der größte Theil der Bevölkerung, der hausgeschlachtetes Fleisch ißt, keine Silbe davon, daß das hausgeschlachtetes Fleisch ist, was er erhält, denn dieses Fleisch wird auf den Markt geschmuggelt werden. ...

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... Auf der anderen Seite hören wir wieder: das Pökelfleisch muß verboten werden, — und Herr von Levetzow war so gütig und sagte uns auch den wahren Grund offen und ehrlich heraus; er erzählte uns nicht nur von den hygienischen Rücksichten, nicht nur von dem Interesse der Volksgesundheit, er sagte uns: da das Gesetz durch die Einführung der Fleischbeschau den Landwirthen manche materiellen Nachtheile bringt, brauchen wir das Einfuhrverbot, damit ein kleiner Druck auf die Fleischpreise ausgeübt wird. Darauf, meine Herren, kommt es an: der Druck auf die Fleischpreise, das heißt die Erhöhung der Fleischpreise! Sagen Sie also doch offen heraus, Ihnen liegt daran, eine Monopol-(D) wirthschaft hier zu haben, die fremde Konkurrenz auszuschließen, den Markt völlig zu beherrschen, damit Sie dann die Preise diktiren können. Das ist auch der Hauptgrund, warum wir so dagegen sind, daß man die Thüren zusperrt, wie Sie wollen; denn was die gesundheitliche Kontrole der Fleischschau anlangt, so bietet das Gesetz, wie es in der Regierungsvorlage vorliegt, genügend Handhaben, um alles verdächtige Fleisch fernzuhalten. Der 8 20 ist dergestalt gefaßt, daß z. B. die Wursteinfuhr, sobald die eingeführte Wurst irgendwie gesundheitsverdächtig ist, gar nicht mehr erst besonders verboten zu werden braucht, sondern daß sie vom hygienischen Standpunkt aus auf Grund des Gesetzes erfolgen kann. Der 8 20 sagt nämlich, daß sich die Kontrole auch auf Zusatzstoffe zu erstrecken hat, welche geeignet sind, eine gesundheitsschädliche oder minderwerthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken. ...

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... Da heißt es von der Fleischschau: Sie ist wichtig, weil sie für die Erhaltung der Volksgesundheit durchaus nothwendig ist. Schon im Jahre 1875 hatte der Deutsche Aerztetag eine allgemeine Fleischkontrole im Interesse des Fleisch essenden Publikums gefordert, da sich häufiger schwere Erkrankungen als Folge von Genuß ungeeigneten Fleisches gezeigt hatten. Daß zum Genuß ungeeignetes Fleisch nicht nur von den Fleischern und aus den Schlachthäusern vertrieben wird, sondern auch draußen auf dem Lande, ist bekannt. Nun hat man gesagt, vor dem Haushalt müsse man Halt machen. Man dürfe nicht in die Familie mit derartig tief einschneidenden Maßregeln eindringen. Nun hat man aber bei der Gewerbeaufsicht und dergleichen auch nicht vor dem Haushalt Stillstand gemacht, nein, noch nicht weit genug ist man gegangen; wir stehen auf dem Standpunkt, daß man im Interesse der Heimarbeiter, der Hausindustriellen, noch tiefer in den Haushalt, das Hausgewerbe, eindringen müßte. Hat man denn etwa beim Impfzwang vor der Familie Halt gemacht? Ist es etwa bei der Durchführung des Impfzwangs unmöglich gewesen, daß zu einer bestimmten Zeit nicht nur die Impfung, sondern auch die Revision stattfindet? Und nun haben wir doch auch in einer der ersten Sitzungen der Kommission den Antrag gestellt, die Kosten der gesammten Fleisch-, einschließlich der Trichinenschau, auf den Staat zu übernehmen. Das verschweigen Sie aber der Oeffentlichkeit gegenüber. Von dem Gesichtspunkt ausgehend, nur ein Gesetz zum Schutze der Gesundheit zu schaffen, haben wir allen Anlaß, auf dieser Forderung, die die Grundlage zu dem ganzen Gesetz gebildet hat, stehen zu bleiben. ...

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... Ich will zum Schlüsse nur noch darauf hinweisen, daß nicht nur eine direkte Schädigung der Volksgesundheit durch Verhinderung der Einfuhr stattfinden wird, sondern daß wir gleichzeitig auch mit Repressivmaßregcln zu kämpfen haben werden, die von Seiten Amerikas unserer Industrie gegenüber ausgespielt werden können, und wir haben da genug wunde Punkte, allerdings nicht vielleicht Industriezweige, die von der kompakten Majorität vertreten werden, sondern von denen gerade die ärmere und ärmste Bevölkerung lebt. Ich erinnere nur an die Spielwaarenindustrie in Thüringen, ich erinnere nur daran, daß die Sonneberger Handelskammer mit vollem Recht darauf hingewiesen hat, welch ungeheuerer Schaden zu erwarten ist, wenn Amerika mit Nepressivmaßregeln gegen unsere Spielwaaren vorgeht. Wenn Sie behaupten, daß Sie ein Gesetz aus hygienischen Rücksichten machen, dann können Sie nicht weiter gehen, als daß Sie eine scharfe Kontrole der Einfuhr des Fleisches hier festlegen. Wenn Sie aber mit Verboten, mit Ausschluß von Einfuhrgegenständen vorgehen, ohne daß Sie erst prüfen, ob die Waare gesundheitsschädlich ist oder nicht, dann gehen Sie einseitig vor, einseitig im Profitinteresse der Agrarier, und haben nichts weiter im Auge als den Profit, gleichgiltig ob die Volksgesundheit dadurch geschädigt wird oder nicht. Ich Protestire im Namen der arbeitenden Bevölkerung gegen diese Verschlechterung ihrer Lebenslage. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fitz. Fitz, Abgeordneter: Meine Herren, in zweiter Lesung habe ich mit der Mehrzahl meiner politischen Freunde den weiter gehenden Kompromißanträgen zu Z 14a zugestimmt. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1901
Bd.: 179. 1900/03
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-179

ID: 00002790
35 /819
... Ich hätte vielleicht von meinem persönlichen Standpunkte aus eine etwas schärfere Betonung des Gedankens gewünscht, daß doch das Reich auch eine gewisse Verpflichtung habe, hier in dieser wichtigen Frage der Volksgesundheit auf Grund des Art. 4 der Reichsverfassung einzugreifen. Aber es wird darin immerhin fast ebenso viel erreicht werden können, wenn die Einzelstaaten thun, was ihre Pflicht ist, und wenn gleichzeitig von dem Reichsamt des Innern, dem Herrn Reichskanzler und von dem Reichsgesundheitsamt aus die Anregung weiter verfolgt wird. Die Anträge, die nun vorliegen, und die drei Reden, die wir bereits darüber gehört haben, konstatiren eine erfreuliche Uebereinstimmung in der Anerkenntniß des großen Bedürfnisses der Wohnungsfrage. Erfreut hat mich besonders, daß die Partei, die bisher und auch heute noch viel von dem Standpunkte des taisE- kaiio in Wirthschaftsfragen vertritt, die freisinnige Partei, auch die Nothwendigkeit einer Untersuchung der Wohnungsfrage und eines allenfallsigen Einschreitens anerkennt. Der Antrag will, es soll von einer Kommission geprüft werden, ob und inwieweit das Reich bei der Wohnnngsnoth einschreiten soll. Noch erfreulicher fast ist mir das Verhalten der Herren von der äußersten Linken. Unsere Freunde auf dieser Seite haben auch den Standpunkt verlassen, den z. B. Schippe! zu Berlin im Jahre 1893 betonte, und den auch Friedrich Engels betonte, daß auf dem Boden der heutigen bürgerlichen Gesellschaftsordnung die Wohnungsfrage sich nicht lösen lasse, und daß man deswegen ein Zusammengehen mit anderen Parteien in dieser Frage ablehnen müsse. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1901
Bd.: 180. 1900/03
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-180

ID: 00002791
36 /819
... Gerade wer, wie wir, ans dem Standpunkte steht, daß cs für die Krankenpflege und die Volksgesundheit am allerbesten wäre, wenn an Stelle der Privatpflege mehr und mehr die Krankenhauspflege tritt, der muß sich dazu gedrungen fühlen, das Seinige zu thun, um die Zustände in den Krankenhäusern zu verbessern. Nun ist ja wahr, daß dem Reichs-Gesundheitsamt, dessen Etat hier zur Diskussion steht, die Mittel fehlen, solche Fälle zu verhindern; da tritt aber ein, was der Herr Kollege Dr. Langerhans sagte, daß man hier die Oeffentlichkeit aufrufen muß, um den betreffenden Leuten das Gewissen zu schärfen. Soviel, meine Herren, wollte ich noch zur Frage der Krankenhäuser beitragen, um mich dann zu einem anderen Thema zu wenden. Das Reichs-Gesundheitsamt hat seit längerer Zeit die Gefahren, die durch die Milzbranderkrankungen für die Arbeiter entstehen, aufmerksamer Beobachtung unterzogen und in seinen Mittheilungen, Jahrgang 1899, darüber eine sehr ausführliche Abhandlung veröffentlicht. Wie Sie wissen, ist seit dem 1. Juli 1899 eine Bundesrathsverordnung in Kraft, die sich mit den Verhältnissen in den Pinselmachereien und solchen Betrieben beschäftigt, deren Arbeiter der Gefahr einer (s) Milzbranderkrankung ausgesetzt sind. Diese Verordnung entspricht aber nicht den Wünschen der Arbeiter, zu deren Schutz sie erlassen ist, sondern die Arbeiter finden, daß sie an einer beklagenswerthen Halbheit leidet; und zwar äußert sich ihre Unzufriedenheit nach drei verschiedenen Richtungen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1902
Bd.: 182. 1900/03
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-182

ID: 00002793
37 /819
... Am Schluffe heißt es: Wenn keine Mittel und Wege gefunden werden, um dem drohenden Nothstand zu begegnen, so dürfte wohl, da eine Herabsetzung der Lebenshaltung absolut nicht mehr möglich ist, nicht nur der Einzelne, sondern die Volksgesundheit in ihrer Gesammtheit schweren Schaden leiden. Diese Arbeitslosen, welche, genau nach der Definition des Herrn Grafen v. Posadowsky, körperlich fähig und geneigt sind, eine ihrem Können entsprechende Leistung zu übernehmen, diese Arbeitslosen sind Ihre Ankläger. Ihnen Lasten aufbürden, die über die gegenwärtigen noch hinausgehen, das heißt, einen durch Blutverlust erschöpften Körper noch zur Ader lassen. Wenn es weitere Gründe gegen die Erhöhung der Lebensmittelzölle bedurfte — die Arbeitslosigkeit hat sie geliefert. Meine Herren, wir haben etwas von der agrarischen und der sozialpolitischen Weltanschauung aus dem Munde des Herrn Regierungsvertreters gehört. Nun, man kann agrarisch sein und man kann sozialpolitisch sein; aber agrarisch und sozialpolitisch zugleich kann man nicht sein. (Lachen rechts.) Auch Herr Graf v. Kanitz legte den Hauptwerth auf den Zolltarif. Andere Redner meinten ebenfalls, eine gute, Gl eine richtige, eine verständige Handelspolitik, das sei das Wichtigste auch im gegenwärtigen Moment. Wir haben zugestimmt. Fragt sich nur, was gut, was richtig, was verständig ist. Sie meinten — ich beziehe mich da auf Worte eines Ihrer Herren Redner vom Sonnabend —, eine solche Handelspolitik wäre das Richtige, welche uns möglichst unabhängig von dem Auslande stellt, uns Herr im eigenen Hause sein läßt. Ja, meine Herren, ich zögere, dagegen noch ein Wort der Ueberlegung zu sagen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1902
Bd.: 183. 1900/03
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-183

ID: 00002794
38 /819
... Meine Herren, das sind einige Gesichtspunkte, die bei dem Kapitel Reichs-Gesundheitsamt zu erörtern waren und der Regierung Anlaß geben sollten, ihr Augenmerk darauf zu richten: Wenn, was ich aufrichtig wünsche und hoffe, die Diskussion, die wir seit mehreren Jahren bei diesem Titel führen, — ich spreche jetzt als Berliner — auch der Berliner Krankenhausverwaltüng eine Mahnung ist, bessere Verhältnisse auf diesem Gebiet zu schaffen, so würde sich niemand mehr freuen als die Sozialdemokratie, die den Fragen der Volksgesundheit mit dem Ernst gegenübertritt, den sie verdienen. Wenn es eine Frage giebt, bei der der Gedanke zurückgedrängt werden muß, als ob unsere Ausführungen aus Lust an sensationeller Wirkung gemacht werden, so ist es die Frage der Krankenpflege. Ich erhebe für meinen Freund Antrick, wie für uns alle den Anspruch, daß wir die traurigen Mißstände mit dem Ernst, der ihnen gebührt, nur unserer Pflicht entsprechend, behandeln, und ich muß auch zum Schluß betonen: statt in hämischer Weise die Abgeordneten, die es sich zur Aufgabe machen, Mißstände im Kraukenhauswesen zu beseitigen, zu verleumden, sollte die Presse aller Parteien dankbar sein für solche Anregung und mit der sozialdemokratischen Partei gemeinsam arbeiten, daß diese Verhältnisse gebessert werden. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) 530 ...

39 /819
... Dadurch erweckt man in den Kreisen, die sich mit der Hebung der Volksgesundheit beschäftigen, nicht die Ueberzeugung, daß man ernsthaft gewillt ist, der schweren Gefahr auf den Leib zu rücken. Auf einem anderen Gebiete ist die Reichsregierung etwas splendider vorgegangen, sie hat 4 Millionen zur co) Errichtung von kleinen Wohnungen in den Etat eingesetzt. Mit dieser Summe ist, namentlich wenn sie jedes Jahr gegeben wird, schon etwas zu leisten, und etwas Aehnliches hätte, wenn die Regierung es als ihre Aufgabe betrachtet, die Tuberkulose zu bekämpfen und die Errichtung von Heilstätten zu fördern, geschehen müssen. Mit 150 000 Mark, die für diese beiden Zwecke gefordert sind, ist nichts zu erreichen. Im Gegentheil, meiner Meinung nach schadet man damit mehr, als man nützt. Wenn man sagen kann: das Reich wendet Mittel für diesen Zweck auf, werden die gleichartigen Bestrebungen von anderer Seite eher eingedämmt als gefördert. Außerdem ist es meiner Meinung nach ein verhängnißvoller Irrthum, wenn man im Kreise der verbündeten Regierungen glaubt, daß Kulturaufgaben, die mit ungeheuren Kosten verbunden sind und die aus den miserablen wirthschaftlichen Verhältnissen entstehen, in denen die Masse des Volkes zu leben gezwungen ist, durch gemeinnützige private Einrichtungen erfüllt werden können. Davon kann keine Rede sein. Ich will das, was ich im vorigen Jahre über diese Frage ausgeführt habe, heute nicht wiederholen. ...

40 /819
... Meine Herren, ich muß sagen: diese Summe, die nach dieser Erläuterung von Reichs wegen zur Unterstützung von Tuberkulose-Heilstätten aufgebracht werden soll, ist denn doch allzu winzig gegenüber der enormen Gefährdung der Volksgesundheit, die zu gewärtigen ist, wenn durch die Tarifnovelle eine noch weitere Vertheurung der nothwendigsten Lebensmittel herbeigeführt wird. (Sehr richtig! links.) Meine Herren, auf der einen Seite um Hunderte und aber Hunderte von Millionen Mark alljährlich die Volksernährung von Reichs wegen vertheuern, bezüglich verschlechtern, und auf der anderen Seite von Reichs wegen nur im ganzen 150 000 Mark, sage und schreibe einhundertfünfzigtausend Mark, zur Bekämpfung eben der Volksseuche auszuwerfen, die, nicht mit Unrecht, eine Proletarierpest genannt, in dem Maße um sich greift, wie die Lebenshaltung der breiteren Volksschichten zurückgeht. Das giebt zu Vergleichen Anlaß, die unmöglich zu Gunsten der von agrarischen Tendenzen beseelten Reichsverwaltung ausfallen können. (Sehr richtig! links.) Wie wir bereits im Vorjahr, als Herr v. Tiedemann 100 000 Mark für gleiche Zwecke in den Etat einzustellen beantragte, den Wunsch zum Ausdruck gebracht haben, daß doch seitens des Reiches, wenn es sich auf diesem Gebiet in der Bekämpfung einer Volksseuche bethätigen wolle, es auch in würdiger, in tüchtiger, in wirksamer Weise geschehen möge, so können wir auch heute nur mahnen, von Reichs wegen größere, vielfach größere Beträge für die Lungenheilstätten vorzusehen und nicht die Beihilfe des Reiches für eine große und (s) gute Sache mit einer Bagatelle abzuthun, nicht einer Anstandspflicht sich durch ein Almosen zu entziehen. (Bravo! links.) ...


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