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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1909
Bd.: 236. 1909
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-236

ID: 00002846
121 /819
... Nein, meine Herren, die Kommission ist gewählt aus der Mitte des Hauses hier, sie ist gewählt aus allen Parteien, und die Mitglieder haben die Aufgabe, nach ihrem reiflichen Ermessen die Vorschläge zu machen, die sie im Interesse der Volksgesundheit, der Volkswohlfahrt für richtig halten, und wenn ein Vertreter der Regierung kommt und sagt: bis hierher und nicht weiter, wir nehmen das nicht an, — so hätte der Herr doch warten müssen, bis die verbündeten Regierungen sich darüber beraten haben. War er schon von vornweg darüber instruiert? Da muß doch von vornherein eine vorgefaßte Meinung vorhanden gewesen sein. Wie es scheint, sind die Herren vom Bundesrat schon vorher dahin unterrichtet gewesen, daß sie sagten: wir gehen nicht weiter! Meine Herren, welche Begründung wurde denn dafür gegeben, daß die Einrichtung einer Sachverständigen-(L) kommisston nicht gangbar sei? Da wurde gesagt, das hemme sofort die Initiative der Negicrungsvertreter, d. h. der Beamten. Meine Herren, welche Gefahr laufen wir denn? Allen Respekt vor der Wissenschaft eines beamteten Tierarztes! Aber er ist auch ein Mensch, für den gewiß auch der lateinische Satz gilt: ei-Ms liuniLnum est. Der beamtete Tierarzt hat es jetzt einfach in seiner Gewalt, über Hunderttausende von Vermögen zu verfügen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1909
Bd.: 237. 1909
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-237

ID: 00002847
122 /819
... Ich erinnere noch daran, daß andere Kulturländer uns hier in der Pflege der Volksgesundheit schon erheblich voraus sind. (Hört! hört! links.) Denken Sie, meine Herren, an England, an die dortigen Trinkerzwangsheilaustalten» denken Sie an ähnliche Einrichtungen der Schweiz, in Dänemark, ich glaube auch in Österreich-Ungarn usw. Ich meine deshalb, es wäre an der Zeit, daß wir ebenfalls die Ausgaben der Gesetzgebung in dieser eminent wichtigen Sache endlich energisch in Angriff nehmen, daß wir die hier gegebene Gelegenheit benutzen, um eine Summe vorzusehen, mit deren Hilfe wir das hohe Ziel einer wirksamen Bekämpfung der Trunksucht zu erreichen hoffen dürfen. Daß damit Hand in Hand natürlich ein „Trtnkergesetz gehen muß, wie es in den genannten Staaten bereits vorhanden ist, ist selbstverständlich, und es wäre eine dankenswerte Aufgabe der Reichsregierung bezw. des Bundesrats, in nächster Zeit ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1909
Bd.: 250. 1909
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-250

ID: 00002930
123 /819
... Oktober 1907, in dem er ausführt, daß der Gemeinderat der Stadt Mülhausen willkürlich die Behauptung aufstellt, der Absinthgenuß schädige die Volksgesundheit, ohne dazu irgend einen stattstischen Nachweis oder eine wissenschaftliche Begründung zu geben. Beim Absinthgenuß treffe, wie beim Genuß von Wein, Bier oder sonstigem Branntwein, die Tatsache zu, daß alle diese Genußmittel, im Übermaß genossen, zweifellos eine schädliche Wirkung auf die Gesundheit ausüben, daß sie aber, in mäßiger Quantität genossen, eine wohltätige Wirkung auf Körper und Geist hervorzurufen geeignet sind. Die gegen den Absinthgenuß gerichtete Bewegung, welche übrigens im Deutschen Reiche bis jetzt nur in dem Gesuche der Stadt Mülhausen zur Geltung gekommen ist, sei nur ein Ausfluß der gegen den Alkoholgenuß im allgemeinen gerichteten Bewegung. Der Verein beantragt, daß der Petition des Gemeinderats von Mülhausen keine Folge gegeben werde. Die Kommission verhandelte über diese beiden PeGtionen in der Sitzung vom 23. Januar 1908, wobei seitens des anwesenden Regierungsvertreters, Geheimes Regierungsrats Frecherm v. Stein, folgende Erklärung abgegeben wurde: Die Petitionen sind in gleicher Weise dem Bundesrat und dem Reichskanzler zugegangen. Nach den vorbereitenden Erhebungen ist der Absinthgenuß in Deutschland wenig verbreitet, in dem größten Telle des Reichs nahezu völlig unbekannt. Nur im Oberelsaß in der Gegend von Mülhausen scheint der Verbrauch, aus Frankreich übergreifend, in breiteren Volksschichten Eingang gefunden zu haben. Den Mülhäuser Petenten ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1910
Bd.: 259. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-259

ID: 00002939
124 /819
... Hier handelt es sich nicht nur um eine Frage der Wehrfähigkeit, sondern^auch um eine eminent wichtige Frage der Volksgesundheit und Sittlichkeit. (Sehr richtig! links.) Wenn man die körperliche, die turnerische, die sportliche Betätigung heben will, wenn man sie zu einer lieben Volkssitte in Deutschland machen will, wie Herr v. Bethmann Hollweg als Minister des Innern in Preußen meinte, muß man in den einzelnen Bundesstaaten dem Turnen und der körperlichen Ausbildung eine ganz andere Bedeutung geben wie bisher. Die Einführung des obligatorischen Turnunterrichts in den Fortbildungsschulen ist nach meiner Überzeugung die Forderung des Tages. (Sehr gut! bei den Freisinnigen.) Es muß dazu auch die Unterstützung von seiten der Militärverwaltung kommen. Ein gewisses Vorrecht in der Armee muß denjenigen gegeben werden, die körperlich auf der Höhe sind, die eine solche drillmäßige Ausbildung nicht mehr so nötig haben wie die andern. Man möge in dieser Beziehung nicht zu stolz sein und möge sich mit den großen turnerischen Organisationen in Verbindung setzen, um sich über die Bedingungen zu einigen.1 (v) (Abgeordneter Hue: Und die Arbeiterturnvereine?) — Ich mache keinen Unterschied in der politischen Haltung. (Zurufe.) Die Deutsche Turnerschaft hat in der letzten Nummer der „Deutschen Turnerzeitung bereits Vorschläge für die Armeeverwaltung gemacht. Eine solche Begünstigung seitens der Militärverwaltung, die der Billigkeit entspricht, würde nach meiner Überzeugung das allerbeste Mittel sein, um unser ganzes Volk wehrfähig, tüchtiger und widerstandsfähiger zu machen. Es wäre ein eminent wichtiger offizieller Anreiz für unsere Jugend, sich wieder mehr den körperlichen Übungen zu widmen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1910
Bd.: 260. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-260

ID: 00003323
125 /819
... Ich bin der Ansicht, daß wir auf diese Weise die Grundlagen schaffen können, auf denen dann später ganz außerordentlich wichtige Fragen der Volksernährung, der Volksgesundheit, aber auch der Volkswirtschaft von Reichs wegen einer einheitlichen und die beteiligten Kreise mehr als heute befriedigenden Lösung entgegengeführt werden können. (Lebhafter Beifall.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baumann. Bauma««, Abgeordneter: Meine Herren, ich will von der Wohnungsfürsorge auf die Winzerfürsorge übergehen. Das neue Weingesetz würde im Interesse des deutschen Weinbaus zur Hebung des ehrlichen Weinhandels wie nicht minder im Interesse der Wetnkonsumenten in der Sorge, einen reinen Wein zu erhalten, schützend und wohltätig wirken, wenn wir im ganzen Reiche eine einheitliche, gleichmäßig strenge Wetnkontrolle hätten (sehr richtig! in der Mitte), wenn sie nicht in manchen Landesteilen nur dem Namen, der Sage nach, sondern wenn sie allüberall in Wirklichkeit ausgeführt wird. Meine Herren, das neue Weingesetz hat überall, wo eine strenge Kontrolle stattfindet, wie ich das von meiner engeren Heimat Bayern, sowohl aus dem weinbautreibenden Franken wie aus der Rheinpfalz, bestätigen kann, bereits gute Früchte für den Weinbau gezeitigt, indem seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes die naturreinen Weine gesucht, gern gekauft werden und auch zu einem besseren, zu einem lohnenderen Preise. Jeder Weintrinker hat aber auch die Sicherheit, daß er nicht einen im Keller zusammengestellten, sondern einen unter der Sonne, an den Reben gewachsenen Wein erhält, und somit ist das Weingesetz zum Schutz für alle geworden, vorausgesetzt, wo es (v) auch wirklich vollzogen wird. ...

126 /819
... Bei einer anderen Gelegenheit haben wir auch schon den Wunsch ausgesprochen nach einem Gesetze zum Schutze der Gesundheit der Jugend, und wir wünschen, daß auf diesem Gebiete des Schutzes der Jugend möglichst viel und möglichst bald etwas geschehen möge; denn von der Gesundheit der Jugend hängt die Volksgesundheit ab. (Bravo! bei den Polen.) Vizepräsident Dr. Spahn: Das Wort hat der Herr Abgeordnete v. Treuenfels. v. Treuenfels, Abgeordneter: Wenn meine politischen Freunde und ich sich entschlossen, die große Zahl der Resolutionen noch um eine zu vermehren, so können Sie (L) glauben, meine Herren, daß es sich hier um einen Übelstand handelt, der wohl wert ist, von seiten der verbündeten Regierungen beachtet zu werden. Es handelt sich um die Abgabe, um den Handel mit narkotischen Arzneimitteln. Der Bundesratsbeschluß vom 29. November 1894 und 17. Mai 1901 regelt die Abgabe von Giften, läßt aber gerade da bedeutende Lücken, durch welche der Bezug von narkotischen Mitteln, die dem Handel mit anderen Giften gleich behandelt werden, ermöglicht wird außerhalb der Apotheken. Es wird da gesagt, daß die Großhändler an Wiederverkäufer diese narkotischen Arzneimittel wie andere Gifte abgeben können, wenn ein Nachweis gebracht ist, daß es sich um zuverlässige Persönlichkeiten handelt. Die Beurteilung des Wertes dieses Nachweises ist ganz dem subjektiven Empfinden der betreffenden Großhändler überlassen. Ich will nicht näher bet der vorgerückten Zeit auf diese Bestimmungen hier eingehen. Ich habe aber zu meiner großen Freude gehört, daß ein Fachmann, der Herr Kollege Dr. ...

127 /819
... Es ist in Preußen-Deutschland förderlich, wenn man eine im Volkswohl liegende Forderung mit irgend welchen Milttärischen oder ähnlichen Erwägungen verknüpft, und daher möchte ich darauf hinweisen, daß, da die Herren im preußischen Krtegsministerium, die bei diesem Verkauf in erster Linie ausschlaggebend fein würden, sich nicht leiten lassen von den Erwägungen, daß der Verkauf eines so wichtigen Terrains aus Interesse an der Volksgesundheit zu verwerfen wäre, sich dann vielleicht leiten lassen von dem Gedanken, daß wir bet der Entwicklung der Luftschiffahrt wahrscheinlich bald große Bahnhöfe in den Siedlungen brauchen, und daß der Verkauf des Tempelhofer Feldes uns vielleicht der einzigen Möglichkeit berauben würde, im Weichbilde von Berlin große Bahnhöfe für den Luftschiffahrtverkehr anzulegen. Meine Herren, aber, wie gesagt, ich sage das nur als ein akzessorisches Moment. Ich stehe prinziell auf dem Standpunkt, daß ans den vorhin erwähnten Gründen der Reichstag mit aller Entschiedenheit es ablehnen sollte, daS Tempelhofer Feld zu verkaufen. (Beifall! bei den Sozialdemokraten.) Vizepräsident Dr. Spahn: Die Debatte ist geschloffen, da Wortmeldungen nicht mehr vorliegen. Kap. 1 Ttt. 1 ist genehmigt. Zu Tit. 2 hat das Wort der Herr Berichterstatter. Freiherr v. Richthofen-Damsdorf, Abgeordneter, Berichterstatter: Meine Herren, schon am gestrigen Tage sind wesentliche Gesichtspunkte erörtert worden, auf welche ich heute als Referent an sich zu kommen hätte. Ich unterlasse es daher, auf diese Gesichtspunkte einzugehen, hebe nur noch besonders hervor, daß bei der fortgesetzten Ausarbeitung des Projekts ein wesentlicher Vorteil in Erls) Weiterung der Liegestelle bet Brunsbüttel erreicht ist. Im übrigen haben wir die Vorlage gründlich durchgegangen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1911
Bd.: 262. 1909/10
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-262

ID: 00003325
128 /819
... Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um der die Volksgesundheit schwer gefährdenden Lebensmittelteuerung zu begegnen? v. Normann und Genossen. Es ist in den letzten Monaten eine bemerkenswerte und bedauerliche Verteuerung des Fleisches in vielen Städten eingetreten. (Hört! hört! links.) Ist der Herr Reichskanzler bereit: 1.1 Gegenüber dem im Zusammenhang damit in letzter Zeit vielfach hervorgetretenen Verlangen nach Öffnung unserer Grenzen für eine vermehrte Vteheinfuhr, die schweren Gefahren darzulegen, welche die Erfüllung dieses Verlangens a) für die deutsche Viehzucht im allgemeinen, 5) für die Aufrechterhaltung des.Veterinärschutzes und «) für eine nachhaltig ausreichende Fleischversorgung des deutschen Volkes mit sich bringen müßte? 2.1 Welche Maßnahmen hält der Herr Reichskanzler für möglich, um der bedauerlichen Steigerung der Kleinhandelspreise von Fleisch in den Städten zu begegnen? 3.1 Ist der Herr Reichskanzler in der Lage, eine vergleichbare Übersicht über die Kleinhandelspreise von Fleisch in den wichtigsten Ländern Europas vorzulegen? Albrecht und Genoffen.1 (cy Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun in Ausführung der im November 1908 vom Fürsten Bülow als verantwortlichem Reichskanzler und zugleich im Namen des Kaisers dem Reichstage abgegebenen Eiklärungen, die durchbrochen worden sind durch die in diesem Jahre in Königsberg i. Pr. und in anderen Orten vom Kaiser über seine staatsrechtliche Stellung abgegebenen Erklärungen? Präsident: Meine Herren, ich werde alle drei Interpellationen auf die morgige Tagesordnung setzen. Während der Vertagung sind in der 7. und 16. Kommission verschiedene Mttgliederwechsel vorgekommen. Ich bitte den Herrn Schriftführer, das Verzeichnis der zurzeit den Kommissionen angehörenden Mitglieder zu verlesen. ...

129 /819
... Flschbeck, Abgeordneter: MeineHerren, daß es imJnteresse sowohl der Verhinderung und Verbreitung von Viehseuchen wie im Interesse der Volksgesundheit notwendig ist, dem Abdeckereiwesen, der Vernichtung der Kadaver die öffentliche Aufmerksamkeit zuzuwenden, ist unsererseits, wie der Herr Vorredner schon ausgeführt hat, seit Jahren hier betont worden, und ich freue mich deswegen, daß die Reichsregierung in diesem Gesetzentwürfe endlich dazu gelangt, diese wichtige Frage anzuschneiden. Nun gebe ich mit dem Gesetzentwurf zu, daß es nicht möglich ist, alle die Verhältnisse, wie sie sich draußen gestaltet haben, über einen Kamm zu scheren, sie zu schablonisieren. Hier trifft meines Erachtens der Gesetzentwurf das richtige, wenn er nur einen allgemeinen Rahmen gibt und im übrigen der Landesgesetzgebung die Ausfüllung dieses Rahmens in einzelnen Punkten überläßt. Ich bin der Meinung, daß es in sehr weiten Landestetlen das richtigste ist, wenn die Frage der Vernichtung der Tierkadaver zu einer öffentlichen gemacht wird, derart, daß die Gemeinden oder die Kreise derartige Anstalten errichte« und strengstens kontrollieren, wo die Vernichtung der Kadaver nach streng hygienischen Gesichtspunkten vorgenommen wird. (Sehr richtig! links.) Wir haben ja bei uns in Preußen auf diesem Gebiete schon allerlei Vorgänge gehabt. Einzelne Kreise und Städte, wie insbesondere die Stadt Berlin, haben ...

130 /819
... Wenn Sie nun aber hier jeden Kadaver der Verwertung des einzelnen freigeben wollen, wenn auch in beschränktem Maße, dann fürchte ich, daß wieder mancherlei geschehen kann, was gerade dem entgegenwirkt, was man auf der anderen Seite im Interesse der Seuchenunterdrückung und im Interesse der Volksgesundheit gewünscht hat, und deswegen möchte ich bitten, daß, wenn der Bundesrat dazu schreitet, solche Vorschriften zu erlassen, in welcher Weise Private Teile des Kadavers benutzen können, das in der allervorstchtigsten Form geschieht; sonst kann direkt das Gegenteil von dem aus einem solche« Gesetzentwurf herauskommen, was wir mit seinem Erlaß wünschen. Wir haben hier in Berlin eine fiskalische Abdeckerei gehabt, und trotzdem ist es vorgekommen, daß von dort unter der Firma „Fleisch für Hundefutter solches Kadaverfleisch in weitgehendem Maße in Restaurationsküchen gelangt ist und zur menschlichen Nahrung benutzt wurde. Dem muß entgegengetreten werden, indem die allerschärfsten Bestimmungen Platz greifen. Aber die Sache hat noch eine andere Seite. Je mehr Sie dem einzelnen Tierbesttzer das Recht geben, Teile des Kadavers zu benutzen, privatim zu benutzen, desto weniger wird die Öffentlichkeit, werden die Kreise und Städte ein Interesse daran haben, solche Anstalten zu errichten. Denn wenn Sie schließlich nur die Lunge, Leber, Eingeweide und vielleicht faule Fische vom Markte einer solchen Anstalt zuführen, dann kann sie irgendwelche wertvolleren Produkte nicht fertigen, aus denen sie einen Erlös hat, und die Folge wird sein, daß den Kreisen sehr große Lasten erwachsen aus der Errichtung einer solchen Anstalt. ...

131 /819
... Emmel, Abgeordneter, Interpellant: Meine Herren, wir fragen den Herrn Reichskanzler, was er zu tun gedenke,1 um der Lebensmtttelteuerung zu begegnen, welche die Volksgesundheit schwer schädigt. Wir behaupten, daß gegenwärtig ein Notstand bestehe, der ganz besonders verschärft wird durch die Lebensmittclteurung, die sich überall geltend macht. Wir haben bei dem Notstand zunächst zu berücksichtigen, daß wir uns dem Winter nahen, schon in der Zeit drinnen sind, wo wir eine regelmäßige Arbeitslosigkeit und einen dadurch bedingten Notstand zu verzeichnen haben. Darüber hinaus aber hat die deutsche Arbeiterschaft an den Nachwirkungen der jahrelangen Krise noch zu leiden; auch dadurch befindet sie sich in einem Zustand, welcher unter allen Umständen eine Schonung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfordert. Die Krise ist noch nicht völlig (8) überwunden; wenn auch zugestanden werden kann, daß sich die Dinge gebessert haben, daß in der Industrie wie im Baugewerbe manches besser geworden ist, so muß aber immerhin doch festgestellt werden, daß die Arbeitslosigkeit noch verhältnismäßig groß ist, und, wie ich schon andeutete, daß die Folgen der Krisis sich heute noch sehr lebhaft wirksam machen. Festgestellt muß dabei gleichzeitig werden, daß in dieser Zeit der wirtschaftlichen Krisis, die so schwer auf der Arbeiterschaft lastet, das große Kapital ganz riesige Profite einheimsen konnte, daß die wirtschaftliche Krisis beim Großkapital sich in der Weise geltend macht, daß gleichzeitig bei dem stärksten Druck, der auf der Arbeiterschaft lastet, doch das große Kapital ganz kolossale Dividenden eingeheimst hat. Zu dem Notstände der Arbeiterschaft kommt aber auch der Notstand beim Mittelstände. ...

132 /819
... darzustellen, auf welche die Behauptung von dem Vor- (cy handensein einer Fleischnot und einer die Volksgesundheit gefährdenden Unterernährung gestützt wird. Meine Herren, ich will, trotzdem es naheliegt, nicht auf die Frage eingehen, ob denn wirklich das Fleisch unter allen Umständen das einzige und unbedingt notwendige Nahrungsmittel ist (Heiterkeit und Zurufe links), ob es nicht noch andere Nahrungs- und Lebensmittel gibt (sehr richtig! rechts und Zurufe links), die in Zetten der Teuerung bei gleichem Nährwert und bei geringeren Preisen wenigstens einen großen Teil der Fleischnahrung ersetzen könnten. (Sehr richtig! rechts.) Ich würde auch bei Bejahung dieser Frage an der Tatsache nichts ändern können, daß sich die Bevölkerung Deutschlands einmal an den Fleischkonsum gewöhnt hat, und daß man ihr auch nicht zumuten kann, auf dieses ihr lieb gewordene Nahrungsmittel zu verzichten. Ich gebe auch weiter gern zu, daß in manchen, ja sogar in den meisten Städten Deutschlands die Fleischpreise eine bedauerliche Höhe erreicht haben. Was ich aber nicht zugeben kann, das ist die vielfach aufgestellte Behauptung, daß wir es im gegenwärtigen Augenblicke mit einer auf dem Mangel an Zufuhr und an Vtehproduktion im Jnlande im wesentlichen beruhenden Fleischnot zu tun haben. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, es ist meines Erachtens überhaupt verfehlt, bei Prüfung der Frage, ob nun tatsächlich eine Fleischnot vorhanden ist, und ob es auch in Zukunft notwendig wird, zur Beseitigung derselben einschneidende und dauernde Maßnahmen zu ergreifen, von einem einzelnen Teuerungsjahre auszugehen. ...

133 /819
... Diese Zustände erheischen gebieterisch eine baldige Abhilfe, soll nicht die Volksernährung und damit die Volksgesundheit und Volkswohlfahrt dauernd aufs schwerste geschädigt werden. (Sehr richtig! bei den Polen.) Was nun die Ursachen der Fletschteuerung und die Mittel zu deren Abhilfe anlangt, so gehen ja die Ansichten hierüber weit auseinander, namentlich bei den Vertretern der Landwirtschaft einerseits und den Vertretern des Viehhandels und des Fleischereigewerbes andererseits. Wir find der Meinung, daß diese Ursachen erschöpfend nur durch eine umfassende Enquete festgestellt werden können, bet welcher außer der Regierung und dem Parlament auch Vertreter der Landwirtschaft, des Handels und des Fleischergewerbes beteiligt sein müssen. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, inwieweit die Behauptung zutrifft, daß die Landwirtschaft nicht imstande sei, dem jährlichen Bevölkerungszuwachs von einer Million Menschen folgend, die Vtehproduktion entsprechend zu steigern. Andererseits ist hervorzuheben, daß, wie die Vertreter der Landwirtschaft zutreffend geltend machen, die Spannung zwischen den Viehpreisen, welche die Landwirtschaft bezahlt bekommt, und den Fleischpreisen, welche die Konsumenten zahlen müssen, vielfach eine außerordentlich große ist (sehr richtig! bei den Polen), sodaß der Gewinn der Zwischenhändler, insbesondere der (s) großenVtehkommisfionsbanken, in der Tat ein unangemessen hoher zu sein und zur Fleischtenerung wesentlich mitbeizutragen scheint. (Sehr richtig! bei den Polen.) ...

134 /819
... Je mehr wir in Deutschland in die Industrie hineinwachsen, desto wichtiger ist es, daß wir für die Volksgesundheit die größte Sorge tragen; (sehr richtig! in der Mitte) denn an sich bedeutet die Industrialisierung eine Gefährdung der Volksgesundheit. Um so mehr müssen wir darauf bedacht sein, alles zu tun, um gegen diese Gefahr ein Gegengewicht zu schaffen, und dazu gehört vor allen Dingen eine gute Nahrung zu normalen Preisen — ich betone ausdrücklich: zu normalen Preisen, zu Preisen, bei denen die Landwirtschaft bestehen kann, und die auch nicht über die Kräfte des Arbeiters hinausgehen. Wenn wir dieses Ziel nicht erreichen, so laufen wir Gefahr, daß unsere arbeitende Bevölkerung degeneriert. (Sehr wahr!) Dann wird der Arbeitsmarkt mit minderwertigem Menschenmaterial überhäuft, und darunter leidet auf die Dauer nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der industriellen Leistungen. (Sehr richtig!) Also es ist ein Aufgabe von nationaler Bedeutung im höchsten Sinne des Wortes, um deren Lösung es sich hier handelt. Aber, meine Herren, je größer die Aufgabe und je schwieriger die Erreichung des Zieles ist, dem wir nachzustreben haben, um so unverantwortlicher ist es, wenn man dieses Streben nach diesem Ziele erschwert, indem man Verhetzung treibt, um so mehr sollte man die verhetzende Phrase fernhalten. Eine nüchterne, sachliche Untersuchung kann uns hier allein helfen, gepaart mit intensiverer sorgfältiger Arbeit unter Mitwirkung der (g) Staatsregterung und der Parlamente und unter einträchtigem Zusammenwirken von Stadt und Land. (Bravo! in der Mitte.) ...

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... Wir haben uns nicht wie die Konservativen darauf beschränkt, eine Diskussion über die Verteuerung des Fleisches herbeizuführen, sondern wir halten für ebenso gefährlich und nachteilig die Verteuerung aller übrigen Bedarfsartikel des Volks, weil dadurch die Lebenshaltung herabgesetzt und die Volksgesundheit geschädigt wird. In der Diskussion ist ja nun, wesentlich durch die konservative Interpellation veranlaßt, die Besprechung der Verteuerung der anderen Lebensmittel etwas in den Hintergrund getreten, und aus diesem Grunde möchte ich noch einmal hervorheben, wie das auch schon der Begründer unserer Interpellation getan hat, daß wir es nicht nur mit einer Verteuerung des Fleisches, sondern mit einer Verteuerung der gesamten Lebensmittel der arbeitenden Bevölkerung zu tun haben, und zwar in einer Weise, die es tatsächlich einem großen Teil der deutschen Arbeiter nicht möglich macht, in ihren Familien so zu leben, wie es nach dem heutigen kulturellen Verhältnis ein dringendes Gebot wäre, daß sie auch nicht die Möglichkeit haben, die durch aufreibende Arbeit ihnen zugemutete Kräfteverwendung zu ersetzen, und daß es ihnen so unmöglich ist, dem Staat in Zukunft ein gesundes, arbeitsfähiges Geschlecht zur Verfügung zu stellen. Nähere Beweise für eine derartige Verteuerung der Lebensmittel brauche ich nicht beizubringen; sie sind von den Begründern beigebracht und weder von den Vertretern der verbündeten Regierungen noch von irgend einer Partei bestritten worden. Beweise dafür, daß ebenfalls w) eine außerordentliche Fleischverteuerung eingetreten ist, sind ebenso wenig notwendig. Die verbündeten Regierungen haben weder in ihrer Denkschrift noch hat irgend ein Redner einer Partei bestreiten können, daß eine außerordentliche Fleischtcuerung besteht. ...

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... Ich glaube nicht, daß irgend jemand von der Reichsregierung oder aus irgendeinem preußischen Ministerium den Mut haben wird, den Vorwurf der Nachlässigkeit oder der mangelnden Fürsorge sür die Volksgesundheit gegen die Stadtverwaltungen und die verschiedenen offiziellen Vertretungen von Handel und Gewerbe zu erheben. Die Leute, die in dieser Beziehung aufgetreten sind, fühlen genau so viel Verantwortung für die Gesundheit des Volkes wie die Herren aus dem preußischen Landwirtschaftsministerium. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Mehr!) Und wenn diese Leute zu der Überzeugung kommen, daß die Öffnung der Grenzen geboten sei, so sollte nach meiner Meinung der Ernst dieser Tatsache so weit gehen, daß man sich auch in Preußen endlich zu dem Gedanken drängen läßt, daß das preußische Volk doch nicht minderberechtigter ist als die Bevölkerung der anderen Bundesstaaten, und daß der preußische Arbeiter mit demselben Recht eine bessere und billigere Fleischernährung verlangen kann, wie sie den übrigen Arbeitern durch die Haltung ihrer Regierungen möglich zu machen versucht wird. Der Standpunkt, die Grenzen könnten nicht geöffnet werden, der noch vor wenigen Monaten vielleicht den Schein der Berechtigung für sich gehabt hätte, ist jetzt nicht mehr aufrecht zu erhalten, nachdem die Grenzen für einzelne Gebiete des Reichs geöffnet sind. Es wird niemand be- (v) Häupten wollen, daß das Württembergische oder badische oder elsässische Volk jetzt mehr Schaden leide, als das preußische Volk Schaden leiden würde, wenn ihm derselbe Vorteil zugute käme. ...

137 /819
... Das ist meines Erachtens auch unbedenklich, da in weiten Kreisen die Ansicht verbreitet ist, daß einzelne Bestimmungen zu scharf sind und ohne Gefahr für die Volksgesundheit eine Milderung derselben eintreten könne. Der Herr Staatssekretär hat ferner nachgewiesen, daß eine Ermäßigung der Eisenbahntransporte für die Fletschpreise von untergeordneter Bedeutung sei, da sie bei weiten Entfernungen, ich glaube, er führte 900 Kilometer an, kaum 1 Prozent des Verkaufspreises betrage. Auch das ist zweifellos richtig; aber wenn man auch durch diese Maßregel allein keine Abhilfe schafft, so sind doch zahlreiche kleine Maßnahmen in ihrer Gesamtheit in Verbindung mit einer Reihe von Mitteln, die Herr Trtmborn angedeutet hat, nicht bedeutungslos und vor allen Dingen von einer sehr erheblichen moralischen Wirkung. Man hätte dann wenigstens den guten Willen gezeigt, helfend einzutreten und damit der systematischen (v) Verhetzung des Volkes bis zu einem gewissen Grade den Boden unter den Füßen entzogen. Im Anschluß an eine Bemerkung des Herrn Landwirtschaftsmtnisters möchte ich endlich noch eine Forderung unseres ersten Fraktionsredners einmal nachdrücklich unterstreichen. Ich werde darin bestärkt durch die Erklärung meines Vorredners, eines Fleischermeisters aus Magdeburg, daß er in den letzten Jahren ununterbrochen mit Unterbilanz gearbeit habe. ...

138 /819
... Wir find jederzeit bereit, den Beweis zu führen, daß nicht die Leute, die eine Politik treiben, die die Ernährungsverhältntsse des Volkes verschlechtert und so die Volksgesundheit bedroht, die es Millionen Menschen unmöglich macht, sich gesund zu erhalten, die es ihnen erst recht unmöglich macht, irgendwie AnteU zu nehmen an den höheren Gütern der Kultur, die die Schule niederhalten will, die jede Anteilnahme der Massen an dem, was Kunst und Wissenschaft zu geben vermögen, verjtnderv will auf Grund des Prinzips: „wer. Knecht ist, oll Knecht bleiben — „wer nieder geboren ist, soll sich ügen —, sondern daß wir es find, die die gesund- ...

139 /819
... Nun komme ich zum Schluß und sage: wir sind mit Freuden bereit, der Vorlage näher zu treten, und werden es uns angelegen sein lassen, das auszugestalten, was wirklich unbedingt nötig ist, namentlich im Interesse der Volksgesundheit und der Pflege des öffentlichen Schutzes derselben. Es ist schon von dem Herrn Vorredner angedeutet worden, daß man doch auch nicht den Patienten zu sehr beschränken kann. Man verliert sehr leicht bei allen diesen Erwägungen über den Stand der Ärzte, den Richterstand, die Verwaltungsorgane, die Unterorgane, die das beaufsichtigen sollen, ganz den Hauptgegenstand aus dem Auge, nämlich den Patienten. Der ist doch der Mittel- ...

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... Durch die zahlreichen im Verkehr befindlichen und zur Anwendung gelangenden Gegenstände dieser Art wird nämlich nicht nur die Volksgesundheit geschädigt, sondern auch der Geburtenhäufigkeit erheblich entgegenwirkt. Diese ist aber in Deutschland trotz der Zunahme der Bevölkerung schon seit längeren Jahren eine konstante geblieben. Derartige Erscheinungen erfordern ernste Beachtung und schleunige Anwendung geeigneter Abwehrmaßregeln. Solche dürften in einer Erschwerung des Verkehrs mit den betreffenden Gegenständen zu erblicken sein. Ich bin anderer Auffassung als der Verfasser der Begründung der Regierungsvorlage. Die volkswirtschaftlichen Zustände sind nicht eine Folge des Stillstehenbleibens der Geburtenzunahme, sondern durch die volkswirtschaftlichen Verhältnisse sind die Geburten nicht in dem Maße vorwärts geschritten, wie es wünschenswert und vielleicht auch erforderlich wäre. L) Und dann gehen Sie doch einmal hinein in die Bevölkerung und untersuchen Sie die Gründe des Geburtenstillstands in bezug auf die gesellschaftliche und örtliche Ausdehnung, und fragen Sie einmal, in welchen Kreisen in allererster Linie der Geburtenüberschuß gegenüber früher stillstehen geblieben oder gar zurückgegangen ist. Dann werden Sie darauf kommen, daß es in allererster Linie die höheren, besser- und mittelsituierten Klassen in der Bevölkerung sind, die einen Geburtenrückgang resp. stillstand aufzuweisen haben. Dafür sind in allererster Linie finanzielle, wirtschaftliche, manchmal aber auch gesellschaftliche Gründe maßgebend. In vielen Fällen spielt aber auch körperliches Unvermögen eine Rolle. ...


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