Verhandlungen des Deutschen Reichstags

MDZ Startseite


MDZ Suchen

MDZ Protokolle (Volltext)
MDZ Register
MDZ Jahr/Datum
MDZ Abgeordnete


MDZ Blättern

Protokolle/Anlagen:
MDZ 1867 - 1895
MDZ 1895 - 1918
MDZ 1918 - 1942

MDZ Handbücher


MDZ Informieren

MDZ Projekt
MDZ Technisches
MDZ Impressum
MDZ Datenschutzerklärung
MDZ Barrierefreiheit

Reichstagsprotokolle (Volltextsuche)

Suchbegriff(e) Erscheinungsjahr: von/ab: bis/vor:

Bitte beachten Sie die Hinweise zu den Recherchemöglichkeiten.

Durchsuchbare Seiten: 390869 - Treffer auf 819 Seite(n)






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1904
Bd.: 197. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-197

ID: 00002807
61 /819
... Meine Fraktionsgenossen glauben, daß der Weg, den die verbündeten Regierungen mit der Fletschbeschaugesetzgebung in hygienischer Beziehung beschritten haben, ebenso wie der mit der Viehseuchengesetzgebung und dem Schutz unserer Grenzen gegen die Einfuhr verseuchten ausländischen Viehs in veterinärpolizeilicher Beziehung beschrittene Weg der richtige ist und nicht nur zur Erhaltung der Volksgesundheit und Verbesserung der Volksernährung, sondern gleichzeitig auch zur Erhaltung der Landwirtschaft und ganz besonders zur Erhaltung der Viehzucht beiträgt, d. h. eines Wirtschaftszweiges, der die unentbehrliche Grundlage der Wirtschaft der mittleren und der kleinen Landwirte bildet. Dieser Viehzucht kommt um so größere Bedeutung zu, weil ohne sie eine Erhaltung gerade der kleinen Wirtschaften, an deren Erhaltung und noch mehr Vermehrung uns besonders viel gelegen sein muß, nicht möglich ist. Wir wünschen daher jederzeit, mit allen Hilfsmitteln zu einer zweckmäßigen Verbesserung und einem zweckmäßigen Ausbau der Fleischbeschaugesetzgebung beizutragen. Der Herr Abgeordnete Scheidemann hat gestern aus einer Hamburger Zeitung eine Notiz vorgetragen, in lv) welcher das Fleischbeschaugesetz als der traurigste Triumph der Gesetzgebung der letzten Jahre bezeichnet wird. Wie ein denkender Mensch gegenüber unsrer ganzen wirtschaftlichen und bevölkerungsstatistischen Entwicklung zu einem solchen Urteil gelangen kann, ist unverständlich. Wir erblicken die Hauptbedeutung, ganz entgegen den Vorwürfen, die uns von Herrn Scheidemann gemacht worden sind, in der hygienischen Wirkung, in der hygienischen Notwendigkeit dieses Gesetzes. Wir halten diese Gesetzgebung in hygienischer Beziehung für um so notwendiger, als bei der fortschreitenden Industrialisierung Deutschlands (hört! hört! ...
... Immer größere Mengen sind auf Speisung aus fremden Haushaltungen, aus Restaurants und billigen Speiseküchen namentlich in unseren Großstädten angewiesen, und da hat doch sicherlich der Staat die Pflicht, zuni Schutze der Volksgesundheit eine wirksame Kontrolle der Versorgung der großstädtischen Lebensmittelmärkte mit Lebensmitteln einzurichten. In dieser Beziehung sehen wir das Fleischbeschaugesetz als eine ganz notwendige und konsequente Ergänzung unserer sonstigen modernen hygienischen Gesetzgebung und Verwaltungsmaßregeln an. Wir trachten dahin, die Wasserzufuhr zu verbessern, Kanalisation einzurichten, um die Abfallstoffe zu beseitigen, für Straßenreinigung wirksam zu sein; wir haben ein Jmpfgesetz, eine Bekämpfung ansteckender Krankheiten, ein Krankenversicherungsgesetz, wir haben eine ...

62 /819
... Wenn wir nun auch in allererster Linie das Fleischbeschaugesetz im Interesse der Volksgesundheit als eine notwendige hygienische Maßregel ansehen, so geben wir doch ehrlich und offen ohne weiteres zu, daß es uns keineswegs unwillkommen ist, wenn dieses Gesetz gleichzeitig eine wirtschaftliche Nebenwirkung ausüben sollte. Die notwendige Verbindung der hygienischen mit der wirtschaftlichen Wirkung, welche beide in diesem Fall nicht getrennt zu denken sind, hat Herr Kollege Graf v. Revent-(8) low ja schon treffend auseinandergesetzt, sodaß irgend etwas hinzuzufügen absolut überflüssig ist. Sicherlich aber ist — und das möchte ich besonders betonen — die wirtschaftliche Wirkung dieses Gesetzes für uns eine Nebenwirkung (Widerspruch links), — nicht der Hauptzweck, aus dem der Antrieb zur Herbeiführung dieser Gesetzgebung hervorgegangen ist. Dagegen verwahre ich und meine politischen Freunde uns auf das allerentschiedenste. (Beifall rechts.) Warum sollte es uns aber nicht recht sein, daß ein Gesetz, das durch unsere ganz moderne Entwicklung unentbehrlich gemacht worden ist, gleichzeitig auch eine wirtschaftliche Nebenwirkung hat! (Zurufe bei den Sozialdemokraten). — Herr Graf Revenlow und andere haben Ihnen schon auseinandergesetzt, wie es mit den Hausschlachtungen steht, sodaß es Eulen nach Athen und Wasser in den Ozean tragen hieße, das zu wiederholen. (Sehr wahr! rechts). ...

63 /819
... Und das war doch der Kardinalpunkt meiner Rede; ich habe ausgeführt, daß wir damals, als dieses Gesetz geschaffen wurde, in Übereinstimmung mit der Reichsregierung ein hygienisch wirkendes, reines Sanitätsgesetz machen wollten, und habe Ihnen den Vorwurf gemacht, daß Sie es verstanden haben, aus diesem hygienischen Gesetz ein Gesetz zu machen, welches in allerletzter Linie die Volksgesundheit schützen, in allererster Linie die Interessen der Landwirtschaft, besser gesagt der Viehzüchter, wahrnehmen sollte. — Ich komme im einzelnen daraus zu sprechen. — Ich will feststellen, daß von allen Rednern, die hier auf der Tribüne gewesen find, der Herr Graf v. Kanitz am sachlichsten gesprochen hat; ich gestehe ihm ohne weiteres zu, daß er gekämpft Hai für die von ihm stets vertretenen Anschauungen, die wir alle kennen, als Gentleman; keinerlei Ausfälle, wie sie die übrigen Herren beliebt haben, hat er zu Hilfe genommen. Es wird mir ein Vergnügen sein, mit dem Herrn Grafen v. Kanitz bei ähnlichen Gelegenheiten die Klingen zu kreuzen. Ich gebe das feste Versprechen, daß ich genau in derselben sachlichen Weise, wie er von seinem Standpunkte aus hier aufgetreten ist, dasselbe tun werde. Ich will hinzufügen, daß ich auf die Ausführungen des Herrn Grafen v. Kanitz deshalb nicht näher eingehe, weil das, was er ausgeführt hat, sich nicht speziell gegen meine Ausführungen richtete, und ich also keine besondere Veranlassung habe — wenn ich nicht bis ins Endlose hinein ...

64 /819
... Dröscher weiter gesagt: Wenn wir nun auch in allererster Linie das Fleischbeschaugesetz im Interesse der Volksgesundheit als eine notwendige hygienische Maßregel an- (v) sehen, so geben wirdoch ehrlich und offen ohne weiteres zu, daß es uns keineswegs unwillkommen ist, wenn dieses Gesetz gleichzeitig eine wirtschaftliche Nebenwirkung ausüben sollte. Ja, das ist es eben, was in meinem Vortrage gelegen hat: daß für Sie in der Tat nicht die sanitären Wirkungen des Gesetzes in erster Linie in Betracht kommen, sondern die Nebenwirkungen die Hauptsache gewesen sind, und daß Sie das Gesetz so ausgebaut haben, daß es — ich will das Wort einmal gebrauchen, obgleich es nicht eigentlich ganz zutreffend ist — schutzzöllnerisch wirken mußte. Was ich dann anführte aus einer Rede Gerstenbergers, wovon Herr v. Pfetten vorher sprach, waren Stellen, die ich ganz richtig loyalerweise zitierte. Ich habe wörtlich aus dem Stenogramm zitiert: Ich bin bei ruhiger Betrachtung des Gesetzes zu der Überzeugung gekommen, daß es die Gesundheit unseres ganzen Volkes schützen wird und nebenbei als Folge auch für die Landwirtschaft und einen Teil des Gewerbes einen Nutzen haben wird usw. Meine Herren, das habe ich angeführt und nichts weiter; und das wird man doch noch tun dürfen. Weiter ist von Herrn Abgeordneten Dr. ...

65 /819
... Alle möglichen Nebenintereffen sind erwähnt worden, aber dieser Standpunkt der Volksgesundheit ist bei der ganzen Debatte völlig in den Hintergrund getreten. Das war nicht nur damals der Fall, sondern auch gestern wieder. Gewiß, Sie haben immer gesagt: ein hygienisches Gesetz, ein Sanitätsgesetz wollen wir haben. Meine Herren, wer so lange in den Redaktionsstuben sitzt wie ich, der versteht auch, zwischen den Zeilen zu lesen, Herr Graf, und dann kann man aus den Worten, die Sie gesprochen haben, immer den tieferen Sinn herausholen: das Gesetz ist günstig für uns, weil es uns die ausländische Konkurrenz vom Halse hält. Das sind die Gesichtspunkte, die Sie in der Diskussion fortwährend in den Vordergrund geschoben haben. Weiter sagte damals der Herr Graf Posadowsky.-Und nun frage ich, wenn uns in so drastischer Weise die Folgen der weiteren Einführung von Pökelfleisch geschildert worden sind, —1 in ähnlicher Weise, wie es gestern geschehen ist, von dem „schrecklichen Ungeziefer, was da hineinkommt, -wo ist wohl die größere Gefahr einer Schädigung der Gesundheit des deutschen Volkes: wenn man die sämtlichen Hausschlachungen ohne Untersuchung läßt, oder wenn dies geringe Quantum Pökelfleisch weiterhin eingeführt wird? Meine Herren, das war vollständig gerechtfertigt. Die Tausende von Stücken Vieh, die jetzt ununtersucht geschlachtet werden, bringen doch unter Umständen der Volksgesundheit, wenn es sich auch „bloß um Dienstboten handelt, die in Ihrem Haushalt essen, eine schlimmere Gefahr, als das nach Deutschland gebrachte Pökelfleisch.1 .1 V) Da möchte ich noch eins einflicken. ...

66 /819
... Deshalb wiederhole ich, was ich am Montag schon gesagt habe: wir dringen darauf und ersuchen darum, daß der Bundesrat so schnell wie möglich die Initiative ergreifen und einen neuen Gesetzentwurf vorlegen möge, durch dem ausgemerzt wird, was in diesem Gesetz der Volksgesundheit nichts nützen, sondern ihr nur schaden kann. Wir sind bereit, wie ich wiederholt gesagt habe, alle Maßnahmen zu unterstützen, die darauf hinauslaufen, uns gutes Fleisch zu schaffen. Aber wir sind (6) Gegner von allen Maßnahmen, die lediglich darauf hinauslaufen, unter der Etikette „Schutz der Volksgesundheit den Großgrundbesitzern den Beutel zu füllen und auf Kosten der Volksgesundheit das Volk auszuschröpfen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Vizepräsident Dr. Graf zu Stolberg-Wernigerode: Der Herr Abgeordnete Gothein hat das Wort. Gothein, Abgeordneter:1 Meine Herren, meine politischen Freunde haben stets auf dem Standpunkt gestanden, daß es unbedingt notwendig sei, die heimische Viehzucht gegen die Seuchengefahr zu schützen. Wir haben uns infolgedessen auch immer damit einverstanden erklärt, daß, wo das Ausland verseucht war, man die Grenzen gegen die ausländische Vieheinsuhr gesperrt hat. Wir stehen auf diesem Standpunkte auch heute noch; denn wir sind der Meinung, daß es sich beim Schutz unseres Viehbestandes nicht nur um außerordentlich große Werte, sondern auch um so schwerwiegende weite Interessen unserer landwirtschaftlichen und auch unserer Konsumentenbevölkerung handelt, daß wir diesen Schutz aufrechterhalten müssen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1904
Bd.: 200. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-200

ID: 00002810
67 /819
... Meine Herren, Sie werden mir alle zustimmen, wenn ich sage: hier kommen denn doch ganz andere Gesichtspunkte in Betracht, als nur ästhetische; es handelt sich bei der Flußverschmutzung nicht um „Schönheitsfehler, sondern es handelt sich um eine ständig zunehmende Gefahr, um eine Bedrohung der Volksgesundheit. (Sehr richtig!) Wenn deshalb hier von mir verlangt wird, ich sollte zur „Ehrenrettung der Wupper, wie es in dem zitierten Briefe wörtlich heißt, wieder etwas beitragen, so kann ich es nicht besser tun, als wenn ich wiederhole, was ich vor ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1904
Bd.: 207. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-207

ID: 00002817
68 /819
... In anderen Fragen, welche die Volksgesundheit betreffen, zeigten die Bundesregierungen einen viel größeren Eifer, so z. B. beim Reichsseuchengesetz, Viehseuchengesetz usw. Übrigens ständen auch nicht alle Regierungen auf einem so schroff ablehnenden Standpunkt. So habe neulich der Vertreter der bayerischen Regierung in der dortigen Kammer erklärt, dieselbe stehe einem energischen Vorgehen gegen die Schmutzliteratur sympathisch gegenüber/ nur sei es schwer, einen gangbaren Weg zu finden. Man solle sich nicht über den Ernst der Lage täuschen, die öffentliche Meinung verlange entschieden ein energischeres Einschreiten. Von anderer Seite wurde zwar zugegeben, daß ein schärferes Vorgehen notwendig sei, die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen seien unzulänglich, aber der in der Petition vorgeschlagene Weg, welcher nur die literarischen Erzeugnisse und Bildwerke treffen wolle, sei verfehlt. Alan müsse die Frage generell lösen/ fehlerhaft sei es, daß in § 56 die religiösen, politischen und sittlichen Fragen zusammengeworfen würden. Zweifellos könne aber von der Behörde auch schon auf Grund der bestehenden Gesetze schärfer eingeschritten werden. Gegenüber diesen Auffassungen vertrat ein anderer Teil der Kommissionsmitglieder die Ansicht, daß die Petition als ungeeignet zur Erörterung im Plenum zu erachten sei, weil kein Material zur Begründung beigebracht sei. Die Debatte sei schädlich, man könne nur verhandeln, wenn ein gangbarer Weg angezeigt werde. Man könne aber auch nicht zugeben, daß die Gefahr gegen früher eine größere geworden sei. Ein Mitglied erklärte, daß ihm z. B. in der „Jugend und „Simplicissimus noch nichts Anstößiges begegnet sei/ auch auf der Friedrichstraße in Berlin sei ihm noch nichts Unsittliches angeboten. ...

69 /819
... Wie die Überzeugung von der großen Bedeutung der Reinhaltung der Flußläufe für die Volksgesundheit immer weiter sich verbreitet, läßt sich daran erkennen, daß seit einiger Zeit diese Frage ein regelmäßiger Beratungsgegenstand der gesetzgebenden Körperschaften sowie der öffentlichen Verbände, der wissenschaftlichen Gesellschaften und sonstigen Vereinigungen, die sich mit hygienischen Fragen befassen, bildet. So hat auch im Reichstage die Angelegenheit wiederholt Erörterung gefunden und in der Sitzung vom 13. März 1899 ist, worauf in der vorliegenden Petition auch hingewiesen wird, eine Resolution zur Annahme gelangt, wonach die verbündeten Regierungen um Einsetzung einer Reichskommission ersucht werden, der die ständige Überwachung des Zustandes der mehreren Bundesstaaten gemeinsamen Wasserstraßen übertragen werden soll. Erst vor kurzem hat auch der Deutsche Landwirtschaftsrat und zwar in der Sitzung vom 3. Februar d. I. mit dem Gegenstände sich befaßt und dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß der immer mehr im Reiche um sich greifenden Verunreinigung der öffentlichen Gewässer wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren und Schädigungen der Landwirtschaft auf dem Wege der Reichs- oder Landesgesetzgebung alsbald Einhalt getan werde. Wenn einerseits die weittragende hygienische Bedeutung der größtmöglichen Reinhaltung der Gewässer außer jedem Zweifel steht, so darf doch andererseits nicht verkannt werden, daß irgendwie für die Städte und Fabrikbetriebe eine Möglichkeit geschaffen werden muß, die sich ansammelnden Massen von Fäkalien sowie von sonstigen wässerigen Schmutz- und Abfallstoffen bei Seite zu schaffen und daß die öffentlichen Wasserläufe sich hierfür als natürliche Abflußventile darbieten. ...

70 /819
... 2463 der Prostitution eine Besserung der öffentlichen Sittlichkeit und der Volksgesundheit nicht erwartet werden könne. Die Volksversammlung vom 12. Februar 1904 hat ihre volle Zustimmung zu den vorstehend wiedergegebenen Anschauungen erklärt und um baldige Aufhebung des § 361 Ahs. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs gebeten. Die Kommission verhandelte in ihrer Sitzung vom 20. April 1904 über diese Sache unter Zuziehung des Herrn Geheimen Ober-Regierungsrats Dr. v. Tischendorf als Kommissar des Reichs-Justizamts. Auf die Frage des Referenten, ob die verbündeten Regierungen es für notwendig und zweckmäßig erachteten, schon vor der bevorstehenden Revision des Strafgesetzbuchs den § 361 Abs. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs abzuändern, äußerte sich der Herr Regierungsvertreter, wie folgt: „Die Frage einer Änderung des § 361 Abs. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs sei zuletzt gelegentlich der Beratungen über die sogenannte lsx Heinze berührt worden. Seitdem sei kein Anlaß geboten, auf die Frage zurückzukommen, selbstverständlich werde sie bei der bevorstehenden allgemeinen Revision des Strafgesetzbuchs den Gegenstand von Erwägungen zu bilden haben. Der Referent wies darauf hin, daß es sich um eine Frage handle, welche sich nicht nur auf den § 361 Abs. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs erstrecke, sondern welche auch mit manchen anderen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs im Zusammenhange stehe und über welche die Ansichten sehr geteilt seien. Ganz besonders werde es durchaus nicht allgemein anerkannt werden, daß die vorgeschlagene Aufhebung des § 361 Abs. 6 des Reichs-Strafgesetzbuchs, durch welche nicht nur die sittenpolizeiliche Kontrolle, sondern auch die Bestrafung der gewerbsmäßigen Unzucht aufgehoben würde, ein richtiger Weg zur Bekämpfung der Sittenlosigkeit sei. ...

71 /819
... Wie die Überzeugung von der großen Bedeutung der Reinhaltung der Flußläufe für die Volksgesundheit immer weiter sich verbreitet, läßt sich daran ererkennen, daß seit einiger Zeit dieseFrage ein regelmäßiger Beratungsgegenstand der gesetzgebenden Körperschaften 309 ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1905
Bd.: 201. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-201

ID: 00002811
72 /819
... Meine Herren, ich stelle fest, daß bis zum heutigen Tage die Bestimmungen des Fleischbeschaugesetzcs weder für das Freihafengebiet in Hamburg , ^ noch für das in Bremerhaven Geltung haben, daß ferner iin „Zollausland Helgoland, welches jährlich von Tausenden von Fremden besucht wird, alles das eingeführt werden darf, was für das Zollinland im Interesse der Volksgesundheit so außerordentlich nachteilig sein soll. Wie unangenehm jede Kritik des Fleischbeschaugesetzes im agrarischen Lager empfunden worden ist, beweisen die Ausführungen, die der Herr Abgeordnete v. Staudy gelegentlich der letzten Verhandlung hier gemacht hat. Der Herr Abgeordnete v. Staudy, der selbst nichts wissen will von der Ausdehnung der Fleischbeschau auf die Hausschlachtungen, verlangte damals, unterstützt auch vom Zentrum, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen, mit der Begründung, „die Gesundheit des Volkes dürfe nicht gefährdet werden. Diese Worte haben nicht nur mir, sondern wohl Hunderttausenden geradezu wie blutiger1 Hohn in1 die1 Ohren geklungen. Wenn man auf der einen Seite dafür ist, daß die Gesundheit unter allen Umständen geschützt werden soll, wie die Regierung auch in ihrer Vorlage verlangte — das ist auch der Standpunkt, den der Ihnen gewiß außerordentlich freundlich gesinnte preußische Herr Landwirtschaftsminister Podbielski noch jetzt einnimmt —, auf der anderen Seite aber alle möglichen Einfuhrschikanen1 auferlegt,1 die1 Untersuchung1 der Hausschlachtungen ablehnt und dann spricht: „die Gesundheit des Volkes dürfte nicht geschädigt werden, so kann das nur als schneidender Hohn empfunden werden. Das war allerdings eine Stimme, die ganz wunderbar schön in das Konzert hineinpaßte, das im preußischen Abgeordnetenhaus aufgeführt wurde. ...

73 /819
... Wie sich das mit seiner Fürsorge für die Volksgesundheit vertragen soll, ist mir im Augenblick nicht möglich zu enträtseln. Es wird auch ihm selber nicht ganz klar sein; er wird ja überhaupt bei Gewinnung von Erkenntnis in dieser Frage lediglich von dem Zwecke dirigiert, eine wirksame Volksversammlungsrede sich zusammenzustellen. Gewundert hat mich, daß er den Landwirtschaftsminister von Preußen hier als wirtschaftspolitische Autorität vorgeführt hat; darin ist er jedenfalls regierungsfrommer, als wir es sind, die wir zu dieser Erkenntnis nicht gelangen können. (Heiterkeit.) Der Herr Abgeordnete Scheidemann müßte wissen, daß, wenn Fleisch, welches von einem in Deutschland geschlachteten Stück Vieh entnonimen ist, in den Handel gebracht werden soll, dies Stück Vieh zunächst vor der Schlachtung beschaut worden ist, dann nach der Schlachtung. Der Herr Abgeordnete Scheidemann müßte wissen, daß bei der guten Ausbildung der deutschen Tierärzte solches Fleisch alle Garantie dafür bietet, wirklich gesundheitsgemäß beschaffen zu sein, und daß die dritte Untersuchung, welche die Oberbürgermeister für ihre Städte verlangen, lediglich einen fiskalischen Zweck hat, lediglich den fiskalischen Zweck, den Stadtsäckel zu füllen auf Kosten der Konsumenten und auch der landwirtschaftlichen Produzenten. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch links.) Wenn der Herr Abgeordnete Scheidemann mit uns dafür eintreten wollte, daß die Fleischbeschau überall auf Kosten der Allgemeinheit vollzogen werde, dann ließe sich (s) allerdings über die Beschau der Hausschlachtungen reden, um so mehr dann, wenn auch gleichzeitig das Beschaupersonal ganz bedeutend vermehrt würde. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1905
Bd.: 202. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-202

ID: 00002812
74 /819
... Deshalb bekämpfen wir sie, weil wir im Interesse der Volksgesundheit und der Verlängerung der Ledensdauer, im Interesse der Verminderung der Kindersterblichkeit für billige Nahrungsmittel und für ausreichende Beschäftigung Sorge tragen wollen. (Sehr gut! links.) Wir bekämpfen sie auch im Produzenteninteresse; denn sie bedeutet eine erhebliche Verteuerung der Produktionskosten. Wenn die breite Masse der Bevölkerung mehr Geld (A für Brot usw. ausgeben muß, so bedeutet das eine Schwächung des Absatzes der anderen Artikel im Inland; sie vermindert mit der Erhöhung unserer Produktionskosten die Konkurrenzfähigkeit unserer Industrie gegenüber der Auslandsindustrie, sie versperrt uns den Absatz nach dem Auslande durch die Zollschranken, sie vertreibt die Industrie nach dem Auslande. (Sehr gut! links. Widerspruch rechts.) Daß Handelsverträge, sogenannte Handelsverträge selbst mit diesem Zolltarif möglich sein würden, habe ich bereits in den Debatten über den Zolltarif zugegeben. Aber es kommt nicht darauf an, wie das Kind genannt wird, sondern darauf, was es ist, und diese Handelsverträge, wenn sie zustande kommen, sollte man besser nicht so, sondern Mißhandelsverträge nennen. (Sehr gut! links. Unruhe.) Sie mißhandeln das deutsche Volk und die deutsche Industrie. ...

75 /819
... Wir können ohne das ausländische Getreide und Fleisch eine genügende Ernährung des Volkes nicht bewerkstelligen, und wenn der Herr Reichskanzler meint, daß, wenn wir nicht genügend Holz schaffen können, wir Holz einführen müssen, um die Bedürfnisse zu decken, dann trifft das genau so zu wie auf Brot und Fleisch, dann müssen wir keine oder möglichst billige Zölle auf Vieh und Getreide haben; denn wir können den eigenen Bedarf nicht decken, und in dem Maße, wie wir die Zölle erhöhen, in dem Maße, wie durch den Zoll die eingeführten Produkte verteuert werden, in demselben Maße werden auch die inländischen Produkte verteuert, und damit wird eine Verschlechterung der Ernährungsweise und weiter der Volksgesundheit herbeigeführt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Herr Reichskanzler hat sich mit Haut und Haaren den Agrariern verschrieben; freilich deren volle Zufriedenheit hat er sich damit noch nicht erworben. Meine Herren, unter der Patronage des Herrn Grafen Kanitz und des Herrn Abgeordneten Herold bekämpft die Regierung die geltenden Handelsverträge. Es war ja in dem Kampfe um den Tarif eine sehr charakteristische Er- kV) scheinung, daß das, was vor einer Reihe von Jahren von den verbündeten Regierungen als nützlich und notwendig bezeichnet worden ist, jetzt mit einemmale das Schädlichste sein soll, was existiert. Aber, meine Herren, es ist doch wünschenswert, daß man, obgleich ja schon darauf hingewiesen ist, sich vergegenwärtigt, wie denn von den leitenden Stellen die bestehenden Handelsverträge beurteilt worden sind. ...

76 /819
... Auf der einen Seite, wie ich Ihnen nachgewiesen habe, die Verteurung der Lebensmittel und damit die Schädigung der Volksgesundheit und Verringerung der Volkskraft, auf der anderen Seite durch die Zulassung der Erhöhung der Einfuhrzölle nach den Vertragsstaaten eine Schwächung unseres Exportmarkts, und damit verbunden die Verringerung derArbeitsgelegenheit für die Arbeiterklasse. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Mit der Einschränkung der Exportindustrie geht Hand in lv Hand die Vermehrung der industriellen Reservearmee, und damit wächst das zahllose Heer der Arbeitslosen immer mehr. Und die vermehrte Arbeitslosigkeit hat zur Folge die Herabsetzung der Arbeitslöhne. (Sehr richtig! links.) Meine Herren, wo soll denn das hin? Durch die neuen Verträge wird die Arbeiterklasse mit doppelten Ruten gepeitscht. Auf der einen Seite verteuert man den Arbeitern die notwendigsten Lebensbedürfnisse, erschwert ihnen die Ernährung, und gleichzeitig damit verringert man den Arbeitern die Arbeitsgelegenheit, verdammt sie dadurch in noch höherem Maße als bisher zur Arbeitslosigkeit. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und das nennt sich dann Wirtschaftspolitik im Interesse der Gesamtheit, Politik, bei der die Arbeiterklasse berücksichtigt wird! Nein, meine Herren, die neuen Handelsverträge sind geradezu ein Hohn für die Arbeiterklasse. Die Verträge sind das „Tischchendeckdich für die Agrarier, während die Arbeiterklasse die Zeche zahlen muß. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und für solche Verträge mutet mau uns zu zu stimmen! Was wird aber die weitere Folge der Verträge sein? Wir verringern für die deutsche Warenausfuhr die Absatzgebiete im Auslande. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1905
Bd.: 212. 1903/05
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-212

ID: 00002822
77 /819
... Es wird deshalb seitens der Petenten beantragt, der Reichstag wolle im Interesse der Landwirtschaft, des Nationalwohlstandes und der Volksgesundheit folgende Maßnahmen zur Einführung bringen: 1.1 Bildung eines Hygiene-Ausschusses des Deutschen Reichstages. 2.1 Bildung eines Hygiene-Ausschusses der Deutschen Armee. 3.1 Bildung öffentlicher Hygiene-Ausschüsse an allen Orten des Deutschen Reiches. 4.1 Zusammensetzung des Deutschen Gesundheitsamtes in Berlin in der Weise, daß ^4 seines Personalstandes aus Medizinern und ^ aus Arbeiter-Vertretern, Architekten, Baumeistern, Fabrikdirektoren, Fabrikinspektoren, Geistlichen, Gewerbetreibenden, Gutsbesitzern, Hygienikern, Ingenieuren, Landwirten, Lehrern, Offizieren, Professoren, Rechtsanwälten, Redakteuren, Richtern, Schriftstellern, Technikern, Verkehrs- und Verwaltungsbeamten, welche auf hygienischem Gebiete sich bereits Verdienste erworben haben, zu bestehen hat. 5.1 Bewilligung von Tagesdiäten für die unständigen Mitglieder des Deutschen Gesundheitsamtes auf die Dauer ihrer amtlichen Einberufung zur Dienstleistung. 6.1 Errichtung eines dem Reichskanzleramte anzugliedernden hygienischpädagogischen Referates. 7.1 Einführung des obligatorischen Unterrichtes über Verhütung von Tierkrankheiten. 8.1 Anschaffung des „Goldenen Buches der Landwirte von C. Rhan in Duderstadt für alle Klassen der Volks- und der Mittelschulen, für alle Amts- und Staatsbibliotheken, sowie für alle Formationen des Deutschen Heeres. 9.1 Gewährung von Freifahrt auf den Staatseisenbahnen für Besuchende hygienischer Lehrertage. 10.1 Amtliche Honorierung besonders hervorragender Verdienste auf hygienischem Gebiete. 11.1 Erlaß gesetzlicher Bestimmungen über hygienische Kontrolle der Stallungen, Speicher, Keller, Bodenund Hofräume, Dünger- und Senkgruben, Abortanlagen, Kanäle, Schächte, Brunnen, Zisternen, Teiche und Bäche. ...

78 /819
... in Berlin) übersichtlich zusammengefaßt und besprochen: 1.1 „Entstehung und soziale Bedeutung der Arbeiterversicherung, 2.1 „Statistik der Arbeiterversicherung, 3.1 „Unfallverhütung und Arbeitshygiene, 4.1 „Arbeiterversicherung und Volksgesundheit, 5.1 „Arbeiterversicherung und Volkswirtschaft. Außerdem wurden die Hauptergebnisse der Statistik der gesamten Arbeiterversicherung in graphischer und tabellarischer Darstellung zu einem „Atlas und Statistik der Arbeiterversicherung (Berlin 1904 Carl Heymanns Verlag) vereinigt und eine neue Ausgabe der Denkschrift „Einrichtung und Wirkung der Deutschen Arbeiterversicherung (Berlin 1904 A. Asher L Co.) mit einem den neuesten Stand der Gesetzgebung und Statistik umfassenden Anhang und des „Leitfadens zur Arbeiterversicherung des Deutschen Reichs (10. Ausgabe deutsch, englisch und französisch, A. Asher L Co., Berlin) mit einer internationalen Übersicht über den Stand der Arbeiterversicherung in Europa (bis 1900) hergestellt. Alle diese Schriften wurden auf der Ausstellung in St. Louis und weiter in Amerika an Interessenten (Universitäten, Bibliotheken, Redaktionen, Sozialpolitiker und andere Fachleute, Arbeitgeber, Arbeitnehmer usw.) unentgeltlich ausgegeben. Eine große Reihe (etwa 100) statistischgraphischer Darstellungen, von denen Original-Duplikate der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg überwiesen find, gab Aufschluß über Umfang und Einrichtung der Arbeiterversicherung (Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung), die Entschädigungsfälle und Entschädigungen, die Häufigkeit der Krankheiten, Unfälle, Invaliden- und Altersrenten, sowie über die Ursachen, Dauer und Folgen der Krankheiten, Unfälle und Invalidität usw. Gegen 1000 photographische Bilder mit deutschenglischfranzösischer erläuternder Beschreibung, die ebenfalls auch in der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg vorhanden sind, brachten, nach Gewerbszweigen geordnet, die neuesten Unfallverhütungseinrichtungen zur Anschauung. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1906
Bd.: 214. 1905/06
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-214

ID: 00002824
79 /819
... Besonders von den Herren Vertretern der Interpellation haben wir sehr gelehrte Reden gehört über Volksgesundheit und dergleichen mehr. Ich habe bei den meisten Herren vermißt, daß sie nicht genügend auf die Gründe der augenblicklichen Fleischteurung, der Fleischnot eingegangen sind, und meines Erachtens ist es notwendig, wenn man ein Leiden heilen will, daß man in allererster Linie die Gründe aufmerksam untersucht. (Sehr richtig! rechts.) Es ist keine Frage: die unnormale Höhe der Fleischpreise muß anerkannt werden, wenigstens für das Schweinefleisch, und wir sind die letzten, die darüber eine Freude haben. Wir bedauern, daß der Preis des Schweinefleisches für große Kreise unserer Bevölkerung ein so hoher geworden ist, daß es vielfach nicht mehr in dem Maße genossen werden kann, wie es wünschenswert erscheint. Wir bedauern das im Interesse unserer arbeitenden Bevölkerung in den Städten, aber ganz besonders im Interesse unserer kleinen Handwerker, der kleinen Beamten, der Lehrer in Stadt und Land, die auf feste Einnahmen angewiesen sind und mit diesem Faktor bisher nicht haben rechnen können. Meine Herren, die Fleischpreise auf dem Lande und in der Kleinstadt sind lange nicht in dem Maße gestiegen wie in den Großstädten. (Sehr richtig! rechts.) Bei uns im Lande spricht man sehr wenig von Fleischda sind die Preise um 10 Pfennig, vielleicht um 15 Pfennig pro Pfund gestiegen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1906
Bd.: 215. 1905/06
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-215

ID: 00002825
80 /819
... (L) ist die Volksgesundheit, und ich kann und will die Hoffnung nicht aufgeben, daß die Regierung meinen wiederholten dringenden Bitten, doch den Beschluß vom Jahre 1896 nunmehr endlich zur Ausführung zu bringen, freundlichst Folge leisten wird. Diese Kommission, die seinerzeit eingesetzt war, im ganzen aus 18 Mitgliedern bestehend, setzte sich zusammen aus 15 Jmpffreunden und nur 3 Jmpfgegnern. Ich meine aber, man soll unparteiisch sein, man soll die Kommission zusammensetzen zur Hälfte aus Jmpffreunden, zur Hälfte aus Jmpfgegnern. Denn steht die Tatsache wirklich so gut, wie geschildert wird, so findet sich keine bessere Gelegenheit, die Anfechter und Verleumder einer so guten Sache im ehrlichen Geisteskampf gründlich zunichte zu machen, und wir werden im Volke zweifellos wieder volles Vertrauen zur Impfung gewinnen. Aber der Zwang muß unter allen Umständen aus Gewissensbedenken, aus Gewissensgründen beseitigt werden. Nun verursachen uns diese Impfungen circa 50 Millionen Mark Kosten im Jahr, und da kann es doch eigentlich auf eine billige Entschädigung derjenigen, welche durch die Impfung geschädigt werden, nicht ankommen. Wenn auch verschiedene Herren aus den einzelnen Fraktionen meinen, man solle die Jmpffrage möglichst nicht anschneiden, man erziele nichts damit, und die Herren Arzte in den Wahlkreisen würden auch gegen den Betreffenden im Wahlkampf eingenommen sein, so schätze ich die Arzte viel zu hoch, als daß ich glauben könnte, sie werden sich durch solche Argumente in ihrer politischen Gesinnung beeinflussen lassen. Ich bin vielmehr der Meinung, daß der objektiv denkende Arzt mit mir der Meinung sein wird, daß der Impfzwang zu beseitigen ist. ...
... Meine Herren, der Herr Abgeordnete Froelich hat sich soeben als einen radikalen Gegner des Impfzwangs bekannt und hat gemeint, aus Einzelfällen, die er hier vorgetragen hat, Schlüsse ziehen zu können gegen das Impfen im allgemeinen, das ihm als eine Gefahr für die Volksgesundheit erscheint. Ich möchte den Herrn Abgeordneten Froelich doch einmal bitten, einen Vergleich zu ziehen zwischen solchen Völkern, bei denen ein Impfzwang besteht, und solchen, bei denen in dieser Beziehung eine nach seiner Auffassung größere Freiheit herrscht. Wir haben ja Gelegenheit gehabt, vor nicht zu langer Zeit während des Krieges gegen Frankreich, 1870/71, auf deutschem Boden in dieser Richtung bedeutsame Erfahrungen zu machen. In Glogau waren 1870/71 französische Gefangene in großer Zahl untergebracht. Da brach unter ihnen eine Pockenepidemie aus, die auch die einheimische Bevölkerung in Mitleidenschaft zog. Wie mir ein alter erfahrener Arzt, der damals schon in Glogau praktizierte, später öfters erzählt hat, hat die verheerende Epidemie, welche die französischen Gefangenen dezimierte, die Deutschen, die ordnungsmäßig geimpft waren, so gut wie ganz verschont. (Hört! hört!) Heute, wo wir auch ungetmpfte Schwarze zu den deutschen (v) Landeskindern zählen, die Neger in den deutschen Schutzgebieten, die unter der Pockenplage schrecklich leiden, sollten wir uns doch aber auch die Erfahrungen zunutze machen, die beispielsweise in Ostafrika mit der Impfung gemacht werden. ...


< [1] - ... 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 ... [41] >