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Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1911
Bd.: 277. 1911
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-277

ID: 00003344
281 /317
... Auch die Naturheilvereine seien ja prinzipiell gegen alles Impfen. Referent gebe zu, daß die Krankheiten Wohl die Folge von Infektion der Wundstellen seien, es müßten daher antiseptische Verbände gemacht werden. Auch käme es vor, daß Arzte bei Massenimpfungen nicht vorsichtig genug verführen und völlig rissige Wundstellen hervorriefen. Eine Kontrolle darüber, wie es Herr Professor Dr. Kirchner ausgeführt habe, sei im einzelnen nicht möglich. Es hätten andere Staaten, wie z. B. Schweizer Kantone, Österreich und England keinen Impfzwang und doch seien dort nicht mehr Pockenepidemien bekannt geworden. Auch schütze die Impfung nicht fürs ganze Leben, sondern nur eine Zeitlang. Er sei der Ansicht, daß es ein unstatthafter Eingriff in die persönliche Freiheit der Eltern sei, die das Impfen für schädlich hielten, sie zu zwingen, ihre Kinder impfen zu lassen, und befürworte er deshalb das Verlangen der Petenten, welches wolle „eine gesetzliche Bestimmung, kraft deren alle diejenigen von der Impfung und selbstverständlich von Strafe befreit werden, die für sich oder ihre Kinder oder Pflegebefohlenen der zuständigen Behörde schriftlich erklären, sie fühlten sich im Gewissen verpflichtet, sich oder ihre Kinder bezw. Pflegebefohlenen nicht impfen zu lassen. Diese Bestimmung sei in England eingeführt. Verschiedene Kommissionsmitglieder bekämpften diesen Vorschlag, da die Einzelnen im Interesse der Allgemeinheit sich fügen müßten, widrigenfalls große Schädigungen für das ganze Volk zu erwarten seien. Im selben Sinne äußerten sich auch die Regierungsvertreter, und dies war der Haupteinwand gegen den Vorschlag des Referenten. Ein Jmpfgegner der Kommission will alle acht Forderungen zur Erwägung überweisen. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1911
Bd.: 281. 1911
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-281

ID: 00003348
282 /317
... das Impfen von Maultieren vom 15. 7.1902, betr. Meldepflicht. . Vom 1. 9.1902- 1.1.1903 und 12. 2. 1909, betr. Jagdschutz vom 1.10.1902, betr. Reblauskrankheit Zollverordnung vom 21. 3.19031 . . vom iE betr. Paßpflicht der Eingeborenen vom 10. 10. 1904, betr. Fahren von Lowries vom 15.12.1905, betr. Ausweisung . vom 22.1.1906, betr. Abladen vonSchutt vom 25.1. 1906, betr. Betreten des Ovambolandes vom 26.10.1906, betr. Schulpflicht . vom 23. 6. 1908, betr. Einfuhr von Großvieh vom 21.10.1908, betr. Diamanten . 15 verschiedene Verordnungen zur Bekämpfung von Viehseuchen . . . . 20 1 4 41 6 2 3 15 53 1 19 9 2 1 3 8 5 1 105 ! 4. Bezirksamts- und Polizeiverordnungen: a) für Windhuk vom1 betr.Polizei-1038 stunde b) vom 4. 8.1904, betr. Schießen in der Nähe von Windhuk e) vom 17.6.1904, betr. Wassererschließung ä) vom 25. 3. 1905, betr. das Betreten von Kaffernwerften 6) vom 8.2.1906, betr. Viehtransporte . t) für Grootfontein vom 4. 8. 1894 zur Verhütung von Typhus A) für Outjo vom 27. 6.1905, betr. Handel im Ovambolande b) für Karibib vom 7. 8.1897, betr. Reinhaltung der Ortschaft i) desgl. vom 1. 9.1901, betr. das Halten von Hunden k) Werftenverordnung für Karibib vom 14.11.190? 20 8 1 3 3 4 2 3 11 2 1) vom1 betr. Beleuchtung von Swakopmund m) vom 28.10.1901, betr. das Halten von Hunden in Swakopmund u) vom ig g iE betr. Straßenbahngeleise in Swakopmund........ o) Hafenordnung von Swakopmund . . 56 27 20 7 16? ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1912
Bd.: 284. 1912
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-284

ID: 00003351
283 /317
... Zweitens hat der Herr Vorredner behauptet, das deutsche Volk sei vergiftet morden durch Tuberkulin, mittels dessen man die Schlachtttere habe impfen lassen, die aus dem Auslande eingeführt worden find. Es ist richtig, es hat längere Zeit eine Tuberkulinimpfung der Rinder, die aus Dänemark kamen, stattgefunden. Der Herr Vorredner wird aber auch nicht den Schatten eines Beweises dafür erbringen können, daß durch diese Tuberkulinimpfung irgendeine die Gesundheit schädigende Be- ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1913
Bd.: 288. 1913
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-288

ID: 00003384
284 /317
... Aber wir dürfen doch nicht verkennen, daß im wesentlichen unsere Regierungsärzte durch das Impfen und durch die Seuchenbekämpfung in Anspruch genommen werden, sodaß zu stetiger Krankenbehandlung zuweilen wenig Zeit übrig bleibt. Hier treten die missionarischen Etngeborenenhospitäler ein, die bei gleichem Dienst nur ein Drittel der Kosten der Regierungseinrichtungen haben. Ich bemerke gegenüber einem Angriff in der Budgetkommission ausdrücklich, daß die Misstonsärzte keinen Druck auf die Seele ihrer Pfleglinge ausüben, sondern von dem Wert der persönlichen Freiheit zu sehr überzeugt sind, als daß sie in dieser Beziehung gegenüber den Kranken vorgingen. Es geschieht die Ausdehnung der missionarischen durch mtsstonsärztliche Wirksamkeit aus dem Empfinden der Pflicht, die im Dienste des Heilands übernommen wird, der für Seele und Leib gesorgt hat. Wer mit den Eingeborenen in enge Fühlung kommt, möchte auch nach dieser Linie hin wirksam sein. Es ist dankenswerterweise auch in diesem Jahre von den verschiedensten Seilen aus der Mission als der Pflicht eines christlichen Volkes Anerkennung geworden, und man darf wünschen, daß der nationale Aufruf, an dessen Spitze Vertreter der drei Berliner parlamentarischen Körperschaften stehen, weiten Widerhall im Volksleben, ich hoffe auch im Kreise der Reichstagskollegen, finden möchte. Wir müssen den Eingeborenen das Beste bringen, was wir haben, und das ist das Kreuz. Mit vollem Recht sagt der amtliche Bericht auf Seite 10 des Eingangs: An der geistigen und sittlichen Hebung der farbigen Bevölkerung arbeitet die Verwaltung gemeinsam mit den Missionen, und ebendort wird bemerkt, daß die Tätigkeit der Missionen Reichstag. 13. Legisl-P. I. Session. 1912/1913. ...






Verhandlungen des Reichstages. - Berlin, 1914
Bd.: 294. 1914
Signatur: 4 J.publ.g. 1142 y,A-294

ID: 00003390
285 /317
... Es besteht also gesetzlich eigentlich nur der Zwang, bet Epidemien zu impfen. Ich habe das hier vorausschicken wollen, weil tatsächlich es nunmehr nach dem Wunsch der Petenten festgestellt werden soll, ob das Gesetz, was der damalige Reichstag gemacht hat, in dieser Weise auch jetzt noch gelte» soll, oder ob das, was augenblicklich vielfach Praxis ist, besonders gesetzgeberisch bestätigt wird. Drittens verlangen die Petenten, falls sich für die dauernde Aufhebung des Jmpfgesetzes noch keine Mehrheit finden läßt, daß mindestens die Gewissensklausel nach englischem Muster eingeführt wird. In der Kommission ist keiner dafür eingetreten, daß das Jmpfgesetz aufgehoben werden soll. Also über diese Forderung haben wir gar nicht diskutiert. Die Kommission war in ihrer großen Mehrheit der Ansicht, daß die Gewissensklausel eingeführt werden soll nach englischem Muster: wenn also Eltern nicht wollen, daß ihre Kinder geimpft werden, aus Gewifsensgründen, daß sie bet Gericht, wie in England, den Antrag stellen, und dann eine zwangsweise Impfung nicht nötig ist. Viertens verlangen die Petenten, daß die durch das Jmpfgesetz geschädigten Kinder und Erwachsenen in allen Fällen, wo Schädigungen der Gesundheit durch das Impfen sich einstellen, eine gesetzliche Entschädigung erhalten. Einstimmig hat die Kommission ote Berücksichtigung dieser Forderung empfohlen; sie hat freilich hinzugefügt, es muß der Nachweis geführt werden, daß die Schädigungen infolge des Jmpfens eingetreten sind. Endlich fünftens verlangen die Petenten, daß bis zur ^ Entscheidung über die völlige Ablehnung oder Aushebung des Jmpfgesetzes jede weitere zwangsweise Anwendung, die dem Gesetz zuwiderläuft, unterbleibt. ...

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... Die Petenten wenden sich gegen das Impfen und besonders gegen den Impfzwang als gegen eine der Volksgesundheit gefährliche, ungesetzliche Maßnahme. Sie beklagen sich — nach meiner Überzeugung mit Recht — über willkürliche, im Gesetze nicht begründete Maßnahmen von seiten der Behörden. Es sind ja zahlreiche Eltern ins Gefängnis gesperrt worden, weil sie sich weigerten, ihre Kinder als Impflinge der Impfstelle zuzuführen. Ich erinnere an den Fall Butterbrod in HildeSheim, ferner daran, daß ein Assessor in Frankfurt a. M. erklärt hat: und wenn ich die Eltern in Kelten legen soll und muß, um die Impflinge an die Impfstelle zu bekommen, «D so würde ich nicht davor zurückschrecken. (Hört! hört! bet den Sozialdemokraten.) Das widerspricht dem Geist und dem Sinn des Jmpfgesetzes und ist ungesetzlich. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Schon der Berichterstatter hat angeführt, daß der Reichstag vom Jahre 1874 kein Zwangstmpfgesetz haben wollte. (Glocke des Präsidenten.) Präsident: Meine Herren, ich muß wirklich um etwas mehr Ruhe bitten! Bock, Abgeordneter:Aus den damaligen Verhandlungen geht klar und unzweideutig hervor, daß der Titel „Impfzwanggesctz in „Jmpfgesetz abgeändert wurde, und daß der 8 15, der den Impfzwang enthielt, wie schon der Herr Berichterstatter sagte, gestrichen wurde. Ich gestatte mir, ihn hier noch einmal zu verlesen. Wenn ein Jmpspfltchtiger ohne einen gesetzlichen Grund der Impfung entzogen geblieben ist oder eine amtliche Aufforderung zur Nachholung sich unfruchtbar erweist, so kaun die Impfung durch Zuführung zur Impfstelle erzwungen werden. So war der Wortlaut im Entwurf des Gesetzes. ...

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... bei den Sozialdemokraten und im Zentrum) weil sie gezwungen werden, ihre Kinder gegen ihre innere Überzeugung impfen zu lassen; denn es gibt wohl für ein Elternpaar nichts Heiligeres als seine Kinder. Wenn sie die Impfung für gefährlich halten und sich dagegen sträuben, gewaltsam zur Jmpfstation geschleppt zu werden, so geschieht cs nicht aus Neigung zur Opposition. Die hochfahrenden Herren Vakzinisten mögen darüber etwas geringer urteilen; wir sind in diesem Falle aber anderer Meinung: diese Leute leiden tatsächlich große Seelenschmerzen, wenn sie ihre Kinder gegen ihre innere Überzeugung impfen lassen müssen. Dann ist heutzutage auch einem großen Teile des deutschen Volkes bekannt, daß hervorragende wissenschaftliche Autoritäten — Autoritäten, die sich mit dem Herrn Ministerialdirektor vr. Kirchner ganz bestimmt messen können, (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum) denen der Herr Ministerialdirektor Kirchner noch nicht einmal gewagt hat auf ihre Broschüren zu antworten, die sie gegen ihn geschrieben haben — Gegner des Impfzwanges sind. Ebenso gibt es Tausende von Ärzten, die iwpfgegnerische Vereine gegründet haben. Es ist ganz erklärlich, daß nicht nur Laien der Meinung sind, daß das Impfen gefährlich sei, sondern auch eine große Anzahl von Wissenschaftlern. Nun sagt das Reichsgesundheitsamt: die Jmpffrage ist eine wissenschaftliche Frage. Dann hätten wir damit nichts zu tun und müßten das Reichsgesundheitsamt darüber entscheiden lassen! Aber ich habe schon erklärt, dann hätte man sich auch im Ministerium nicht von einem solchen Latenreichstag ein solches Gesetz machen lassen dürfen. Das widerspricht doch dem vollständig. ...
... Ist es wünschenswert, daß Eltern gezwungen werden können, ihre Kinder impfen zu lassen, was ich weder zu bestreiten gewillt bin noch zu entscheiden habe, so müssen dem Jmpfgesetze durch die Gesetzgebung Zwangsmittel hinzufügt werden, die die allgemeine Verwaltung oder die Medizinalbehörden handhaben müssen. So sagt der Geheime Regierungsrat Flügge. Durch nichts ist im Gesetz die mehrmalige Bestrafung eines und desselben Tatbestandes zulässig. Wenn das ein Mangel im M) Gesetz ist, dann soll das Gesetz geändert werden; aber unsere Behörden setzen sich darüber hinweg und kehren sich nicht in das Gesetz. Selbst der Herr Medizinalrat Kirchner sagt in seiner Schrift „Schutzpockenimpfung und Jmpfgesetz Seite 32: Richtig ist, daß das Gesetz in dem Entwurf als „Jmpfzwanggesetz bezeichnet war. Richtig ist ferner, daß die 88 14 und 15 des Entwurfs, die sich auf Zwangimpfungen bezogen, bet der Beratung im Reichstage gestrichen worden sind. Ja, meine Herren, wenn das alles zweifellos richtig ist, wenn das von keiner Sette bestritten wird und bestritten werden kann, wie kommen dann die Behörden in Preußen dazu, derartige Zwangsmaßregeln anzuwenden? Daß dasReichsgesundhettsamt auf derSeite derJmpffreunde steht, dadurch wird die Gesetzwidrigkeit des Zwanges doch nicht gerechfertigt, wohl aber erklärt. Das Reichsgesundheitsamt hat sich nach meiner Überzeugung von Anfang an in eine ganz schiefe Position drängen lassen. Es hat von Anfang an für die Jmpffreunde Partei ergriffen, während in der Wissenschaft die Frage strittig war und ist und noch längere Zeit bleiben wird. ...

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... Nun haben sie erklärt: wenn das Impfen auch nicht (0) vor Ansteckung der Pocken schützt, so steht doch aber die Tatsache fest, daß die Krankheit bedeutend milder verläuft. Ja, meine Herren, es sterben doch aber viele, die angesteckt worden sind, und mehr als sterben kann doch der Mensch nicht! (Sehr richtig! und große Heiterkeit.) Es sterben doch Leute, die zwei- oder dreimal geimpft sind. Da verläuft doch die Krankheit nicht milder! (Heiterkeit.) Endlich hat man sich dazu aufgeschwungen und hat Konzessionen gemacht, und das Reichsgesundhettsamt und seine Vertreter werden in der Zukunft noch mehr Konzessionen machen müssen. Man hat endlich herausgefunden, daß der Pockentmpfschutz nicht mehr für die Lebenszeit, sondern höchstens für 10 Jahre möglich ist. Das ist schon eine bedeutende Konzession. Aber es gibt Arzte, die die Schutzdauer noch viel kürzer festsetzen. Herr vr. Heinrich Böing weist nach, daß der Impfschutz im höchsten Falle nur zwei Jahre dauere. (Hört! hört! bet den Sozialdemokrateu.) Ich habe seine Schrift ebenso wie die des Herrn Ministerialdirektors gelesen und muß sagen, daß in diesem Falle Herr vr. Böing dem Herrn Ministerialdirektor bedeutend überlegen ist. Ein Experiment, das der Stabsarzt vr. ...
... Sobotta angestellt hat: er hat 154 seiner Soldaten impfen lassen, nach anderthalb Jahren hat er sie wieder impfen lassen, und von den 154 Soldaten, die zum zweitenmal bei ihm geimpft worden waren, reagierten mit Ausnahme von acht sämtliche Soldaten: sie bekamen die echten Blatterpusteln, sodaß in der Tat der Beweis geliefert ist, daß der Schutz nicht so lange dauert, wie es der Herr Ministerialdirektor heute noch sagt, nämlich 10 Jahre; denn die Soldaten waren doch für die Pocken ansteckungsfähig.1 ^ Mit dem Impfschutz steht es deshalb faul, und da ^ das Impfen auch nicht vor Ansteckung und Tod schützt, so darf ein solcher Impfzwang nicht mehr aufrecht erhalten werden. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Hören wir einmal, was die Wissenschaftler selbst noch dazu sagen. Auf dem Elberfelder Arztetag hat ein Referent folgendes ausgeführt: Die Hoffnung freilich, durch die Impfung die Pocken ganz aus der Welt zu schaffen, hatte sich nicht erfüllt; denn einen absoluten Schutz gegen die Pocken gibt ja noch nicht einmal das einmalige überstehen der echten Pocken, geschweige denn die viel leichtere Knhpocke. Später heißt es: Es wäre berechtigt, wenn die Impfung tatsächlich absoluten Schutz gegen das Erkranken an Pocken verschaffte. Das ist leider nicht der Fall. (Hört! hört! bet den Sozialdemokraten.) So wurde auf dem Elberfelder Arztetag gesprochen! Früher urteilte man ganz anders. Wetter stellen die Jmpfanhänger die Behauptung auf, daß das Impfen gefahrlos sei. Ich habe eine Anzahl Flugschriften von Jmpfgegnern, u. a. ...

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... August eine Reise nach dem tropischen Afrika antrat, auf den Rat verschiedener Tropenkenner acht Tage vor meiner Abreise nochmals impfen, und zwar durch den Vertreter meines hiesigen Jmpfarztes, einen älteren Sanitätsrat. Der Herr erklärte mir, ich solle mich nicht beunruhigen, weun der Jmpsarm etwas anschwelle. Ich hatte deshalb zunächst auch keine Bedenken, als mein linker Arm ziemlich rot und immer dicker wurde. Erst einen Tag, nachdem ich mich bereits auf hoher See befand, wurde mir die Sache etwas unheimlich, da die Hitze in dem Arm immer mehr zunahm. Ich ging deshalb zu dem Schiffsarzt. Er untersuchte den Arm und machte ein sehr bedenkliches Gesicht. Wie er mir später mitteilte, hatte er im ersten Augenblick sogar gedacht, daß er mir würde raten müssen, beim ersten Halt auf englischem Boden wich an Land zu begeben und mich dort einer Operation zu unterziehen. Bei der mikroskopischen Untersuchung stellte er Streptokokken bet mir fest. Es handelte sich also um eine schwere Infektion infolge der Impfung. (Hört! hört! bet den Sozialdemokraten.) Glücklicherweise trat das schlimmste, was er im «A ersten Augenblick befürchten zu müssen glaubte, nicht ein. Er meinte, es habe an einem Haare gehangen, daß ich meinen Arm und vielleicht noch mehr verloren hätte. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Das ist eine Jmpferfahrung von einem unserer Herren Kollegen, die jedenfalls interessant ist, weil ja viele den früheren Kollegen kennen. Ich selbst, meine Herren, habe in drei Familien Infektionen durch Impfung gesehen und bin geradezu entsetzt gewesen. Die eine endete mit einem Todesfall. ...

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... Wie kommen dann nun die Behörden dazu, diese große Masse Kinder zu impfen? Die Jmpfärzte täuschen sich sehr oft bei der Untersuchung auf den Gesundheitszustand der Kinder. Es kann auch gar nicht möglich sein, eine genaue Kontrolle vorzunehmen. Es wird fast in jeder Sekunde ein Kind untersucht und geimpft. Während das eine Kind geimpft wird, muß schon die Mutter des nächsten den Arm ihres Kindes entblößen, damit der Arzt gleich wieder die neue Untersuchung vornehmen kann. Er erklärt dann in aller Eile: das Kind ist gesund, die Impfung wird vorgenommen. Niemand geringerer als Herr Ministerialdirektor Kirchner hat folgende Äußerung in einem Vortrag getan. Er hat erklärt, daß in Mannheim von 179 Kindern mehr als die Hälfte, nämlich 54 Prozent, als tuberkulös be- (v) funden wurden. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten. — Widerspruch vom Bundesratstisch.) — Sie haben das Beispiel angeführt. (Widerspruch vom Bundesratstisch.) In den ländlichen Bezirken sollen es 43 Prozent gewesen sein. Der Professor Czerny in Heidelberg weist nun aber nach, daß skrofulöse Kinder ganz besonders gegen das Impfen reagieren, und daß die Skrofulöse bei den Kindern durch die Impfung zur Auslösung kommt. Wenn wir weiter die Tatsache berücksichtigen, daß nach den schulärztlichen Feststellungen eine große Masse von Kindern sehr schlimm erkrankt sind, so werden die ungeheuren Jmpfschäden verständlich und erklärlich. Dr. Kranz, Arzt der Zentralimpfanstalt in München, Mitglied der Jmpfprüfungskommission 1884, stellt aus Grund übereinstimmender Erfahrungen der bayerischen Jmpfärzte fest, daß die Gefahren des Jmpfrotlauss durch die Kälberlymphe außerordentlich groß sind. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) ...
... Die Statistik soll beweisen, wie nützlich und notwendig das Impfen ist. Diese Statistik kennen wir schon seit vielen Jahren. Auch diese Tafel hängt heute nicht zum ersten Male aus, sondern ist (v) schon auf verschiedenen Ausstellungen zu sehen gewesen. Durch die Statistik soll bewiesen werden, daß in den Ländern mit Impfung die Pocken zurückgegangen sind, und daß in den Ländern ohne Impfung oder ohne genügende Impfung die Pocken im Steigen begriffen sind. Das Gegenteil ist wahr. 1861 hatte Bayern 30 742 Pockenkranke, von denen 29 429 durch die Impfung „geschützt waren. 1864 hatte Preußen 29 192 Pockenkranke und im Jahre 1871 sogar 60 000. Trotzdem in Preußen seit 1822 auf administrativem Wege fest geimpft wurde, sodaß viele Leute zweimal, manche dreimal geimpft worden sind, starben doch in Preußen bei der großen Pockenepidemte 129 000, von denen 97 Prozent geimpft waren. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie will man diese Tatsachen mit dem angeblichen Impfschutz vereinbaren? Das ist doch rein unmöglich, Herr Ministerialdirektor! Italien ist das Land, wo mit am intensivsten geimpft wird; und trotzdem steigt dort die Pockenkrankhett am meisten I Tatsächlich ist — so sagt z. B. der Professor Ruata — die Nutzlosigkeit der Impfung mit Händen zu greifen. Dort wurden beim Eintritt ins Heer im Jahre 1902 99,3 Prozent geimpft, im Jahre 1903 99.2 Prozent, im Jahre 1904 99,5 Prozent, im Jahre 1905 99,1 Prozent. Und gestorben sind in dieser kurzen Periode in Italien 15 000 Menschen an Pocken, und 150 000 sind daran erkrankt! (Hört! hört! ...

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... bei den Sozialdemokraten ) Dann hat man erklärt, daß bet uns im Deutschen Reich das Impfen so viel genutzt hat, daß wir feit 1870 von den Pocken verschont gewesen seien, sie seien eingeschleppt worden von den schlecht geimpften und den pockenkranken Franzosen. Das widerspricht den auf dem Elberftlder Ärztetag gemachten Ausfübrungen des Kreisarztes Meder, der nachweist, daß die Pocken schon vor 1868/69, wenn auch nicht in so großem Maße, im Deutschen Reich vorhanden gewesen sind, sodaß sie also nicht von den Franzosen eingeschleppt zu werden brauchten. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Aber man will auch nachweisen: weil die Franzosen schlechter geimpft seien, hätten sie in dem Feldzuge 25 000 Pockemote gehabt; in Deutschland seien es nur 250. Darauf hat sich ein impfgegnertscher Arzt an den französischen Kriegsminister um Auskunft über diese Dinge gewandt, ob das wahr sei, und der Kriegsminister —1 Billot heißt er wohl — hat an den Gesandten in Bern berichten lassen, daß die Franzosen 1870/71 nur 6000 Pockentote in der Armee hatten. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Aber die Zahl 25 000 figuriert in allen Büchern, Zahlen und Tabellen. Eine authentischere Person als den Kriegsminister und den Gesandten in Bern kann es doch wohl kaum geben, und daß die Herren wissentlich, absichtlich die Unwahrheit sagten, ist doch nicht anzunehmen. Daß die Franzosen mehr Pockeutote hatten als die Deutschen, ist ganz erklärlich; die lagen in die engen Festungen eingesperrt monatelang, sie konnten ja gar nicht heraus, (Zuruf von den Sozialdemokraten: waren schlecht genährt!) ...

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... Mit dem ersten Teil, daß das Impfen nicht mehr die Zukunft hat, stimme ich überein; ob das zweite, ob Radium- und X-Strahlen bedeutende Fortschritte machen werden, kann ich nicht beurteilen. So hat die Jmpfwiffenschaft einen Grundsatz nach dem anderen preisgeben müssen. Nun sagen aber die Herren: die Mehrheit der Arzte steht doch auf unserer Seite. Das soll ein Beweis sein! Das ist gar kein Beweis. So viel Autoritäten, wie auf dieser Seite stehen, stehen auch auf iwpfgegnerischer Seite, und zwar Autoritäten von gutem Klange. Ich nenne hier bloß Dr. Otdtmann. Professor Kußmaul, Professor Sticker, Professor Bilfinger, vr. Boing, vr. Fürst, Professor Molenar, Alfred Ruffel - Wallace, Professor Ruata, Dr. Winsch, Schönenberger. Ich könnte da eine ganze Menge Arzte anführen, die mindestens so schwer in die Wagschale fallen wie die Autoritäten, die uns vom Reichsgesundheitsamt gepriesen werden, und deren Autorität durch ihr schroffes Vorgehen gerade in der Jmpffrage manches Loch bekommen hat. Was nun die Arzte anbetrifft, — na, das hat Gründe, Herr Ministerialdirektor. Die Arzte, die auf der Seite der Jmpfgegner oder Jwpfzwangsgegner stehen, haben mindestens das eine für sich, daß man sie nicht des materiellen Eigennutzes bezichtigen kann. Sie haben im (0) Gegenteil einen sehr schweren Stand gegenüber der Bureaukratie des Beamtentums des Reichsgesundheitsamts. Es fällt mir nicht ein, etwa zu behaupten, daß die Arzte sich von materiellem Eigennutz leiten ließen, die Wahrheit nicht zu bekennen. Aber so ganz und gar unschuldig ist die materielle Seite auch nicht, wenigstens bei vielen Ärzten nicht. ...
... Warum impfen Sie nicht gegen Cholera und Pest, sondern nur gegen Pocken? Sind denn jene Seuchen weniger gefährlich? Sie hätten, Herr Ministerialdirektor, auf jener Tabelle auch die Pest und die Cholera anführen und die Gründe dafür angeben können, warum diese Seuchen jetzt fast verschwunden sind. Nein, Herr Ministerialdirektor, der Rückgang der Pocken ...

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... Deshalb ist es ganz unverständlich, wie man immer wieder die Leute mit Gewalt zwingen will, ihre Kinder, die ja gegen die Pockenerkrankungen doch nicht geschützt werden, impfen zu lassen. (Abgeordneter Fischbcck: sie müssen eben öfter geimpft werden!) — Die Konsequenz wäre, wie Sie ganz richtig sagen, Herr Kollege Fischbcck, daß man die Kinder vielleicht jedes Jahr impfen lassen müßte. Gerade das verursacht uns große Bedenken. Dadurch, daß im Deutschen Reiche der Impfzwang ausgeübt wird, und daß man die Eltern mit Gewalt zwingt, ihre Kinder der Impfung zuzuführen, sucht man natürlich den Schutz der gesamten Nationen gegenüber Pockenerkrankungen herbeizuführen. Aber nun bin ich sehr neugierig: wie ist es denn mit denjenigen Leuten, die als ...

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... Deswegen wird sich doch kein Mensch auf den Standpunkt stellen, daß Operationen darum überhaupt vermieden werden müßten, weil diese Zwischenfälle dabei eintreten können entsprechend dem Standpunkt der konsequenten Jmpfgegner, die das Impfen grundsätzlich verwerfen, weil dabei solche vereinzelten Fehler vorkommen können. 1132 ...

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... Wenn die Bevölkerung in dieser Weise aufgehetzt wird und sich nicht freiwillig zum Impfen entschließen kann, dann hört die Durchführbarkeit des ganzen Jmpfgesetzes auf. Diesen Ausdruck, daß die Jmpfgegner verbrecherisch handeln, hat mau mir nun immer wieder vorgeworfen. Ich gebe zu, ich hätte mich ja vielleicht ebenso vorsichtig ausdrücken können wie Herr Geheimrat Freiherr v. Zedlitz und Neukirch; aber das ist doch, glaube ich, kein ausreichender Grund dafür, um mich in dieser Weise vor dem ganzen deutschen Volke bloßzustellen. Lesen Sie den „Jmpfgegner! Ich habe das Vergnügen, dieses Blatt alle Monate lesen zu müssen. Lesen Sie die übrigen impfgegnerischen Broschüren! In jeder Nummer, fast auf jeder Seite können Sie meinen Namen mit den tollsten Prädikaten lesen. Man hat sich natürlich die Frage vorgelegt, und auch mein Herr Minister hat mit mir darüber gesprochen, ob man nicht Klage einreichen sollte. Wir haben jedoch darauf verzichtet. Derartige Sachen richten sich selbst. Wenn jemand pflichtmäßig seine Überzeugung vertritt, so mögen die Leute über ihn reden, was sie wollen, er kann sagen: n^vsoio, Huiä midi MLAis taroiwevtuiii sit. Aber N) das muß ich feststellen: die Art, auf meine Person einzureden und mich öffentlich bloßzustellen, hat keinen anderen Zweck, als mich einzuschüchtern und zu veranlassen, meinen Widerstand aufzugeben, und hat auch den Zweck, die Reichsregierung einzuschüchtern. Wir werden uns aber zu einem Entgegenkommen nur entschließen, wenn ein vernünftiger Grund dazu vorhanden ist. Einschüchtern lassen wir uus nicht. ...

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... Lebensjahre wieder impfen lasten, was sein Vater verhindert hat, dann wäre er wohl nicht zum zweiten Male an den Pocken erkrankt. — Derartige Fälle kommen also vor, aber sind durchaus selten. Ich habe weiter ausgeführt, daß die große Menge der Bevölkerung, welche die Pockennot noch gekannt hat —1 ich habe sie noch gekannt, da ich während des großen Kriegs von 1870/71 gelebt habe und 1871 geimpft worden bin —, ich sage: alle, die die Pockennot noch gekannt haben, haben sich gesagt: es muß etwas dagegen geschehen; und so war man schon im 18. Jahrhundert dazu übergegangen, bei leichten Epidemien von Pocken die Kinder der Ansteckung auszusetzen. Das war die sogenannte Inokulation. Sie hat in vielen Fällen günstig, in vielen aver auch sehr nachteilig gewirkt. Viele Menschen wurden durch sie vor schwerer Erkrankung bewahrt, aber manche von den Inokulierten erkrankten schwer und starben. Auch veranlaßte die Inokulation sogar gelegentlich, daß es zu Epidemien kam. Deswegen begann man Ende des 18. Jahrhunderts, auf ein anderes Jmpfverfahren zu sinnen, und das Verfahren, welches man fand, beruht auf der Beobachtung, daß Krankheiten, die beim Menschen außerordentlich schwer verlaufen, dadurch gemildert werden können, daß man die Menschen mit einem Gift impft, welches von einer milder verlaufendenTterkrankheit herrührt. (n) Diese Beobachtung führte zur Schutzpockenimpfung, und ihre Einführung ist das unsterbliche Verdienst von Edward Jenner. Meine Herren, die Jmpfgegner behaupten, Eward Jenner sei kein Arzt, sondern ein großer Charlatan gewesen und habe sich nur Geld erschleichen wollen. Das ist nicht richtig. ...

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... Die Leute konnten sich impfen lassen oder nicht. Meist war es so: wenn eine Pockenepidemie ausbrach, bekam die Bevölkerung Angst, dann ließ sich alles impfen. Je längere Zeit aber seit einer Pockenepidemie vorüber war, um so weniger Kinder wurden geimpft. In den Jahren 1860 bis 1869 hat die Zahl der Kinder, die in Preußen geimpft worden waren, immer mehr abgenommen; es waren daher 1870 nicht 97 Prozent geimpft, wie gesagt worden ist, sondern in manchen Städten keine 50 Prozent, keine 40 Prozent, keine 30 Prozent. Das ist der Grund dafür gewesen, daß die Pockenepidemie in den Jahren 1870 bis 1873 eine so große Ausdehnung genommen hat. Sie können aber sicher sein, daß die Ausdehnung noch größer gewesen wäre, wenn wir die Impfung nicht gehabt hätten. Jetzt möchte ich noch eine interessante Tatsache berichten. Es ist behauptet worden, in Österreich-Ungarn, wo keine Zwangsimpfung besteht, wären die Verhältnisse besser als bei uns. Wenn Sie die Tabellen ansehen, die ich Ihnen habe vorlegen lasse», so werden Sie finden, daß in de« letzten Jahren die Zahlen der Todesfälle an Pocken in Österreich-Ungarn verhältnismäßig gering gewesen sind. Wenn Sie aber die Jahre zurückgehen, werden Sie finden, daß noch vor wenigen Jahren große Pockeneptdemten in Österreich gewesen sind, und noch vor wenigen Jahren hatten wir eine große Pockenepidemie in Wien, die die Bevölkerung dazu gebracht hat, daß sie sich in großer Ausdehnung impfen ließ. ...

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... Weil wir aber gegen diese Krankheiten nicht impfen können, deswegen soll man uns doch nicht gleich die Schutzpockenimpfung nehmen, die so offenbar Gutes wirkt! Nun komme ich zu der Hauptsache. Es ist uns von den Jmpfgegnern gesagt worden — das ist ja der Hauptinhalt der Broschüren —, daß durch die Impfung kolossal viele Schädigungen herbeigeführt werden. Die Sache verhält sich folgendermaßen: Die Schutzpockenimpfung ist die Übertragung eines wenn auch schwachen Giftes. Wir wollen durch das Gift der Schutzpocken dem Menschen gegen das schwere Gift der Pocken schützen. Dadurch, daß wir das Gift der Kuhpocken dem Menschen einimpfen, entstehen in dem Körper des Menschen Schutzstoffe gegen die Pocken. Es ist natürlich, daß..der Körper darauf etwas reagiert. Es bilden sich die Jmpfblattern, es entsteht ein leichtes Fieber, es entsteht etwas (O) Unbehagen für ein paar Tage, schlechter Appetit. Das leugnen wir nicht. Gerade dadurch wird die Schutzwirkung herbeigeführt. Aber behaupten zu wollen, daß das Jmpfschädigungen sind, das ist doch nicht zulässig. Die Jmpfgegner machen es aber so: sie schicken, wenn sie hören, daß ein geimpftes Kind sich nicht wohl befindet, einen Abgesandten hin; der kommt mit einem photographischen Apparat und photographiert das Kind, und diese Photogramme werden verbreitet, in den Schaufenstern aufgehängt, damit die Bevölkerung in ihrem Glauben au die Impfung erschüttert wird. Es gibt aber eine Anzahl von Fällen — das habe ich schon 1911 nicht geleugnet —, in denen sich an die Impfung schwerere Folgezustünde anschließen. ...

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... Chalybäus erhoben worden sind; von ihm ist, wenn ich recht verstanden habe, behauptet worden, daß er Kinder, die eigentlich von der Pockenimpfung zurückgestellt werden müßten, rücksichtslos (L) zu impfen Pflege. Herr Dr. Chalybäus ist ein hoch angesehener, tüchtiger, gewissenhafter und wohlwollender Arzt; der Herr Abgeordnete Bock wird keinen einzigen Fall nachweisen können, in dem eine Impfung, die Herr Dr. Chalybäus ausgeführt hat, später deswegen zu einer Schädigung geführt hat, weil es sich um ein Kind gehandelt hat, das ordnungsmäßig nicht hätte geimpft werden dürfen, vielmehr hätte zurückgestellt werden müssen. In den letzten Jahren nimmt die Zahl der Kinder, die von der Impfung zurückgestellt werden, immer mehr zu; deswegen ist der Vorwurf, daß die Aczte leichtfertig jedes Kind ohne weiteres, ohne Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand, impfen, unberechtigt. Es ist ferner die vorgeführte Kmve über die Pockensterblichkeit in Preutzen seit 1825 beanstandet und behauptet worden, die avvnmstcative Jmpfpflicht sei ja schon längst vor dem Jahre 1870 eingeführt worden, deswegen hätte die Abnahme der Pockentodessälle schon viel früher als vom Jahre 1873 an eintreten wüsten. Die administrative Anordnung der Impfung hat wohl vor 1870 keine sehr strenge Ausführung erfahren. Aber selbst wenn man annimmt, daß Bundesstaaten da waren, in denen diese administrative Anordnung genau befolgt wurde, so mache ich doch darauf aufmerksam, daß die Wiederimpfung damals noch nicht eingeführt war, und daß gerade der Wiederimpfung ein ganz gewaltiger Anteil an dem Rückgang der Pocken zuzuschreiben ist. ...
... Als England im Jahre 1898 die Gewissensklausel einführte, betrug im ersten Jahre die Zahl der Personen, die sich nicht mehr impfen ließen, 5,8 Prozent. Im Jahre 1908 waren es bereits 18 Prozent, im Jahre 1910 schon 28Prozent der Bevölkerung, die von der Gewrssensklausel Gebrauch machten. Zählen Sie noch diejenigen dazu, die sich der Impfung ohne Berechtigung entziehen, und fügen Sie außerdem noch diejenigen hinzu, die zurückgestellt werden, weil sie im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand der Impfung noch nicht unterzogen werden können, dann ergibt sich für England bereits heute, daß mindestens 40 Prozent der Bevölkerung ungeimpft bleibt. (Zurufe bet den Sozialdemokraten.) Nun wird eingewandt, daß trotzdem England von Pocken in den letzten Jahren nahezu ganz befreit geblieben ist. Meine Herren, noch im Jahre 1902 hat eine recht bedenkliche Pockenepidemie in England geherrscht. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Da war die Klausel noch nicht!) Bereits im Jahre 1898 ist die Gewissensklausel in England eingeführt worden. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Die zweite 1907!) Im Jahre 1902 ist also eine reckt erhebliche Zahl von Personen in England an den Pocken erkrankt und ge» storben. Ich habe augenblicklich die Zahlen leider nicht hier. 113b* ...

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... Es wurde sofort eine Beratung anberaumt, und es wurde auf Grund des Ergebnisses der Besprechung mit aller Schleunigkeit die Möglichkeit geboten, daß die ganze Bevölkerung samt der Mtlitärbevölkerung sich impfen ließ. 14 Tage nach dieser Impfung, nachdem — man kann sagen — die ganze Bevölkerung durchgeimpft war, wobei sich kein Widerstand ergeben hatte, also die Gewiffenssttmme gegen die Impfung sich nicht geregt hatte, ist kein Fall an Pocken mehr vorgekommen. Von Aberglauben, wie Herr Thiele mir zurief, kann man da wohl nicht sprechen. Solche Fälle des Auftretens der Pocken in größerem Umfange müßten sich die Herren Abgeordneten einmal an Ort und Stelle ansehen, um sich davon zu überzeugen, wie schnell die Meinung, die Impfung sei ohne jede Wirkung und bringe keinen Schutz, verschwindet, wie schnell bei nahender Pockeugefahr das Vertrauen zur Impfung wieder wächst. Erst in dev letzten Tagen stad w Würzburg die Pocken ausgebrochev, wo sich dieselbe Erscheinung wiederholte und wo ebenfalls, nachdem die Bevölkerung geimpft worden war, die Beunruhigung gewichen ist und die Pockenfälle sich nicht weiter vermehrt haben. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) — Ich rede jetzt nicht vom Impfzwang, sondern ich rede zur Frage der Einführung der sogenannten Gewtssensklausel. Nan möchte ich bezüglich der Gewifsensklaufel noch eine Autorität anführen, die diesem hohen Hause lange Jahre angehört hat und die als Arzt und als wissenschaftlicher Forscher bet allen Parteien gewiß hoch angesehen war. Ich meine Rudolf Birchow. ...


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